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Naunhofer Nachrichten Mit einer »ierseMOe» M«Dtr«kte» EsmstaO-teilaD» Verlag uud Druck: Gü«z L Eule, Naunhof. Redaktion: Anküudi-uuge« Für Inserenten der AmtShauptmann- schäft Grimma 12 Pfg. die fünfge- Zpaltcne Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 15 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 1-30 vierteljährlich. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags II Uhr am Tage deS Erscheinens. 25. Jahrgang Mittwoch, den 11. November 1914. Nr. 134 Das Neueste von den Kriegsschauplätzen. Amtlich. Großes Hauptquartier, 10. November Vorm. Unsere Angriffe bei AP res schritten auch gestern langsam vorwärts. Ueber 5V0 Franzosen, Farbige und Engländer wurden gefangen genommen und mehrere Maschinengewehre erbeutet. Auch weiter südlich arbeiteten sich unsere Truppen vor. Heftige Gegenangriffe der Engländer wurden zurückgewiesen. Im Argonnerwald machten wir gute Fortschritte. Feindliche Vorstöße wurden leicht abgewehrt. In Russisch-Polen beiKonin zersprengten unsere Kavallerie ein russisches Bataillon, nahmen 5VV Gefangene und erbeuteten 8 Maschinengewehre. (W T. B.) Oberste Heeresleitnng. Amtliches. Zählung der zum Kriegsdienst Eingestellten. Es ist hier festzustellen, wieviel hiesige Einwohner im Heere augenblicklich Dienst tun. Zu diesem Zwecke werden Zählkarten in den einzelnen Haushaltungen ausgegeben. Die Karten sind dem Vordruck entsprechend audzufüllen und sofort im hiesigen Rathause (Meldeamtszimmer) zurückzugeben. Bei Säumigen werden sie von der Schutzmannschaft wieder abgeholt. Naunhof, am 10. November 1914. Der Bürgermeister. Eintritt von Freiwilligen ins Heer. Diejenigen hier aufhältlichen Militärpflichtigen, welche vor der Mobilmachung von Truppenteilen als Freiwillige ange nommen waren und im Besitze eines AnnahmescheineS sind, werden hiermit aufgesorderi, sich zur Vermeidung von Strafe sofort im hiesigen Rathause (Meldeamtszimmer) zu melden. Naunhof, am 10. November 1914. Der Bürgermeister. Mer siegte in Osingtau? Also Tsingtau ist gefallen. Wie die Japaner sagen: am 7. Noo. morgens. Das war keine Meisterleistung. Über die moralische Seite des Angriffs auf Tsingtau ist wohl die ganze Welt schon längst einig. Es gibt da nur ein Ur teil und dieses beißt: Pfui Teufel! Aber noch nied riger steht die militärische Ein schätzung kläglich. Eine„Großmacht". über 60 Millionen Einwohner, eine starke, siegge wohnte Armee, eine mächtige Flotte, greift ein kleines Küsten städtchen an, 3000 Mann Verteidiger, keine Festung, eine offene Stadt, mit drei oder vier Forts in den Bergen, unter ganz einzigen militärischen Bedingungen — Tsingtau konnte vom Mntterlande aus nicht unterstützt werden, während Japan seine ganze Macht hinter sich hatte — und da brauchten sie drei volle Monate, um zu „siegen". Ja, sie holten erst noch Verstärkungen aus Indien. Das Ende war nach menschlichem Ermessen un vermeidlich, und mancher möchte meinen, die verzweifelte Gegenwehr und das Blutvergießen sei überflüssig gewesen. Der Ansicht sind wir nicht. Die Pflichterfüllung bis zum Äußersten, die der tapfere Kommandant von Tsingtau von vornherein als selbstverständlich ansah, konnte unter Um ständen einen sehr praktischen Zweck haben. Im Kriege gibt es alle Möglichkeiten, und in einem Weltkriege erst recht: China konnte eingreifen, Amerika konnte eine Ab lenkung des Angriffs herbeiführen, die japanische Flotte konnte durch Stürme Verluste haben, die Regierung in Tokio konnte gestürzt werden, eine der bekannten ost asiatischen Seuchen konnte um sich greifen. Jedenfalls galt es, Tsingtau fo lange zu halten wie nur irgend möglich. Keine jener Möglichkeiten ist eingetreten, kein Wunder hat sich ereignet, und Tsingtau ist dem Schicksal anheimgefallen, das jede fernliegende Kolonie unter diesen Verhältnissen treffen muß. Aber selbst bei diesem Ausfall ist die heldenmütige Kriegsarbeit der kleinen deutschen Schar nicht verloren. Sie hat aufklärend gewirkt über den ganzen Erdball hin. Auf dieser erhabenen Warte ist. aller Welt sichtbar, ein Kapitän z. S. Meyer-Waldeck, Gouerneur von Tsingtau. Kampf ausgefochten worden, der einen Prüfstein bildet für beide Kämpfer. Hier, wo nichts zu verheimlichen, nichts zu bemänteln war, nichts Hinzuzulun und Mchts weg zulügen, ist bewiesen worden, was deutsche Kraft ist und deutsche Ausdauer, schlichte Pflichttreue und Aufopferung — und anderseits, was im Grunde an der vielgerühmten japanischen Heldenhaftigkeit dran ist! Es war das Allerdümmste, was England tun konnte, daß es die japanischen Bundesgenoffen auf die kleine Stadt an der Kiautschou-Bucht hetzte. Erstens stellten die Eng länder sich selbst ein Armutszeugnis aus, das nicht mehr unterboten werden kann, und zweitens gaben sie damit ihren gelben Brüdern die schönste Gelegenheit, im An gesicht der Welt ihre wahre Unbedeutendheit zu zeigen. Das ist eine schlimme Enttäuschung für Großbritannien. Viel wichtiger als die Wegnahme von Tsingtau erschien den Engländern, daß auf diesem Wege Japan sich als Eng lands Stütze betätigte. Deshalb mußte Japan mit 200 Millionen Mark bestochen und deshalb mußte es an seiner nationalen Großmannssucht gekitzelt werden, damit Japan als Gespenst des Stillen Ozeans dastand. Als SchreckmittelgegenChina, fallses etwa RußlandM den Rücken siel, gegen Amerika, falls es sich die englischen Übergriffe zur See nicht gefallen lassen wollte, gegen Niederländisch- Jndien, falls die Holländer in Europa zu deutsche Gefühle bekämen. Nun ist die Berechnung kläglich zusammen gebrochen, das Schreckgespenst hat sich als harmlose Vogel scheuche entpuppt. Wir können in das heimliche Lachen, das durch die Welt geht, nicht einstimmen, denn Tsingtau war uns ans Herz gewachsen. Aber wir können es verstehen, was die übrigen Nationen empfinden, wenn sie den Bombast und das Trara der Eröffnung des Feldzuges mit dem jammer haften Erfolge vergleichen. Die ganze Macht Japans gegen eine offene Stadt mit 3000 Verteidigern, und sie brauchten ein Vierteljahr, bis sie nach großen Verlusten und Niederlagen mit ihrer kolossalen Übermacht Schanze auf Schanze niederkanonierten und schließlich nur noch das unbefestigte Städtchen übrig blieb. Da fielen von der Vogelscheuche Lappen auf Lappen hernieder. China und Amerika und Holland und auch die indischen Maharadschas rieben sich erstaunt die Augen und fragten sich im stillen: Wovor haben wir uns eigentlich gefürchtet? Das ist die Lehre von Tsingtau. * Vas I-olungsuvort. Die Stimmung, die der Fall Tsingtaus in jedem deutschen Herzen auslösen muß, zeichnet kraftvoll ein Gedicht des „Ulk", das wir mit Erlaubnis des Ver fassers hierhersetzen: I« eurem blutigen Kriegsgeschäft Denkt an Tsingtau, denkt an Tsingtau! Uud wo ihr die englischen Leute trefft: Denkt an Tsingtau, denkt an Tsingtau! Sie haben gedungen den Räuber, den Strolch, Au ihrem Golde schliff sich sein Dolch: Denkt an Tsingtau! DaS sei eurer Rache zum Losungswort: Denkt an Tsingtau, denkt an Tsingtau! Das treib' euch zur Küste, das treib' euch an Bord: Denkt an Tsingtau, denkt an Tsingtau! Auf britischem Grunde im nebligen West Für die Helden im Osten ei» Totenfest: Denkt an Tsingtau! Fritz Engel. » Vas SckutLgebiet kiautickou. Die Ermordung der deutschen Missionare Ries und Henle 1896 war für Deutschland der Anlaß, sich mit einem Hafen an der chinesischen Küste festzusetzen. Verhandlungen dazu waren bereits seit längerer Zeit mit Lihungtschaug gepflogen worden. Am 14. November 1897 nahm ein Landungskorps der deutschen Schiffe „Kaiser", „Prinzeß Wilhelm" und „Cormoran" (30 Offiziere, 687 Mann» unter Konteradmiral Diederichs ohne Blutvergießen Kiautschou in Besitz. Am 6. März 1898 wurde mit der chinesischen Regierung ein Pachtvertrag auf 99 Jahre geschloffen. — Die Eisenbahn nach Lsi-nan-fu wurde 1904, der große Hafen 1905 fertiggestellt. 1906 wurde die Erhebung der Seezölle durch das chinesische Seezollami eingeführt. Das jetzt von den Japanern eroberte Schutzgebiet umfaßt etwa 552 Quadratkilometer der chinesischen Provinz Schantung. Es liegt zum größten Teil auf einer Halbinsel östlich der Kiautschou-Bucht. Zum Schutzgebiet gehören ferner die in der Bucht gelegenen Inseln, die Bucht selbst bis zur Hochwassergrenze und die dem Eingang der Bucht vorgelagerte Halbinsel Höchst mit dazu ge hörigen kleineren Inselchen. Um die Grenze des Schutz gebietes zieht sich eine neutrale Einflußzone von 50 Kilo meter Halbmesser. Die Bevölkerung betrug 1913 187000, die der neutralen Zone etwa 1200000 Menschen. Die weiße Bevölkerung des ganzen Gebietes betrug 1913 4460, davon 2400 Mann Besatzung. Das Schutzgebiet unterstand dem Reichs-Marineamt. An der Spitze stand ein aktiver Seeoffizier als Gouverneur, dem Militär- und Zivilverwaltung unterstellt waren. Die Besatzung bestand bis zum Ausbruch des Krieges aus der Matrosenartillerie-Abteilung Kiautschou (drei Kompagnien), dem Ul. Seebataillon (fünf Kompagnien) mit seinen Detachements in Peking und Tientsin, sowie einer Marine feldbatterie. — Es bestand im Schutzgebiet u. a. eine deutsch-chinesische Hochschule, deren Unterbau einer deutschen Realschule entsprach und deren Oberbau eine fachwissen schaftliche Hochschule für Staatswisienschaften, Technik und Medizin darstellte. Außerdem besaß Tsingtau seit 1901 eine höhere Lehranstalt nach preußischem Muster (Reform- realgymnanum mit Vorschule, seit 1909 militärberechtigt). Die Einfuhr hatte 1911/12 einen Wert von 114,9 Millionen Mark gegen 55,3 im Jahre 1908; die Ausfuhr war 80,3 gegen 32,6 im Jahre 1908. Von Tsingtau führt eine Bahnlinie der Schantung-Eisenbahngesellschaft von 395 Kilometer Länge nach Tsi-nan-fu, der Hauptstadt der Provinz Schantung. Die Bahn erschließt zugleich die auf der Strecke nach Tsi-nan-fu gelegenen, der Schantung- Bergbau-Gesellschaft gehörenden Kohlenbergwerke Wei-Hsien und Po-schan. — Der große künstliche Hafen von 392 Hektar mit einer größten Tiefe von 9,5 Meter wurde unter Benutzung einer Insel und von Riffen und deren Verbindung mit dem Iestlande durch Dämme hergestellt. Die Molen haben eine Kaifläche von 2 Kilometer für die größten Schiffe. An der Westseite des Hafens liegt die Tsingtau-Werft mit einem Schwimmdock von 16 000 Tonnen, einem Kran von 150 Tonnen Tragfähigkeit, Werk stätten und Helligen. Die Werft beschäftigte 1500 chinesische Arbeiter. ^flngtaus letzter Veläenkampf. Die kleine Schar im fernen Osten, die Deutschlands Banner drei Monate lang gegen eine ungeheure Über macht auf Tsingtaus Zinnen hielt, hat ihren heldenmütigen Widerstand schließlich aufgeben müssen, nachdem sie, wie Gouverneur Meyer-Waldeck es versprochen, „bis zum Äußersten ihre Pflicht erfüllt" hatte. Über das letzte Ende dieses für deutsche Treue und deutsche Wehrhaftigkeit so ruhmreichen Kampfes wird in Londoner Blättern be- crchtet: Der englisch-japanische Angriff begann am Donnerstag und wurde bis zum Freitag abend ununterbrochen fort gesetzt. Die Verbündeten hatten große Verluste. Am Sonnabend morgen 1 Uhr 40 Minuten setzte der Haupt angriff der Infanterie mit Pionieren unter Führung des Generals Vosimi Damade ein. Gleichzeitig über schütteten schwere Belagerungsgeschütze das Fort Iltis, den Schlüssel der deutschen Stellung. Unter dem furcht baren Geschoßregen brach schließlick der hartnäckige Widerstand des deutschen Forts zusammen, das die Japaner, wie gemeldet, 5 Ubr 10 Minuten morgens stürmten. Gleichzeitig wurde auf dem linken Flügel ein Sturmangriff ungeheurer Massen Infanterie, unter stützt von Artillerie, angesetzt, und ein dort liegendes Fort genommen. Die deutschen Verteidiger fügten den Angreifern schwere Verluste zu, bis die weitere Ber- teidigung in den zu Trümmerhaufen zusammengeschoffenen Ste'Iungen unmöglich war. Um 7 Uhr morgens er-