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Allgemeiner Anzeiger : 27.01.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-01-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-190601275
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19060127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19060127
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-01
- Tag 1906-01-27
-
Monat
1906-01
-
Jahr
1906
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 27.01.1906
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Polin fcke AunälckLk. Die Wirre« i« Rußland. * Der Jahrestag des Peters burger Blutbades ist ruhig verlaufen. Doch ruht die Meuchelmordtaktik derRevolutionäre uoch richt. Während der Wasserweihe in Zarsko je Selo wurden zwei als Kloster- schwestern verkleidete weibliche Mitglieder der revolutionären Kampsorganisation in dem Augen blick festgenommen, als sie den Militärtordon durchschreiten wollten, um sich dem Zeremonien- platzs zu nähern. Man fand bei ihnen fein- geschliffene Dolche. Die Arbeiter baten den Stadihaupimmm, eins Seelenmesse sür die Opfer des 22. Januar vorigen Jahres in der Karauschen Kathsdrsls abhalten zu dürfen. Die Bitte wurde aber rundweg abgeschlagen. Ebenso verweigerten die meisten Geistlichen der andern Kirchen dis Abhaltung von Seelen- messen. * Eine vom .Regierungsboten' gebrachte Mitteilung über die fett Anfang Dezember v. entdeckten geheimen Laboratorien und BombenwerkstStten und die dabei ge- fuudenen Materialien, Bomben und Waffen jeder Art gibt ein Bild über den Umfang der revolutionären Vorbereitungen. Insgesamt wurden in Petersburg, Moskau, Nishnij Now gorod, Tula, Pensa, Rostow am Don, Jekaterinoslaw, Odessa, Nikolajew, Kiew, Dwinsk, Wilna und Riga entdeckt 8 Labora torien und BomSenwerkstätien. 258 fertige und ungefüllte Bomben, gegen 2000 Pfund Pulver, über 400 Pfund Dynamit, ferner Patronen in großer Anzahl, davon auf dem Bahnhof Moskau der Moskau - Rjäfan - Bahn allein .100000 Stück und in Jekaterinoslaw zwei Waggons mit Patronen und Dynamit, ferner Gewehre, Revolver, blanke Waffen, eine S-gnalkanone und auf der Fabrik Prochorow in Moskau drei verbesserte englische Maschinen gewehre. * Wie gerüchtweise verlautet, sind ungefähr 25 Personell durch das sür Kurland ein gesetzte Kriegsgericht wegen Plünderei, Mord taten und Straßenraub zum Tode verurteilt und erschossen worden. * * * Deutschland. *Der Kaiser hat verschiedenen russischen »nd spanischen Würdenträgern Hohs Ordens- auszeichnungen verliehen; so erhielten u. a. der Präsident des russischen Ministerkomitees, Graf Witte, die Kette zum Großkreuz des Roten Adlerordens und der spanische Botschafter in Berlin de Ruatay Sichar die Krone zum Groß kreuz deS Roten Adlerordens. * Der apostolische Präfekt von Södwestafrika Peter Augustin Nachtwey, der auf der Rückreise nach der Kolonie in Berlin weilte, ist vom Kaiser empfangen worden. Der Kaiser ließ sich eingehend über die Verhältnisse der Kolonie Bericht erstatten. * Wie der ,Schwäb. Merkur' meldet, wird König Wilhelm von Württemberg sich zur Feier des Geburtstages des Kaisers «ach Berlin begeben. *Der bisherige preußische Gesandte in Hamburg v. Tschirschky und Bögen- dorff ist der Nachfolger des Frh. von Richthosen im Staatssekretar-iat des Auswärtigen Amts geworden. Herr v. Mühlberg, bisher der Nnterstaatssekretär im Auswärtigen Amt, hat seine Entlassung ein- gereicht. "Ein fünfter Nachtragsstat für Deutsch-Südwestafrika wird von der ,Ostpreuß. Zlg.' angekündigt, da der vierte Nachtragseta», der über 30 Millionen Mark fordert, zur Bestreitung der Ausgaben nicht rmsreicht. Es sei daher noch ein weiterer kleinerer Nachtragsetat zu erwarten. Bezüglich der Entschädigungen, die im Süden des Schutzgebietes erforderlich find, verlautet, daß sie noch 8 bis 9 Millionen Mark betragen werden. Man würde im März mit dieser Forderung fettens der Kolomal-Verwaltung her vortreten. OK Vie AZmern-Vrrmküäe. 14) Erzählung cm! d. bayrischen Bergen v. M. Neal. (F»«!rtzuua.> „I könnt's enk scho vaM'n, will d' Bärcnwirtin und der Friedl a Paar wor'n sau," sagte Sepp jetzt, seinen verschossenen, zerrissenen Hut aus der Stirne schiebend. Alles horchte. „Freili wann i möcht!" „Na so mag halt I" rief einer der Burschen. „Cenzi, für'n Sepp a frische Maß!* Dieser Beweisführung über die Notwendig keit, das Zum besten zu geben, was er wußte, konnte er nicht widerstehen. So erzählte er denn den ganzen Hergang, bei dem er ja bis zu einem gewissen Grade mit beteiligt war, unter entsprechender Ausschmückung und dem nötigen Jndenvordergrundstellen seiner Person. Gottfried saß bei einigen älteren Bauern am Nebentisch. Er hörte jedes Wort, das Sepp sprach. Eine unbeschreibliche Wut hatte ihn er faßt über den Lumpen, der ihn und Vrorn zum Gespött der Burschen machte. Aber er hielt sich zurück „No, dös war da weiter koa Gaudi, als d' Bärenwirtin und der Friedl so g'schmuch wia die Turteltauben bemsnder g'sefsen san und g'schnäbelt Ham, daß nur so g'schnalzt hat und der all.' Gumherer kimmt auf oamal 'reiplatzi wie a ang'schoffener Eber, schier z'üfs'n har's 'n vor Eifenucht!" Die Umfitzenden brüllten vor Lachen. Gottfried war aufgesprungen. „Sepp, halt dei Maul, i rat' dir's!" schrie *Der Handelsvertrag Deutschlands mit Abessinien und eine Denkschrift über die Entwickelung von Kiautschou find dem Reichstage Angegangen. * Das Gesetz betreffend die Untersuchung von Seeunfällen, von welchen Kauf fahrteischiffe betroffen werden, soll einer Revision unterzogen werden. DaS gesamte umfangreiche Material der Vorschläge zur Abänderung des aus dem Jahre 1877 stammenden Gesetzes unterliegt zur Zeit an der zuständigen behörd lichen Stelle einer eingehenden Prüfung, ein nach diesem Material aufzustellender Novellen entwurf kann aber kaum vor dem nächsten Winter fertiggestekit sein. * Nicht mr inBerlin ist der letzte Sonntag durchaus ruhig verlaufen, sondern das gleiche war auch in allen Ortschaften Preußens der Fall, in denen am Sonntag sozialdemo kratische Wahlrechtskundgebungen stattgefunden haben. * Die Eisenbahndirektionen Halle und Kassel haben nicht nur den Beamten des äußeren wie des Fahrkartendienstes den Alkoholgenuß untersagt, sondern jetzt auch den sämtlichen Beamten und Arbeitern des Bureaudienstes. *Die Gesamisynode Kurhrffens nahm ein stimmig eins Resolution für denZusammsu- schluß der evangelischen Landes kirchen Deutschlands an und gab ihrer großen Freude über die Bildung des deutsch- evangelischen Kirchenausschuffes Ausdruck. Öfteuusich-U«g«ril. *Der Zollkrieg zwischen Osterreich- Ungam und Serbien hat begonnen. Ungarn hat die Grenze für alles serbische Vieh gesperrt. Serbien rechnete schon im Vorjahre mit einer Sperre der Vic-hausfuhr nach Norden und sicherte sich den neuen Markt in Italien und Frankreich. GRglaud. * Bei den Wahlen in England setzen die Liberalen ihren Siegeslauf fort. Bis Montag abend wurden gezählt: 255 L berale, 35 Arbeiter- parteiler, 113 Unionisten und 79 Nationalisten. Die Arbeiter wollen sich zu einer eigenen Frak tion zufammenschließen. * Die Prinzessin Ena von Battenberg hat, wie dis .Bonner Zeitung' meldet, dem Papste bereits mitgeteilt, sie wünsche zur katho- lisch« n Kirche überzutreten und noch vor ibrer Hochzett mit dem König von Spanien den Papst zu besuchen. Spauie«. * Die lausende Woche hindurch wird sich die Marokko-Konferenz mit dem Waffen- h a n d e l zu beschäftigen haben, der aufs ge naueste reglementiert wird. Am Montag wur den die vier ersten diesen Gegenstand behan delnden Artikel angenommen; am Mittwoch fand wegen des Geburstages deS Königs Alfons keine Sitzung statt. Amerika. * Das Staatsdepartement von Washington hat vem französischen Botschafter die endgültige Versicherung gegeben, daß die Vereinigten Staaten eine Flottenkundgebung von feiten Frankreichs in den venezolanischen Gewässern nicht als eine Verletzung der Monroe- Doktrin betrachten würden. "ES wird allen Ernstes gemeldet, daß Venezuela eifrig damit beschäftigt ist, Truppen in den Hafenstädten zu sammeln und auszurüsten. — Daß Castro in seinem Wermut zu allem fähig ist, geht aus der ferneren Notiz hervor, Castw habe 20 venezolanische Notabeln, frühere Deputierte, die wegen ihrer Frankreich freundlichen Gesinnung bekannt find, verhaften und in das Gefängnis werfen lassen. Mau befürchtet, daß er fich ihrer durch einen Schein prozeß dauernd zu entledigen suchen wird. Aste«. - "Jetzt erhält auch Persien eine Ver fassung! — Etwa 1000 Kaufleute und Priester in der Hauptstadt Teheran veranlaßten nach dieser Richtung hin eine große Kund gebung und da der Schah Blutvergießen ver- ! meiden wollte, kam sine Versöhnung zu stände - unter der Bedingung, daß eine Versammlung - er zum andern Tisch hinüber. Er mußte fich alle Mühe geben, seine Fassung nicht zu ver lieren. „Wia soll i denn 's Maul halten, wenn 's «'schmiert is," erwiderte Sepp, ans den Maß- krug weisend, und seiner Antwort folgte ein stürmisches Gelächter. Gottfried bebte am ganzen Körper. So etwas mußte er fich bieten lassen, er, der Student, der so oft auf der Mensur gestanden. „Weunst nicht sofort still bist, fliegst hinaus, Lump elendiger!" Der Lenzer war aufgesprungen, aber die Burschen hatten ihn rasch auf die Bank nieder gedrückt. „Laß di net irr' machen, vazähl weiter!" riefen fie im Chor. Sepp hatte fich wieder gesetzt. „Recht habt's, warum soll i mi ärgern z'wegen so an windigen Courschneider, der a andern z'erscht 'S Heiraten vaspricht und fie 'na fitzen laßr. An Bärenwirt spielen, DSS is freili fein. Doch an andern ins Gäu gehen, DöS soll halt net sein! A Bärin iS a Viech Und a Viech dös is schlau, D'rum macht sie fi' an Esel, Der nimml's dann zur Frau!" Die Burschen gröhlten bei jedem Vers, den Sepp sang, vor Vergnügen. Gottfried war kreideweiß im Gesicht geworden, es flimmerte ihm vor den Augen. gewählter Vertreter von Priestern, Kaufleuten rd Grundbesitzern unter dem Vorsitz des Schahs zusammentreten solle. Diese Versammlung er hält den Namen „Haus der Gerechtigkeit" und soll sowohl Verwaltungstätigkeit wie Gesetz' gebung haben. Besonders soll Gleichheit aller vor dem Gesetz bestehen und daS GünstlmgS- weseu abgeschafft werden. Klus cieni Aeickstage. Der Reichstag erledigte am Montag debatteloS in zweiter Lesung die Vorlagen betr. Warenstatistik und betr. Zolleinfuhrscheine und beriet sodann die Vorlage betr. Ausgabe von Reicksbarttnoten zu 20 und 50 Mk. in erster Lesung. Es knüpfte sich eine lebhafte Debatte an die Vorlage, und zwar wegen der namentlich von den Abgg. Arendt und v. Kardorff (freikons.) gegen dis Leitung der Reichs bank erhobenen Angriffe, deren Zurückweisung sich der Staatssekretär Graf Poladowsky und ReichSbank- präfident Dr. Koch energisch angelegen sein ließe«. Die Vorlage wurde schließlich ein« besonderen Kom mission von 14 Mitgliedern überwiesen. — Zur ersten Lesung der Vorlage über den öffentlichen und privaten Versicherungsvertrag sprachen Staatssekretär Nieberding, sowie die Abgg. Heine (soz.) und Trimborn (Zentr.), worauf die Beratung vertagt wurde. Am 23. d. steht zunächst auf der Tagesordnung die Interpellation Stychel (Pole) über die An ordnung einer Aufsicht über die Beichtsprache katholischer Soldaten. Kriegsminister v. Einem erklärt sich zur. so fortigen Beantwortung der Interpellation bereit. Abg. Sthchel (Pole) begründet die Inter pellation. Die Militärbehörden, insbesondere das Kommando deS ersten Armeekorps in seinem be kannten Erlaß, versuchten das Sakrament der Beichte zu politischen Zwecken auszunutzen. Die polnischen Soldaten würden vielfach von ihren Kameraden und vielfach auch von ihren unmittelbaren Vorgesetzten wegen ihrer Nationalität verhöhnt und mißhandelt. Er bitte den Kriegsminister um Abhilfe. Kriegsminister v. Einem: Es ist bei uns der Grundsatz, daß jkd-r Soldat beichten kann, sozusagen wie ihm der Schnavel gewachsen ist. Wo sich in der Garnison ein polnisch sprechender Militärgeistlicher befindet, der polnisch verfielst, kann jeder polnische Soldat polnisch beichten. In den Garnisonen aber, in denen sich ein solcher Geistlicher nicht befindet, wird durch den Geistlichen in Verbindung mit dem Kommando festg-stellt, wieviele Mannschaften der deutschen Sprache nicht mächtig find. Der Erlaß des Generalkommandos in Königsberg ist durch ein Mißverständnis veranlaßt worden, an dem der Garmsonpfarrer von Gumbinnen die Schuld trägt, der aber auch nichts Böses fich dabei gedacht hat. Der polnische Mann ist, wenn er dient, ein deutscher Soldat. DaS junge Leute fich ein bißchen Häuseln, kommt überall vor, darin braucht nickt gleich Nationalitätenhaß gesehen zu werden. Kein Mensch denkt daran, auf die polnischen Sol daten irgendwelchen Gewissenszwang auSüben zu wollen. Eine Besprechung der Interpellation ist nicht be antragt. Es wird nunmehr die erste Lesung der Vorlage über den öffentlichen und privaten Ver sicherungsvertrag fortgesetzt. Abg. Böttger (nat.-lib.) begrüßt den Ent wurf im allgemeinen sympathisch, wünscht aber die Einbeziehung der Sozietäten. Mit der Vrrcmt- wortlichkeit der Agenten wird fich auch ihre wirt schaftliche Stellung heben. Redner beantragt Über weisung der Vorlage an eine 21g!iedrige Kom mission. Abg. Porzig (kons.) regt an, die «euen Be stimmungen noch genauer, als es in der Vorlage geschieht, gegen das Landesrecht abzugrevzen. Abg. Müller-Meiningen (freis. Vp.): DaS Gesetz wahrt unparteiisch die Interessen der Ver sicherten und der Gesellschaft. Doch hätten Einzel heiten Keffer geregelt werden können. Unser wichtigstes Bedenken gegen die Vorlage bildet die Nichteinbe ziehung der Sozietäten. An diesem Punkte weicht daS Gesetz vor den zwei Großmächten PartikulariS- mus und BureaukratiSmuS zurück. In München werfen mir gute Leute Mangel an bayrischem Partikularismus vor; in Berlin bezeichne» mich minder gute Leute — natürlich außerhalb des HauseS; denn hier in diesem Hause gibt es nur gute Leute — als Partikularisten, weil ich dem schlimmsten PartikulariSmuS, dem preußischen, ent gegentreten muß. über die Härte der Bestimmungen der preußischen öffentlichen Sozietäten haben sehr konservative Männer Klage geführt. Der Rückzug vor diesen Sozietäten ist ein Hohn auf Recht und Billigkeit. Abg. Dove (freis. Bgg.) rühmt die schöne Klar „Zwoa Liabh- auf oamal, Dös is a bißl z'viel, De ane zum Heirat'», De andre fürs G'fühl!" Ehe es die andern verhindern konnten, hatte sich Gottfried auf Sepp gestürzt. Mit der ge ballten Faust schlug er dem Spötter in Gesicht, daß sofort ein stacker Blutstrom aus der Nase floß und der Geschlagene wie betäubt auf der Ban? nach rückwärts fiel. „Das sür deinen Hohn, du nichtsnutziger Tropf," keuchte Gottfried. „Und jetzt 'raus! Nock einmal, wenn du dich blicken laßt, na' mache dich auf etwas andres gefaßt. „Raus, sag' ich!" Sepp, der sich von dem Schlag etwas er holt hatte, wollte Gottfried an der Kehle fassen, wurde aber daran von der eben herbei- geeisten Bärenwirtm verhindert. Die Burschen ergriffen jetzt Partei für den Sepp und eine allgemeine Schlägerei schien unvermeidlich. Doch die Bärenwirtin kannte ihre Pappen heimer. „Wer fi' muckst, dem geht's wia dem da!" rief sie, den Tumult überschreiend. „Schamt's enk jetzt gar net, mit dsm Loda da enk in oa Reih' z'steüen. I HLtt' do glaubt, ös halt's eu! sür was Besser's, als daß ös mit dem Zuchthäusler gemeinsame Sach' machen möchtet's. Statt daß eahm seine Schmdderj'ln verboten havt's, habt's eahm no a Bier aa dafür zahlt. Is dös a Art für an rechischaffana Burschen? Der Mensch da is koa Umgang sür enk und wer saubere Händ' b'^alteu wist, der halt st' den Kerl vom Leib! So und jatzt wenn's no heit der Sprache deS Entwurfs. Ich stimme mit dem Vorredner darin Überei«, daß die öffentlichen Korporationen nicht in dieser Weise hätten privi legiert werden dürfen. Abg. Beumer (natl.) bestreitet, daß die Feuer- Versicherungsgesellschaften immer viel Geld verdienen. Den sozialdemokratischen Wunsch auf Verstaatlichung deS Versicherungswesens teile ich nicht, dagegen be- daure ich mit den beiden Vorrednern, daß das Ver sprechen des Grafe» PosadowSky, auch die Sozie täten einzubeziehen, nickt eingelöst worden ist. Die Einbeziehung der Sozietäten liegt im Interesse der Versicherten, nnd alle Gegengründe find völlig hin fällig. Wird das Versprechen nicht eingelöst, so weiß man nicht mebr, waS man von NegierungS- versvrechen halten soll. Staatssekretär Nieberding: Graf Posa- dowsky hat nur versprochen, daß sich der künftige Gesetzentwurf über das Versicherungswesen auch mit den öffentlichen Sozietäten beschäftigen wird. Dies Versprechen erfüllt die gegenwärtige Vorlage. DaS Versprechen, daß die öffentlichen Sozietäten in jeder Beziehung ufit den privaten gleichgestellt wer den sollen, hat Gras PosadowSky nicht abgegeben und konnte es nicht abgeben. So etwas verbietet sich durch die Organisation der Sozietäten. Es ist meine feste Überzeugung, daß die Sozietäten frei willig fich dieselben Beschränkungen auserlegen wer den, die wir gesetzlich den privaten Versicherungs gesellschaften aufzwingen. In dieser Richtung hat sich auch der Verband der öffentlichen Feuersozietäten ausgesprochen. Abg. Kämpf (frs. Vp.): Die Vorlage ver schafft den öffentlichen Sozietäten in allen wesent lichen Punkten ein Privileg. Warum aber soll jemand, der einer öffentlichen Versicherung ongehört, schlechter gestellt sein, als ein privater Versicherungs nehmer? Im Interesse der 3^ Millionen ZwangS- verficherter müssen wir die Unterstellung dieser Sozietäten unter das ReichSrecht verlangen. Wir werden das Gesetz sehr genau prüfen müssen, ehe wir ihm in seiner Gesamtheit zustimmen können. Staatssekretär Nieberding erklärt ernsui die Einbeziehung der öffentlichen Sozietäten für un angängig. Abg. v. Damm (wirisch. Vgg.) ist voll mrd ganz mit der Vorlage einverstanden und hat nur kleine Ausstellungen zu machen. Abg. Oset (Zentr.) wirft den Rednern der Linken vor, im Interesse des PrivatkapitalS gegen die öffentlichen Versicherungsanstalten gesprochen zu haben. Abg. Lenzmann (frs. Vp.): Mit der Privi legierung der öffentlichen Sozietäten ist daS Gesetz für uns unannehmbar. Die Sozietäten find min destens in Preußen vollkommen veraltet. Abg. Müller-Meningen polemisiert gegen Staatssekretär Nieberding. Hiermit schließt die Debatte. Die Vorlage wird an eine Kommission von 21 Mitgliedern ver wiesen. ES folgt die erste Lesung des Gesetzentwurfs betr. die Maß- und Gewichtsordnung, welche u. a. eine staatliche Nachprüfung der Matze und Gewichte einführen will. Nach kurzer Debatte vertagt sich das Haus. " ' Von uncl fern. Die Tragödie im Haufe Nassau- Auf seinem Schlosse Hohenburg bei Tölz in Bayern, wo erst vor kurzem sein greiser Baier starb, liegt jetzt der Gwßhsrzog Wilhelm von Nassau im Sterben. Schon vor Jahren hat er einen Schlaganfall erlitten, und zu Anfang der vorigen Woche scheint er wiederum vom Schlage ge troffen worden zu sein. Es trat eine allmählich zunehmende Erschwerung des Sprachvermögens und Schlucksermvgens ein mit Neigung zur Schlafsucht, aber ohne Störung des Bewußt seins. Wie nun ein Telegramm aus München meldet, wird die Katastrophe stündlich erwartet. Die Arzte konstatierten eine Verkalkung der Arterien. Die Herzschwäche nimmt zu, die rechte Seite ist gelähmt. Die luxemburgischen Minister find auf Schloß Hohenburg eingetroffsn. Der Großherzog Wilhelm ist 54 Jahre alt. Seiner Ehe mit einer portugiesischen Prinzessin find nur Töchter entsprossen. Hitzwelle» im Winter. Die aus dem Westen kommende Hitzwelle hat jetzt New AoL erreicht. Ju den östlichen Staaten beträgt die Temperatur in den Straßen 21 Grad Celsius Wärme. In Chicago und Detroit verzeichnete das Thermometer am 20. d. den wärmsten Wintertag seit Bestehen des WetterbureauS. In Pittsburg herrscht eins Hitze wie im Hoch sommer. a Lust habl's, enk iür'n Sepp rnS Zeug z'leg'n, na' könm's ös probieren!" Die Worte der Bärenwiriin, der die älteren Männer zuaimmien, verfehlien nicht ihre Wir kung, aber doch nicht in der Wette, als Vroui erwartet hatte. Der ausgestacheltr Zorn der Burschen wendeie fich jetzt mit einemmal gegen Sepp, der unter Verabreichung einer ordent lichen Tracht Prügel und unter einem wahren Triumphgeheul zur Gaststube hinausgeworfen wurde, sodaß er mit aller Wuchl an dis gegen überliegende Wand des Hausflurs flog und dort zusarnmenbrach. Über und über mit Blut befleckt schlich Sepp aus dem „Grauen Bären". Jetzt hatte er, der Ausgestoßene, nicht mehr mit einzelnen Per sonen, sondern mit dem ganzen Ort abzu rechnen. Und an diese Abrechnung sollten alle denken. Gottfried mußte in die frische Lust hinaus. Zs litt ihn nicht länger im Zimmer. Was er die letzten Tage durchgemacht hatte, war zu viel. Er wollte schon alles im Stiche lassen und in die Stadt zurückkehren. Aber diesen Blan gab er wieder auf beim Gedanken au Vroni, die jetzt allein lassen eine Feigheit wäre. Der junge Mann schritt langsam den mit Haselnußstauden bewachsenen Feldweg hinter dem „Grauen Bären" entlang, der fich zwischen den Ackern des Guntherer und der Bärenwirtm hindurchwindet. Es dämmerte bereits. Am wolkenlosen Himmel glitzerten einzelne Sterne auf und
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