Suche löschen...
Naunhofer Nachrichten : 27.11.1914
- Erscheinungsdatum
- 1914-11-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-191411270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19141127
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19141127
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-11
- Tag 1914-11-27
-
Monat
1914-11
-
Jahr
1914
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 27.11.1914
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
vereinzelt vorgekommen Mld und wir sind iwerzeugt. daß es Ihnen leicht fallen wird, dafür zu sorgen, daß die ver wundeten und gefangenen Deutschen mit Menschlichkeit behandelt werden." Das Schreiben ist von 178 französischen Verwundeten unterzeichnet, die alle Namen und Regimentsnummer an- gebin. Ob und wie es in Frankreich gewirkt hat, läßt sich vorläufig nicht beurteilen. Betrügerische Rekrutenwerbung. In einem der Frankfurter Zeitung zur Verfügung gestellten Brief be schwert sich ein Schweizer Bürger über ein geradezu empörendes Vorgehen in Kanada. Dort hat der franzö sische Konsul, der die schweizerischen Interessen mitvertritt, den jungen Schweizern eröffnet, die Schweiz sei von den Deutschen besetzt, sie befinde sich mit Deutschland im Kriege und die jungen Leute könnten nicht mehr in die Schweiz zurück. Sie könnten jedoch ihrem Vaterlande Helsen, indem sie sich unter die englische Fahne stellten und in den Reihen der Engländer gegen den gemeinsamen Feind kämpften. Auf Grund dieser geradezu schamlosen Lüge, die wegen der amtlichen Eigenschaft des verlogenen Konsuls von den jungen Leuten geglaubt wurde, ließen sich verschiedene schweizerische Jünglinge — auch solche aus der deutschen Schweiz — in das 19. Alberta- Dragoner-Regiment einreihen, um so der Schweiz zu dienen. Der besorgte Vater hat hiergegen Schritte unter nommen, die aber kaum Erfolg haben werden, da das Regiment bereits nach dem europäischen Kriegsschauplätze unterwegs sein soll. — So arbeiten also England und Frankreich Hand in Hand, nm Kämpfer für ihre Sache zu erschwindeln. Was sagt man in der Schweiz zu einem solchen Skandal? Die Oberste Heeresleitung dichtet. Die Züricher Schriftstellerin Käte Joel hat vor einigen Tagen der deutschen Obersten Heeresleitung einen poetischen Gruß gesaudt und darauf alsbald folgende Antwortverse er halten: Daß Du uns Deinen Grub gesandt, Wird Dir der Herrgott danken. Im Streite für sein Vaterland Wird nie ein Deutscher wanken. Ist auch die halbe Welt uns feind In Niedertracht und Lügen, Ein Volk wie wir, im Kampf vereint. Wird siegen, siegen, siegen. Deutsche Oberste Heeresleitung. Unserer Obersten Heeresleitung geht es offenbar sehr gut, da fle noch Leute zum Dichten abkommandieren kann. Im übrigen nehmen wir sie beim Wort: L-iegen, siegen, siegen! Die „treue Kameradschaft". Unter den russischen Fahnen, deren sich die Deutschen bei Tannenberg be mächtigen konnten, befand sich eine mit der deutschen Inschrift: „In treuer Kameradschaft." Sie war vor mehr als hundert Jahren vom preußischen General Borck von Wartenburg dem Regiment des russischen Generals Diebitsch geschenkt worden, mit dem Borck in der Mühle von Tauroggen die berühmte Konvention schloß. Und das Merkwürdigste ist, daß die Fahne jetzt bei Tannenberg von dem preußischen Jägerbataillon erobert wurde, das den Namen des Generals Borck führt. Twei „ZnarL.Men" im Zrgonnenwaläe. Mitgeteilt von einem Feldgeistlichen. Es ist ein grauer Novembermorgen, der Nebel wallt schwer und muffig hin und her. Trübes Tageslicht ver mischt sich allmählich mit den Nebelwolken. Ich besteige das Pferd, reite erst im Trab, dann, als der holperige Argonnenwald kommt, im Schritt. Es ist heute morgen ziemlich ruhig, ein Artilleriedusll geht über meinen Kopf hinweg. Endlich bin ich beim Regimentsstande. Hier nimmt mich ein Soldat, von den braven Westfalen einer der bravsten, in Empfang, um mich in die Schützengräben seines Regiments zu geleiten. Einige Flintenkugeln klatschen in die benachbarten Bäume, zwei Granaten schlagen weit abwärts ein. Mein Begleiter schlägt nun einen kleinen Trab vor, und schon springt er in den Schützengraben hinein. Ich sause nach und zerreiße natürlich in meiner Ungeschicklichkeit den Telephondraht. Man will sich zu einem Donnerwetter anschicken, doch als man sieht, daß der Geistliche sie besuchen will, erklären die Leute, es mache nichts aus . . . Ich krieche in die Erdhöhle eines Kompagnieführers hinein: wir bilden eine Abendgesellschaft zu fünf Mann. Die Gewehre find ununterbrochen in Tätigkeit, Granaten heulen bisweilen, dazwischen knattert ein Maschinengewehr, eine Symphonie von eigenartiger Schönheit. Plötzlich ein, zwei, drei unbekannte Aufschläge — ein wütendes französisches Gewehrknattern antwortet. „Aha", sagt man lachend, .unsere Bombenwerfer sind an der Arbeit." Und nun folgt die Erzählung von dem berühmtesten Bombenwerfer, der in acht Tagen wegen seiner Erfolge vom Gefreiten zum Vizefeldwebel befördert und mit dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet wurde. Er ist Bergmann im Kohlenrevier von Saarbrücken. Wenn es dunkel ge worden ist, schwingt er sich kühn mit Hand granaten über die Böschung des Schützengrabens. Das wagen selbst die Pioniere nicht, die sonst Tod und Teufel im Argonnenwald nicht fürchten. Sie helfen dem Regiment Seitenstollen an den Feind herangraben: sie sind augenblicklich 25 Meter von dem französischen Schützengraben entfernt und werfen aus der Deckung die Handgranaten. Sie sind kühn, aber wie unser „Bomben werfer" mit der Schleuder frech sich vor den Feind zu stellen, nein, das wagen sie nicht. Unser Mann tut's. Noch mehr. Erst nimmt er einige Steinchen und kleckert damit nach dem feindlichen Graben. Er hat die Ent fernung jetzt im Handgelenk. Rauchend ist er aus dem Graben gestiegen. Nun nimmt er die Handgranate, hält die Zündschnur an die brennende Zigarre, schleudert die Granate, und im nächsten Augenblick schlägt es dumpf auf im Schützengraben der Franzosen. Sein Schlachtruf im Werfen ist: „Jetzt kriegt ihr Buko." «Buko, verderbt aus dem französischen beauooup, ist allgemeines Sprachgut in der Armee geworden.) Der Mann interessierte mich. Am folgenden Morgen treffe ich ihn. Ein Gesicht von kindlicher Harmlosigkeit strahlt mir entgegen, schalkhaft lächeln seine Augen. Wohl hundert Granaten hat er schon geworfen. Ich glaube, er hat ein Herz weich wie ein Mutterherz: im Frieden würde er keinen Regenwurm obne Gewissensbisse zertreten können. Er spricht mir von seinem Kollegen. Sie sind regel mäßig zusammen, wenn zwei an der Handgranate arbeiten müssen. Der ist auch Bergmann, aber aus dem rheinisch westfälischen Kohlengebiete. Auch hier ein Gesicht von typisch-deutscher Gutmütigkeit. Auf meine Bitte zeigt er mir die Granaten. Die einfachste sieht aus wie ein Stück Kernseife, heraus ragt die Lunte. Einmal war die Zünd schnur noch nicht abgebrannt, als sie bei den Franzosen ankam. Ein entschlossener Mann von drüben schleuderte die Gabe dankend zurück. Seitdem beschneiden sie die Zündschnüre bis auf einen kleinen Rest. Die andere Granate in Format einer Apfelsine verlangt zwei Leute. Der eine zündet an, der andere muß innerhalb fünf Se kunden abschleudern. Etwas wehmütig betrachte ich die zwei Helden. Drei deutsche Kameraden liegen noch unbeerdigt zwischen den feindlichen Gräben. Ob nicht einmal eine französische Kugel auch diese beiden mit ihren brennenden Zigarren Hinstrecken wird? Es wäre schade um diese Prachtgestalten. Vertrauen wir: „Dem Mutigen hilft Gott." «Köln. Volksztg.) feläpoltbrief aus ciem Osten. . . . November 1914. Sehr geehrter Herr A.! Ich gelangte in Besitz Ihrer freundlichen Zeilen und der Zeitungen, leider hatte ich bisher wenig Zeit, die Zeitungen zu lesen. Die Siegesnachrichten werden uns stets nach Bekanntgabe vorgelesen. Da unsere meisten Arbeiten in Umänderungen und Neubauten bestehen, um die Russen geziemend zu begrüßen, so kann ich, obwohl Sie diese Dinge sehr interessieren würden, darüber keine Mitteilung machen. Unsere Grenze war hier zuerst nur mit wenig Landwehr und Landsturm besetzt. Heute sind wir hier sehr stark, und nun kann kommen, wer will, alle bekommen sie Hiebe. Bis heute fand ich dreimal an der Spitze Ver wendung, und zwar das erstemal, als unsere Landwehr sich vor den starken russischen Kolonnen zurückziehen mußte. Da hatten wir Brücken, Bahnen, Signale, Wasserturm und Wasserwerk zu sprengen, um den Feind aufzuhalteu. Das zweitemal war es am . . ., als die Russen ihre Hiebe hatten und es galt, unsere Verwundeten zu be fördern. Die Bahnlinien waren von den Russen zerstört, und wir machten sie wieder betriebsfähig. Auf einer Strecke hatten die Russen 70 Sprengungen gemacht. Wenn wir aber diese Sprengungen mit den unseren vergleichen, so müssen wir sagen: die Russen verdienen kaum den Namen Lehrlinge. Da zwei Tage vor unserer Arbeit 5000 Kosaken in K. hausten, alles sengten und brannten, Infanterie aber bei uns nicht abkömmlich war, so mußten wir uns bei der Arbeit selbst decken. Ich erh'elt den Auftrag, mit 18 Mann die Seitendeckung zu bilden. Wir stellten Posten aus und suchten die Wälder ab. Hier sah ich, wie Kosaken Hausen! Leider konnte ich keinen mehr in die Hölle senden. Die Einwohner kampierten in den Wäldern und hatten alle ihre Wohnungseinrichtung, soweit sie nicht von den Russen zerstört war, in das Dickicht geschleppt. Überall waren freudige Gesichter, als die Leute uns sahen. In K. fanden wir im Walde eine Frau mit vier kleinen Kindern; die Frau hatte seit drei Tagen drei Schüsse in einem Arm und keinen Verband, nur ein Wolltuch herumgewickelt. Wir machten einen Notverband und nahmen sie samt den Kindern mit. An mehreren Stellen klagten die Leute, daß die Russen die jungen Mädchen mitschleppten . . . In der Obersörsterei von L. war weder in Türen noch in Kasten irgendeine Füllung, alles kurz und klein geschlagen. Der Oberförster, ein Junggeselle, stand 50 Meter entfernt im Walde versteckt und mußte zusehen, wie seine Habe zerhackt wurde. Schweine, Kühe und sonstiges Vieh, soweit es nicht geraubt war, trieben sich im Walde umher. Die Polnischsprechenden waren meist von den Russen verschont worden, bei Deutschen aber wurde alles zerstört. Das drittemal kam ich am . . . nach vorne, als wir die Bahn hinter A. zerstörten. Das brachten wir bestens in Ordnung. Wir waren 6 Kilometer vor unsern ersten Vorposten. Häufig zeigten sich Kosaken. Stets begannen wir mit dem Feuer, wenn sie noch 900 Meter entfernt waren, worauf sie sich stets hinter Strohschober versteckten. So bekamen wir keine in nächster Nähe vor die Flinte. Als wir fertig waren, gingen wir zurück, und nun rückte Infanterie mit Maschinengewehren vor. Interessant ist, daß man jetzt Offiziere und Mannschaften gar nicht mehr unterscheiden kann. Der Grund ist, daß auf die Offiziere immer zuerst geschossen wurde. Der Dienstgrad der Offiziere ist nicht mehr zu erkennen. Alle blanken Gegen stände sind abgelegt, Achselstücke sieht man fast gar nicht mehr, da die Offiziere ihrer Truppe persönlich bekannt sind, und Fremde geht es nichts an. Die Hellen Achsel stücke der Mannschaften wurden umgedreht, so daß die Nummer unten ist und das graue Futter oben. Die besten Grüße usw. . . . <O.-X. /. ck. ^1.) Mäßigkeit im Fleischgenuß. In einer Abhandlung über die Volksernährung im Kriege, die soeben Professor Dr. Max Rubner, einer der ersten Sachkenner der Welt auf diesem Gebiet, erscheinen läßt, spricht er auch über den Fleischgenuß. Es gibt Millionen Menschen, sagt Rubner, denen es nichts schaden, vielmehr nützen würde, wenn sie sich gröberer Mäßigkeit im Fleischgenuß befleißigen wollten. Es wird bei uns viel zu viel Fleisch gegessen, besonders von unseren Kindern, für die der gesteigerte Fleischgenuß ein Verhängnis ist. Eine gehaltvolle Suppe und Mehlspeisen kennt man in vielen Familien überhaupt nicht mehr. Hier kann und muß Wandel geschaffen werden. Mehrmals in der Woche soll sowohl beim Frühstück als beim Abendessen das Fleisch wegfallen. Wenn das allgemein durchgeführt würde, so würde sich das — abgesehen von der gesunden Wirkung — sehr bald im Konsum der Natton geltend machen, es würde den Wohlhabenden nicht schaden, den Ärmeren aber durch Preiswirkung nützen und die Möglich keit der ausreichenden Viehhaltung erleichtern. Hier müssen uns die Frauen unterstützen. Was unsere Soldaten in die Heimat schreiben. Sehr geehrter Herr St.! Heute erhielt ich Ihre werte Karte und danke Ihnen recht herzlich dafür. Seit 5 Tagen haben wir Ruhetag und werden wir hier wohl so lange warten, bis die Schlacht an der Küste erledigt sein wird. Verdun macht uns viel zu schaffen. Die fortwährenden Ausfälle der Franzofen nachts sind schrecklich. Kaum hat man 2—3 Stunden geschlafen, wird man alarmiert und dann heißt es meistens bis zum Morgengrauen an den Geschützen stehen. Eine zeitlang kamen die Kerls jede Nacht. Jetzt hat es an unserem linken Flügel nachgelassen. So leicht wird sich die Besatzung hier aber nicht er geben. Es wird noch manchen Schweißtropfen kosten. Unsere Stellung hier ist felsenfest und die Franzosen können sich daran die Köpfe einrennen. Es wird Ihnen kein Durchbruch gelingen. Die englischen Schiffsgeschütze, die in der Festung sind, machen uns viel Schaden, weil dieselben kolossal weit tragen. Aber es wird uns schon gelingen. Wir schießen ja auch nicht mit Pappe und so manches stolze Haus in Verdun ist wohl schon ein Trümmerhausen. Mir gehl es gut und ich habe mich an die Strapazen schon gewöhnt. Mit besten Grüßen ergebenst R. B. Liebe und Leidenschaft. Roman von O. Elster. 46 „Walter," sprach Meerfeld ernst, „Sie wissen, daß ich kein Moralprediger bin." „Nein, bei Gott, das find Sie nicht," lachte Walter. „Also, dann wissen Sie auch, daß ich mich nicht gern in dre intimen Angelegenheiten meiner Freunde unaufgefordert eiumische, vielleicht ist meine Mahnung deshalb auch von l größerem Wert, ich rate Ihnen, Walter, gehen Sie nicht zu ! Madame de Belaut!" „Weshalb nicht? Ihr Gatte ist tot." „Um so schlimmer für Sie." „Wieso?" „Weil Sie sich dann leicht im Netz verfangen können, daS keine Macht der Erde, selbst Ihr eigenes Ehrgefühl nicht, zerreißen kann." „Bruno?" „Oder denken Sie daran, diese Frau zu heiraten?" Walter lachte kurz auf. „Nach Ihrem Lachen zu urteilen, ist das nicht der Fall. Dann vermeiden Sie aber auch jeden Umgang mit der Frau." „Madame de Belaut ist eine sehr ehrenhafte Dame." »Ich zweifle nicht daran." „Sie sollten mehr Rücksicht auf den Ruf der Dame neh men," sagte Bruno Meerfeld zu Walter. „Kann man nicht harmlos in dem Hause einer Dame ver kehren ?" versetzte Walter. „Walter, Sie wollen mich nicht verstehen, tragen Sie die Folgen." Eine Weile schritten die beiden Freunde stumm neben einander hin. Plötzlich blieb Bruno Meerfeld stehen und sprach: „Lebt wohl, Walter, und denkt an meine Worte. Ich habe übrigens eine Neuigkeit für Euch." „Heraus damit! Der heutige Tag scheint vollgepfropft mit Neuigkeiten zu sein." Fräulein Dankelmann ist hier." Walter ward bleich, ein Beben ging durch seinen Körper, i „Fräulein Dankelmann — Hedwig hier?" ters tummelte sich eine bunte, fröhliche Menschenschar, die Kar nevalsgesellschaften gaben heute den letzten großen, öffentli chen Ball, auf dem alle Elemente der Metzer Gesellschaft, alle Schichten der Bevölkerung vertreten waren. Die einfache Bürgersfrau im selbstgefertigten Kostüm eines Blumenmäo- chens oder einer Italienerin, einer Spanierin, schwebte am Arme eines flotten, jungen Offiziers dahin, der die Maste eines Ritters oder Troubadours gewählt hatte. Die niedliche französische Näherin in allerliebstem, koketten Kostüm trippelle an der Seite eines bärtigen Russen einher, und wenn man die Maske des Russen hätte lüften dürfen, so konnte man wohl das Antlitz eines blonden deutschen Offiziers darunter entdecken. Der behäbige Bürgersmann erschien im einfachen Domino oder auch nur mit einer ungeheuren Nase maskiert, der flotte Franzose meistens im feinsten Gesellschaftsanzuge mit einem kleinen karnevalistischen Abzeichen. Unter der buntgeputzten, fröhlichen Menge sah man ein zelne Gestalten, deren einfache gediegene Toiletten darauf schließen ließen, daß deren Trägerinnen den höheren Gesell schaftsschichten angehörten. Eine dichte Maske verhüllte das Antlitz, sowie die feine Toilette ein weiter Domino bedeckte. Fast ängstlich sich umschauend, durchschritten sie am Arm ihres Herrn den Saal und ließen sich bald in einer Loge nieder, um von hier aus ungestört das bunte Gewühl beob achten zu können. Längst vor der Demaskierung halten sie ein sternenklarer Himmel über der fröhlichen Stadt und der silberne Schein des Mondes leuchtete manchem schwankenden Zechbruder auf dem Heimwege. Das Stadttheater an dem prächtigen Theaterplatz, der von der leise rauschenden Mosel umflossen wird, strahlte in blen dendem Glanze der Gasflammen. In den Räumen des Tbea- Hülle bedeckte. Dann folgte leichter Frost, so daß die Straßen Der Tanz war zu Ende. Die Gesellschaft flutete in die trocken wurden und während der Karnevalstage strahlte vom j Nestanrationsränme, fröhliches Gelächter erscholl. Die Pfropfen wolkenlosen Himmel mit freundlichem Glanze die Sonne herab, der Champagnerflaschen knallten. Scherzworte flogen hin und als freue sie sich über das buute Gewühl da drunten in den wider. Eine tolle, ausgelassene Stimmung beherrschte die ganze engen Straßen. Des Abends und des NachtS aber wölbte sich Gesellschaft. 211,20 Ueberall wurde gesungen, gespielt, getanzt und ein buntes . , , „ - c. cv » . , - . Maskengewühl durchwogte die Straßen der alten Stadt und > ^"al verlassen, ängstlich ihr Inkognito wahrend. Nur Festung am Strand der Mosel.Das Wetterbegünstigte dasFest. ^^ Gerücht erzählte man sich dann spater, daß die Frau Vor wenigen Tagen war leichter Schneefall eingetreten,! und so, die Frau Leutnant von D. oder die welcher noch jetzt die Dächer der Stadt mit einer weißen Amtsgerichtsrat Z. anch ans dein Balle gewesen seien. „Ja, jetzt versteht Ihr vielleicht meine Mahnung besser, Walter! Adieu, auf Wiedersehen heute abend." Wie im Tranmeschritt Walter weiter. Also hatte sich Wal ter im Walde bei der „guten Quelle" doch nicht geirrt ! Hed wig war wiederum bei ihren Verwandten, die schwarze Klei dung schien auf den Tod der Mutter schließen zu lassen, die, wie Walter wußte, schon seit Jahren schwer leidend war. Jetzt stand Hedwig ganz allein in der Welt! Die einzige Zuflucht bildete Onkel und Tante Major! Vielleicht wäre jetzt eine Annäherung möglich, doch nein, Tante Major würde wie ein Engel mit dem feurigen L-chwerte vor ihn hintreten und ihm ein donnerndes: „Fort von unserer reinen Schwelle!" zurufen. Walter kannte ganz genau Tante MajorS energischen Charakter; er lächelte bitter und murmelte: „ES ist ja doch alles vorbei, tot und begraben, deshalb lebe die Freude. Ma- danie de Belaut besitzt wenigstens keine Vorurteile. 17. Kapitel. Der diesjährige Karneval wurde in Metz besonder? glän zend gefeiert. Mehrere lustige Karnevalsgesellschaften hatten sich aufgefordert, gemeinsame Umzüge und öffentliche Mas kenbälle zu veranstalten. Der Zufluß der Deutschen aus den benachbarten Rheinlanden war in den letzten Jahren beson ders stark gewesen, so daß die deutsche Bevölkerung zumeist aus Rheinländern und Süddeutschen bestand, welche das hei mische Fest deS Karnevals nach Metz verpflanzt hatten. Die Franzosen fanden an dem humordurchsetzten Treiben der deutschen Gesellschaften ebenfalls großen Gefallen und so verwischte das fröhliche Volksfest die nationalen Unterschiede, die sonst noch vielfach bestanden. Heute, am letzten Tage des Karnevals, loderten die Flam men der tollen Lust noch einmal in vollen Gluten empor.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Nächste Seite
10 Seiten weiter
Letzte Seite