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Beilage zu den Nachrichten sür Naunhof. Nr. 90. ! Mittwoch, den 30. Juli 1919. 30. Jahrgang. Da« Kursbuch. Im Wandel der letzten Jahre. Wer hat schon einmal ein Kursbuch gelesen I SS wird kaum jemand diese Frage bejahen: denn allgemein ist man der Ansicht, daß man ein KurSbuch wohl einmal durchblättert, um einen bestimmten Reiseweg zu suchen, aber lesen, baS jckeint zu viel verlangt. Und dennoch ist gerade das Kursbuch außerordentlich lehr: eich. Es gibt uns volkswirtschaftliche, technische, -geschichtliche und politische Aufschlüsse mancherlei Art, vorausgesetzt, daß man mit einigem Interesse an daS Studium geht. Freilich seit dem Juli 1614 ist wohl kein Werk so dem. Wandel — auch dem gründlichsten Wandel unterworfen gewesen wie das Kursbuch. In den Reisetagen deS ersten Kriegsjahres lehrte unS daS Büchlein die allumfassende Gewalt des VölkeroerkehrS und Güteraustausches kennen. Man setzte sich in Peters- bürg in einen Schlafwagen, durchrast die polnische und deutsche Landschaft, kaum an den Grenzen wesentlich auf gehalten und gelangte in unglaublich kurzer Zeit nach Paris. Oder mau fuhr von Berlin nach Wien, erlangte Anschluß an dessen Orient-Expreß und war in kurzer Zeit in Konstantinopel. Und wohl nur wenigen ist bekannt, daß wir neben den Schnellzügen Berlin—Paris, Berlin- London auch einen Zug hatten, der mit Recht den Namen Berlin—Spanien verdiente. Ja, wir hatten es herrlich weit gebracht. Nach allen Richtungen Ler Windrose trug uns, die wir ja immer redefreudig waren, das Dampfroß. Am 1. August 19l4 ward daS mit einem Schlage anders. Das Kursbuch mit seinen vielen weißen Stellen zeigt unS, wie der Verkehr mit unseren Feinden abgeschnitten war, ja, daß wir anfangs auch nicht zu pnseren Freunden nach Sofia und Konstantinopel gelangen konnten. Und im Lauie des Krieges wieder ein Wandel: ganz plötzlich taucht der Zug Berlin—Lille und -er andere Berlin—Warschau auf und dann eines Tages wieder der Balkanzug. Die knappen Ziffern der Ankunft-- und Abfahrtszeiten dieser Zuge erzählen mehr, als ein Heldenbuch vermöchte, von eines Volles Tatkraft und von den Leistungen seiner Armee. Aber nach und nach mehren sich die weißen Seiten in dem Reisebüchlein. Immer mehr Züge fallen aus und das regste Leben spricht jetzt nicht aus den Ziffernreihen, die wir in dem Büchlein verzeichnet finden, sondern aus dem. was da nicht ausgeschrieben wird: denn Tag und Nacht lassen Züge nach allen Richtungen mit Truppen und Material, immer wieder und immer mehr. Von dieser ungeheuren Arbeitsleistung, die ganz in der Stille geschah, ist in dem Kursbuch nichts zu lesen; aber spätere Ge schlechter werden auS der Geschichte erfahren, welche Heldentaten das schlichte Kursbuch seiner Natur ent sprechend verschweigen mußte. Heute hat sich das Kursbuch abermals gewandelt. Sein Inhalt ist noch knapper geworden, auS feinen Spalten spricht die Not der Zeit, das Weh des Vater landes, der Schmerz Le- Zusammenbruchs. Nur der Ver kehr nach Dänemark und nach Schweden hat sich ein wenig belebt. Dafür find alle die Züge gestrichen, auf die wir stolz waren. Kein Verkehr mit Warschau, mit Lille, mit Sofia und Konstantinopel mehr. Und der heimatliche Verkehr auf daS äußerste beschränkt. Aber es ist Frieden, und wenn die neue Ausgabe beS Reichskurs-' buches veranstaltet wird, dann werden schon wieder einige Züge auftauchen, die jahrelang nicht vorhanden waren. Wir werden wieder fahrplanmäßig in die Schweiz ge langen und darüber hinaus nach Italien, die Züge nach Warschau werden wieder austauchen und damit selbst verständlich auch alle Züge nach Posen, wir werden wieder nach Prag und Budapest gelangen können und vielleicht auch nach Petersburg — denn bis zur Neuauflage ist noch lange hin. Nur zwei Züge werden auch jetzt noch fehlen: der D-Zug Berlin —Paris und der D-Zug Berlin—London. Franzosen und Engländer haben gegen uns Einreise verbote erlassen und die Fälle, in denen ausnahmsweise eine Einreiseerlaubnis erteilt wird, werden so selten sein, daß sich ein Zugpaar ihretwegen nicht rentieren würde. Jedenfalls werden wir, wie in den Zeiten des Friedens, auch künftig wieder auS unserem Kursbuch ersehen können, wie wir in der Welt stehen, eS wird Zeugnis ablegen sür den langsamen Wiederautbau. Die Zeit wird kommen, da wir wieder alle Züge verzeichnen wie 1914. Dann erst wird wahrhaft Friede auf Erden fein, wenn dem Verkehr keine Schranken mehr gezogen sind. Vinter Todesstrafe «n- Strafgesetzbuch. Von August Storm. In der Nationalversammlung ist vor kurzem ein An trag, die Abschaffung der Todesstrafe unter die Grund rechte des deutschen Volkes und damit inNste Verfassung aufzunehmen, mit geringer Mehrheit abgelehnt worden. Dabei dürfte es auch in der dritten Lesung deS Ver- iussungswerkeS bleiben. Ob die Todesstrafe beizubehalten ist oder nicht, darüber wird schon lause lebhaft gestritten. In die Ver fassung aber gehört die Entscheidung dieser Frage nicht. DaS sollte eigentlich unstreitig fein. Die Frage gehört inS neue Strafgesetzbuch und dort wird str wahrscheinlich, wenn sich die gegenwärtigen Verhältnisse inzwischen nicht erheblich ändern, im Sinne der Beseitigung gelöst werden. Schon das jetzt geltende deutsche Strafgesetzbuch sollte dir Todesstrafe nicht enthalten. In diesem Sinne hatte sich die damalige liberale Mehrheit deS Reichstags schlüssig gemacht. Die Regierung aber hielt unbedingt am der Todesstrafe fest und drohte, falls sich der Reichstag nicht dafür erkläre, bas ganze Gesetzgebung-werk scheitern zu lasten. Daraufhin wurde in dritter Lesung die Bei behaltung der Todesstrafe beschlossen — baS war vor mehr als vierzig Jahren. Heute wäre eS also auch bei unS durchaus nichts neues, wenn eine Mehrheit der Volks vertretung sich für Abschaffung der Todesstrafe ausspräche. Neu wäre nur die Regierung, die sich damit einverstanden erklärte. Und dies« Regierung wird sich, sobald nicht mehr die Verfassung, sondern LaS Strafgesetz auf der Tages ordnung steht, ohne Zweifel finden; vorausgesetzt, daß, wie schon gesagt, die politischen Zustände in Deutschland nicht einen gründlichen Wandel erfahren. Wann aber ist das neue Strafgesetzbuch zu erwarten? Darüber bat sich vor mehreren Monaten in der National versammlung der Reichsjustizminister Landsberg sehr be stimmt geäußert. »Das Reicksjustizministerium', so ver kündete er, „ist daran, Aufgaben von gewaltiger Größe zu lösen. Die Vorarbeiten für den Entwurf eines neuen Strafgesetzbuches sind so weit gediehen, daß ich d'e Ver öffentlichung des Entwurfs nock vor Ab! nrf dieses Jah es glaube in Aussicht stellen zu können. Das neue Straf gesetzbuch wird ein gewaltiges KiUturwerk lein und es wird den Nachweis führen, daß das deutsche Volk geistig mcl t -usammengebrochen ist. Weiter sind wir beschäftigt mit eirwr Novelle zur Strafprozeßordnung" usw. Diese Mittellungen, besonders die Ankündigung des neuen Strafgesetzbuches, wurden damals m>1 großem Beifall ausgenommen. Dabei blieb es außer acht, dal; bas Verdienst, das gewaltige Kulturwerk, wie Herr Landsberg den Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs nannte, geschaffen zu haben, nicht nur der jetzigen Negie rung, sondern auch der früheren, der kaiserlichen Regierung gebührt. Schon vor zehn Jahren, Ende 1906, wurde der -Borentwurf' eines neuen Strafgesetzbuchs, die Frucht jahrelanger Arbeit der hervorragendsten RechtsgelLhrten Deutschlands, veröffentlicht und der allgemeinen Be urteilung unterbreitet. Vorher schon, im März 1909, war der Entwurf einer Strafprozeßordnung und der zu ihr gehörenden Teile der Reichsverfastung dem Reichstage oorgelegt worden. Eine Verständigung zwischen Regie rung und Volksvertretung über diese Vorlage hMnte aber ungeachtet langer Beratungen nicht erzielt werden und schließlich wurden die Entwürfe zurückgezogen. In dem Vorentwurfe zu einem neuen Strafgesetzbuch war die Todesstrafe beibehatten und fast allgemein, von den Sozialdemokraten abgesehen, wurde das für selbst verständlich erachtet. Zur Weilerberatung dieses Vor- entwurfs und zur Ausarbeitung des dem Reichstage vor zulegenden eigentlichen Strafge'etzbuchenlwurfs wurde ein Ausschuß niedergesetzt, der seit dem 1. April 19N regel mäßig Sitzungen abhielt Dieser Ausschuß hat seine Arbeiten so gefördert, daß, wenn nicht der Krieg aus gebrochen wäre, im Jahre 1917 die Verhandlungen über daS neue Strafgesetzbuch im Reichstage begonnen hätten. Di« Richtungen, die durch den Umsturz an die Regierung gelangten, haben den Entwurf zu einem neuen Straf gesetzbuch oorgefunden und ihre Tätigkeit muß sich darauf beschränkt haben, ihn zeitgemäß abzuändern. Oie Verschlechterung des Geldes. Von Ludwig Eichwege. Der große rufffiche WV,rvei'e. ^'eo Tolstoi, bezeichnet das Geld als .geronnene Gewalt'. Dieses Wort trifft in der glücklichsten Weise den volkswirtschaftlichen Inhalt des Begriffes Geld' Jene häßlichen so-Markscheine, von denen der Verkehr setzt überflutet wird, sie sind, genau toie die anderen, künstlerischer dergestellter Umlaufsmittel, nicht- anderes als eine öffentliche Beglaubigung, daß der Inhaber dieses Papiers daS Recht hat, sich auS dem allgemeinen WarenvorrÄ «in Stück tu dem datcmf angegebenen Wert« anzueignen. Wer sich diesen Zusammenhang klar macht, hat auch sofort die Erklärung dafür, warum die Übersättigung deS Verkehrs mit Geldzeichen — wissenschaftlich .Inflation' genannt — notwendigerweise die Waren teurer machen oder anders auSgedrückt, die Kaufkraft des Geldes ver schlechtern muß. Es ist ein einfaches Rechenexempel: Wenn der Teiler „Geld' größer wird und die Teilsumme -Warenvorrat' unverändert bleibt, oder gar wegen Streiks. Mangel an Rohstoffen, verringerter ArbeitSsreudigkeit noch abnimmt, so muß da« Resultat, nämlich die Waren menge, die man mit einem gewissen Quantum Geld er langen kann, immer Keiner werden. DaS nennt man dann Teuerung. Und nun erkennen wir auch den ver- hängqisoollen Kreislauf, in dem sich unsere Volkswirt schaft gegenwärtig bewegt. Jeder Angestellte und Arbeiter »erlangt Lohnerhöhungen, Teuerung-- und Entschuldung-- Lttlagen usw. Der Unternehmer Und die Behörde, die die betreffenden Summen auszahlen muffen, holen sich daS Geld von ihrer Bank. Diese holen eS sich von der Reichsbank. Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, muß die Retchsbank noch mehr 50-Markscheine drucken lassen. Also: Je höher die Löhne, um so mehr Umlaufs mittel, je mehr Umlaufsmittel, um fo teuerer die Waren, je teuerer die Waren, um so mehr Veranlassung zu neuen Lohnforderungen. ES ist die berühmte Schraube ohne Ende. . Für die Volkswirtschaft kann eS gar nichts Schlimmeres gelben, als die Tatsache, daß wir un- nicht mehr auf den Werlmaßstab „Geld' verlaffen können. Dadurch ist ein Zug der Unfolidttät in unser Wirtschaftsleben gekommen, -er sich in der vielfältigsten Weise bemerkbar macht. Dem Durchschnittsbürger kommt diese Erscheinung meist nur aus dem Markte der Nahrungsmittel zum Bewußtsein. Weniger bekannt ist ihm, in welchem Grade hindurch auch alle übrigen Warengebiete verseucht werden. Do niemand beurteilen kann, welche Fortschritte die Geldentwertung noch machen wird, so lange man nicht dir Notenpresse unter Plombe legt, so ist die während deS Krieges ent fesselte Jagd nach Ware nicht nur geblieben, sondern noch wilder geworden. Die Angst vor weiterer Geldoer- schlechterung führt viele dazu, daS bare Geld nach Mög lichkeit in Ware anzulegen, gleichgültig, ob man Ke ge braucht oder nicht. In der Zeit der tollsten Aus schreitungen deS KriegSgewinnlertumS sind denn auch nicht soviel Weine, ZigarrM. Bilder, Schmucksachen, Tevvicke, Pelze, Möbel, Grundstücke, vor allem natürlich müh Nahrungsmittel, gehamstert worden wie jetzt. Zum Teil freilich auS Steuerfluchtgründen, obwohl nach den neuen Bestimmungen außergewöhnliche Anschaffungen M Ver mögen versteuert werden sollen. In erster Linie abtt an dern kaufmännisch und moralisch einwandfreien Motiv heraus, sich durch Erwerb von Ware vor den -ersetzenden Wirkungen der Notenpresse zu retten. ES braucht nicht weiter ausgeführt zu werden, welche schwere Nachteile dieser Überverbrauch für die groben vermögenslose Menge zur Folge Hst. Am schlimmsten sind diejenigen Volksschichten dran, die auf ein festes Nentenetnkommen angewiesen fnrd, und nicht die Möglichkeit hrLen, die gesmcke«« Lftmfkraft Les GeldeS immer wieder durch erhöhte Forderungen auf dritte abzuwÄzen. Früher war man, auch in uut bürger lich gesinnten Kreisen, geneigt, dem die Kuponschere hand habenden Kapitalisten einen Drohnencharakter zuzusprechen, und ihn steuerlich ungüMger als die arbeitenden Klaffen zu behandeln. Heute werben wir infolge der Geld entwertung genötigt sein, derartige Ansichten einer Nach prüfung zu unterziehen. Der Zinsempfänger hat durch die Geldentwertung schon etwa -/» seiner Fähigkeit, über den allgümemen Warenvorrat zu verfügen, eingebüßt und von dem ihm verbleibenden Drittel nimmt ihm der Steuerfiskus noch einen großen Teil ab. ES bildet für den Rentner nm einen schwachen Trost, daß auch alle anderen Besitzer von Forderungsrechten in der gleich ungünstigen Lage sich befinden. So erhalten die Inhaber von LebenÄsersicherungSpolicen, di« jahrzehntelang ihr gutes Geld an die Gesellschaften ab geführt, die gespart und vielleicht gedarbt haben, um sich einen Notgrofchen für das Alter zu sichern, wenn ihre Forderung füllig wird, den ausbedungeuen Betrag in einem um zwei Drittel entwerteten Gelbe ausgezahlt. Nicht anders ergeht es den Witwen und Waisen der ehe maligen Staatsdiener, den Empfängern einer Rente an der Alters- »lnd Jnvaliditätsversicherung, der großen Masse der auf ihr Ruhegehalt angewiesenen. So übersetzt sich die ökonomische Erscheinung der Geldentwertung prioatwirtschaftlich in Millionen Trauerspiele. Gegen die Gefahr, immer tiefer in den Sumpf der Geldentwertung zu geraten, gibt es nur ein Mittel: An gestrengteste Arbeit, damit das Gleichgewicht -wischen Geldumlauf und Warenvorrat wieder hergestellt wird. Daß eS dazu kommt, daran hat jeder da- gleiche Inter esse, er fei Rentner oder Erwerbstätiger. Wie ersparen wir Schmieröl? Eine wichtige Frage für die Industrie. Die Olknappbeit der Kriegszeit und die Notwendig keit, beim Wiederaufbau unserer Industrie recht rationell zu arbeiten, haben die Aufmerksamkeit auf die bisherige Schmieröl-Verschwendung gelenkt. Schmieröle werden in Massen sür Betriebsmaschinen, Transmissionen, Werkzeugmaschinen und dergl. verwendet, in vielen Fällen auch zum Kühlen der Werkzeuge von Metallbearbeitungsmaschinen. Aus Gründen der Bequem lichkeit wird vielfach zu reichlich geschmiert, auch viel Ol vergossen, und das einmal verwendete Ol geht verloren. Der eigentliche Schmieröloerbrauch ist nämlich fast gleich Null, das Ol läuft lediglich verschmutzt aus den Schmierstellen der Maschine ab und sammelt sich meist in den Olauffanggefäßen. Es lag der Ge danke nahe, dieses Ol zu reinigen und wieder zu verwenden. Groß sind auch die Verluste bet dem .lediglich zum Kühlen verwendeten Ol. An 100 Kilo Stahlspänen oder schmiedeeisernen Spänen, die auf Revoloerdrehbänken erzeugt werden, haften erfahrungs gemäß 3 bis 4 Kilo Ol, so daß selbst kleinere Fabriken große Mengen Ol verbrauchen. Die älteren Methoden zur Wiedergewinnung dieses Ols, z. B. Abtropfapparate, lieferten wenig befriedigende Ergebnisse. Man hat es auch mit Filterapparaten versucht, um die aufgesammelten Tropföle zu reinigen, indessen stellte sich das immer zu erneuernde Filtermatertal zu teuer. Neuerdings find Schleuderapparate hergestellt worden, < die als Zentrifugal-Schmierölreinigungs-Maschinen, Ol- - separatoren usw. in den Handel kommen und den Er wartungen aufs beste entsprochen haben. Von dem an § Drehspänen hastenden Ol z. B. wurden 80 "/o wieder- I gewonnen, so daß nur ein Fünftel des Ols neu zu er- fetzen ist und die Apparate sich bald bezahlt machen. Es ! gibt verschiedene Konstruktionen für größere und kleinere Betriebe. Die Neuerung ist im Interesse unserer gesamten i Volk-Wirtschaft nur lebhaft zu begrüßen. Allerlei Seltsames aus Ungarn. — Arbeitseinstellung der Journalisten und Schauspieler. — j Wie«, im Juli. ! Der Oberste Rat der Entente hat durch einen Funk spruch von Versailles Herrn Bela Khun wissen lassen, daß, solange Ungarn die Bedingungen des Waffenstillstandes nicht erfülle, di« Alliierten in keine Verhandlungen mit ihm eintreten könnten. Das bedeutet also Fortdauer deS Kriegszustandes oder neue Kriegserklärung. Inzwischen faßt die ungarische Räteregierung immer krausere Beschlüsse. Durch ihre jüngsten Verfügungen hat sie so ziemlich alle „geistigen Arbeiter' gegen sich aufge bracht und Ausstände sonderbarer Art sind an der Tages ordnung. Eines schönen Tages wurden die Mitarbeiter der bereits vor zwei Monaten eingestellten bürgerlichen Blätter von Bela Khun ersucht, sich durch den „Zentralrat sür geistige Produktion' eine neue Arbeitseinteilung vorschreiben zu lassen. Die älteren Journalisten sollen als Agitatoren sür die Herren Räte in die Provinz geschickt werden, während die jüngeren jour nalistischen Kräfte von der Feder zum Pflug abwandern und zu Feldarbeiten herangezogen werden sollten. Allen, die sich diesen famosen Anordnungen widersetzen würden, sollte — so wurde gedroht — der Brotkorb höher gehängt werden, was hier beinahe wörtlich zu nehmen ist, denn man wollte ibnen einfach die Brot- und die anderen Lebensmittelkarten wegnehmen, sie also langsam ver hungern lassen. Gegen diese unerhörten Zumutungen und .Bestrafungen', die sich die Herren von der „geistigen Produktion', fast durchweg junge Lümmel, die hinter den Ohren nock nicht trocken sind, gegen bewährte Vertreter der ungarischen Presse erlauben zu können glaubten, Wachten die Journalisten energisch Front, indem sie in ««er stark besuchten Versammlung beschlossen, den an- matzttchen neuen Verfügungen der Räte nicht Folge zu Leists« und den Kampf um volle Preßfreiheit mit energischen Mitteln aufzunehmen. Man darf nun neu gierig sein, wie die Regierung mit den aufsässigen Zeitungsmännern verfahren wird. Emen Konflikt nickt minder scharfer Art haben Bela Khun und feine LeÄe mit dem Lbeatervölkcken. Der Kampfplatz ist Budapest, wo die Regierung plötzlich alle Theater schloß, angeblich weil wegen Papiermangels keine 8üllaßkart«n gedruckt werben konnten. Die Sache bekommt aber ein anderes Gesicht, wenn man erfährt, daß -zugleich auch Lie Letter der Prioatbühuen entlassen worden sind. Ergebnis: Streikbeschluß der Schauspieler, die sich Lie unglaublichen Gewaltakte der Regierung nicht gefallen lassen und ihre Direktoren wieberhaben wollen. Wäre Las alles nicht im letzten Grunde tieftraurig, so könnte man an der komischen Regiererei des Herrn Khun und seiner knabenhaften Mannen seine Freude haben, denn «s tst auch was andere-!