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02-Ausgabe Naunhofer Nachrichten : 19.07.1914
- Titel
- 02-Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-07-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-19140719024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-1914071902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-1914071902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-07
- Tag 1914-07-19
-
Monat
1914-07
-
Jahr
1914
- Titel
- 02-Ausgabe Naunhofer Nachrichten : 19.07.1914
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, die Allgemeinheit, auch für die Krankenkassen ein sehr wesentlicher finanzieller Vorteil." Diese Entschließung, die einen wichtigen Abschnitt in der Krankenbehandlung durch die Kaffen darstellt, wurde nach eingehender Erörterung mit allen gegen zwei Stimmen angenommen, nachdem Professor Herxheimer noch folgende Schlußerklärung abgegeben hatte: „Sie haben gehört, daß in FroAkfurt 11500 Patienten ohne wesentliche Zwischenfälle geheilt wurden. Es gibt aber kein Mittel, bei dem nicht Unfälle vorkommen. Salvarsan- Quecksilber, vorsichtig angewendet, ist die beste Methode, weil sich die günstigsten Ergebnisse bei der geringsten Ge fahr erzielen lassen. Mir persönlich ist es gleichgültig, welches Mittel ich anwende, als Arzt habe ich aber die Pflicht, das beste Mittel anzuwenden. Ich selbst bin nur zögernd an das Salvarsan herangegangen, nachdem es bereits in 8000 Fällen erprobt war. Nachdem ich aber zur Erkenntnis seiner Vortrefflichkeit gekommen bin, nach dem der überragende Teil der Arzte der ganzen Welt eS anwendet und nachdem Millionen Patienten behandelt sind, halte ich daran fest." Damit schloß die Tagung. Als Ort für die nächstjährige Versammlung sind in Aus sicht genommen Düsseldorf, Kassel, Gotha oder Hannover. fünfzig Iakre frauenbewegung. Von Minna Caue^, Berlin. Die moderne Frauenbewegung wird demnächst das goldene Jubiläum feiern können. Nachstehende Ausführungen aus der Feder der Mitbegründerin und Führerin der ganzen Bewegung, Frau Stadtschulrat Cauer, werden darum auch die zahlreichen Gegner der Frage sicherlich interessieren. Es ist unendlich viel über die Grundursachen der Frauenbewegung geschrieben, denn sie beschäftigt in steigendem Maße die Welt. Sie greift ein in alle Fragen der Gegenwart. Freund und Feind nehmen Stellung dazu, ihre Ursachen und ihre Wirkungen unterliegen der ernstesten Beachtung von Gelehrten, von Regierungen, Be hörden und Parlamenten. So ist es nicht nur in unserm deutschen Vaterlande, sondern in allen andern Ländern; ja sogar bis in die asiatischen Verhältnisse ist sie ein gedrungen und macht nicht Halt vor den streng behüteten Harems der Türken. Es ist selbstverständlich, daß eine so wichtige Bewegung die verschiedensten Urteile erfährt, und ebenso selbst verständlich ist es, daß diese oft sehr voneinander ab weichenden Urteile zu falschen Ansichten und zu un gerechten Schlüffen führen müssen. Ruhige, sachlich gehaltene Aufklärung und Darlegungen der Ursachen sind öarum un bedingt notwendig. Eins steht fest, wo immer ernst nach den Ursachen geforscht wird: daß die Veränderungen im Wirtschafts leben unseres Volkes eine grundlegende Ursache der Frauenbewegung gewesen sind und nicht, wie man gern aunimmt, die Folge einiger unruhiger Frauenköpfe oder Agitatorinnen. Man fügt mit Vorliebe hinzu, daß die Frauenbewegung eine alte Jungferfrage sei, daß ledige Frauen sie hervorgerufen hätten, denen die Versorgung durch die Ehe versagt geblieben wäre. Nicht ist falscher als das! Wohl packt die Frauenfrage in erstir Linie die jenigen an, die gezwungen sind, den Kampf ums Dasein auf sich zu nehmen, darunter sind natürlich viele un verheiratete Frauen, und zwar aus allen Schichten des Volkes. Aber wir wissen längst aus eingehenden Unter suchungen, daß verheiratete und geschiedene Frauen, sowie Witwen ein starkes Heer bilden, das in gleicher Weise wie der Mann dem Erwerb und dem Beruf nachgehen mutz. Die Volkszählung von 1907 zeigte die Zahl von 9^/z Millionen erwerbstätiger Frauen: fast ein Drittel aller Frauen im Deutschen Reiche. Das verpflichtet immer mehr auf Ursachen und Wirkungen zu achten, um die notwendigen Maßnahmen herbeizuführen, die das Er werbslebell der Frauen verlangen darf. Richtig ist nur, daß ungefähr in der Mitte des ver gangenen Jahrhunderts der Ruf von einigen klarsehenden Frauen erscholl: „Gebt uns Arbeit und gebt uns Bildung." Wir brauchen Bildung, um Arbeit zur Gestaltung unseres Lebens ausführen zu können. Dieser Ruf erscholl nicht, unl eine Bewegung unter den Frauen hervorzurufen, sondern um den Frauen bei den veränderten Lebensver hältnissen die Möglichkeit des Daseins zu verschaffen. Es wäre aber falsch anzunehmen, als hätten die Frauen bis Labin ein ruhiges Leben geführt. Im Gegenteil, die Frauen haben von jeher, wie immer auch die Verhältnisse waren, gearbeitet. Aber diese Arbeit vollzog sich fast durchweg im häuslichen Kreise. Zurückblickend in die Vergangenheit sehen wir in der Urzeit die Frau wandernd mit dem Dianne, fast unstät und flüchtig, aber sie arbeitete für den Mann, für die Kinder unablässig und treu in mitten all der Strapazen und Gefahren. Und dann, als der Wandel sich vollzog und der Mann seßhaft wurde, da begann die große, schöne Aufgabe der Frau: Haus, Heim und Hof auszubauen, innen zu gestalten je nach der Lage des Mannes. Die Frauen spannen, webten, sie schnitzten Waffen, saßen an den Mühlsteinen und mahlten das Mehl, sie besorgten das Vieh und bebauten das Land. Denn der Mann zog hinaus zum Kampf oder weit in fremde Länder, um Geld und Gut zu erjagen oder um neue Erwerbsquellen zu gewinnen. Und immer und immer wieder trat Wandel ein. Die Frauen arbeiteten in ihrer Weise, der Mann in der seinen. Da brach eine neue Zeit an. Eine Wandlung vollzog sich wie nie zuvor — eine Wandlung, die in das Leben und in die Arbeit des Mannes ebenso gewaltig eingriff wie in das Leben der Frau. Das Zeitalter des Dampfes, damit eng verbunden das Zeitalter der Technik, nahm der Frau ihre eigenste und ihre ihr teuer gewordene Arbeit im Haus. Sie war die Schaffende, die Produzierende gewesen, das Haus und die häuslichen Aufgaben waren wie etwas Geschlossenes, Festummauertes, es war das Reich der Frau. Fast tragisch war es und ist es noch, wie Stück für Stück der Frau ihre Arbeit durch die Maschine und durch die Technik genommen worden ist. Das Haus konnte die weiblichen Kräfte der Frau nicht mehr beschäftigen, zum großen Teil auch nicht mehr er nähren. So zogen auch die Töchter hinaus und mußten sehen, wie sie in dem großen Getriebe der Welt da draußen fertig wurden. Das ist die Haupturfache der Frauenbewegung. So traten dann die ersten Vertreterinnen der Frauenbewegung mit dem Ruf auf: Gebt den Frauen Arbeit, aber gebt ihnen auch Bildung! Sie brauchen Erweiterung ihrer Arbeitsgebiete, dazu bedürfen sie der Bildung, sie sind gezwungen, sich ein Leben außerhalb des Hauses zu gestalten. Die deutsche Frauenbewegung kann nun bald ein 50jähriges Jubiläum feiern. Seitdem hat auch sie Wand lungen ernstester Art durchzumachen gehabt. War sie im Anfang nur bemüht, Mittel und Wege für die Töchter des Mittelstandes zu finden, um ihnen Arbeit und Bildung zu verschaffen, so dehnt sich jetzt die Frauen bewegung auf alle Schichten der Gesellschaft aus. Immer mehr werden die Frauen und Mädchen in das Erwerbs leben hineingezogen. Sie wanderten hinein in die Industrie, in das Gewerbe, in Handel und Verkehr, sie wurden vom Staat als Beamtinnen angestellt, sie arbeiten in der Landwirtschaft und sie suchen wissenschaft liche Bildung auf den Universitäten. Dennoch bleiben viele ernste und wichtig« Fragen noch ungelöst. Mirä sie freigelprocken? Pressegeplänkel vor dem Caillaux-Prozeß. Paris, Juli. Wird sie freigesprochen oder wird sie verurteilt? Das ist die große Frage des Tages, die ganz Paris beschäftigt, die in allen Unterhaltungen wiederkehrt, die von den Blättern aller Richtungen eifrig diskutiert und je nach ihrer Parteistellung mit „Ja" oder „Nein" beantwortet wird. „Sie" ist Frau Caillaux, die Gattin des früheren Finanzministers, die den Direktor des Boulevardblattes „Figaro" in seinem Sprechzimmer erschoß, der kompromittierende Briefe in Händen hatte, die sie vor ihrer Ehe mit Caillaux als Frau eines andern an ihren späteren zweiten Gatten gerichtet hatte. Den Vogel bei diesem Pressegeplänkel schießt das Wochenblatt „L'Oeuvre" ab. Es tut so, als habe der Prozeß gegen Frau Caillaux, der am 20. Juli beginnen wird, schon stattgefunden, und verkündet kurz und bündig: „Frau Caillaux ist freigesprochen." Natürlich wird die Freisprechung, da das Blatt zu den Gegnern Caillaux' zählt, als ein Skandal bezeichnet, der mit aller Kunst vor bereitet werde. Man machte zunächst einmal nicht der an geklagten Frau Caillaux, sondern den nicht angeklagten Ärzten, die den unglücklichen Gaston Calmette behandelt haben, den Prozeß: Calmette, sagt man, wäre seinen Ver letzungen nicht erlegen, wenn er richtig behandelt worden wäre, und wenn die Chirurgen, denen er anvertraut wurde, nicht schwere Fehler begangen hätten. Die Frau Caillaux freundliche Presse geht in dieser Richtung allerdings mit ebenso großer Schärfe wie findiger Schlauheit vor. Ein Blatt brachte leine sehr gehässig formulierte Anklage gegen die Arzte, die Calmette be handelt haben. Es behauptet: „Wenn in der ersten Stunde eine wohlüberlegte Operation vorgenommen worden wäre, wäre Calmette noch heute am Leben. Und wenn er am Leben geblieben wäre, hätte die ganze Ge schichte mit einer Anklage wegen Körperverletzung geendet. Für Frau Caillaux hieße das: eine uübedeutende Strafe oder Freisprechung." Auch grobe Kunstfehler bei der Operation selbst werden den Ärzten vorgeworfen. Sie sollen den Einschnitt in die Bauchdecke Calmettes an falscher Stelle gemacht haben. Auf diese schweren An klagen wollen die angegriffenen Arzte, Professor Hart mann, Professor Cuneo und Senator Dr. Reymond, nur vor Gericht antworten. Unter den merkwürdigen Behauptungen, die in der Preßfehde aufgestellt werden, befindet sich auch die, daß der „Figaro" früher oder später in die Hände des Herrn . . . Caillaux fallen werde! Ein Blatt nennt die Namen mehrerer Freunde des Ex-Ministers, die sich mit der Absicht tragen sollen, bei der nächsten Aktionär versammlung das Boulevardblatt in ihre Hände zu be kommen, nicht aber um seinen Angriffen gegen Caillaux ein Ende zu machen und einen Schlußstein auf das Grabmal Calmettes zu legen, sondern um — wer lacht da?! — eine Annäherung zwischen Deutschland und Frank reich anzubahnen! Andere wunderbare Dinge über den bevorstehenden Prozeß wissen zwei andere Wochenblätter, „Cri de Paris" und „Fantasia", auszukramen. Man kann da z. B. lesen: Wenn das Urteil der Geschworenen nicht den Wünschen der Angeklagten entsprechen sollte, so wird das sicherlich nicht die Schuld der Richter (d. h. der beamteten, nicht der Volksrichter) sein, denn man hat von Gerichts wegen alles mögliche getan, um der Frau Caillaux Freunde zu werben. Selbst die Zeit des Prozesses ist nicht zufällig gewählt worden: man hat vielmehr den Beginn der Amtstätigkeit eines Vorsitzenden, der gute Gründe haben soll, Herrn Caillaux dankbar zu sein, abgewartet. Der betreffende Richter verdankt nämlich seine verbrämte rote Robe, d. h. seine hohe richterliche Stellung, den Empfehlungen der radikalen Partei und dem all mächtigen ! Einfluß des Ex-Ministers. „Fantasio" behauptet sogar, daß der Richter viel im Salon der ersten Frau des Exministers verkehrt und dort häufig am Klavier gesessen habe. Seine rote Toga (die nicht verbrämte) soll auch eine Geschichte haben. Er hatte sie sich schon vor vielen Jahren in Erwartung seiner Beförderung an geschafft, aber die Beförderung ließ sehr lange auf sich warten. Als sie schließlich kam, war die rote Robe an mehreren Stellen von Motten zerfressen. Da fand such eine freundliche Dame, die die Toga so kunstvoll ausbesserte, daß sie wie neu aussah. Kurze Zeit darauf empfand die freundliche Dame das Bedürfnis, einem untreuen Freunde Vitriol ins Gesicht zu gießen; sie stand dann als Angeklagte vor dem Richter, dem sie die Robe in Ordnung gebracht hatte, und er erkannte sie, und behandelte sie mit der größten Nachsicht. Man kann sich denken, daß die Lage eines Gerichtspräsidenten, dem man schon vor dem Prozesse soviel an den Roben flickt, nicht beneidenswert ist: jedes höfliche Wort, das er an die Angeklagte richten wird, wird ihm als Parteilichkeit ausgelegt werden; und wenn er sich mürrisch und grob zeigen sollte, wird man ihn gleichfalls der Parteilichkeit bezichtigen. Auch der Staatsanwalt ist nicht auf Rosen gebettet. Das Schicksal seines Vorgängers wird ihm gezeigt haben, daß ein Generalstaatsanwalt in Frankreich sich politischen Einflüssen und Einmischungen nur schwer entziehen kann. Die wahren Richter sind aber schließlich die zwölf ehrenwerten und gerechten Männer aus dem Volke. Mit diesen Leuten scheint man aber ganz Besonderes vorzu haben. Wenn man den Indiskretionen der Zeitungen glauben darf, hätte „man" eigens aus Amerika einen Geheimpolizisten kommen lassen, auf daß er die schwache Seite jedes Geschworenen ergründe. Man will dann zu gelegener Zeit das unruhige Gewissen des einen durch einen Orden beruhigen, dem andern positivere Ehren zuteil werden lassen usw. Wahrscheinlich sind das alles nur Vermutungen, aber sie genügen, um erkennen zu lassen, was man in Frankreich von dem kommenden Sensations- Prozesse erwartet. — Der Kerr von Imhoff. Roman von M. Weidenau. 53 „Vor allein will ich Dir sagen," begann sie endlich, „datz Du in bezug auf Brandt recht getan Hast; Du bistein Im hoff nnd kein Feigling. Mitunter gehört mehr Mut dazu, zinückzmveichen, als sich zu schlagen. Und nun wiederhole ich nochmals, datz ich für Dich bezahlen werde; doch erst sage mir, ivas Dn, wenn alles in Ordnung ist, tun wirst?" „Sei ruhig Tante! Ich kenne meinen Weg; ich werde fort gehen, in die Ferne ziehen, tüchtig arbeiten, um das Geld, das ich meinem Sohne genommen, zurückzugewinnen." „Du kannst nicht fort, ohne Deiner Frau einen triftigen Grund für Deine Abreise anzuyeben. Was wolltest Du ihr sagen, nachdem Du die schmerzliche Wahrheit nicht enthüllen kannst?" „Du hast recht Tante, daran dachte ich im ersten Momente nicht, aber es wird sich schon ein plausibler Vorwand fin den." „Ja, nnd damit hat es noch seine guten Wege. Also, zu dem andern. Du schuldest diesen Leuten hunderttausend Kro nen und ohne Zweifel werden sie auch die entsprechenden In teressen verlangen. Wir werden ihnen demnach alles in allem die runde Summe von hundertfünfzigtausend Kronen geben. Ein Imhoff muß auch Schurken gegenüber ehrlich sein." „Mein Gott, Tante, Deine Großmut beschämt mich!" „Du darfst nicht vergessen, daß ich es um Deiner Fa milie willen tue. Ich besitze nicht die volle Summe in ba rem, doch fürchte nicht, ich werde sie mir schon verschaffen. Mein Bankier wird mir dazu behilflich sein. Reise morgen ruhig nach Hause, damit sich Deine Frau nicht um Dich ängstigt. Wenn die Sache mit meinem Bankier in Ordnung ist,' werde ich Dich es wissen lassen. Und nun — Kopf hoch, mein Lieber, vielleicht endet alles besser, als wir annehmen, und Deine Frau wird sich auch wieder versöhnen lassen." „Ach. Tante, wenn Du wiederauf einige Zeit zu uns kommen wolltest," bat Arnold, der auf den Einfluß der gütigen Verwandten auf Gabriele große Hoffnung setzte. > „Gut, ich werde kommen, und zwar bringe ich Dir dann gleich persönlich Nachricht," entgegnete die alte Dame nach kurzem Ueberlegen. Mit viel leichterem Herzen, als er die Reise angetreteu, kehrte der junge Edelmann nach Hause zurück; ihm war jetzt, als sei er ein gänzlich anderer geworden. „Vielleicht wird doch noch alles ein gutes Ende neh men," sagte er zu sich selber, von der leisen Hoffnung be seelt, durch ein einwandfreies, tätiges Leben seine Schuld zu sühnen und die Liebe und Achtung des augebeteteu Weibes aufs neue sich zu erringen. Er malte sich alles mit rosigen Farben vor: bald sollte er aus seiner fürchterlichen Situation befreit sein, diese bei den Abenteurer bezahlen, jenen schändlichen Bries zerrei ßen und sich endlich frei fühlen können. Daun aber ivollte er Gabriele bestimmen, ihren Aufenthalt auf Schloß Im hoff zu nehmen, damit sie während der voraussichtlich lau- aen Dauer seiner Abwesenheit in nächster Nähe der Tante Aurelia weilte. Wenn seine Bestrebungen, Geld zu verdie nen, von Erfolg gekrönt sein würden, wollte er wieder zn- rückkehren, nm fern von dem betäubenden Lärm des Grvß- stadtlebens mit den Seinen der ihm wieder liebgewordenen stillen Heimat, auf Schloß Imhoff, für immer Aufenthalt zn nehmen. Dieser Entschluß wurde ihm umso leichter, als er damit einen Lieblingswunsch seiner Frau erfüllen konnte. Als der junge Mann die Wohnung betrat und an die zwischen Gabriele und ihm bestehende Entfremdung sich er- innerte, wich seine frohe Stimmung; er wurde wieder ernst und traurig und ging, ohne Gabriele sogleich anfzusnchen, in seine eigenen Zimmer, aus denen ihn aber die heiße Sehn- sucht nach Weib nnd Kind bald wieder hiuaustrieb. Die ihn umgebende Stille bedrückte ihn, er wollte das süße Kin- derstimmchen seines Söhnchens hören und Gabriele sehen. Die jungen Gatten kamen seit jenem unseligen Auftritte nur mehr bei den Mahlzeiten zusammen, sonst betrat weder Gabriele die Zimmer Arnolds, noch dieser diejenigen der jungen Frau, nur das Kiuderzimmer war völlig neutrales Gebiet. Als der junge Edelmann jetzt dort eintrat, bot sich ihm ein liebliches Bild dar: Gabriele, in reizender Haustoilette, hielt den Kleinen in den Armen und tändelte mit ihm, wie nur eine glückliche junge Mutter es tun kann. Bei dem Kinde vergaß Gabriele ihres Kummers und Herzeleides und, wenn ihr Gatte in einer solchen Stunde bittend vor sie hingetreteu wäre, würde sie ihm vielleicht verziehen haben. Ansblickend gewahrte sie ihn und, seinen traurigen Augen begegnend, senkte sie die ihrigen. „Taute Reli seudet Dir und dem Kleinen tausend Küsse; auch wird sie in den nächsten Tagen selbst kommen," sagte Arnold, indem er langsam uäherkam nnd die Hände nach dem lachenden Kinde ausstreckte. „Sieh, Lothar, da ist DZn Papa!" Und den Kleinen ihm in die Arme legend, schaute die junge Frau den Gatten for schend an. „Wie sieht es auf Imhoff ans ? Wie geht es dem braven Milius ? Und warum hast Du die Tante nicht gleich mitge- bracht?" „Auf Imhoff steht alles gut. Milius befindet sich wohl nnd die Tante muß erst für eine längere Abwesenheit von da heim Instruktionen geben." Während Arnold sprach, glitt seine Hand voll Zärtlichkeit über das Köpfchen seines Kna ben, so daß Gabriele, die an der Seite stand und des Gat ten Tun beobachtete, gerührt sich sagte, daß ein Mann der sein Kind so liebte, numöglich einer gemeinen Handlung fä hig sein konnte, daun aber mußte sie sich doch wieder fragen, welch dunkles Geheimnis Arnold so ängstlich vor ihr verberge? „Mein Sohn, mein Lothar," hörte sie jetzt den Gatten mit bewegter Stimme sagen, „Du mußt Deinen Vater sehr lieb haben, hörst Du?" Als hätte der Kleine diese Worte verstanden, jauchzte er hell auf und streckte die Aermchen dem Vater entgegen, der ihn, tieferblasseud, küßte und ohne ein Wort zn sprechen, der Mutter hinreichte, worauf er beinahe fluchtartig das Gemach verließ. In seinem Zimmer augelangt, schritt er ungestüm auf und ab. O — wie sehnte er Tante Relis Kommen herbei, nm durch Bezahlung seiner Schuld Erlösung von allen Qua len zn finden! Nnr fort, fort von hier, um nicht ähnliche Szenen wie die eben erlebte, nochmals heraufzubeschwüren. Drei Tage später kündigte Fräulein von Hollen telegraphisch ihr Kommen an. „Hole mich ab," lautete der Schlußsatz 213,20 Aufatmend legte Arnold das Tslegramm aus der Hand
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