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Nachrichten für Naunhof und Umgegend : 17.04.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787861864-192104170
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787861864-19210417
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787861864-19210417
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof und Umgegend
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-04
- Tag 1921-04-17
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Monat
1921-04
-
Jahr
1921
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Beilage zu den Nachrichten für Naunhof. Kleine Zeitung für eilige Leser. * In Berlin verlautet mit Bestimmtheit, daß in den nächsten Tagen ein neuer deutscher Vorschlag an die Entente abgehcn werde. * Die deutsche Regierung wendet sich in einer längeren Er klärung gegen die willkürliche Schadenfestsctzung der Repara- tionskommission. * Die deutsche NeichSregierung hat an Kaiser Wilhelm ll. sine Beileidskundgebung gerichtet. * Der Ältestenausschuß des Reichstages lehnte die von den Unabhängigen beantragte frühere Einberufung des Reichs tages ab. * Der Erzbischof von Köln verössenUicht im kirchlichen An zeiger der Erzdiözese eine Kundgebung gegen die Einrichtung weltlicher Schulen. * In der französischen Kammer wurde der Regierungsent- wurs über die 50 Prozent Ausfuhrtaxe auf deutsche Waren sehr stark kritisiert. * Der Generalstreik in England ist jetzt endgültig beschlossen worden. Verschwendete Kräfte. Unsere .Kohlennöte und die stetigen Ansprüche unserer Feinde lenken die Gedanken aufs neue auf die Wasser, kräfte, die sich zur industriellen Verwertung vorzüglich eignen. Die Kohle hört einmal auf, und was wir ohne Besinnung in die Schornsteine gejagt haben, wird uns dann als Grundstoff für Farben und Chemikalien aller Art sehr fehlen. Die Wasserkräfte ersetzen sich stets wieder, denn sie hängen nur von der Sonne ab. Solange also Menschen ans der Erde wohnen, wird es auch Wasser kräfte geben, die sich in Elektrizität umsetzen lassen. Neuerdings erhalten wir auch Übersichten über die Wasserkräfte der Erde, zahlengemäß ausgezeichnet. Wir nennen ein Werk von Dr. G. Respondek, ferner Arbeiten von Thierbach in der Zeitschrift „Technik und Wirtschaft", Arbeiten im Jahrbuch für Elektrotechnik. Da erfahren wir, daß die Vereinigten Staaten über 20 Millionen Pferde kräften in dieser Form verfügen können, wovon sieben Millionen auSgenutzt werden. Kanada hat 19 Millionen, nutzt aber nur 2 Millionen aus. Die europäischen Länder Frankreich, Norwegen, Schweden, Spanien, Italien und Österreich-Ungarn (in feinem alten Umfang gerechnet) verfügen über je 4 bis 6 Millionen Pferdekräfte, nutzen aber davon nur je X. bis 1 Million aus. Bemerkenswert ist, daß Deutschland, dessen Wasserkräfte auf nur IN Millionen geschätzt werden, davon 43 Prozent, also fast die Hälfte, ausnutzt, uud damit im Verhältnis an der Spitze marschiert. Die ziemlich starken Kräfte, über welche Norddeutschland auf dem weitgestreckten baltischen Höhen zuge verfügt sind, obwohl diese Gegenden von den Kohlcngebieten sehr entfernt liegen und also Kraft brat! chen könnten, noch gar nicht in Angriff genommen; es fehlt dort au Industrie, und die Landwirtschaft zeigt wenig Interesse. Tie ostprenßischen Wasserkräfte der Passarge, der Alle, Angerap, Pissa und des masurischen Kanals zu sammen würden im Jahre 220 Millionen Kilowatt er geben uud damit den Gesamtbedarf der alten Provinzen Ostpreußen, Wcstpreußen und Pommern decken. Die elektrischen Qualitätsarbeiten Deutschlands hatten vor dem Kriege in der ganzen Welt einen vorzüglichen Ruf, der uns nicht so leicht genommen werden kann. Ab gesehen von dem Bedarf des eigenen Marktes würde der Export von Motoren und Apparaten, deren Erzeugung naturgemäß mit der Zunahme der Krafwerweuduug sich steigert, auf einen starken Aufschwung rechnen können. Bemerkenswert erscheint, daß gerade Großbritanilien auf diesem Gebiete gar nicht mit uns in Wettbewerb treten kann. Großbritannien hat etwa l Million Pferdekräfte verfügbaren Wasserdrucks, zumeist in Schottland, also weniger als Deutschland, aber ausgenutzt werde« davon nur 80 000, d. h. der zwölfte Teil! Wenn England diesen Industriezweig wirklich mit Gewalt betreiben wollte, so würde es doch nicht die geeigneten Fachleute und In genieure haben und also auf die Hilse von Amerikanern, Deutschen und Schweizern angewiesen sein. Ein einheitliches Amt für die deutsche Wasserwirtschaft würde am Platze sein, um diese Frage dauernd zu fördern. Diese alljährlich sich erneuernden Kräfte, die wir jetzt un genutzt ins Meer fließen lassen, könnten uns aus mancher Verlegenheit retten und den Grund zu späterem neuen Reichtum retten. Es sei dabei noch erwähnt, daß die bayerische Negie rung neuerdings beabsichtigt, in München ein eigenes For schungsinstitut zu errichten zum Studium der Frage, wie man die Sonnenwärme direkt als Kraftquelle benutzen kann. Das ist nicht dasselbe, aber ein verwandtes Gebiet. Es führt weiter in die Zukunft, wenn wir einmal alle ver fügbaren Wasserkräfte in Betrieb genommen haben, -a. . Oie Arbeitswirren in England. A uKstandsbeschlüsse und Ausschreitungen. Wenn nicht noch im letzten Augenblick ein Wunder geschieht oder eine der beiden mächtigen Parteien — der Dreiverband der Arbeitnehmer auf der einen, Regierung und Arbeitgeber auf der andern Seite — sich eines besse ren besinnt und versöhnlich etnlcnkt, wird sich England am Morgen des 16. April einem Arbeiterausstand, wie es in seiner ganzen langen Geschichte noch nicht erlebt bat, gcgenüberstehen. Die Lage hat sich derart zugespitzt, daß man in England selbst nur noch geringe Hoffnung aus den Nutze« von Vermittlungsaktionen hat. Von allen Seiten regnet cs Ausstandsbeschlüsse, und die Zahl der Sympathiestreiks, die angckündigt werden, wächst von Stunde zu Stunde. Das Verwattungsperso nnl der Eisenbahnen, die Eisenbnhnheizer und Eisen bahmnaschinisten, die Elcktrizttätsarbetter — alle wollen sie mittun, ja selbst aus dem fernen Kanada melde« sich Streitlustige, die in dem Augenblick, wo kanadische Kohle nach England verfrachtet werden sollte, die Arbeit nicder- legcn wollten. Die Negierung, mit Lloyd George an der Spitze, läßt natürlich nichts unversucht, um die hohen Streiksieber- gradc durch künstliche Mittel hcrabznsetzcu, aber der Mi nisterpräsident muß im Unterbaust immer wieder erklä ren, daß die Krankheit sehr enG sei. 32 Jahrgang. Sonntag, den 17. April 1921 Im Falle einer Ausdehnung der Arbeitseinstellung i sollen die Arbeitswilligen in den lebenswichtigen Betrie- > i be« mtter allen Umständen geschützt werde«. Daß ein ! solcher Schutz dringend notwendig ist, beweise« die zahl- - reiche». Ausschreitungen, die schon jetzt, noch ehe die große i Streikwelle über das Land dahmrollt, vorgekommen sind, j ? In Schottland haben bolschewistisch infizierte Grnbenar- ° ! bester neue Gewalttaten verübt. In einem Falle wnrden i sogar Warenmagazine besetzt und Schiffe angegriffen. ! Reuter meldet ferner, daß 5- bis 6000 Bergarbeiter einen ! entschlossenen und anscheinend wohlorganisierten Angriff i auf die Zentralverteilungsstation der Nordbritistben Ei- i senbahn in Fifishire ausgeführt haben. Die Signalwärter i wurden gezwungen, ihre Posten zu verlassen. Gütsrzüge ! wurden geplündert und beträchtliche Lebensmittelmengen i weggeführt. In einem Dorfe wnrden auch Läden ge- i plündert und sehr großer Sachschaden augerichtet. Polt- § zeiverstürkunge«, die in Lastkrgftwagen eintrasen. Militär § und Marine unterdrückten schließlich die Unruhen. Nie Friedensmöglichkeiten von 4917. Dokumente aus dem Vatikan. In den „Stimmen der Zeit", früher Stimmen au ! Maria Laach genannt, beschäftigt sich der Jesuitenpa-e- j Leiber mit den Friedensmöglichkesten im Jahre UNI. Der Verfasser stützt sich dabei auf Urkunden aus dem Va tikan. In seinen Ausführungen heißt es: »Im Frühjahr 1917 war die allgemeine Friedensselm P-chr bei den Kabinetten noch mehr als bei den Völkern groß. D r U-Bootkrieg hatte England empfindlich geschadet. Amer.ta batte aktiv noch nicht in den Krieg eingegriffen, England chrch- ! tete die entscheidende Rolle ans dem Friedenskongreß an i Amerika abgeben zu müssen. Im französischen Kabinett war ein geheimer Beschluß zur Volksabstimmung in Elsaß-Lawria- i gen oder Angliederung der französisch sprechenden Teile au l Frankreich, der andere an Deutschland gefaßt worden. Der i Papst war von allem genau unterrichtet und schlug das solgew-c Friedensprogramm vor: 1. Gegenseitige Abrüstung bis zu einem gewissen Maß 2. Herausgabe des politisch und militärisch zu neutralisie renden Belgien durch Deutschland, aber nicht an die Entente unter Freistellung seines wirtschaftlichen Anschlusses. 3. Rückgabe der deutschen Kolonien an Deutschland durch England. 4. Freiheit der Meere. 5. Die rechte Lösung der polnischen, belgischen und - armenischen Frage. 6. Strittige Gebietsteile sollen vom Friedenskongreß em- ' schieden werden unter Berücksichtigung des Wahnwitzes, gegen gewisse Forderungen das.Ganze aufs Spiel zu setzen. 7. Allseitiger Verzicht aus Kriegskosten. All diese Punkte haben England, Frankreich und Jwlt.n , aut geheißen, es galt, nur noch Deutschland zu gewinnen. De Münchener Nuntius Pacelli verhandelte darüber in geheimer ! Mission mit dem Reichskanzler von Bethmann Hollweg. Auch der Kaiser war zu Verhandlungen auf dieser Grundlage bereit. Mit der deutschen Zusage schien alles gewonnen und die Frie densverhandlungen schienen unmittelbar vor der Tür zu stehen. Da zerschlug Erzbergers Friedensentschließung im Reichstag und der Sturz des Reichskanzlers von Bethmann Hollweg alles und offenbarte die innere Zerrissenheit Deutschlands, das Feh len eines einheitlichen geschlossenen Willens und die Schwäche Österreich-Ungarns. Mit einem Schlage kam es zum Umschwung in Frankreich. Das französische Parlament zwang die Regierung zu einem äußerst scharfen Kriegsprogramm mit der Rückgabe von Elsaß- Lathringen, und die französische Presse forderte stürmisch die ! Wetterführung des Krieges. England in mißlicher Lage, hatte seine Zusage zu Verhandlungen noch nicht zurückgezogen. Der Papst fragte wiederholt in Berlin an, ob der neue Kanzler Dr. Michaelis die Zusage Bethmann Hollwegs zur Herausgabe von Belgien ausrcchterhalte. Die Antwort war ungenügend und kam zu spät. Nun trat Wilson, offenbar gekränkt, weil Eng land ihn bisher übergangen hatte, mit seiner Anerkennung von Frankreichs Ansprüchen aus Elsaß-Lothringen aus Frankreichs "eite, und das bis dahin immer noch schwankende England trat schließlich auch noch bei. Im Oktober 1917 ließ England dem immer noch hoffenden Papst milteilen, daß jetzt von Friedens- rechandlungen überhaupt keine Rede mehr sein könne. Auch England hatte erkannt, daß es bei der Uneinigkeit der deutschen Nation und der drohenden innerpolitischcn Entwicklung in Deutschland in absehbarer Zeit doch zu seinem Ziele kommen werde. Der jetzige Reichskanzler Fehrenbach hat nachträglich erklärt, wenn er gewußt hätte, was damals auf dem Spiele stand, dann hätte er ulemals seine Unterschrift unter die parla mentarische Aktion gesetzt. Jetzt gab cs nur für Deutschland die Entscheidung durch Waffenerfolge. Blieben diese auS, so war inser Untergang besiegelt." Wie «in Franzose Wien sieht. Eine bösartige Schilderung. Ein Redakteur des „Matin" war in Wien. Und er be richtete seinem Blatt über feine Reise in einer Art, die die schlechten Absichten klar erkennen läßt. „In allen Tonarten", so schreibt er, „hatte ich während der langen Reise von München nach Wien mit., solcher« Nachdruck . sagen gehört: „Sie werden das entsetzliche Schauspiel einer großen Stadt sehen, die Hungers stirbt", daß ich nicht ohne eine gewisse Angst den Bahnhos verließ. Ich hatte eine erste Beruhigung. Klitscher und Chauffeure, die auf jenem Platze standen, hatten jenes blühende Aus sehen, das zusammen mit gesunder Nahrung die Aus- übrmg eines Berufes in der frischen Luft verleiht, die Pferde selbst hatten das leuchtende Fell von Tieren, die ge sund sind. Die Straßenbahnen (fünf Kronen der Platz) sind voll. Die Straßen sind belebt, die Geschäfte gut ausgestattet, die Fußgänger scheinen keineswegs sorgenvoll zu sein. Wenn es Elend und Hunger gibt, so treten sie nicht in den Helle« Tag. Man muß sie aufsuchcn. Suchen wir sie ans! Ich gehe ins „Arbeiterheim". Das Auto, das mich in zwanzig Minuten hinausbringt, zeigt an seinem Taxameter 11 Kro nen und einige Heller. Lügenhafte Ziffer. Die wahre Snmme erhält man, indem man diese Zahl mit 30 mul- tiplizert. Das macht 330 Kronen aus. Das Trinkgeld nicht inbegriffen. Ich bin ein wenig erschrocken. Von Arbeiterfrauen erhalte ich Auskünfte über Arbeitslöhne. Die höchsten sind die der Metallarbeiter, die im Arsenal arbeiten. Im Durchschnitt verdient ein Wiener Arbeiter wöchentlich 1500 Kronen, Hilfsarbeiter 900 Kronen. Mit diesem Geld kann eine Familie von vier Personen gerade einmal in der Woche Fleisch essen und daß sie ans jede Hoffnung verzichten müssen, sich Kleider, Wäsche oder Schuhe zu kaufen — im Verlaufe meiner zehntägigen Ermittlungen versichert man es mir immer wieder. Ist das absolut richtig? Wenn man dem äuße ¬ ren Schein vertraut, so fühlt man gewisse Zweifel, so sehr sind diejenigen, die sich beklagen, gut angezogen. Da ist also noch nicht das große Elend, von dem man im Ausland spricht. Um es zu sehen, muß man, so sagt inan mir, die mittleren Klassen anfsuchen, Beamte, Ange stellte, Richter, kleine Rentner, geistige Arbeiter. Ein Rich ter verdient in einem Monat, was ein MetallarbeUer in eine: Woche verdient; ein Ghmnasialprofessor die Hälfte dessen, was ein städtischer Straßenkehrer verdient. Ich habe diese Tatsachen überprüft. Sie sind wahr. In manchen Häusern, die man übereingekommen ist, als „bürgerlich" zu bezeichnen, konnte ich ein unendliches Elend konstatieren. Mancher bekannte Schriftsteller verläßt seine Wohnung nur bei Nacht, weil er sich des Zustandes seiner Wäsche, der abgenutzten Kleider und seiner durch löcherten Wäsche, der abgenutzten Kleider und seiner durch löcherten Schuhe schänrc. Mancher Rentier, der vor dem Krieg gut lebte, hat seit langen Monaten den Geschmack weißen Brotes, des Fleisches und des Bieres nicht mehr gekannt und lebt nur von den Wohltaten der Amerikaner. Aber das ist verborgenes Elend. Auf der Straße ändert sich das Schauspiel. Die 3^00 Kaffeehäuser in Wien scheinen nicht einen einzigen Stammgast verloren zu haben. Die großen Etablissements am Ning und im Zentrum der Stadt be leuchten sich bei Nacht mit lausend Lichtern. Zu gewissen Stunden ist es schwer, dort einen Platz zu finden. In tie fen Fauteuils sitzen die Gäste, von der leisen Musik um gaukelt, und schlürfen Getränke, deren geringstes fünfzig Kronen kostet. Diensteifrige Kellner eilen herum. Der erste komnn und nimmt den Auftrag entgegen. Der zweite bedient und man zahlt einem dritten. Es gibt in Wien keinen Tabak, aber wenn man sich an einen Kellner wendet, bat er alle Taschen davon voll. Natürlich zu gehörigen Preisen. Wenn man ein Paket Zigaretten will, muß man es bis zum siebenfachen Preise seines Wertes zahlen. Die eine Hälfte der Wiener lebt von der anderen. Alles ist hier Gegenstand der Spekulation. Wenn man Weitz, daß jemand Geld hat, wird er mit allerhand An trägen behelligt. Ein Junge von fünfzehn Jahren bietet Kartoffeln an, die er von einem anderen Jungen hat, der sie in der Umgebung kauft. Ganz Wien ist so von zukunfts reichen Schiebern angefüllt, die alles mögliche anbieten. Im Nestanrant das gleiche. Man findet, wenn man Geld hat, hier alles, sogar Weißes Brot, das die übrige Bevölke rung nicht mehr kennt. Eine gewöhnliche Mahlzeit kostet fünfhundert Kronen, aber es ist klug, seinen Platz im Gast- Hause vorher zu bestellen. Alles ist hier seltsam. Die große Stadt, die Hungers stirbt, hat Tanzsalons und Nachtetablissements, in denen der Champagner, zu 1500 Kronen die Flasche, in Strömen fließt. Nirgends eine Einschränkung. Und man trügt sein Schicksal mit einer ganz orientalischen Resignation. Man spürt bei den kls^ nen Leuten keine Empörung . . . Wenn Kranen neue Kleider brauchen. Modeplauderei von Dorothee Goebeler. Wenn Frauen neue Kleider brauchen, ist das allemal eine sehr wichtige Angelegenheit, nicht bloß für die jungen, nein, auch für die älteren. Für die vielleicht noch mehr. Den jungen steht schließlich alles, den älteren aber — manches nicht. Wenn Frauen sich neue Kleider machen, sitzen sie stundenlang vor dem Modejournal, stehen vor den Schaufenstern und prüfen und wählen, halten lange Konferenzen mit Freundinnen, Tanten und Schneiderinnen — und dabei kommt denn manchmal, oder sogar sehr oft, nichts Gescheites heraus. Gerade heute, wo die Anschaffung eines neuen Kleides beinahe ebenso schwierig ist, wie einst mals die Beschaffung einer ganzen Aussteuer, ist das dann doppelt schmerzlich. Man steht Vorm Spiegel und betrachtet sich und fragt sich immer von neuem: „Wie kommt es, daß ich es nun doch nicht getroffen habe?" „Ja, wie kommt es? Sollte es nicht vielleicht daran liegen, daß die Mehr zahl unserer Frauen letzten Endes trotz allen überlegens und Nachdenkens doch nicht weiß, was gerade für ihre Er scheinung richtig ist und sie zu einer angenehmen Erschei nung macht? Die Mode ist vielgestaltig, sie bringt For men und Farben in unendlicher Fülle, die Frau steht da vor und findet alles entzückend. Ihre Freundin hat den „neuesten Hut" auf und sieht „reizend" aus. — „Man" trägt jetzt allgemein „diese Hutfasson", ich muß sie also auch haben. Ich lasse mir die Jacke arbeiten, die alles trägt, ich will „modern" sein. — Und so ist sie denn mo der«, und die Freundinnen versichern ihr, sie sehe sehr fesch aus. Wenn sie aber allein sind, sagen sie — nein, was sie dann sagen, will ich lieber nicht verraten. Eine süddeutsche Malerin, Frau von Poremsky, ist auf eine neue Idee gekommen. Sie will der Frau „das" - Kleid schaffen, das zu ihr paßt, das Etgenkleid, das aber nichts gemein hat mit den „Eigenkleidern" entschwun dener Tage unseligen und geschmacklosen Angedenkens. Das Modellkleid, das einzig und allein nur für die Frau entworfen wird, die es bestellt, und deren Eigenart es angepaßt wird, das sich vollkommen den Linien der herr schenden Mode einfügt, aus ihnen aber das heraus nimmt, was gerade besonders für die Bestellerin geeignet ist. Unter dem Namen Nielfenkleid erscheinen diese Ent würfe. Wer einen anfertigen lassen will, mutz zunächst einen Fragebogen ausfüllen, und gerade dieser Frage bogen zeigt uns, wieviel für den Künstler in Betracht kommt, wenn er ein für die Trägerin passendes Gewand entwerfen will, und wie wenig gerade die Durchschnitts frau von den hierbei wichligsten Dingen Weitz. Da beißt es: Welche Haarfarbe haben Sie? Welchen Teint? Was für eine Haltung? Es wirkt die Fasson, die einer schlanken geraden Haltung sehr gut zusteht, näm lich ganz anders bei einer Figur, die sich etwas gebeugt trägt. Und mit einem: „Ach, dann mutz ich eben gerade gehen" — ist dem nicht abgeholfen, denn man denkt nicht immer an den schönen Entschluß. Es heißt, sich klar werden und bekennen zu seinen Schönheitsfehlern, damit das Kleid sie mindern, wenn nicht ganz verstecken kann, andererseits aber hat man auch zu betonen -- und das ist eine angenehmere Aufgabe —, welche Vorzüge hervorgehobcn werden dürfen: Ein hübscher Fuß, ein schöner Arm, eine besonders feine Naäenlinie, - ine edle Büste usw. Es muß angegeben werden, anh welchem Stoff das Kleid gefertigt, bei welchen Gelegen- ! Rien es getragen werden soll und welchen Eindruck inan damit Hervorrufen möchte. Und so gibt es noch verschie
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