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Nachrichten für Naunhof : 21.09.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178785101X-191909211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178785101X-19190921
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178785101X-19190921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-09
- Tag 1919-09-21
-
Monat
1919-09
-
Jahr
1919
- Titel
- Nachrichten für Naunhof : 21.09.1919
- Autor
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Was Österreich in Steiermark verliert. Deutsches Land tn slowenischer Hand. In Steiermark herrscht tiefe Trauer: tiefere Wunden als der Krieg schlägt dem Lande der Friedensoertrag von St. Germain. Man hat die Grenze so gezogen, daß ganz deutsche Gebiete und deutsche Städte unter Fremdherr- schäft fallen, um auch daS letzte versprengtest- Dorf, in dem noch ein Slowene wohnt, zu „befreien". An M000 Deutsche sollen mit dem industriereichen Drau- und dem fruchtbaren Murtale geopfert, ein einheitliches, jahr hundertaltes Wirtschaftsgebiet soll zum Schaden beider Völker zerrissen werden. Die Mittelsteiermark bildet mit dem Draulande und dem Mmtale und der Hauptstadt Graz eine Einheit. Seit 1147 gehört das Draugebiet mit Marburg und Pettau, dem alten römischen Postooio, zur Steiermark, und seit 1000 Jahren wohnen hier Deutsche neben Slowenen. Das Drauland ist eigenartig besiedelt. Ge schlossenes deutsches Sprachgebiet setzt sich nirgends scharf ab; es geht in eine brei^ Zone eines sprachlichen Misch gebietes über, wo beM Völker nebeneinander siedeln, genau so wie es bei uns in zahlreichen deutsch-polnischen Gebietsteilen der Fall ist. Und das ist so iLit uralter Zeit. Nachdem die von Waren und Magyaren bedrängten Slowenen dezimiert waren, wanderten seit 800 deutsche Bauern aus Franken und Bayern ein, siedelten sich seit 1200 deutsche Handwerker in den verödeten Stätten an und vermehrten sich stets durch frisches Blut aus dem deutschen Mutterlande. Der Slowene blieb Ackerbauer, der Deutsche begründete Städte und Märkte. Die Slowenen haben sich im Laufe der Jahrhunderte die Sitten, Gebräuche und Sprache der Deutschen zu eigen gemacht und sich mit diesen vermischt. Deutsche tragen slowenische, Slowenen deutsche Namen. Sie sind in erster Linie „Steirer" und fühlen sich ganz als solche. Nichts ver bindet sie mit den Slowenen Krains, sie sind ihnen so fremd, daß sie kaum ihre Sprache verstehen. Leben, Handel und Volkswirtschaft zielt nach dem deutschen Norden. Das Kultur- und Wirtschaftszentrum ist die deutsche Etadt Marburg, in der neben 23 000 Deutschen nur etwa 4000 Slowenen wohnen. Das geistige Leben, die Schulen und Theater sind deutsch. Deutscher Fleiß belebte den Handel und schuf die Industrie. Der Hausbefitz ist zu neun Zehnteln deutsch. Selbst die Toten auf dem Fried hof bezeugen, daß Marburg eine deutsche Stadt ist: neben 20 000 deutschen Grabinschriften finden sich nur an 200 slowenische. Marburg ist einer der wichtigsten Eisen bahnknotenpunkte Österreichs: hier liegt für Deutsch- Österreich seine einzige Hauptoerbindung mit Italien m d dem Meere. Nahezu 4000 deutsche Beamte und Arbeiter sind, da in Marburg grobe Werkstätten und Heizhäuser errichtet wurden, im Laufe der Zeit hier seßhaft und mit ihren Familien bodenständig geworden. Im gemischt besiedelten Draulande, wo 40 000 Deutsche leben, liegt eine Reihe fast rein deutscher Marklgemeinden mit reger Industrie, eine Anzahl von Dörfern, die, wie slowenische Historiker festgesteüt haben, schon im 11. Jahr hundert von Deutschen besiedelt wurden. Sie tragen als Zeugen ihre deutschen Namen und bilden die Brücke zur zweiten deutschen Stadt des Drautales, Pettau. Auch hier ist alles Leben deutsch: Handel, Gewerbe, Industrie, mustergültige deutsche Schulen. Sowohl Marburg als auch Pettau haben sich sofort nach dem Umsturz in Osterreich-Ungarn zur deutsch-österreichischen Republik be kannt und mit ihnen eine große Zahl von Gemeinden des ganzen Draulandes. Unter Mißachtung des „berühmten" Selbstbestimmungsrechls wurden sie von den Jugoslawen militärisch besetzt und leiden seither unter slowenischer Gewalt- und Willkürherrschaft. Der Friedensoertrag von St. Germain verschiebt die deutschen Steirer des Drau- und Murtales wie willen lose Steine auf dem Schachbrett inS jugoslawische Feld. Sie aber möchten samt den Slowenen des Mischgebietes ihre alte Heimat nicht verlieren und bei ihrer deutschen Mutter bleiben. Ein Volk in Not erhob seine Stimme und rief die Demokratien aller Länder auf, es im Kampfe um sein unveräußerliches Selbstbestimmungsrecht zu unter stützen. Aber sein Ruf verhallte ungehört... 8. Unter dem weißen Adler. Abwanderung aus dem verlorenen Posen. Die Abwanderung der deutschen Bewohner der Provinz Vosen nimmt von Tag zu Tag zu. Aus der Stadt Posen und aus den andern größeren Städten ist schon jetzt min destens ein Drittel der Deutschen weaaezoaen: ein zweites Drittel rüstet sich zum Abzüge, und öb baS letzte Drittel bleiben wirb, ist auch noch ungewiß. Die Polen rücken in die leer werdenden Plätze ein, und die Umsätze auf dem Grundstücksmarkt sind sehr bedeutend. Sehr viele deutsche Familien, zumal solche, die seit Anfang des Jahrhundert- infolge der Polenpolitik der damaligen deutschen Regierung sich in Posen niedergelassen hatten, suchen sich jetzt rasch ihres Besitze- zu entäußern und finden unter den vol- niichen Kapitalisten willige Abnehmer zu guten, ost sehr guten Preisen. Drei Monate lang war die Provinz bekanntlich von allem Eisenbahn- und Postverkehr mit Deutschland voll ständig abgeschnitten. Die deutschen Zeitungen, die man zu lesen bekam, waren ganz kleine Blättchen geworden mit Neuigkeiten aus Warschau, Lodz, Krakau und anderen polnischen Kulturstätten. Seit die Briefpost wieder frei ist, haben die Deutschen wenigstens einigermaßen wieder Zusammenhang mit den Brüdern jenseits der Demar kationslinie. Auf Rosen sind sie aber trotzdem nicht ge bettet. Manche Bedarfsgegenstände wie Anzüge, Stiesel, Möbel usw. find überhaupt nicht mehr oder nur zu ganz unerschwinglichen Preisen zu haben. Dagegen stehen Lebensmittel wie Fleisch, Butter, Fett und Eier ziemlich mäßig im Preise: ein kleiner Lichtblick in der polnischen Dunkelheit. Eine kleine Schadenfreude — bei der sie allerdings außer der Freude auch den Schaden haben — empfinden die Deutschen über das polnische sogenannte „Geld". Zwar auch die deutsche Valuta ist kläglich. Aber an dem Aufgeld von 40°/°. mit dem trotzdem die deutschen Banknoten, soweit man ihrer habhaft werden kann, in Vosen aufgekauft werden, kann man das Vertrauen der Polen auf die Zahlungsmittel ihres neuen Staatswesens messen. ES ist höchst amüsant, die! polnischen Soldaten am Löhnungstage mit den nei en polnischen Hundertmark scheinen, die mit dem Bilde des polnischen Freiheitshelden Kosciuszko geschmückt find, ängstlich heruwlaufen zu sehen; sie suchen sie so schnell wie möglich in deutsches Geld um zuwechseln, aber kein Mensch Hüll sie ihnen abnehmen. Im übrigen leben die Soldaten einen guten Tag. In forschem Marschtempo ziehen sie mehrmals am Tage, polnische Lieder singend — auch eine polnische „Marseillai e" gibt es —, durch die Straßen der kleinen posenschrn Städte, und abends füllen sie die zahlreichen Lokale, alles ehemals gute deutsche Gaststätten, die jetzt natürlich polnische Namen tragen, und feiern bei Würstchen und reichlichem Alkohol die Befreiung Polens, wobei es auch an „freiheitliebenden" Frauen nicht fehlt. Nah und Fer«. O Berlin—Friedrichshafen in vier Stunden. Die Zeppelinwerft baut ein neues Flugzeug, das die Fahrt Berlin—Friedrichshafen in vier Stunden zurücklegen soll. v Eine geheimnisvolle Aktendiebstahlsgefchichte er regt zurzeit in Berlin Aufsehen. Der Direktor eines großen Hüttenwerkes in Bochum wurde von seinen vor geblichen Geschäftsfreunden, mit denen er zusammen nach Berlin zum Abschlusse eines größeren Geschäftes gefahren war, zu einer Vergnügungsfahrt durch Berlin veranlaßt und im Verlaufe derselben von ihnen in schwer bezechtem Zustande einer Anzahl anscheinend sehr wichtiger Akten stücke beraubt. Dann setzte man ihn auf einem Platze in Charlottenburg aus. Die Räuber beließen ihm alle seine Wertsachen. Eine Rolle spielt in der Affäre die Situattons- zeichnung einer vorläufig unbekannten Stadt, welche die Begleiter des Beraubten anfertigten und im Cafs hinter ließen. Diese wird zurzeit von der Behörde an den An schlagsäulen veröffentlicht, um die Nachforschungen zu er leichtern. Man glaubt, daß es sich um ein geschäftliches Spionageunternehmen des Auslandes bandelt. T Salz- und Zuckermanget in Polen. Infolge oes immer fühlbarer werdenden Mangels an Salz und Zucker in Kongreß-Polen beginnen die Preise für diese Artikel erneut bedeutend zu steigen. Zucker kostet im Kleinoerkauf bereits 20 Mark das polnische Pfund. Salz ist trotz Übernahme der Verwaltung des galizischen Gebiete- durch die Polen so knapp, daß sich das Volk, nach einer Mel dung des „Kurier Polfti" bereits gegen die Regierung aufzulebnen beginnt und ernste Unruhen bevorstehen. o 272 YOO Mark erbeutet haben Spitzbuben in Charlottenburg bei einer Ausplünderung eines Russen. Der Bestohlene ist ein Kaufmann Simon Wolff, der vor kurzem aus Russisch-Polen zuzog und als erfolgreicher Spieler bekannt wurde. In seiner Wohnung erschienen fünf Männer, die sich als Polizeibeamte auSgaben und angeblich beauftragt seien, eine Haussuchung wegen Spionageverdachts oorzunehme«^. Sie entwendeten 272 OM Mark bares Geld und eine Anzahl Wertsachen. Dann schleppten sie den Kaufmann in ein vor dem Hau- bereit- stehendes Auto, fuhren in rasendem Tempo nach der Jungfernheide, wo sie den Wolff abletzten. Man nimmt an, daß die Täter ans Spielerkrei en stammen. Wolff soll in letzter Zeit über anderthalb Millionen im Spiel gewonnen haben. o Ringer- und Boxerknltur. In Dresden haben die in letzter Zeit allerorts üblich gewordenen Schaustellungen körperlicher Kämpfe die zu erwartende Wirkung gehabt. DaS Publikum ist mit in die Arena gestiegen und hat in die Balgereien mit eingegriffen. Im Zirkus Sarrasani, in dem Ring- und Boxkämpfe unter dem Proteltorat des früheren Hofoperniängers Tino Pattiera stattfinden, kam es zu wüsten Skandalszenen. Als besondere Attraktion kündigte man „Kämpfe der hitzigsten Ringer" an, die der artig hitzig sich gebärdeten, daß schließlich die Ringkämpfe zwischen Zirkusangestellten und Publitum fortge etzt wurden. Dabei wurde dem Protektor Pattiera derart übel mitgespielt, daß er die furchtbare Drohung aussprach, er werde sich vom Dresdener Sport zurückziehen. s Begnadigung des Oberleutnants Hofrichter. Vor Jahren erregte der Prozeß gegen den Oberleutnant Hof richter in Österreich und darüber hinaus ungeheures Auf sehen. Er Ivar beschuldigt, versucht zu haben, ans Ehr geiz eine Anzahl vor ihm rangierender Generalstabs ossiziere durch Gift zu beseitigen. Der Prozeß endete mit Hofrichters Verurteilung, er wurde auf Lebenszeit ins Gefängnis geschickt. Jetzt hat der Präsident der öster reichischen Nationalversammlung dem Hosrichter den Rest seiner Strafe erlassen. 0 Billigere Zigaretten 7 Die Zigaretten-Tabaks-Ein- kaufsgesellschaft in Dresden hat dem Vernehmen nach 1^ Millionen Kilogramm überseeische Rohtabake etnge- kauft, von denen bereits etwa ein Drittel nach Deutsch land unterwegs sein sollen. ES bestehe die Hoffnung, daß bald wieder billige Zigaretten bergestellt werden könnten. o Brennsptritus als Schnaps verkauft. In Wirt schaften zu Hagen i. W. ist in letzter Zeit vielfach Schnaps verabreicht worden, der aus Brennspiritus hergestellt war. Der Genuß des Getränkes hat daS Leben vieler Menschen gefährdet; acht Mäuner losten bereits gestorben sein. Der Arbeiterrat bat insolge dieser Vorkommnisse über 21 Wirt» schalten den Boykott verhängt. Bunte Tageö-Ehronil. Kattowitz. In Kattowitz ist das erste polnische Waren haus tn Oberschlefien gegründet worden. Köslin. Die Unruhen haben völliger Rube Platz gemacht. Das Militär wird zurückgezogen. Braun schwelg. Der Donnerstag verlief ruhig. Die Be richte über die Unruhen werden als übertrieben t ezeiet n 1 Aus „Das Lebenstted". Von Ad. Schmidt-Volker. Nichts ist vergänglicher als der Mensch, der wandelbare: Sind doch so flüchtig nicht Monde und Jahre Wie der wankelmütige Mensch. Vom Kimmel zur Kölle Treibt ihn des Wunsches fliehende Welle. Möchte an lachender Liebe sich laben, Alle Freuden des Kimmels im Kerzen haben: Und muß sich doch seiner Schwäche schämen, Könnte sich schmerzlich zu Tode, grämen, Weltentsremdet die Lüste lassen, Alle Frauen und alle Freunde hassen, Bis am Ende den Lebensmüden Traumlos umfängt der ewige Frieden. Und doch ist nichts herrlicher als der Mensch, soweit Menschen wissen und wirken alle Zeit. Denn darin gleicht er den felgen Gestirnen, Kot über sich nichts als die ewigen Firnen, Die unersorschltchen Köhn und Tiefen, Die ewig schwiegen, ewig schlissen. — Aber hat auf Erden nicht seinesgleichen, Kann durch Wälder und Wüsten streichen. Trägt eine Welt, seine Welt im Gehirn, Tausend Träume hinter der Stirn: Und hat die Kunst, hat Wissen und Waffen, Kai Feuer und Flammen, kann denken, kann schaffen, Und hat die bestrickende Macht der Töne, Musik der Stunden — das Keiligs — Schöne; Und wie weder Pflanze, noch Tiere es üben: Der Mensch kann lachen, der Mensch kann lieben. Doch ihn gütig zu wahren vor Mühsal und Nol, Kat er wie jene den Schlaf und,-en Tod. Am den ZSefth. Roman von Nina Meyke. 41 „Gewiß, Papa!" erwiderte sie einfach. „Aber zu erklären ist hier eigentlich nichts. Wir sprachen über Arbeit. Die Ver anlassung zu diesem Thema gab meine Stickerei. Ich behaup tete, daß Arbeit niemals und niemand schände, gleichviel, welcher Gesellschaftsklasse ein Mensch auch ««gehöre. Al» Beweis führte ich au, daß ich schon seit mehreren Fahren für eine Firma tätig bin, deren Spezialität Kunststickerei ist, und daß meine Arbeiten von ihr sehr gut bezahlt werden. Dat ist alles! Was Baronesse Kora in dieser meiner Aeußerung Lä cherliches sand, kann ich Dir beim besten Willen nicht er klären." Die unzufriedene Fakte auf Graf Nicola»' Stirn war noch tiefer geworden. AIS gewandter Weltmann abersah er ein,daß er diese unangenehme Geschichte nicht weiter breittreten durfte, sondern versuchen mußte, die Handlungsweise seiner Tochter 'n «in andere» Licht zu stellen. „Da sehen Sie wieder die Folgen meiner väterlichen Schwäche, die jedem seine persönliche Freiheit, setenn eigenen „nbeschränkten Willen zu erhalten sucht!" wandte er sich mit halben, Lächeln seinen Gästen zu. „Wahrhaftig, ich fang« an zu glauben, daß ich mit dieser Methode nicht ganz da» Rechte traf; denn wenn nichts mehr, so bringt sie mich häufig genug in die unangenehme Lage, die Handlungsweise meiner Kin der Fremden gegenüber erklären zu müssen. Isa ist nicht nur in ihrer Spezialität schaffende Künstlerin, sondern auch ein durchaus selbständiger Charakter; ich aber, wie gesagt, liebe, niemanden ein Hemmnis vor die Füße zu werfen, sondern achte den persönlichen Willen. So zum Beispiel sorgt sie red lich für ein halbes Dutzend armer Familien, will aber die Mittel dazu durchaus nicht aus meiner Kaffe schöpfen, ob gleich ich ihr diese mehr als einmal zur Verfügung stellte, sondern sich selbst erwerben. GS ist daS eine Laune, aber was wollen Sie! Die Frauen de» zwanzigsten Jahrhundert» emanzipieren sich immer mehr, wir erleben e» noch, daß sie un» ganz Über den Kopf wachsen! — Bist Du endlich auch da, Ulrich?" wandteer sich erfreut, da» unangenehme Thema ^bbrechen zu können, an den Sohn, der gerade tn diesem Moment daS Zimmer betrat. „Laß Dir von Isa noch schnell eine Tasse Kaffee einschenken, und wir beide, Höhlen, machen, denke ich, unsere Partie Schach, wie alle Abende." Gr schob seinen Arm in den de» Baron», um ihn dann an da» andere Ende de» Zimmer» zu ziehen, ver weilte aber noch einen Augenblick auf seinem früheren Platze, gekesselt von der kleinen Szene, di« sich in feiner nächsten Nähe abspieltr, und ein leise» „Ah!" nicht ganz angenehmer Ueberraschung entrang sich seinen Lippen, — Ulrich hatte schnell den Raum zwischen der Tür und dem Sessel KoraS, die ihm bei seinem Eintritt den Rücken zuwandle, durchschrit ten, jetzt neigte er sich mit strahlendem Gesicht ein wenig über die Schulter de» schönen Mädchens, schlug eine weiße Papierhülle auseinander und schüttete einen Flor duftender Ro sen in den Schoß. Mit entzückten Blicken betrachtete die Baronesse die wundervollen, für die späte Jahreszeit seltenen Blüten, dann wandte sie den Kopf dent Bringer der duften den Spende zu und blickte mit befriedigtem Lächeln zu ihm auf. „Ich weiß nicht recht, ob ich Jhn«n danken, oder ob ich Sie schelten soll, Graf Ulrich! DaS erstere fordert Sitte und guter Ton, dar zweite wäre Pflicht der Besonneneren und Einsichtsvolleren. Rosen im Winter, und noch dazu eine solch« Meng«! — Wie kann man so verschwenderisch sein!" Ueber Graf Ulrichs Gesicht ging ein Zug der Enttäusch ung. „Ich dachte, Sie liebten Blumen, Baroness«!" warf er ge kränkt dazwischen. „Leidenschaftlich!" „Diese aber scheinen nicht Ihren Beifall zu finden!" «Ich finde sie entzückend, allein - „Kein allein, Baronesse!" unterbrach er sie schnell, mrb in seiner Stimme klang ein Ton unterdrückter Leidenschaft, bei dem Graf Nicolas unangenehm die Brauen faltete. „Sie trü ben mir sollst da» Gluck, Ihnen eine Freude bereitet zu haben!" Mit einer unnachahmlichen Bewegung voll Grazie und sinnverwirrender Koketterie wandte sich Kora dem Grafen -ü. „Wäre Graf Ulrich wirklich so bescheiden, sein Glück in Spenden von Rosen zu finden?" fragt« sie lächelnd. De» jungen Offiziers Augen leuchteten auf, tief beugte er sich zu ihr nieder, ein Ausdruck von Verklärung huschle üoer sein für gewöhnlich apathisches Gesicht. „Ihnen einen Wunsch zu erfüllen, ist Glück!" erwiderte er leise und sah mit brennenden Augen zu ihr «lieber, sie aber de merkt« den Blick nicht mehr. Mit gesenkten Lidern, um die seinen Lippen einen sinnen den Zug, hatte sie sich noch rechtzeitig abgewandt, sammeln langsam die Blumen in ihrein Schoße und ordnete sie zu ei nem losen Strauße, den sie prüfend von sich abhielt. „Dann bleibt mir allerdings nichts andere» übrig, al» Ihnen »u danken und das Schelten Ihrem Herrn Vater zu überlassen," sagte sie in eitlem Ton, der in grellem Wider spruch zu dem früheren stand, während «in glutvoller Blick diesmal den älteren Plauen traf. „Wunderbare Blumen Herr Graf, nicht wahr? Und wie sie duften!" Ein bestrickende» Lächeln spielte um ihre Lippen, al» sie ihm die Blumen hinhielt, und mit leidenschaftlicher Hast tra« Graf Nicola» näher, um sich über die feine Hand zu beugen, deren rosige Fingerspitzen bei dieser Gelegenheit seinen be reits ergraut«« Bart berührten. „Herrlich! Berauschend!" murmelt« «rund atmete begierig den schweren Wohlgeruch ein; aber sein verschwommene» Blick rnhte dabei nicht auf den Blüten, sondern irrte bewun dernd an dem feinen Handgelenk hinauf, an dem vollen Arin dessen klassische Form deutlich au» der leichten Seide hervor- trat und blieb an dem zarten Nacken hängen, von besser alabasterner Hautfarbe die krausen, metallisch glänzenden Löckchen wunderbar abstachen. Nur mit Mühe riß er die Augen von dem verführerischen Anblick dieser Reize lo» und richtete sich auf, er suchte Kora« Blick: aber die hielt di« Lider tief gesenkt; dafür aber begeg nete er einen: anderen, der halb erstaunt, halb spöttisch, be- lustigt an seinem ooM Bücken stark geröteten Gesicht hiug, dem Blick seine» Sohne». „Gehr schön, in der Tat, besonder» in so schönen Händen!" sagte er vollständig ruhig mit einem galanten Lächeln. „Jen« blaffe Marschall-Ntel-Ros« ist wahrhaft entzückend und paßt zu Ihrem Teint, Baronesse! — Wie in aller Welt bist Du denn zu diesen Prachtexemplaren gekommen, Ulrich? — Im Winter sind sie immerhin «in« Seltenheit, wenigsten» in un serem Krähwinkel!" L48.L0
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