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Nachrichten für Naunhof : 11.02.1917
- Erscheinungsdatum
- 1917-02-11
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178785101X-191702119
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178785101X-19170211
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178785101X-19170211
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof
-
Jahr
1917
-
Monat
1917-02
- Tag 1917-02-11
-
Monat
1917-02
-
Jahr
1917
- Titel
- Nachrichten für Naunhof : 11.02.1917
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WeEen, -atz dann die erwünschte ErzeugungSsteiaeruns eintreten würde. Ein solcher Umsturz der Höchstpreise würde lediglich eine ungeheuerliche Preissteigerung her- beiführen. Die Theoretiker, die ohne Rücksicht auf die Preissteigerung die Förderung der Erzeugung unter allen Umständen und für die Minderbemittelten Staatszuschüfse verlangten, hätten keine Vorstellung, welche Lasten für den Staat sie befürworteten. Nur Schieber und Speku lanten könnten in Wirklichkeit an der Wiederherstellung des freien Handels Freude haben. Auch der Handel ver lange zum Teil volle Freiheit und verspreche besondere Leistungen. Dem Handel liege die Herbeischaffung und Verteilung der Waren ob, er übe aber zugleich eine speku lative Tätigkeit aus, und eine solche müsse jetzt verhütet werden. Die gegenwärtige Zwangswirtschaft möge zwar fehlerhaft sein, aber sie sei im Vergleich zum freien Handel das weit kleinere Übel. Eine bessere Volksernährung wäre möglich, wenn die obrigkeitliche Verteilung vollkommener würde. Gegenwärtig werde durch die allzu reichliche Selbstversorgung der Er zeuger, besonders aber durch den Schleichhandel der Masse der Bevölkerung von den durchschnittlich zur Verfügung stehenden drei Fünfteln der Friedensvollration noch min destens ein Drittel entzogen. Die dringendste Sorge müsse also die Erfassung des Schleichhandels sein, der nur erstickt werden könne, wenn man die Erzeugnisse beim Erzeuger fasse. Auch für die Zeit der Übergangswirt schaft müsse die zwangsläufige Wirtschaft beibehalten und langsam abgsbaut werden, denn der freie Handel würde auch dann noch die Auslieferung deS deutschen Volkes an rücksichtslose Gewinnsucht bedeuten. Käumung von Grsncleou^ In der Nacht zum 5. Februar räumten die deutschen Truppen Grandcourt planmäßig, um in eine neuangelegte Stellung östlich von Grandcourt zu gehen. In der Nacht zum 8. Februar drangen die Engländer in baS drei Tage vorher geräumte Dorf ein. Der englische Heeresbericht meldet zwar die Räumung, die unter dem englischen Drucke geschehen sei, vergißt aber gänzlich hinzuzufügen, daß sie erst nach drei Tagen die Be merkung machten, daß in Grandcourt kein Feind mehr sei. Daß Grandcourt geräumt wurde, geschah aus taktischen Gründen zur Festigung und Sicherung der deutschen Stellung. Grand- court ragte als Kugelfang über die deutsche Stellung hinaus und war Angriffen von Serre aus im Norden und Thiepval und Courcelette im Süden ausgesetzt. Getreu ihrem Grundsatz, nur vorteilhaftes Gelände zu halten, beschloß die deutsche Heeresleitung Grandcourt aufzugeben und das vorzügliche Gelände östlich davon zu einer neuen festen Stel lung auszubauen, die sich feindlichen Unternehmungen geyen Bapaume als starker Wall entgegenstemmt. Als der Femb nach Räumung Grandcourts durch die deutschen Truppen, starke Kräfte östlich Grandcourt ansammelte, boten sie für unsere Artillerie ein vortreffliches Ziel und wurden unter schweren Verlusten auseinandergesprengt. * unä fern. o Städtische Regelung dr- Transportwesen-. Die Stadt Köln errichtet «ine Zentralstelle für das Transpott wesen, durch die eine möglichst weitgehende Benutzung aller verfügbaren Transportmittel erzielt wird. Dem Mangel an Fuhrleuten und Wagenarbeitern wird durch Ausbildung neuen Personals begegnet. Für die Heran schaffung von Massengütern, wie Kohlen, Kattoffeln und Gemüse, soll in weitgehendem Maße die städtische Straßenbahn benutzt werden. Die Volksschüler und die Jugendwehr will man zur Bedienung von Handwagen und Karren heranziehen. G Ehrensold für einen Arbeiter-Dichter. Der Wiener Stadttat hat dem Arbeiter-Dichter Alfons Petzold einen Ehrensold von 1500 Kronen bewilligt. Petzold, der Mit glied der sozialdemokratischen Partei ist, hat mit seiner Lyrik (auch Kriegslyrik) und mit Novellen viel Beifall ge funden. Er war Fabrikarbeiter und ist gegenwärtig schwer lungenkrank. V Der große Aischzug. Der norwegische Fischfang hat in den letzten Wochen die glänzendsten Ergebnisse seit Menschengedenken gehabt. Allein die Bergener Fischer brachten Heringsfänge im Wette von 7 Millionen Kronen ein. Da die Heringsfischerei jetzt erst eigentlich beginnt, so stehen die Fischer in Norwegen in diesem Jahre vor unge wöhnlich günstigen Aussichten. O Gin deutscher Theaterleiter i« Bukarest. Die Leitung deS Bukarester Nationaltheaters ist vom Gouver neur Ser Stadt Bukarest dem Dramaturgen Dr. Rudolf Frarck, Unteroffizier im deutschen Heere, übertragen worden. Dr. Frank war bis KriegSbegirm Regisseur am Frankfurt« Schauspielhause. 0 Fischfang« in der Danziger Bucht. Infolge der milderen Witterung können die ergiebigen Breitlingsfänge in der Danzig« Bucht allmählich wird« ausgenommen werden. Beteiligt find daran etwa 500 Fisch« mit über 100 Hochseekuttern von d« westpreußischen, ostpreußischen und pommerschen Küste. Die Fisch« erhallen für den Zentner Fische 20 Mark, d« Verkaufspreis in Danzig beträgt 30 Mark. o Kei« Metallgeld an Kriegsgefangene. Der Stell vertretende Kommandierende General des 6. Armeekorps hat bei Androhung einer Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre Zahlungen jeder Art in Gold oder in Fünf-, Drei- und Zweimarkstücken an Kriegsgefangene und an russisch, polnische Arbeiter ausnahmslos verboten und Zahlungen in anderen Münzen an diese Personen nur insoweit ge stattet, als Zahlungen in Papiergeld nicht möglich sind. » Brand sibirisch« Kohlenlager. Die riesigen Kohlen lager der sibirischen Bahn stehen seit einer Woche in Flammen. Der Mangel an Löschgeräten macht es un möglich, des Feuers Herr zu werden. Die Lager besitzen einen Wett von 30 Millionen Rubel; sie sollten den ge samten sibirischen Bahnoerkehr lange über den Winter hinaus speisen. Es wird angenommen, daß infolgedessen d« Zugverkehr auf der sibirischen Bahn bedeutende Ein schränkungen erleiden wird. o Ein politische- Pnppenspiel. Das Marionetten theater Münchener Künstler bereitet die Uraufführung eines politisch-satirischen Puppenspiels von Fritz o. Ostini, dem bekannten Redakteur der Münchener Neuesten Nach richten und der Jugend, vor; es führt den Titel „Grey und Co/ oder „Haben Sie nichts zu beschützen?". Die schuf der Simplizissimus-Mtarbeiter Olaf o Bestrafung wegen Butterverweiaerung. Der Land rat deS Kreises Kreuzburg erließ folgende Bekannt machung: *Jch habe mich zu meinem Bedauern veranlaßt gesehen, die Gemeinden Oberellguth und Oberkunzendorf bei d« Betteilung von Zucker und Beleucktungsmitteln (Petroleum, Spiritus usw.) so lange auszuschließen, bis sie ihrer Verpflichtung zur Ablieferung der vorgeschriebenen Buttermengen regelmäßig und restlos nachkommen. Ich bringe dies zur Kenntnis aller Kreisetngesessenen und er- watte, daß eine Wiederholung dieser von mir nur wider strebend angewandten Maßnahme nicht nötig sein wird." G Allerlei Nöte in Italien. Laut „Secolo" erschweren Kälte und Schnee weiterhin den Verkehr in Italien. In Ravenna beträgt die Kälte 10 Grad, in Alc-ssandria sogar 13. In Genua herrscht Mangel an Lebensmitteln. In Arezzo ist daS Leben fast unmöglich geworden. Kohle und Holz sind überhaupt nicht aufzutreiben; Eier, Milch, Zucker und Brot werden immer seltener. Ein Blatt klagt darüber, daß man in Süditalien alle Maulbeerbäume ab säge, um Holz zur Heizung zu erlangen; die Regierung solle einschreiten, so wie sie eS kürzlich bezüglich der Ol- bäume getan habe. D Ein Proviautzug verbrannt. Auf der Strecke Paris—Lyon wurden infolge eines Eisenbahnzusammen- stoßes 24 Magen eines Proviantzuges zertrümmert; sie enthielten viele Tausende Kilos Nahrungsmittel, die sämtlich verbrannten. Drei Personen wurden getötet, zehn verwundet. o Gin verschwunden« Wald. Die schweren Januar- stürme, die die nordfriesischen Inseln und die Küstengebiete Schleswig-Holsteins heimsuchten, haben große Verheerungen angerichtet und den schönen Mildstedt« Wald südlich von Husum völlig weggefegt. An einigen Stellen find nicht einmal mehr die zusammengebrochenen Bäume zu finden; den Platz, wo sie gestanden haben, zeigen kleine Lich tungen an. T Die „rätselhafte" Krankheit. Aus Rostow am Don wird einem Moskauer Blatte gemeldet, daß in jener Gegend eine rätselhafte Krankheit ausgetreten sei, die sich rasch verbrette. Bei den Erkrankten zeigten sich Geschwülste am Halse und unter den Armen; die Leichen wurden schwarz. Wegen Arztemangels sei es schwierig, die Krank heit zu bekänwfen; bisher seien vierzig Sterbefälle zu verzeichnen. So ganz „rätselhaft" scheint uns die Krank heit nach dieser Schilderung nicht zu sein. „Hauptdarsteller Gulbransson. » Deutsche Lehr« in Japan. Vor einigen Monaten wurde berichtet, daß die deutsche Schüle in Yokohama auch während des Krieges ungestört fortbestehe. Jetzt wird gemeldet, daß auch alle diejenigen deutschen Lehrer, welche zum Teil seit.Jahrzehnten an japanischen höheren Schulen angestellt waren, in ihren Stellen belassen worden sind, sofern sie nicht selbst die Lösunp ihres Dienstver- traaeS berbetaefübtt haben Lunte Leitung. Wilson und die „Alliierten". WaS die „Alliierten" Herrn Wilson, den sie jetzt wie einen Halbgott feiern, noch vor wenigen Tagen, als der Präsident der Bereinigten Staaten seine letzte Friedensschalmei blies, zu sagen wagten, ersieht man aus einigen Spotwersen, die am 29. Januar im „Figaro" abgedruckt waren; sie trugen die Überschrift „Duett, in Musik zu setzen" und lauten in der Übersetzung: „Präsident W . . . Ah! DaS ist zu viel, und ihr überschreitet daS Maß! Dreißig Monate Kampf, und so grausiger Kampf! Wann endet denn endlich der Abnutzungskrieg? Denkt endlich doch auch an die armen Neutralen! Ich seh' schon, ihr selbst könnt ein Ende nicht wachen. Und, fest überzeugt, daß ibr ohne mich niemals Aus all' dem herauskommt, will ich euch mal helfen: Ich mische mich ein und bring' euch den Frieden! Die Alliierten (Chor). Recht schön, so denkt ein Staatsmann nur. Doch bamst allen werde klar Ihr Einfluß, der so wunderbar, Wür'S gut wir meinen das nur so Sie singen an mit Mexiko!" (Wird wiederholt.) Wenn man gern gesehen sein will. Die in Genf erscheinende . „Jndöpendance Helvötique" veröffentlicht folgenden satirischen Artikel: „Was muß man tun, um von der Entente geachtet zu werden? Man muß blind an die Bedeutung der volltönenden Worte: „Deutscher Mili tarismus", „Menschenrechte", „Gerechtigkeit", „Zivili sation" glaüben. Man muß außerdem alle Tage Morgens, mittags und abends die Worte: „Hunnen, Vandalen, Attila, Boche, Mörder, Lügner, Barbaren" wiederholen Man muß jedem Deutschen ins Gesicht spucken und so oft man das Wort „Boche" auszusprechen genötigt ist, auf die Erde speien. Man muß eine hohe Achtung vor der Zivilisation der nach Europa einge schleppten Schwarzen haben und sich bereit zeigen, allen ihren Wünschen gerecht zu werden. Man muß aus christlicher Barmherzigkeit von ganzem Herzen das baldige Verschwinden der „verfluchten Rasse" wün schen. Man muß bis zum Endsiege kämpfen wollen, selbst wenn ganz Europa darüber -um Kirchhof werden sollte." Es ist besonders bemerkenswert, daß es ein in Genf, dem Mittelpunkt des schweizerischen Deutschen haffes, erscheinendes Blatt ist, das die Entente in solcher Weise mit Spott und Hohn überschütt«. WobnungSbelenchtung. Die neue reizvolle und dabet billige elektrische Beleuchtung der Wohnung mit den kleinen gasgestillten Wotan-Lampen der Siemens-Echuckertwerke findet allgemeinen An klang. Wo immer man diese Lampen steht, überall fällt das schöne weiße Licht der sich schnell einbürgernden Neuerung angenehm aus. Durch Füllung der Glasglocken mit Edelgas ist es gelungen, einen so wirksamen Schutz des für die Lichtverteilung besonders günstig angebrachten Leuchtdrahtes herzustellen, daß durch bessere Ausnutzung des elektrischen Stromes eine erhöhte Lichtwirkung und gleichzeitig ein Minimum im Stromverbrauch erzielt wird. Bet Bezug durch den Installateur verlange man ausdrücklich dos durch die charakte ristische Marke Wotan „6" (6 gasgefüllt) auf der Glasglocke ge schützte Fabrikat und lasse sich nicht andere etwa als „gleichwertig' bezeichnete Fabrikate aufreden. Nur die Schutzmarke bürgt ,für die bekannte Wotan-Lampe der Siemens L Kalske A.-G. (Feuerversicherung.) Der Jahresbericht der Gothaer FeuerversicherungSbank auf Gegenseitigkeit über das 9« Ge schäftsjahr 1S16 weist folgende Zahlen aus: Feuerversicherung. Versicherungssummen: 76S47tl700 Mark, Beiträge: M. 25347386.50 Pf., Schäden: M. 2663429. — Pf. — Einbruchdiebstahlverstcherung. Versicherungs summen: 59340t 000 Mark, Beiträge: M. 631 522. 70 Pf., Schäden: M. 152 019.40 Pf. Der Ueberschuß beträgt «. 1S87I 758. 80 Ps. Davon kommen zur Rückzählung an die Versicherten in der Feuersicherung 74" „ der eingezahlten Beiträge, in der Einbruchdiebstahlverstcherung ge- mäß des niedriger bemessenen Bruttobeitrages ein Drittel dieses Prozentlatzes mit rund 25°/„. Die Bank betreibt beide Versicherungszweige nach dem Grundsatz der reinen Gegenseitigkeit. Nngleiche Waturm. Rowan von B. Eorony. 58 „Wenn Du weine Worte in dieser Weise auffaffest, dann sind sie freilich in den Wind gesprochen." „Das wohl nicht. Glaube, daß ich sie fest im Gedächtnis behaite. Aber sif machen weine Seele krank, weil sie mir das Vertrauen zu niir selbst rauben, und was noch viel schlimmer ist, weil sie mir Zweifel an Deiner Liebe erregen." „Diese Antwort zeigt, daß man mit Dir überernfte Dinge »licht reden kann." „Und die Deinige beweist, daß Du mir ausweichen willst. — Wozu dieses Sp,el wir Wahrheit und Lüge, Horst? Alles liegt ja so klar, so leicht begreiflich vor mir. Johanna mar Du von Deiner und ihrer Familie als Braut bestimmt. Da wollte es das Schicksal, daß Du mich kennen lerntest. Jetzt tritt Dir das damals verschmähte Mädchen wie eine ganz andere, leichtsinnig Verkannte, entgegen und Du bereust." „Ich bereue nicht!" erklärte er mit Festigkeit, aber doch ohne innere, überzeugende Wärme. „In Deiner Macht liegt es, mir die Reue ewig fern zu halten." Sie machte eine müde Bewegung des Verneinens. „Un- fr» cm Bunde fehlt vom ersten Augenblick an der Segen Dei- uer Eltern und sie mögen Dich richtiger beurteilt haben, wie ich es. von meiner Liebe geblendet, tat. Unser Glück krankt und welkt. Siehst Di», das ist gerade, wie man eine Blume pflegt und begießt und in die Sonne stellt. Sie geht doch ein, wenn tief verborgen ein Wurm nagt. Diese feindliche Macht kann ich nicht bezwingen." „Wovon sprichst Du denn?" „Von der Macht des Vorurteils. Du bist zu schwach, uw sie zu bekämpfen, Horst. Und mir fehlt es auch wohl an der er forderlichen Energie." „Ich wollt« und will nichts, als Dein Glück. Stehe ich dem im Wege, so —" „Du hast wich wieder einmal vollkommen mißverstanden. Ten Namen „Raden," weine Liebe, trägt man nicht gleich sam auf Probe, um ihn nach Belieben wieder abznlegen. Band uns ein Irrtum aneinander, so müssen wir die Kette eben weiter tragen und bemüht sein, ihren Druck so viel als möglich zu lindern." „So weit wären wir also nach kurze»! Ehe gekommen," sprach Juliane. „Du zeigst wir eine traurige Aussicht." „Wir wollen versuchen, friedlich nebeneinander herzuge hen, Juliane." Er streckte die Arine nach ihr aus, aber sie wich ihm aus, schlüpfte in ihr Zimmer, drehte den Schlüssel uw und sank vor dem Madvnuenbild, welches Sennora dell' Ara aus Italien mitgebracht hatte, nieder. Dort blieb sie lange auf den Knien liegen, aber daS Gebet wollte diesmal keine,» Trost in ihre stürmische erregte Seele gießen. 13. Kapitel. Jeder solcher Auftritt schien das junge Ehepaar »veiler vor» einander zu entfernen. Die Entfremdung nahm zu. Ju liane verlor ihre heitere Unbefangenheit und gab eben dadurch Horst s Argwohn neue Nahrung. Man sah sie jetzt selten lä cheln und der Gram zeichnete seine Linien in ihr liebliches Gesichtchen. Sie ging wenig aus, lehnte alle Einladungen ab, sang aber mehr und leidenschaftlicher, als je. Die Kunst bereitete ihr Stunden seligen Selbstvergessen-, ab« dieses Glück »var ja ein wehmütiges und entsagungsvolles. Nach Wochen traf die Einladung Sennora dell' Ara'S ein. Die Bitte der jungen Gräfin, zu ihren Eltern reisen zu dür fen, wurde gewährt. Justine empfing die Tochter mit leidenschaftlicher Zärt lichkeit. „Heute singe ich fiir Dich, mein Kind, nicht für daS große Publikum. Du sollst einen schönen Eindruck mit Dir hinwe «nehmen, sollst Dir den Glauben an die hohe Künstler- schäft Deiner Mutt« bewahren, da Du nicht die Erbin ihres RuhineS werden darfst — Wie süß und leicht hätte mir daS Scheiden von der Bühne gemacht werden können. Aber daß Schicksal wollte es anders und ist mir dafür eine letzte Genugtuung schuldig. Mit der will ich mich begnügen, dann soll mir Dein Glück Entschädigung für alles bieten. Du bist doch alücklich,.Juliane?" „Ich bin es!" erwidert« sie und fühlte dennoch, daß sie log. „Die Wolke,i haben sich wieder zerstreut, nicht wahr?" „Ja, gewiß! Lasse Dir nur die begeistert« Stimmung nicht durch unnötige Sorgen trüben, Mama." ES war schon spät. Justine fuhr nach dem Opernhause. Zwei Stunden später nahm Juliane mit dem Vater und Se reno in der für sie reservierten Loge Platz. Jene aufregende Atmosphäre, welche von jeder Premiere unzertrennlich ist, herrschte in dem weiten, strahlenden Raum. Das erwartungsvolle Geflüster reizte nnd quälte Frau von Radens Nerven. Ihre kleinen Hände waren krampfhaft fest in einander verschlungen. Die schwere, heiße, parfümierte Last schien mit Elektrizität überladen. „Ich bitte Dich, sprich nicht zu mir," sagte die Gräfin nervös, als ihr Vater ihr eine Bemerkung zuflüsterte. „Ich kann jetzt nicht antworten. Mir ist wie einer Fiebernden zu Mute. Ich traute nur überhaupt zu viel zu und hätte lieber gar nicht kommen sollen." „Warum, gnädigste Frau?" fragte Sereno. Sie haben mein Werk gut geheißen und Ihrem Urteil vertraue ich " Etwas in dem Blick nnd in dem Ton seiner Stimme mahnte an jene Spieler, die ihre letzte Hoffnung auf eine einzige Karte setzen und alles wagen. „Was vermag denn mein Urteil dieser tausendköpfigen Hydra gegenüber? Und dann — der Erfolg hängt von m vielem ab, was wieder dem Augenblick unterworfen ist. Alles beruht aus der Hauptfigur, auf Philippa. Meine Mutter ist eine große Künstlerin, aber wer weiß — hier entscheidet ja der Moment. O, wie ich zittere! Ist es nicht peinigend, io machtlos hierher gebannt zu sein nnd nichts, gar nichts un ternehmen zu können und in furchtbarer Untätigkeit verharren zu müssen. Wenn - " „Wenn Sie selbst hinter diesem Vorhang stehen könnten? Ja, dann gälte kein Zagen, dann würde Ihr Genins auf starken Flügeln durch die Welt tragen, maS ich geschaffen " „O, »licht so! Ich bin ja nicht einmal der Schatten meiner herrlichen Mutter. Wem, eine, so wird sie Ihnen den Weg zu Ruhm und Größe bahnen ES ist so klein, so albern, m jämmerlich von mir, daß ich fürchte und zage. Aber ich meine eS gut, Sennor Sereno. Diese Angst entspringt meiner Freund schaft. Ich weiß ja, wieviel für Sie von diesem Abend ao- hängt nnd könnt« für einen Bruder nicht aufrichtiger besinnt fein." 233,20
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