Volltext Seite (XML)
Druck und Verlag: Süuz ck Eule, Raunhof bei Leipzig, Markl 2. 32. Jahrgang Freitag, den 13. Mai 1921 Nummer 56 Nachrichten für Naunhof und Umgegend (Albrechtshai«, Ammelrhak, Beucha, Borsdorf, Sich«, Erdmavurhaiv, Suchshain, Srsß- und Kleiusteinberg, -köhrs, Axdtzsrdt, Ps«D«, MmckW-, AHre« «f» ) Dieses Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen Ker Amtrhanptmannschast Grimma und des Skadtrates -u Naunhof. N«t*ise»preis«r Vie «aespallene Korpus,,U< SV Pfg^ «»»Lrt« 7k Dia. «mt- kicher Teil AK. 1.L0. Arklamezetle Wk. 1L0. Beilagegebühr pro Lunden Mk. r.—. Annahme der ««zeigen bi» wütepen» 10 Uhr vormittag« des Sricheinungstage«, gröber« «och früher. — »lle «metaen-Vermittlungen nehme« Austräg« enig«g«n. — Bestell««-«« wer-«» »o« d«a «usträgera oder ta der Geschäftsstelle angenommen. : Erscheint wöchentlich 3 ««lt Dienstag, Donnerstag, Sonnabrad, »ach«. 4 Uhr : für den folgenden Tag. vetma-prei-t Monatlich Wk. S.—, '/.jährlich Mk. S.—, r durch die Post bezogen eins»!, der Postgebühren Mk. 0.7S. 3m Aall« Höber« ; Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Störungen des Betrieber, hat -er Bezieh« : keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder Rückzahlung des Bezugspreises, r............. - - - — — - Fernrui: Am! Naunhof Nr. 2 Amtliches. Das Wirischofksminisierium hat den Bezirksverband ermächtigt, d-n Landwirten, die ihr Lteferungssoll sowohl in Brotgetreide wie auch in Kaser voll erfüllt haben, oder bei denen ein Lieferungssoll überhaupt nicht bestanden hat, oder deren Lieferung ohne ihr Ver schulden ganz oder zum Teile unterblieben ist, auf schriftlichen Antrag die in ihrem Besitze befindlichen Schrotmühlen, die nicht mit Sichl- vorrichtung versehen sind, zum Verschroten von Mais und Kaser aus eigenen Beständen und nur für den eigenen Wirtschaftsbetrieb mittels schriftlicher Verfügung bis zum Schlüsse des Wirtschaftsjahres sreizugeben. Diesbezügliche Gesuche sind an die Getreidegeschäftsstelle Grimma — Schützenhaus — zu richten. Grimma, S. Mat 1921. 1014 6etr Der Bezirksverband der Amtshauplmannschaft. Sonnabend, den 14. Mai 1VS1 vormittags B bis Uhr werden im vormals Grundig'schen Schuppen Wiesenflraße Briketts zum Preise von 15 Mk. je Zentner und von 12 bis I Uhr mittags Kartoffel« in Obsts Grundstück Langestraße 16 zum Preise von 47 Mk. je Zentner zentnerweise verkauft. Naunhof, am 11. Mai 1921. Der Bürgermeister. Das Retchsmtnisterium für Ernährung und Landwirtschaft hat verbilligten Mais für die Schweinemast zur Ver fügung gestellt. Die Bereitstellung ist erfolgt um eine bessere Fleischverforgung herbetzuführen. Bezugsberechtigt find Schweinemäster und zwar Grobmäfier, die Verträge wegen Lieferung von schlachtreifen Schweinen abzuschlteßen gewillt sind. Die näheren Bestimmungen können im Meldeamt des Rathauses hier, Zimmer 11 eingesehen werden. Etwaige An träge auf Lieferung von Mais find sofort spätestens bis 1». d. M. mittags 1 Uhr hier zu stellen. Naunhof, am 12. Mai 1921. Der Bürgermeister. Zwischen Za und Nein. über die innerpolitische Lage bei der Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Entente-Ultimatums wird uns von einem politischen Mitarbeiter aus Berlin geschrieben: Ob man das Mai-Ultimatum der Entente annehmen konnte, ob man es ablehnen mußte, diese Frage bewegte, seitdem es am Himmelfahrtstage in Berlin eingetroffen ist, unablässig die Gedanken und Empfindungen jedes Deutschen. Leicht hatten es bei diesen schicksalsschweren Entscheidungen nur diejenigen, die von vornherein, sobald nur das Wort „Ultimatum" an ihr Ohr schlägt, zum Nein- sagen entschlossen waren, die vor Entrüstung bebten, wenn sie daran denken, was die Feinde dem ehemals so stolzen Deutschen Reiche zu bieten wagten, und denen es das Herz brach, zu sehen, wie scheinbar unbewegt, wie gleich mütig das deutsche Volk von heute auch die schlimmsten Demütigungen hinnimmt, die ihm zugefügt werden. Doch reichen solche nur zu verständlichen Gefühle nicht aus, um Politik zu machen; wir müssen, was wir tun und lassen sollen, mehr als je auch mit unserem Verstände rechtferti gen können, wenn wir nicht Gefahr laufen wollen, gerade diejenige Entscheidung zu fällen, auf die unsere unversöhn lichsten Hasser am meisten erpicht sind. Also annehmen, trotz alledem und alledem? Die so dachten, waren über die Ungeheuerlichkeit der uns zuge- muteten wirtschaftlichen Leistungen natürlich vollkommen im klaren. Sie wagten aber nicht zu sagen, daß ihre Er füllung unter allen Umständen unmöglich sei; denn ein mal setzen sich diese Leistungen aus einem festen und einem unbestimmten Betrage zusammen, und dann ist ja auch das Maß unserer Leistungsfähigkeit keine unbedingt fest stehende Größe. Sie kann, bei verhältnismäßig günstiger Gesamttage, bei einiger Bereitwilligkeit dieser oder jener Weltmacht, uns aus allgemein wirtschaftlichen Gründen nach Möglichkeit zu Hilfe zu kommen, sozusagen gestreckt werden, und es ist doch wirklich nicht anzunehmen, daß, wenn die uns vorgeschriebenen Zahlungsmodalitäten erst einmal in Lauf gekommen sind, jede kleine Verzögerung oder Schmälerung der Einzelleistungen, wenn sie wirklich nicht zu vermeiden war, sofort wieder als Kriegsgrund gegen uns geltend gemacht werden wird. Gewiß sind das unsichere Erwartungen, und man kann nicht voraussehen, ob und wie lange die chauvinistische Erhitzung der Ge müter in Frankreich noch andauern wird. Aber wenn mir ablehnten, schufen wir ganz bestimmt keine Erleichte rung dieser seelischen Zustände, sondern setzten uns, in den Augen der Franzosen und aller derjenigen, die sich nun einmal unbesehen von deren Stimmungen mit erfassen lassen, abermals ins Unrecht. Und was Hutten wir dann? Die sofortige Besetzung des Ruhrgebtetes mit allen ihren ganz unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen. Von ihr bis zur Erneuerung der Mainlinie wäre dann nur noch ein Schritt, Rheinland-Westfalen hätte die längste Zeit zum Reiche gehört, unsere Volkswirtschaft wäre in feder Beziehung von der Gnade der Franzosen abhängig aeworden, und daß die Entente uns danach noch in Ober- schlcsien betstehen könnte, müßte als ausgeschlossen gelten. Frankreich würde binnen kurzem die stärkste Industrie macht in Europa werden und könnte als solche sowohl England wie Amerika gegenüber noch ganz anders auf trumpfen — während, wenn wir annehmen, diese beiden Staaten, deren Wirtschaftsinteressen doch wirklich nicht mit denen Frankreichs bis zum letzten Ende konform geh;n, Zeit gewinnen, um, mit aller gebotenen Vorsicht selbstver ständlich, dieser ungemein verhängnisvollen Entwicklung noch in die Zügel fallen zu können. Und schließlich: konn- ien wir uns überhaupt noch zurrauen, den unausbleib lichen Folgen einer Ablehnung gewachsen zu sein? War unser unsäglich zermürbtes und zerrüttetes Volk wohl imstande, sich auch nur ruhigen Blutes klar zu machen, was ihm mit der Besetzung des Ruhrgebietes bevorstände? Würden dann die Hetzer und Putscher nicht sehr bald wieder gewonnenes Spiel haben? Würden wir nicht in Selbstzerfleischung und Bürgerkrieg vollends zugrunde gehen? Wer diese Fragen, ehrlicherweise bejahen mußte, konnte unmöglich die Folgen einer Ablehnung des Ulti-' matums auf sich nehmen. Für den konnte Entwaffnungs- nnd Kriegsschuldigenfrage nur eine nebensächliche Rolle spielen, für den durfte auch die Ehrenfrage, die Rücksicht auf Würde und Selbstachtung nicht den Ausschlag geben. Wir sind nicht mehr in der Lage, diesen „Imponderabilien* das Gewicht einzuräumen, das ihnen gebührt. Wir kämpfen im wörtlichen Sinne des Begriffes um unser nacktes Leben. Die es ablehnten^ allen diesen Überlegungen und Vorstellungen Gehör zu schenken, taten es einmal, weil sie es nicht über sich gewinnen konnten, den Standpunkt des ehrlichen Kaufmanns preiszugeben. Der ehrliche Kauf mann will nichts davon wissen, Verpflichtungen auf sich zu nehmen, von denen er sozusagen mit tödlicher Gewiß heit Voraussagen kann, daß er sie nicht zu erfüllen vermag. Neben diesem Gesichtspunkt verblassen alle sonstigen mo ralisch-politischen Erwägungen, denn das Wort ist und soll dem deutschen Kaufmann für immer hettig bleiben. Und wer sich bet seinem Nein weniger von wirtschaftlichen als von politischen Gedanken leiten läßt, betont immer wieder aufs neue, daß es unsinnig wäre, durch seine Unter schrift unerfüllbare Verpflichtungen anzuerkennen, um ein übel zu vermeiden, das dann doch in vier oder sechs oder acht Wochen unfehlbar eintreten mutz, eben weil die uns auferlegten Bedingungen unerfüllbar sind. Und unter diesen Bedingungen spielten bei ihm die politischen Forde rungen der Entente durchaus nicht die nebensächliche Rolle, wie bei den Befürwortern der Unterzeichnung. Sie kamen nicht darüber hinweg, daß die sofortige Aburteilung der sogenannten Kriegsverbrecher immer wieder von uns ver langt wird, als hätten wir nicht ohnehin schon längst alles getan, was in unsern Kräften stand, um diese unselige Frage aus der Welt zu schaffen. Und sie konnten es nicht über sich gewinnen, mit der Frage der Entwaffnung unserer Ostfestungen wie der bayerischen Einwohnerwehr Verpflichtungen zu übernehmen, die ihnen den Forderun gen der Gerechtigkeit zu widersprechen schienen. Auch hier abermals steht die technische Ausführbarkeit dessen, was von uns verlangt wird, so sehr in Frage, daß es ihnen gewissenlos erschien, ja zu sagen. Die Geister schieden sich wieder einmal, nicht nach Parteien, sondern nach dem Gewissen, und niemand dürfte sich erdreisten, auf diejenigen, die in dem einen oder andern Lager stehen, den ersten Stein zu werfen. Das bedrohte Ruhrrevier. Frankreichs Besetzungsplan. Nach den letzten Meldungen aus Paris ist in dem Plan des Generals Weygand zur Besetzung des Ruhrge- bietes vorgesehen, daß das ganze Ruhrtal binnen fünfzehn Stunden nach Abmarsch der Truppen von Düsseldorf in den Händen der Besatzungsarmee sein soll. Tanks, Kavallerie und Panzerauws würden entlang dem Lippe- und Wuppertal vorrücken und oberhalb des Eisenbahn knotenpunktes von Dortmund wieder zusammenstotzen. Die neue Grenze sei 80 Meilen lang. Die Franzosen be absichtigten, alles Kriegsmaterial zu zerstören, das bei Krupp und in anderen Munitionsfabriken des Ruhrge bietes noch aufgehäuft sei (!), wo, wie berichtet werde, Tausende von Militär- und anderen Gewehren und Ma schinengewehre noch unzerstört seien (!). Die Franzosen gedächten auch die Bevölkerung zu entwaffnen. Spaltung im belgischen Kabinett Das belgische Sozialistenorgan „Peuple" erklärt, die verbreiteten Nachrichten, im belgischen Ministerrat hätte außer dem Iustizminister Vandervelde sich niemand gegen die vorgesehenen Zwangsmaßnahmen im Ruhrgebiet aus gesprochen, seien falsch. Es sei sucht wahr, daß Minister Wauters geschwiegen habe, es sei ferner nicht wahr, daß Minister Destree die These von Minister Jaspar und Theunis vertreten habe. Vandervelde halte militärische Sanktionen für gefährlich, er halte sie auch für unwirk sam und sei der Ansicht, daß sie keine Früchte zeitigen würden, ja sogar, daß sie einen neuen. Kriegszustand her beiführen könnten. Auch Destree gk-iube nicht, daß militä rische Sanktionen Erfolge zeitigen würden. Er sei aber der Ansicht, datz Belgien allein an der Lage nichts ändern könne. Die gleiche Ansicht vertrete auch der sozialistische Minister Anseele. Was aber die Presse verschweige, sei, vay auch der liberale Minister Franks Gegner des Aben teuers im Ruhrgebiet sei und auch der katholische Minister Van de Vyvere. Reichskanzler Or. Wirth. Bedeutet Annahme des Ultimatums. Die Regierungskrisis im Reich ist in den Nachmittags-- stunden des Dienstag endlich zur Lösung gekommen. Die erste amtliche Meldung darüber lautet: Berlin, 10. Mai, 5 Uhr nachmittags. Der bisherige Reichsfinanzminister Dr. Wirth hat von» Reichspräsidenten den Auftrag erhalten, das neue Ka binett zu bilden Er hat diesen Auftrag angenommen und verhandelt zurzeit mit den Parteien. Der neue Reichskanzler Dr. Wirth gehört der Zen- trumspartet an und war im bisherigen Kabinett Fehren bach Reichsfinanzmintster, welches Amt er nach dem Abgang Erzbergers be reits übernommen hatte. Er ist Mitglied des Reichstages als Vertreter des Wahlkreises Baden. Dr. Wirth würde am 6. September 1879 in Freiburg im Breisgau ge boren und studierte an der dortigen Universität Ma thematik, Naturwissenschaf ten und Volkswirtschaft. Im Jahre 1908 erhielt er an der gleichen Universi tät eine Professur. Seit 1914 ist er Mitglied des Reichstages; 1918 wurde er badischer Finanzmi nister. Wirth kann man zum linken Flügel derZen- irumspartei rechnen. — Aus der Ernennung Dr. Wirths kann man ohne weiteres folgern, daß diese die Annahme des Ultimatums der Entente bedeutet, für die sich anschei nend auch bereits eine Mehrheit im Reichstage gefunden hat. Das Jaustrechi in Oberschlesien. Schwere Konflikte in der Interalliierten Kommission. Mit großer Dreistigkeit richtete der polnische Aufrührer Korfanty einen Funkspruch an den deutschen Reichskanz ler, in dem er die Freilassung einiger angeblich als Gei seln gefangener Polen fordert, andernfalls er angesehene Deutsche festnehmen lassen werde. Die Reichsregierung lehnt es ab, mit Korfanty in irgendwelche Verhandlungen einzutreten und stellt im übrigen fest, daß von den Insur genten bereits zahlreiche Deutsche verschleppt worden sind. Korfanty ist übrigens ungehindert in der Lage, Funkstatio nen der polnischen Regierung zu benutzen, wogegen von Deutschland bereits Einspruch erhoben worden ist. Die allgemeine Lage bleibt nach wie vor ernst, ein irgendwie nachhaltiges Einschreiten durch die Interalli ierte Kommission ist nicht erfolgt. Im Schoße der Kom mission, in der die Franzosen die Oberhand haben, ist es zu schweren Konflikten gekommen, da namentlich die Italiener nicht gesonnen sind, ihre Leute zu opfern, wäh rend die Franzosen fast offenkundig den Aufstand begün stigen. Berichte aus Oppeln sprechen von einem offenen Bruch in der Interalliierten Kommission. Die italienischen und englischen Mitglieder stehen den französischen in schroffster Ablehnung gegenüber, weil sie diesen, die durchaus das politische und tatsächliche Übergewicht haben, vorwerfen, datz sie angesichts der Sachlage in Oberschlesien versuchen, die Lösung hinauszuzichen. Die Differenzen sind sogar rein persönlicher Natur geworden, und es hat heftige Cinzelauftritte zwischen den Mitgliedern der Kommission gegeben. Der zweite italienische Bevollmächtigte, der be kannte Universitätsprofessor Passagli, hat sein Amt nieder- gelcgt und ist abgercist, desgleichen haben zwei englische und ein italienischer Kreiskontrollcur wegen ungenügender Unterstützung um Enthebung von ihrem Posten gebeten. Die Vertreter der deutschen politischen Parteien ver handelten mit der Interalliierten Kommission in Oppeln und gaben dann bekannt, daß die Kommission sich ent gegenkommend geäußert habe. Truppenverstärkungcn seien beantragt worden. Die Kommission selbst erließ fol genden Aufruf an die Bevölkerung: „Die alliierten Mächte stimmen in der Verurteilung der in Oberschlesien vorgekommenen Unruhen vollständig überein. Die von den alliierten Mächten zu treffenden Entscheidungen werden durch die Ereignisse in Ober- schlesicn in keiner Weise beeinflußt. Die alliierten Mächte werden zu gegebener Zeit zur Lösung der oberschlesischcn Frage schreiten und sich hierbei ausschließlich von den» Er gebuis der Abstimmung und den Festsetzungen des Frie dcnsvertrages leiten lassen!" In Oppeln kam es zu einer Schießerei der Franzosen ayf Deutsche, Ein festgenommener Polnffcher Jnsuraer