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Amtsblatt für die Ortsbehörde und den Geme'mderat M Bretnig. Lokal-Anzeiger siir die OrtichaOeil Bretnig, Hnuswatde, Großröhrsdorf, Frankenthal und Umgegend. Der Allgemeine Anzeiger erscheint wöchentlich zwei Mal: Mittwoch und Sonnabend Ndonnementsprei» inkl. des allwöchentlich beigegebenen „Illustrierten Nnterbaltungsblattes' »livteljährlich ab Schalter 1 Mark, bei freier Zusendung durch Boten in« Han« ! Mai« ro Pfennige, durch die Post I Mark exkl. Bestellgeld. Inserate, die 4gespaltene Korpuszeile 10 Pfg., sowie Bestellungen auf de« rs- ,emeinen Anzeiger nehmen außer unserer Expedition auch unser, sämtlichen Zeitunzsdokn jederzeit gern entgegen. — Bei größeren Aufträgen und Wiederholunge» gewähren wk Rabatt nach Nebereinkunft. Jnsernte bitten wir für die Mittwoch-Nummer bis Dienstag vormittag >/zli Uhr, für die Sonnabend-Nummer bi- Freitag vormittag l/,n Uhr einzusendm. 8chrisUtilung, vruck unb Verlag von N. ZAchuvig, Vrrlnig. 16. Jahrgang. Sonnabend den iü. Februar 1906. Rr. 12. Lertlich-- und «äehsisäi-s. Bretnig. Wir machen auch an dieser Stelle noch darauf aufmerksam, daß der Gottes dienst am nächsten Sonntag um 10 Uhr (nicht um 9 Uhr) vormittag beginnt. — Das Entlaufen aus der Lehre. Nach den Bestimmungen der Reichsgewerbeordnung kann, wenn das Lehrvrrhältnis vor Ablauf der verabredeten Zeit sein Ende erreicht, innerhalb vier Wochen von dec Auflösung des Lehrvertrage» ab, ein Anspruch auf Ent schädiaung geltend gemacht werden. Diese Bestimmung ist wohl jedem Lehrherrn bs kannt. Weniger bekannt aber r die Be stimmung sein, daß beim Entlaufen des Lehr lings der Lehrhecr den Anspruch auf Rück kehr de» Lehrlings erheben und der LehrUng im Falle unbegründeter Weigerung innerhalb einer Woche vom Austritt an durch die Poli zei zwangsweise zurückzuführen, eventuell durch Androhung einer Geldstrafe bis zu 50 Mark oder Hast bis zu 5 Tagen zur Rückkehr an halten lassen kann. Dieser Anspruch kann aber nur geltend gemacht werden, wenn der Lehrvertrag schriftlich abgeschlossen wurde. Als schriftlich abgeschlossen gilt nur ein Lehr vertrag, wenn er den gesetzlichen Inhalt, Nämlich Bezeichnung des Geweines, Dauer der Lehrzeit, gegenseitige Leistungen und die Auslösungsgründe aufiveist und sodann vom Lehrherrn, dem Vater oder dem gesetzlichen Stellvertreter des Lehrlings, sowie dem Lehr ling selbst unterschrieben ist. Jeder schrift liche Lehrvertrag muß also drei Unterschriften tragen; fehlt eine hiervon, so liegt kein schrist licher Vertrag vor, und es können in Er mangelung desselben beim Entlaufen des Lehrling» keine Ansprüche gelteno gemacht «erden. Großröhrsdorf. Dieser Tage hat der bei der Firma C. G. Großmann beschäf tigte Arbeiter R. Boden beim Kaffeetrinken eine Stecknadel, die in der Taffe mit noch -wer anderen, welche er aber noch rechtzeitig bemerkte, aufbewahrt lag, verschluckt. Seine Uebersührung in ein Dresdner Krankenhaus machte sich nölig, wo man, falls es nicht ge lingen sollte, auf natürlichem Wege die Nadel zu entfernen, operativ eingreijen wird. Bautzen. Ein beklagenswerter Unfall widerfuhr am Donnerstag dem 30jährigen Bezirksarbeitshausinsassen Johann Frenzel au» Quatitz beim Gutsbesitzer Lorenz in Dahlowitz. Der Um lückliche legte unerlaub terweise in die Hiietselmaschine, welche durch Göpel betrieben wurde, Stroh u. s. w. ein. Plötzlich ergriffen die Walzen die rechte Hand uns zogen sie durch. Ehe da» Werk zum Stehen gebracht worden war, hatten ihm die Messer die Hand stückweise bi» zum Ge lenk glatt weggeschnittsn. — Zur Ermordung Hartmanns wird aus Dresden berichtet: Der Leichnam des ermor deten Versicherungsbeamten Hartmann gen. Wegner ist am Mittwoch hier beerdigt worden, nachdem die Leiche tags zuvor zum Friedhof gebracht worden war. Dec des Mordes ver dächtige Hoffmann hat sich bis heute noch nicht zu einem Geständnis bequemt. Mit ihm ist ferner ein 22jähriger Arveiter August Schneider festgenommen worden, der die von Hoffmann bei den Einmieterdiedstählen er beuteten Gegenstände veräußert hat. Schneider hatte einen Hoffmann gehörigen Koffer ohne dessen Wissen verkauft und sich dadurch selbst seinem Partner gegenüber der Unterschlagung schuldig gemacht. — Die Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei sind eifrig bemüht, den Sachverhalt aufzuklären und haben zu diesem Zweck einen Kriminalgendarmen nach Wien entsandt. In dieser Angelegenheit ist des weiteren ein gewisser Kublick, ebenfalls aus Wien gebürtig, verhaftet worden. Alle Anzeichen deuten darauf hin, daß die Ver brecher die Ausführung eine» weiteren Mor- des geplant halten, bei dem eü sich um eine nicht unbemittelte Privata handeln soll. Der Bruder des im Irrenhaus Abbs bei Wien internierten Blecha, der 32jährige Schuh macher Adalbert Blecha, ein Mann von ge drungener Gestalt und stechendem Blick, wird unter dem Verdacht der Mittäterschaft in Haft behalten. Die Polizei forscht eifrig, ob die Gesellschaft auch noch andere Raube oder Morde auf dem Gew'"' hat. — Postgehilfe Bau n au» Wurzen festge nommen. Festgenommen wurde der 21 Jahre alte ehemalige Postgehilfe Baum aus Neustadl, dec am 18. Januar in Wurzen einen Wert brief mit 1257 Mark unterschlagen halte und flüchtig geworden war. Das Geld hatte er in Berlin so rasch verjubelt, daß er nur noch im Besitz von 4 Pfennigen war. Schandau. Eine seltene Ehrung und Aus-eichuung wurde dieser Tage >em Kran führer Ernst Rother hierzu teil. Rother, der den Krieg 1870/71 als Ulan im 1. Königl. Sachs. Ulanen-Regiment Nr 17 mit gemacht hat, zeichnete sich bei den Kämpfen de» General» von Goeben gegen die sranzö fische Nordarmee unter General Faidherbe dadurch ganz besonver» aus, daß mit seinem Leutnant von Boddien bis 100 Schritte Entfernung die nächste Plänklerlette abritt. Die Episoce der kühnen Rei ist in einem Bilde festgehalten, das sich un Offi- zierskasino de» Oschatzer Ulanen-Regiments befindet und da» kürzlich in eurem Dres dener Kunstsalon ausgestellt war, wo es ein hiesiger Herr sah und auf demselben Rother erkannte. Als er Rother hiervon .ilteilung machte, äußerte dieser, der keine Ahnung von dem Vorhandensein eines solchen Bildes hatte, den lebhaften Wunsch nach einer Photographie de» Gemäldes. Sein Wunsch sollte durch die Vermittelung des General» Schm, 'tz rascher in Erfüllung gehen, als Rother dachte. Vor einigen Tagen ist eine große, ausgezeichnet gelungene photographische Nachbildung des erwähnten Gemäldes in einem schönen, gold- verzierten Eichenrahmen und begleitet von einem liebenswürdigen Handschreiben des der zeitigen Kommandeur» des Kaiser Franz Josef Ulanen-Regiments bei Rother einge troffen. — In einer Konsumvereinsfiliale in Mei ßen fand man am Dienstag den ebenda an gestellten 23 Jahre alten, Handlungsgehilfen N. entseelt vor. Er hatte sich mit einer Zuckerschnur erdrosselt und, um den Tod sicher zu erreichen, noch den GaShahn aufge dreht und somit noch durch Einat .en von Gas vergiftet. Er soll sich in sei, Stell ung keme Unregelmäßigkeiten habe, aschul den kommen lassen. Liebesoerhältn ge sollen ihn zum Selbstmorde getrieben haben. — Der Maskenball. Zwei Ehepaare in Meißen hatten den gemeinsamen Besuch eines in voriger Woche adgehaltenen Mas kenballes vereinbart. Um das Vergnügen zu erhöhen, schlug der eine der beiden Gatten semer besseren Hälfte vor, sie solle ihre Toilette ru einer anderen Wohnung beenden und mit dem Bekannten vorausgehen, mit dessen Gat tin er Nachkommen werde. Gesagt, getan! Die beiden Vorausgeschickten stürzten sich bald in das tolle Treiben, um einerseits den Gatten, andererseits die Gattin zu entdecken. Aber trotz allen Suchens wollte es nicht ge lingen. Nun, die Demaskierung mußte ja das Rätsel lösen. Aber welch befremdliche Ueberraschung — auch jetzt waren dis beiden nirgends zu finden. Da hört die suchende Gattin sich gefragt: „Sie suchen Ihren Mann? Ja, der ist nicht hier, der ist über alle Berge!" „So etwas macht mein Mann nicht!" erwiderte die entrüstete Gattin, aber der Spaß war ihr doch vergangen. Sie machte sich mit ihrem Begleiter, den eben falls trübe Ahnungen quälten, auf den Heim weg. Hier mußten erst die Hausbewohner zum Oeffnen der Haustür geweckt und zum Oeffnen der Stubeittür der Schlaffer geholt werden, da der Gatte ja die Schlüssel hatte. Dis trüben Ahnungen sollten sich leider be stätigen: Mit dem Gatten war auch eine Geldsumme und ein Bett verschwunden, und der ritterliche Begleiter fand seine Ehehälfte gleichfalls nicht wieder. Die heimlich Ent wichenen schrieben vor kurzem an ihrs Hin terlassenen, daß sie glücklich und gesund in Hamburg angekommen seien und in den nächsten Tagen ihre Einschiffung nach Amerika erfolge. Freiberg, 7. Febr. Das hiesige Schwur gericht hatte sich gestern mit einem eigenar tigen Fall zu befassen. Der angeklagte 30 Jahre alte Dienstknecht Isidor Kranz aus Döbeln, der bereits neunmal wegen Dieb stahls bestraft ist, darunter mit 5 Jahren Zuchthaus, Hal auf offener Landstraße zwischen Etzdorf und Naundorf bei Döbeln ein ihm entgegenkommendes 11jähriges Mädchen, Frida Aust, ergriffen und ihm sechs Stiche in den Rücken mittels eine» vorher besonders dazu gekauften Messers versetzt. Zu seiner Ver teidigung gibt der Angeklagte, der wenige Tage vorher aus dem Zuchthause zu Wald heim entlasten war, an, daß seine Versuche, Arbeit zu erhalten, vergeblich gewesen seien und er überall verachtet worden wäre, so daß er einen Mord begehen wollte, um auf dem Schaffott sein Leben zu beenden. Auf die Frage, weshalb er sich gerade an einem Kinde vergriffen habe, erklärte Kranz, daß er ourch seine Tat ein Mutterherz schwer treffen wollte, um sich für seine trostlose Jugend, die er im Waisenhause und in der Erzieh ungsanstalt zugebracht hat, zu rächen. Da an dem Geisteszustände des Angeklagten Zweffel zu hegen waren, hatte man medizinische Sach verständige geladen. Der Oberarzt des Wald Heimer Zuchthauses, Medizinalrat Dr. Moe- wiu», bezeichnete den Angeklagten als geistig minderwertig, hielt ihn aber für verantwort- ungtfähig. Aufgetretene SinneStäuschir.^sn erklärte der Sachverständige als Folge bs: mehrjährigen Einzelhaft während der letzten Zuchthausstrafe oeS Angeklagten, die diszipli- nell notwendig gewesen sei. Der zweite Sachverständige, Meoizinalrat Dr. Nippold- Freiderg, schloß sich diesem Gutachten an. Diesen Gutachten trat jedoch der Direktor der Landesirrenanstalt Sonnenstein, Geheimer Medizinalrat Dr. Weber-Pirna, entschieden entgegen. Dieser gab sein Gutachten dahin ab, oaß Kranz moralisch wie intellektuell krankhaft veranlagt, überhaupt psychisch auf einem sehr tiefen Niveau stehe. Diese Stör ung sei durch die Einzelhaft gewachsen und in akutes Stadium getreten. Die Einzelhaft sei bei psychisch schwach veranlagten Elemen ten sehr schädlich. Kranz sei nicht verant- ungrfähig. Der Sachverständige beantragte aber eine längere Beobachtung. Dieser wurde Folge geleistet und die Verhandlung ausge setzt. — Ein grauenerregender Selbstmord er eignete sich am Montag in Niederoderwitz. Der 55jährige Hausbesitzer Karl Wagner, der seit längerer Zeit schwermütig war, entfernte sich früh gegen */,7 Uhr von den Seinen, angeblich um sich in die Fabrik zu begeben. Unterwegs schnitt er sich mit einem Rasier, meffer die Kehlt .-rch und lies blutüberströmt am Docfbach entlang. Als er sich von Leu ten verfolgt sah, sprang er in den Bach, aus dem man ihn als Leiche herauszog. — Die von ihrem Ehemann schwerverletzte Fran Stein in Wechselburg ist ihren unbe schreiblichen Wunden noch nicht erlegen. Sie hat im Laufe der vorigen Woche das Be wußtsein wieder erlangt, spricht ab und zu einige Worte und nimmt auch etwas Nahrung auf. — Der 38. ordentliche Verbandstag des Verbands Sächsischer Konsumvereine findet Ende Mai d. I in Meerane statt. Bei den sächsischen Konsumvereinen sind gegenwärtig rund 3000 Personen in der Warenverteilung (Verkäuferinnen und Verkäufer) und in der Produktion beschäftigt. Im Gc-chästsjahre 1904/05 belief sich der Gesamtumsatz dec Vereine auf über 57 Mill. Mark und um faßt der Verband zurzeit gegen 150 Vereine mit etwa 225,000 Mitgliedern. Reichenbach i. V. Vor dem hiesigen Schöffengericht hatten sich 11 Mitglieder de» sozialdemokratischen Vereins zu verantworten. Man beschuldigte sie, den am 3. Dezember 1905 hier angekommenen demonstrativen Stra ßenumzug veranstaltet und geführt zu Haden. Das Gericht sprach 10 der Beschuldigten frei und verurteilte nur den Angeklagten Hammer, der sich bei dem Umzuge zweifellos al» Führer betätigt hatte, zu 100 Mark Geldstrafe. — D--- Mordaffäre Hartmann ruft die Erinnerung wach an den noch ungesühnten Mord de« Trödlers Cohn in Leipzig, welcher im Dezember 1903 — also wemge Wochen vor dem Morde de» Hartmann — in seinem Laden in der Seeburgstraße hinterrücks er schossen wurde. Vielleicht sind die Mord- vuden Blecha und Hoffmann auch an dieser Untl^ beteiligt. Kirchennachrichten von Bretnig. Sonntag Sepluagesimä: Der Gottesdienst beginnt um Ltt Uhr vormittag (nicht wie Mittwoch irrtümlich gemeldet um 9 Uhr). Predigt von Pastor Dittrich-Hauswalde. Kirchennachiichten von Großröhrsdorf. Geburten: Heinrich Wilhelm, S. des Bäcker» Heinrich Kurt Knöfel 42 d. — Ernst Walter, S. des Glasorucker» Ernst Hermann Minkwitz in Kamenz. — Martha Elsa, T. des Banowebers Gustav Emil Nit- sche 348. — Max Johannes, S. des Tisch lereiarbeiters Richard Paul Dittrich 183. — Emilie Liselotte, T. des Fabrikbesitzers Gotthold Ottokar Schurig 271b. — Außer dem ein unehel. Knabe. Aufgebote: Kaufmann Johannes Georg Leopold Gebler 183 b und Ida Emma Meyer 87. Lyeschließungen: Kutscher Johann Friedrich Iuliu» Lucke 87 mit Martha Emilie Winter 180.