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Königliche Handschriften. Eine inter essante Sammlung von Handschriften, Briefen und andern Dokumenten von englischen und andern Herrschern und Prinzen wurde am Montag in London versteigert. Die 200 Stücks brachten 3080 Mk. Die höchsten Preise waren: 215 Mk. für eine Vollmacht mit der Unter schritt der Königin Elisabeth; 135 Mk. tür eine Unterschrift von Olivier Cromwell; 115 Mk. für eine Ulsterschrift Heinrichs VIII. Eine Unter schrift der Marie Antoinette unter einer Voll macht erzielte 102,50 Mk. Athleten in der Kirche. In der elektrisch erleuchteten Krypta der Allerheiligen-Kirche in London wohnten ungefähr 100 junge Athleten dem Faustkampfe zweier Boxer bei. Die Gruft hallte wider von den Beifallsrufen der Zu schauer, so oft einer der jungen Kämpfer den Sieg davontrug. Der Geistliche, zugleich der Gründer des Athletenklubs, gab die folgende Erklärung für dies merkwürdige Schauspiel: »Ich sammle seit neun Jahren junge Burschen von der Straße auf und erziehe sie durch ihr Interesse an körperlichen Übungen allmählich für höhere Dings/ Schneefall i» Italien. Ungeheure Schnee- maj en find in der Umgebung von Vicenza ge fallen. Mehrere Dörfer find vollständig ein- geschneit. Der Postverkehr ist unterbrochen. Der furchtbare Sturm, der seit zwei Tagen bauest, hat die Wege unpassierbar gemacht. Tie Königin am Telephon. Die Königin Margherita von Italien wurde unlängst an das Telephon in ihrem Privaipalast gerufen. Sie hat einen besonderen Anschluß, der es ihr ermöglicht, sich mit ihrem Sohne, dem König Viktor Emanuel zu unterhalten, und sie er- wanete natürlich auch diesmal, seine Stimme zu hören. Wer beschreibt aber ihr Erstaunen, als sie mit barscher Stimme einen Mann sagen hörte: „Warm werden Sie endlich die Kohlen bezahlen ?" „Was für Kohlen meinen Sie denn ?" antwortete die Königin ruhig, da sie sofort werkte, daß hier eine „falsche Verbindung" vor liegen müsse. „Sie find ziemlich unverschämt," sagte die Stimme weiter, „vor sechs Wochen habe ich Ihnen die Kohlen gesandt, und noch immer kann ich mein Geld von Ihnen nicht be kommen." . . . Eine Flut von Schimpfworten folgte noch, bis das Gespräch plötzlich unter brochen wurde: der Beamte, der seinen Irrtum bemerkt haste, schnitt höchst entsetzt die Ver bindung ab. Die Königin aber amüsierte sich sehr über die Strafpredigt, die sie ganz un- schuldig am Telephon bekommen hatte. Der verhängnisvolle Koffer. In Neapel wurde dieser Tage ein großer Koffer für ein bei dem Leiter der Bank bedienstetes Mädchen m die Wohnung gebracht. Kaum stand der Koffer im Zimmer, als der Hund des Bank iers furchtbar zu bellen begann und den "°ffer immer umstrich. Der Vorsteher ließ Angs Karabinieri holen, die den Koffer öffneten. Men sprang ein wild aussehender Mensch mit hochgehobenem Revolver entgegen, er wurde überwältigt und in Gewahrsam gebracht. Das Dienstmädchen aber war noch am selben Abend verschwunden. Vo« dem neuerliche» Erdbeben in «üd-Amer,ka wird jetzt auS New Jork be achtet, daß am 21. Februar ein von Norden Nach Süden gehendes Erdbeben verspürt wurde, bas nur geringen Schaden verursachte, aber gewaltigen Schrecken unter den Bewohnern heivoiricf. Die Flutwelle, die auf das Erd- b°ben folgte, hat in Buenaventura keinen Schaden angerichtet, aber nach Berichten, die aus bis zu 50 Mellen weiter südlich gelegenen iAnstrichen kommen, sollen 2000 Menschen Umgekommen sein. Ei« Opfer seiner Erfiuvung. In Amerika ist wieder einmal ein Erfinder seiner Mudung zum Opfer gefallen. Ein Herr ^»tchell Doung hatte einen Apparat erfunden, dje oefummung hatte, beim Durchbrechen burchs Eis das Versinken zu verhindern. AIS selbst in Lawrenccburg einen Versuch mit ^«Apparat anstellte und sich auf die dünne Mecke begab, brach er auch richtig durch, der Apparat wirkte aber in einer solchen Weise, daß Aoung mit dem Kopf unter das Wasser kam und nur die Füße aus dem Eise hervor ragten. Ehe man ihn aus dem Wasser zu ziehen vermochte, war er ertrunken. d. Schlamm statt Gold — das ist das Ergebnis der großen „Schatzsuche", die nach dem in einem See von Kolumbia versenkten unermeßlichen Schätzen der alten Inka angestellt worden ist. Es hatte sich bekanntlich eine Ge sellschaft mit einem Kapital von 700000 Mk. gebildet, die nach großen Mühen auch glücklich den See trocken gelegt hat. Aber statt der un geheuren Schätze stieß man auf einen undurch dringlichen Boden von Schlamm. Gleichzeitig mit dem See war aber auch die Gesellschaft aufs Trockene gesetzt; denn das Kapital war nach Posen gebracht waren, nicht die Aufschrift „Vollmilch" trugen. Frau v. F. behauptete, die be legte Polizeiverordnung beziehe sich nicht auf Per sonen, die außerhalb der Stadt Posen wohnen. Das Gut gehöre auch nicht ihr, sondern ihrer TocWr. Das Landgericht Posen verurteilte aber Fra^ v. F. zu einer Geldstrafe, da die frag liche Polizeiverordnung gültig sei, sie finde ihre Grundlage nicht nur in 8 10 II 17 des Allge meinen Landrechts, sondern auch in 8 6 des Polizei- verrvaltungSgesetzes. Die Verantwortlichkeit der Angeklagten ergebe sich aus dem Umstande, daß die Angeklagte das Gut ihrer Tochter verwaltete und angeordnet habe, daß die Milch zum Verkauf nach Posen gebracht werde. Die Revision der Angeklagten wurde vom Kammergericht als unbegründet zurück- gewicsen, da die rechtsgültige Polizeiverordnung vom 18. Oktober 1900 sich auch auf solche Personen worden mit der Nebenbedeutung des Schwer fällig-Gutmütigen, Einfältigen; daher soll die ungefähr seit den Freiheitskriegen allgemein gebrauchte Benennung deutscher Michel für das deutsche Volk dessen politische Unreife und Gleichgültigkeit bezeichnen. Aber woher der Name Michel zu der Bedeutung kam, die den Urbegriff der tadelnswerten Eigenschaften, die man den Deutschen ivorwirst, in sich schließt, ist gewiß wenig bekannt. DaS altdeutsche Eigenschaftswort „michel" heißt groß oder stark; diese Bedeutung hat es auch noch im Eigennamen behalten, wie z. B. in Michelstadt; aber auch im Personennamen Michel oder Michael. Und von einer besonderen Person, die Michael hieß, ist auch der „deutsche von den Drainagearbeiten völlig aufgezehrt i worden. So schienen denn alle abenteuerlichen, Hoffnungen vergebens, aber der Direktor KnowleS, der eigentliche Urheber deS ingeniösen Gedankens, hat den Mut noch nicht verloren. Er fitzt an den Ufern deS Sees und wartet aus Regen, der den Schlamm forischwemmrn sollte und den erfreulichen Anblick der tief am Grunde liegenden Schätze enthüllen würde. Nun hat sich aber der Himmel gegen den Schatz gräber verschworen, und während es in der ganzen Umgegend in Strömen regnet, fällt kein Tropfen auf den Schlamm des SeeS. KnowleS hört den Donner rollen, sieht, wenn er tränen den Auges den Blick gen Himmel richtet, die schweren Wolken vorüberziehen, aber sie entladen sich nicht über seinen See. Verzweifelte Briefe, die die .Financial Times' veröffentlichen, schreibt er an die Aktionäre, flucht den Dämonen, die ihn allein auf dem Trocknen fitzen lassen und be schwört die Geldgeber um Geduld und um ein nochmaliges AuShelscn. So. fitzt er wie Tan talus an den Ufern des Schlammsees, starrt nach dem öden Berge und sucht vergebens das funkelnde Gold auszuspähen. Aber der Himmel hat sich gegen ihn verschworen, er fitzt und — es regnet nicht. !LS>i! i GericktskaUe. 88 Berit«. Frau v. F., welche in der Nähe von Posen ein Gut ihrer Tochter verwaltet, war auf Grund einer Polizeiverordnung vom 18. Oktober 1900 in Strafe genommen worden, weil dis Milchgefäße, welche auf einem Wagen des Gutes zum Verkauf beziehe, welche von auswärts Milch zum Verkauf nach der Stadt Posen senden. Kiel. DaS Marinekriegsgericht vermteilte den Torpedo-OberbootSmannsmaaten Schmidt vom Tor pedoboot 8 82 wegen Mißhandlung von 27 Unter gebenen in 137 Fällen zu 3 Monat Gefängnis. Beantragt waren 4 Monat und Degradation. 6Lmem^üt2igL3. Wärmflasche» auszubssser«. Um ein gedrückte zinnerne Wärmflaschen vollständig glatt zu machen, fülle man dieselben mit Erbsen, gieße Wasser darauf, schraube die Wärmflasche zu und stelle sie an einem warmen Ort. Nach kurzer Zeit quillen die Erbsen und treiben alle Beulen nach auswärts. Nur muß man die Flasche zur rechten Zeit öffnen, sonst zerplatzt sie leicht. Sengflecke« auf Plattwäsche, wie sie häufig genug zum Leidwesen der Hausfrau durch ein zu heißes Elfen entstehen, werden leicht wieder weggebracht, wenn man sie mit einer nicht zu starken Boroxlösung abwäicht. Selbst verständlich dürfen die Fasern des Stoffes noch nicht zerstört sein, sonst ist alle Mühe umsonst. buntes Allerlei. Woher stammt der Ausdruck „deut scher Michel" ? Au sich ist Michel eine Ab kürzung oder Koseform von Michael. Dieser Michel ist sür uns Deutsche ein Spottname ge- Michel" herzuleiten. Das Urbild dieses „deutschen Michels" war der deutsche Generalleutnant Johann Michael Ober traut in königlich dänischen Diensten. Er hatte sich im 30sLhrigen Kriege besonders den Spaniern 1620 und 1622 fürchterlich gezeigt. Um den gefährlichen Gegner zu bezeichnen, sprach das spanische Heer von ihm nur als von dem „deutschen Michel". Obertraut fftl in der Schlacht bei Lutter am Barenberge 1626, als Tilly die Dänen auf das Haupt schlug. Man verstand nach dieser Erklärung unter dem „deutschen Michel" einen tapferen Haudegen, der seinen Feinden Schrecken und Entsetzen ein- flößte. Und wir denken uns einen gutmütigen bäuerischen Einfaltspinsel mit der Schlaimütze darunter! Erst in jüngster Zeit ist der Name wieder zu Ehren gekommen, besonders durch eine Zeichnung des Kaisers, und allmählich wird sich das deutsche Volk wieder daran ge wöhnen, die Bezeichnung in der alten Be deutung als Ehrennamen auf sich selbst anzu- wenden. Mit der Gutmütigkeit deS deutschen Michels ist es ja nun endlich auch bald vor bei, und der Starke lernt das bißchen Rücksichts losigkeit, das ja keine große Kunst ist, von seinen Feinden. * 9 * Kompliment. Junger Arzt (der eine reiche Patientin geheiratet hat): „Also Lu hast es von vornherein auf mich abgesehen gehabt, Schelmin, und trank warst du gar nicht?" — Frau: „Gott bewahre . . . sonst wäre ich doch zu einem andern Arzt gegangen." Anen. Sie haben recht, mein Fräulein. Wer ich füg« noch hinzu: es ist unsre Pflicht, w zu handeln." „Unsre Pflicht?" meinte Luise verwundert, .das sehe ich nicht ein. Gegen wen hätten wir denn eine solche Pflicht zu erfüllen? — Etwa Segen meinen Baier?" „Gegen ihn, ja!" erwiderte Weilmann. „Da find Sie im Irrtum, Herr von Wsil- Aann!" erklärte Luise lebhaft. „Mein Vater hat seine Vorurteile, Marotten, Schrullen oder wie Sie e« nennen wollen. Er reitet mit Aorliebe im Gespräch sogenannte Steckenpferde. Grunde ist er doch ein vorurteilslos denkender Mann, und wenn eS bei ihm zum Handeln kommt, so trägt er jeder menschlichen Eigentümlichkeit bereitwillig Rechnung. Er ist auch schar-finnig genug, um vorausgesehen zu haben, wohin unser vertrauter Umgang führen Mußte, und sicher ist er über das schließliche Ergebnis desselben längst im klaren. Noch Nie hat er einen Mann so ausgezeichnet und eines so großen Vertrauens gewürdigt wie Eie —" „Es mag Damenart sein so zu urteilen, wie Sie es eben getan haben, mein Fräulein," erwiderte der Leutnant, „doch was Sie da zu letzt angeführt haben, ist es eben, wodurch be sonders meine Pflicht auf das bestimmteste sestgestellt wird. Ihr Herr Vater schenkt mir rin weitgehendes Vertrauen, weil er weiß, daß ich alle Umstände in Betracht zu ziehen im stände bin, die geeignet find, unbilligen Wünschen Schranken zu stellen; er hält mich für zu recht schaffen, um zu befürchten, daß ich über diese Schranken hinausgehsn werde. Er darf in diesen Voraussetzungen nicht getäuscht werden. „DaS ist eine kalte Kundgebung meinen Auslassungen gegenüber!" sagte Fräulein Luise empfindlich. „Ich bin das einzige Kind des Vaters, sein alles, so weit dies ans Menschen Bezug hat. Mein Wohl für die Zukunft liegt ibm hauptsächlich am Herzen. Er würde gewiß nicht unerbittlich sein, wenn sich meine Neigung noch schlimmer verirrte." „Verzeihen Sie meine zur Schau getragene Kälte, mein Fräulein!" sagte der Leutnant. „Wenn ich mich auch Ihren Anschauungen an bequemen wollte, so gibt es doch einen sehr zarten Punkt, über welchen nicht so leicht hinwegzukommm ist. Ich bin besitzlos. Daß die Welt mir deshalb unlautere Gründe bei dem Hervortreten gewisser Absichten unter schieben würde, wäre zwar, wenn auch sehr schwer, zu ertragen. WaS würde der Herr Kommerzienrat, was würden Sie selbst von mir denken, wenn ich mit der in meinem Innern zurückgehaltenen Glut einer heftigen Leidenschaft um Ihre Gunst und Ihre Hand mich zu bewerben suchte? Ich würde Ihnen in dem Lichte eines Heuchlers erscheinen, dem es weit mehr um Ihr Vermögen als um Ihre Hand zu tun wäre. Ginge ich dabei kalt, über legend und gemessen zu Werte, so dürften Sie mich erst recht der Geldspekulation beschuldigen, und auf einer solchen Grundlage ein zukünftiges Glück zu errichten, widerstrebt meiner Sinnes art!" „Dieser unausstehliche Mannesstolz!" rief Fräulein Luise unwillig, indem sie sich erhob. „Da lasse ich mich verleiten, förmlich um Sie zu werben, mein Herr, statt daß Sie um mich werben sollten, und bekomme eine Antwort, die von übertriebenster Empfindlichkeit diktiert ist. Doch ich kann nicht weiter gehen, bin vielleicht ichon zu weit gegangen. Natürlich kann unser Umgang von dieiem Augenblick ab in der alten Weise ferner nicht geführt werden. Es muß eine weitere Annäherung oder eine glatte Trennung eintreten. Der Himmel verzeihe Ihnen, was Sie mir durch eine Trennung zu- iügen würden. Für jetzt bitte ich Sie nur noch, mich nach Hause zu begleiten." Der junge Offizier stand da wie im Traum. Die freie und dabei noch kindlich un- tchuldsvolle Weise, in welcher Luise Reuser über ihr Verhältnis zu ihm gesprochen hatte, betäubte ihn fast. Er kam sich unendlich klein gegen das im Grunde genommen so einfache Mädchen vor, das alles für seine Liebe wagte, während er, obwohl nicht minder warm wie jenes fühlend, sich hinter kalten Bedenken ver steckte. Endlich stieß er einen tiefen Seufzer hervor. Sein Entschluß war gefaßt. „Luise!" sagte Weilmann zärtlich und breitete seine Arme aus. Mit einem Jubelruf warf sich Luise an seine Brust. Sie lachte und weinte zugleich. Exzellenz waren sehr ungehalten. Sie warfen die auf dem Schreibtische befindlichen Papiere zehnmal zusammen und wieder auseinander. Offenbar suchten Exzellenz einen Gegenstand — ein Schriftstück, welches sich nicht finden lassen wollte, und so ost Hochdieselben aufS neue zu dieser Überzeugung gelangten, sandten sie einen Korporalflvch in die Welt, der mehr kräftig als gerade schön genannt zu werden verdiente. Die immer ungemessener werdenden Be- mühungen des Generals von Huldringen brachten seine vor Erregung zitternden Hände endlich auch mit dem Tintenfass? in Berührung. Welch' ein ränkevolles Ding unter gewissen Umständen ein Tintenfaß sein kann, weiß ja jeder. Wie wenig zartfühlend sich die schwarze Gallapfelörühe zu Zeiten benimmt, ist ebenso bekannt. So geschah denn daS Unglück. Klunx! ertönte es in dem Teuselskasse, und ein paar hübsche schwarze Pladder flogen über die Papiere auf dem Tische. Einen Augenblick stand der General da, um sich die von ihm angerichtete Bescherung in stummer Wut zu betrachten. Dann ergriff er mit beiden Händen das Schreibzeug und schleuderte es auf den Fußboden, daß die schwarze Tinte weit umherspritzte. Eine gräu liche Verwünschung schloß den heroischen Aki. Mt schnellen Schritten verließ der erzürnte Herr hiernach das Zimmer, ohne dessen Tür wieder hinter sich zu schließen, und stampue keuchend den Korridor entlang, bis er vor einer Tür anlangte, auf der das Wort „Bureau" zu lesen war. Der General öffnete die Tür und steckte sein volles purpurrotes Gesicht mit dem borstigen Schnurrbart in die Spalte. D« i (Fortsetzung folgt.!