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Verkehr mit Mehl betr. Wir weisen hierdurch nochmals daraus hin, das; nach der Verordnung des Bundesrats vom 25. Januar 1915 a) Händler bis zur endgültigen Vcrteilungsregclung monatlich Mehl bis zur Hälfte der vom l. bis einschlieszlich 15. Januar käuflich gelieferten Mehlmenge veräußern und i>) Bäcker und Konditoren täglich Mehl in einer Menge verbacken dürfen, die drei Vierteilen des durchschnittlichen Tagesverbrauchs vom 1. bis ein« schließlich 15. Januar 1915 entspricht, sowie, das; alle hiesigen Mchlhäudlcr, Bäcker »nd Konditoren, die von der Befugnis des Verkaufes oder Verbackens von Mehl nach Punkt rr oder 5 Gebrauch machen, über die kingetretenen Veränderungen ihrer Bestände dem hiesigen Stndtrote nm 1., IO. und 20. jeden MonnlS, erstmalig am 10. Februar noch dem Stand bei Geschäftsschluß schriftlich Anzeige cinznrcichcn haben. In dieser Anzeige Ist nicht nnr der Bestand der Mchlborräte, sondern amh der Zn- nnd Abgang z» deklarieren, nnd sie mich spätestens am nächsten Tage im Besitze des Stadtralcs sein. Die siir diese Anzeigen erforderlichen Formulare können von den betreffende» hiesigen Mehlhändlern, Bäckern und Konditoren vom Dienstag, den 9. Februar ab während der geordneten Diensthunden auf dem hiesigen Nalhaust, 1. Obergeschos;, Zimmer Nr. 9 unentgeltlich entnommen werden. Schandau, am t>. Februar 1915. Der Stadtrat. Dem Ziege entgegen. Einem späteren Geschichtsschreiber, der nicht aus die schwankenden Augenblicksstimmungcn, sondern auf den monumentalen Zug in unserm Dasein das Auge richten wird, must sich Bewunderung ausdrängcn Uber die helden hafte Ruhe und Selbstverständlichkeit, mit der das deutsche Volk den gegenwärtigen, einfach riesenhaften Krieg fährt. Mag man zuweilen in Sorge gewesen sein, ob der Uebergang aus der heftigen Erregung, der stürmischen Stimmung der ersten Wochen in die starke Beharrlichkeit, die fär die Durchfährung eines Weltkrieges notwendig ist, gelingen werde, so hat der gute Geist Deutschlands auch diese Probe bestanden. Gewtst, es ist nicht so, als ob ein Volk, wie das unsere, nun mit einemmal aus lauter Helden bestände. Was siir ein Wahn wäre das auch! Wirklichkeitsmenschen mässen mit dem Möglichen rechnen, ebenso wie die Politik. Aber alles in allem, ist das deutsche Volk doch ein Heldenvolk; diesen Glauben, dies Vertrauen in seine Krast haben uns die vergangenen Kricgsmonatc wie ein Geschenk von oben in die Seele gesenkt, und das ist auch ein Pfund, mit dem wir wuchern mässen. Es gibt nicht nur eine elende, aber herzlich unbedeutende Zunft von Miesmachern unter uns, es gibt auch Schwarzseher, die die kleinen Flecken auf dem glänzenden Schild unseres Volkes, die nun mal von Natur selbstverständlich sind, ungebührlich vergrößern; gewis; in bester Absicht, aber doch, ohne immer genügend die Folgen zu bedenken. Unser Kaiser hat zur rechten Zeit wieder mal ein fern hintreffendes Wort gesprochen. „Viele von den Leuten," so sprach er zu dem Dichter Ludwig Ganghofer, „die uns Deutsche immer nach Aeustcrlichkciten des Schliffes beurteilen und uns immer Barbaren nennen, scheinen nicht zu missen, das; zwischen Zivilisation und Kultur ein großer Unterschied ist. England ist gewiß eine höchst zivilisierte Nation. Im Salon merkt man das immer. Aber Kultur haben bedeutet: tiefstes Gewissen höchste Moral besitzen. Moral und Gewissen haben meine Deutschen. Wenn man im Ausland von mir sagt, Ich hätte die Absicht, ein Weltreich zu gründen, so ist das der heiterste Unsinn, der je über mich geredet wurde. Aber in der Moral, im Gewissen und im Fleiß der Deutschen steckt eine erobernde Kraft, die sich die Welt erschließen wird!" Und zwei andere Kaiserworte haben gleiche tiefe Bedeutung und Wirkung: „Ein Mann mit Gott ist immer die Majorität" und „Soldat und Bürger müssen sich gegenseitig stützen." Welch anderes Volk, das jetzt Krieg sührt, steht so da, wie das deutsche, hat in seinem innersten Wesen solche Kraftquellen, aus denen ihm nie versiegende Siegeszuversicht strömt! Darum müssen die Starken aber auch die Schwachen tragen Helsen, und man darf nicht gleich zagen oder gar wieder in die alte Sünde des Mißtrauens fallen, wenn hier mal etwas geschieht, was nicht jeder gleich versteht, oder dort mal ein schwaches Wort fällt. Auch dem Heimat heer ist Schweres auserlegt, und wie es die Opfer trägt, das mag sich hinter dem bunten Schleier des alltäglichen Lebens, das zum tiefsten Kummer unserer Fcinde seinen ruhigen Gang geht, manchmal verbergen, aber wer hinter den Schleier zu sehen vermag, sieht doch eine großartige Beherztheit, eine Opferwilligkeit, einen Helden mut, der sich an den siegreichen Taten von Heer und Flotte ständig erneut, der freudig durchhält. Man könnte unzählige Beweise dafür erbringen. Einen faulen Frieden will das deutsche Volk so wenig, daß es im Gegenteil freudig ausatmet, wenn Unterseebote sich vor Englands Häsen legen, wenn die Zeppeline ihre Grüße aus England herabschicken. Und so wenig fürchtet sich das deutsche Volk, so stark fühlt es sich in seiner Krast, daß der Beschluß jener kleinen sächsischen Stadt, die voll deutschen Stolzes jetzt Geschenke des neutralbrüchigen Amerika abgelehnt hat, überall volles Verständnis findet. Kriegsereignisse. Berlin. Die Morgenblätter bringen die der „Nowoje Wremja" entstammende Meldung, daß die Deutschen an mehreren Punkten die russischen Stellungen vor Warschau durchbrochen hätten. Frankfurt a. M. Die „Franks. Ztg." meldet aus Madrid: Der „Korrespondencta Militär" nach hat Spanien von einer großen südamerikanischen Republik vier moderne Unterseebote erworben, aus denen die Mannschaften der von der Kammer bewilligten Untersee- botsflotttlle ausgebildet werden sollen. Der Marine minister äußerte die Ueberzeugung, daß die spanischen Gewässer in einigen Monaten gegen jeden Angriff ge sichert sein würden. — Man erfährt, daß die Wahlen in Portugal auf den Juni verschoben wurden. Nichtamtlicher e i l. Gens. General Lacroix sagt im Temps, in Polen sei eine große Schlacht Im Gange, welche alle übrigen Frontreihen Europas, selbst Aegyptens ändern könne. Der General hält es für fraglich, ob die Einnahme Warschaus wirklich das Endziel der Deutschen darstelle, er glaubt vielmehr, es handle sich um die Vernichtung des russischen Zentrums, weil dann die sreiwcrdenden Kräfte gegen die russischen Flügel vorgehen könnten. Dies sei gute Strategie, aber die Schlacht bei Borzymow sei bisher nicht ganz v rloren, trotzdem General Mackensen daselbst riesenhafte Anstrengungen mache. Haag. Die japanische Admiralität gibt bekannt, daß der japanische Panzerkreuzer „Asama" an einem unbekannten Niss an der mexikanischen Küste strandete. Nach amerikanischen Meldungen bestehe keine direkte Gefahr für das Schiff. London. Premierminister Asquith hat im Unter hause mitgetcilt, das; die Verluste aller Nangklassen der englischen Armee auf dem westlichen Kriegsschauplätze bis -1. Februar ungefähr 104 000 Mann betragen hätten. Konstantinopel. Halbamtlich werden hier Aeußerungen gut unterrichteter neutraler Persönlichkeiten wiedergcgeben, das; der Waffenmangel in Rußland einen für die Armee sehr gefährlichen Umfang angenommen hat. Es klingt geradezu operettenhaft, daß die neu ein gestellten Mannschaften mit Stöcken ausgebildet wurden. Die jüngst zur Front abgegangenen Truppen sollen mit Waffen aus dem Krimkriege, ja sogar mit Steinschloß- slinten ausgerüstet sein. Wenn diese Angaben sich be stätigen, wäre cs durchaus begreiflich, daß sich der Be völkerung Verzweiflung bemächtigt und daß das bis herige Vertrauen der Russen in ihre Ucbcrzahl vollkommen erschüttert ist. Konstantinopel. Das Hauptquartier hat am Montag folgendes mitgeteilt: Die Avantgarde unserer gegen Aegypten operierenden Armee hat einen erfolgreichen Erkundungsmarsch durch die Wüste gemacht, die vor geschobenen Posten der Engländer gegen den Kanal hin zurückgetrieben und sogar mit einigen Kompagnien In fanterie den Suezkanal zwischen Tussum und Serapcum überschritten. Trotz des Feuers englischer Kreuzer und Panzerzllge haben unsere Truppen den Feind während des ganzen Tages beschäftigt und seine Verteidigungs mittel in vollem Umfang aufgeklärt. Ein englischer Kreuzer ist durch unser Geschützseuer schwer beschädigt worden. Unsere Avantgarde wird die Fühlung mit dem Feind ausrechterhalten und den Ausklärungsdienst aus dem östlichen User des Kanals versehen, bis unsere Hauptmacht zum Angriff schreiten kann. — Ein Teil unserer Flotte Hal Jalta wirksam beschossen und an einem anderen Punkt ein russisches Schiff versenkt. Nach dem „Giornale d'Jtalia" begann an der öster reichisch-ungarischen Grenze eine große Schlacht zwischen den verbündeten deutschen und österreichischen Armeen und den Serben. Die Verbündeten schlugen unter dem Schutz ihrer Artillerie eine Brücke über die Donau. * „Nußkoje Slowo", das Organ des russischen Ministers des Aeußern Ssosonow, sagt in einer Besprechung des russisch-türkischen Krieges: Rußland hat in den vielen Kriegen mit der Türkei unzählige Opfer gebracht, aber die Beute haben stets andere eingcheimst. England nahm sich Aegypten und die großen Inseln, Italien Tripolis, Oesterreich Bosnien und die Herzegowina, Griechenland Saloniki und Serbien Mazedonien und Rußland bekam garnichts. In dem jetzigen Kriege mit der Türkei gibt es aber für Rußland keine Rücksichten mehr. Konstanti nopel mit den Dardanellen und das südliche Ufergebiet des Schwarzen Meeres, das künftig Ruffisches Meer heißen soll, werden der Lohn Rußlands sein. * Wie die „Baseler Nachrichten" erfahren, betont der „Njetsch" in einem Leitartikel, der verschiedentlich Spuren der Tätigkeit der Zensur aufweist, die Gefahr, die darin für Rußland liegen würde, daß die englische und französi sche Flotte nach Konstantinopel gelange. Das russische Heer müsse um jeden Preis zuerst dort sein. * Die französischen Blätter sind tief entrüstet über die deutsche Androhung des Handelskrieges gegen England. Deutschland begehe dadurch eine neue Verletzung des internationalen Rechtes und setze sich über olle Gebote der Menschlichkeit hinweg. Das Vorgehen Deutschlands könne nicht überraschen, habe doch schon Tirpitz in dem bekannten Interview darauf vorbereitet. Neu sei eigent lich nur die unerhörte Art, auf die Deutschland auch gegen die neutralen Schiffe vorzugehcn beabsichtigt. Die Presse bezweiselt es, ob die deutsche Neichsmarine den großen Plan auch auszuführcn vermag, denn die Erfolge der deutschen Unterseebote seien zu vereinzelt, als daß man von ihnen eine wirksame Blockade Englands er warten könnte. Die Drohung Deutschlands, auch neu trale Schiffe anzugrcisen, müsse die Neutralen veranlassen, entschieden dagegen Stellung zu nehmen. Die Drohung schließlich damit begründen zu wollen, das; englische Dampfer mit der neutralen Flagge Mißbrauch trieben, sei keine Begründung, da die Beweise siir die Behauptung fehlten. Einzelne Blätter erklären, Deutschlands Vor gehen grenze an Wahnsinn. Nur der „Petit Journal" spricht es aus, daß an der Drohung etwas Wahres sein könnte, die deutschen Unterseebote hätten bewiesen, daß sie in ferne Gewässer vordringen können. Man erwarte daher, daß die deutsche Marine alles tun werde, um die Drohung zu verwirklichen. * Gleich nach der Seeschlacht von Coronel wurde von verschiedenen Seiten mitgeteilt, das; der schwerbeschädigte Kreuzer „Glasgow" aus der Flucht ebenfalls gesunken »nd in chilenischen Gewässern untergegangen märe. Auch spätere deutsche Matrvsenbricfe über die Seeschlacht stellten es als so gut wie sicher hin, daß an Bord des Kreuzers ein Brand ausgebrvchen und dieser durch Volltreffer unter der Wasserlinie völlig „erledigt" worden wäre. Uni so überraschender kam dann kaum zwei Wochen nach dem Treffen von Santa Maria die Nachricht von dem Einlaufen der Glasgow in Nio de Janeiro, sodaß der Kreuzer trotz seiner Beschädigungen die gefährliche Fahrt uni das Kap Horn vom Pazifik in den Atlanti schen Ozean also in unglaubich kurzer Zeit zurückgelegt haben mußte. Auch an der Seeschlacht bei den Falk landsinseln sollte sich dann die „Glasgow" beteiligt habe». Nunmehr scheint cs aber, als ob auch in diesem Falle die britische Admiralität ihr beliebtes Vertuschungs- vcrsahrcn (Audacious usw.!) angewendet hätte. In süd- amerikanischen Blättern wird nämlich bestimmt behauptet, der Kreuzer „Bristol", ein Schmcsternschisf, führe jetzt den Namen der tatsächlich untergegangenen „Glasgow" und habe unter diesem Pseudonym auch bei den Falk- landsiiffeln im Kampf gestanden. In Nio war es nach dem dortigen Journal do Commercio bereits ausgefallen, daß der Name der angeblichen „Glasgow" überdeckt war und alle an Bord befindlichen Nettungsgürtel, wie auch die Bote den Namen Bristol trugen. Was sagt Churchill dazu? * Aus dem Mannheimer Bahnhofe hat sich eine er greifende Begebenheit abgespielt. Ei» Offizier stieg mit einem Strauß ihm gespendeter Rosen in einen Zug. Sein Blick fiel sofort auf eine in dem Abteil sich be findende Krankenschwester, die mit dem Eisernen Kreuz geschmückt war. Respektvoll trat der Offizier aus die Krankenschwester zu, um ihr den Strauß Rosen zu über reichen, war aber sichtlich betroffen, als sie keine Bewegung zur Entgegennahme zeigte. Die durch eine in ihrer Be gleitung befindliche Schwester gegebene Erklärung war erschütternd. Sie teilte dem Offizier mit, daß die mit dem Eisernen Kreuz Geschmückte in Ausübung ihres auf opfernden Beruses im Felde beide Arme verloren habe. Sie sei von allen Pflegerinnen des Feldverbandplatzes die einzige Ueberlebende geblieben. Die Schwester muß Fürchterliches mitgemacht haben. Längere Zeit konnte keiner der Mitreisenden ein Wort sprechen. * Als neulich in Hamburg eine Anzahl Engländer vor ihrer Verbringung nach dem Sammellager in Nuhleben aus einen Dampfer im Hasen kamen und dort ein paar Tage bleiben mußten, fragte einer dieser Söhne Albions ungeduldig den Kapitän: „Goddam, wie lange sollen wir denn noch hier bleiben?" Woraus der Kapitän bedächtig meinte: „Tja, Asquith hat seggt: zwanzig Jahre!" Aus Stadt und Land. —* Verkehr mit Mehl betr. Wir weisen auch an dieser Stelle alle hiesigen Mchlhiindler, Bäcker nnd Kon ditoren auf die in der vorliegenden Nummer nochmals abgedruckte Bekanntmachung des hiesigen Stadtrats vom 6. Februar 1915, Verkehr mit Bichl betr., ganz besonders hin und namentlich aus die Verpflichtung der genannten Gewerbetreibenden, om I., 10. nnd 20. jeden Monats, erstmalig am 10. Februar Anzeige Uber die etngetretenen Veränderungen ihrer Bestände an den hiesigen Stadtrat zu erstatten. Diese Anzeigen müssen stets am folgenden Tage, erstmalig also am 11. d. M. beim Stadtrate eingereicht werden. Wer die Anzeigen nicht in der vor geschriebenen Frist erstattet oder wer wissentlich unrichtige oder unvollständige Angaben macht, wird nach den be stehenden Bestimmungen mit Gefängnis bis zu 6 Monaten