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Nachrichten für Naunhof : 28.02.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-02-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178785101X-191902285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178785101X-19190228
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178785101X-19190228
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-02
- Tag 1919-02-28
-
Monat
1919-02
-
Jahr
1919
- Titel
- Nachrichten für Naunhof : 28.02.1919
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Sächsisch« nn- Lokale Mileilungen. Naunhof, den 27. Februar 1919. Seelische Gesundung. Das deutsche Volk steht wirt schaftlich vor dem Abgrund, hört man jetzt allerorts sagen« Gewiß. Wie steht es aber mit der Seele des deutschen Vol kes? Sie ist krank und ihre Krankheit ist zu einem wesentlichen Teil die Voraussetzung der wirtschaftlichen Gestchr. Erwächst nicht ein beträchtlicher Teilverlorener Arbeitstage aus derinneren, seelischen Unlust an der Arbeit, am Staat, am Volk? Der Kriegswucher, der verfehlte Weltmachthaum, die Unterbindung des freien Wortes im Kriege, die Knebelung jedes Persönlich- keitsbewuhtseins im Leere u. in der Leimat, dieses u. vieles an dere, durch den unerhörten Zusammenbruch aller Loffnungen ins Maßlose gesteigert, haben unsere Seele aufs tiesfteverletzt. Ein Volk, das in Freiheit und Selbstverantwortung seit Iahrzenten erzogen worden wäre, würde diese Lasten leichter getragen ha ben. Ein Volk aber, in dem jeder Einzelne nur gewohnt war. sich als Teil des Ganzen zu fühlen, und das trotzdem in seiner Mehrheit vom Ganzen wenig wußte, durch Kasten und Klassen untereinander entfremdet war, wankt nach solchen Schlä gen bedenklich. Kein noch so großer Arbeitsbedarf kann ihm Helsen, solange es seine Besinnung, seine Seele nicht wiederge funden hat. Es wäre verfehlt, zu behaupten, daß sich weiteste Kreise unseres Volkes dieser bitteren Not unserer Zeit nicht be wußt sind. Aber es sind nur eine Unzahl kleiner Bächlein, denen der Zusammenfluß in d?n großen Strom fehlt. Möchten noch frühzeitig jene Männer unter uns aufstehen, die stark an Seele und Ueberzeugung ihren Willen in brennende Worte und Taten kleiden und die Allgemeinheit mit sich reißen. — Naunhof. Von allem Verkehr abgefperrt, sind wir heute nicht in der Lage, unsere Zeitung in gewohnter Form er scheinen zu lassen. Nach eingezogenen Erkundigungen wird uns mitgeteilt, daß Züge aus Leipzig nicht abgelasien werden, dagegen ist der Verkehr von Dresden aus nicht eingestellt wor den; alle Züge,die von dort kommen, bleiben aber in Borsdorf liegen. Wie lange dieser Zustand anhält läßt sich nicht Vor aussagen. — Die heute morgen nach Leipzig verkehrenden Vorortszüge sind ausgefallen» — Klinga. Unsere Gemeinde hat in der Versammlung am 25. d. M. den Gutspächter Gustav Mehnert, den Gutsbesitzer Wilhelm Thiele und den Hausbesitzer Franz Scheibe zum Landbürgerrate erwählt. — Staudinitz. Der Gasthof Staudlnitz ist tu diesen Ta gen an einen Viehhändler von Beiersdorf für den Preis von 54 000 Mk. verkauft worden. p. — Am letzten Sonntag tagte der Parthengau- Sängerbund im „Goldnen Stern" in Brandis, an welchem 7 der zugehörigen Vereine teilnahmen, 4 Vereine waren nicht erschienen. Nach erfolgter Begrüßung wurde das Andenken der gefallenen Md verstorbenen Sangesmttglieder durch Erheben von den Plätzen geehrt. Das gesangliche Leben des Bundes ist nicht ohne schwere Störungen während der Kriegszeit ver lausen, denn aus den Berichten der einzelnen Bundesvereine ist zu entnehmen, daß diese fast olle ihre Sangestätigkeit ein stellen mußten, da Einziehungen der Mitglieder in großer An zahl erfolgten, auch haben sie den Verlust mehrerer treuer Mit glieder als gefallen zu beklagen, andere wieder schmachten noch immer in Gefangenschaft. Der Bund hatte nun die Vereine zu neuem ersprießlichen Leben zusammengerufen und traten diese einmütig und geschloßen dafür ein, das alte deutsche Lied auch weiter hochzuhalten, und zu pflegen, echte und rechte Sangesbrüderlichkeit zu üben. Not und Sorge soll man im Liede zu vergessen suchen, der Männerfang möge auch fernerhin die ländlichen Vereine zur Mitwirkung und edlem Wettstreit im Bunde begeistern unhdiesem seine Treue und Anhänglichkeit für alle Zeiten bewahren. — Einstimmige Annahme sand der Beschluß, in diesem Jahre einen Sängertag in Brandis abzuhalten, welcher voraussichtlich am 29. Juni flatlfinden wird. Einige Gesang vortrüge seitens des Gesangvereins Engelsdorf beschloß die schöne Zusammenkunft des Sängerbundes. A.— Bei der Max-Richard-Stiftung stehen 200 Mk. zur Unterstützung mittelloser, in Sachsen staatsangehörtger Per sonen zum Besuche des Bades Ktssingen oder eines anderen Bades zur Verfügung. Gesuche sind bis zum 15. April 1919 beim Ministerium des Innern, IV. Abteilung, einzureichen. Beizusügen sind ein ärztliches Zeugnis, der Nachweis der säch sischen Staatsangehörigkeit und eine amtliche Bescheinigung über Unbescholtenheit, Mittellosigkeit, Alters-, Erwerbs- und Familienverhältnisse. Wer festes Einkommen aus Staats oder Gemeindediensten hat, kann nicht berücksichtigt werden. A.— Gemüsesaatgut von Lülsenfrüchten darf nur gegen Saatkarte bezogen werden. Es empfiehlt sich der Einfachheit halber, daß die Bezieher aus einem Orte gemeinsam dos Saat gut beziehen und zu diesem Zwecke Ausstellung einer Sammel saatkarte beantragen. Vordrucke zu Anträgen auf Ausstellung von Sammelsaatkarten find in der Getretdegeschäfksstelle Grimma, Lindenburgstr. 5 zu entnehmen. -f- Der sächsische Bußtag, der in diesem Jahre auf den 19. März fällt, wird in derselben Beschränkung wie der all gemeine Bußtag in November v. I. als gesetzlicher Feiertag gel ten. Kirchliche Feiern werden abgehalten, dagegen finden son stige Beschränkungen von'öffentlichen Veranstaltungen, Theatern usw. nicht statt. Die Zeitungen dürfen nur morgens erscheinen. fDie diesjährige Sommerzeit beginnt am 14. April, nicht, wie in verschiedenen Blättern behauptet worden ist, am 2. März, und endet am 15. September. Von einer Aenderung der ursprünglichen Bestimmungist weder im Mini sterium des Innern noch im Arbeitsministerium etwas bekannt. — In Dresden tagte am vergangenen Sonntag der Verein Sachs. Zeitungsverleger. Trotz der Verkehrsschwie rigkeiten war die Versammlung seh? stark besucht. Diese starke Teilnahme war, wie aus den vielstündigen Beratungen hervor ging, verursacht durch die schweren Sorgen, die in wirtschaftlicher und technischer Ktnsicht auf dem Zeitungsgewerbe lasten. Durch die hohen Löhne, insbesondere aber auch durch die große Er höhung aller Rohstoffpreise und Lerstellungskosten, find diese Sorgen derartig angewachsev, daß nur durch außerordentliche Maßnahmen ein annähernder Ausgleich zu schaffen fein wird. Aus der ganzen Aussprache ging hervor, daß die Zeitungen in der nächsten Zeit nor neue nur schwer zu überwindende Schwie rigkeiten gestellt sind, und daß das Fortbestehen der Presse nur zu ermöglichen sein wird durch eine entsprechende Steigerung der Bezugs- und Anzeigenpreise, obwohl auch dadurch kaum der erhebliche Teil der Mehrbelastung ausgeglichen werden kann. — Wurzen. Aus der Kasernenwache des 8. Feldartil- lerie-Regtments Nr. 78 wurde eine Kassette mit Geld und Wert papieren — meist Kriegsanleihe —im Betrage von üb er 12 000 Mark gestohlen. — Leipzig. Während ein Reisender die Fahrkarte löste, wurde der neben ihm abgesetzte Retfekoffer mit wertvollen Ge- fchäfkspapieren gestohlen. 300 Mark Belohnung sind für Wiederherbeischaffung ausgesetzt. — lleberall Spitzbuben und Verbrecher. — Döbeln. Beim Lolzlesen im Lermsdorfer Walde fanden mehrere Knaben eine Reooloerkanonen-Granate. Beim Lantieren fiel das Geschoß aus den Boden und explodierte. Da bei wurden ein 13 jähriger und ein 8 jähriger Knabe aus Gör mitz getötet. — Dresden. Die österreichische Gesandtschaft wird mit 31. März aufgelöst. — Jöhstadt. Ein Einj.-Freiwilliger des hiesigen Grenz schutzes war im Begriff, seine Browning-Pistole zu reinigen. Diese entlud sich, und ein Geschoß traf ihn ins Lerz. Er war fosort tot. »enntfchtt«. Schwunghafter Opiumhandel in London. In London wird gegenwärtig ein ungeheurer Mißbrauch mit Opiaten getrieben. In allen besseren Gesellschaften raucht man Opium, für das man ungeheure Summen zahlt. Alle noch so strengen Bestrafungen jener, die Narkotika schmuggeln oder widerrechtlich verkaufen, nutzen nichts. Sogar in den Straßen werden Opium und Kokain in der schamlosesten Weise feilgehalien, und täglich fast finden Gerichtsverhandlungen gegen Opiumhändler statt. Vor kurzem erst wurden vier Männer, die -sich wegen dieses Verbrechens zu verantworten hatten, sehr exemplarisch be straft, und zwar jeder von ihnen zu einem Jahr Zwangs arbeit. ES ist jedoch kaum anzunehmen, daß dieser Exempel andere abschrecken wird, sich dem einträglichen Geschäft zu widmen, denn die Mehrzahl der Verkäufer wird ja nicht ertappt, und der Nutzen ist außerordentlich groß. Es haben sich schon in London und in anderen englischen Städten Vereine gegen den Genuß Ler Narkotika gebildet, ähnlich den Lemperenzlergesellschaften. Aber eS ist kein Zweifel, daß sie ebenso wenig viel ausrichten werden wie die Prediger der Eutha'tsamkeit, und ihre geharnischten Proteste nud eindringlichen Aufrufe in den Tageszeitungen finden kaum ernste Beachtung, sondern werden stets nur mit e uer gewissen Heiterkeit aus genommen. Die Frauenrepublik. Kein Tag vergeht jetzt, ohne daß man von der einen oder anderen neuen Gestalt, die man dieser oder jener republikanischen Staatsgemeinschaft zu geben wünscht, zu hören bekäme. Es dürfte daher an gebracht sein, daran zu erinnern, daß in den aufgeregten Tagen von 1848 in Frankreich einen Augenblick lang von der Gründung einer Franenrepublik die Rede war. Eine Anzahl iranzösifcher Frauen, Vorläuferinnen der später so gefürchteten Suffragetten, verlangte nicht mehr oder minder als die Verkündigung einer republikanischen Regierungs form, wobei alle Mitwirkung an der Regierungstätigkeit den Männern vorentbalten werden sollte. Es erschien damals ein eigenes Organ jener weiblichen politischen Gruppe, ein Blatt, das sich „Die Republik der Frauen Frankreichs" nannte. Hier ein Pröbchen aus einem der ersten Leitartikel: „Wenn erst dieses barbarische Geschlecht (die Männer) gänzlich ausgerottet sein wird, wird man allen Männern einen Grabstein setzen, auf dem geschrieben stehen wird: „Wer hier vorübergeht, bete mit uns für das Seelenheil des ausgerotteten männlichen Geschlechts!" Vorwärts! . . . Laßt uns die Welt befreien von der Herrschaft der Männer, die schon viel zu lange dauert! ... Krieg gegen den Bart! . . . Reißt ihnen die Bärte ab!" Abgesehen von einigen vergilbten Exemplaren dieses revo lutionären Frauenblattes ist keine Erinneiung an die SlifttBig der Frauenrepublik übrig geblieben. „Reichspräsident" oder „Reichsverweser". Aus dem »Deutschen Sprachverein" nahestehenden Kreisen wird geschrieben: Der „Deutsche Sprachverein" hat seine Stimme erhoben für eine sprachreine Ausdrucksweise der neuen Reichsverfassung. Einmütig aber sollten alle sein in der Ablehnung der Bezeichnung des künftig an der Spitze des Reiches stehenden Mannes als „Reichspräsident". Warum gerade jetzt den Namen ausgerechnet von den Franzosen übernehmen? Denn „Präsident" ist französischen und nicht etwa lateinischen Ursprunges. Für den deutsch französischen Bastard „Reichspräsident" mutz ein deutscher Name gefunden werden! Ein Vorschlag sei hier gemacht, in Anknüpfung an die Zeit von 1848: nennen wir den Mann „Reichsverweser"! Das bedeutet einen, der nicht kraft eigenen Rechtes, sondern im Auftrag und verantwortlich für einen anderen handelt, nämlich für das deutsche Volk. Von keinem Parteistandpunkt aus ist etwas gegen diesen Namen einzuwenden. Eine Verbesserung des GasglühlichteS. Infolge des Kohlenmangels wurde überall eine weitgehende Streckung des Steinkohlengases mit Wasser notwendig. Nun ist aber das Gasglühlicht, namentlich bei Hängebrennern, gegenüber Änderungen in der Zusammensetzung sehr ,empfindlich, und die Verbraucher klagten vielfach über Verschlechterung des Lichtes. Durch den Zusatz von Waüergas ändert sich nicht nur die Dichte des GaseS, sondern auch seine chemische Zusammensetzung und damit die zur vollkommenen Verbrennung erforderliche Luft menge; daher zeigen die Hängelichtbrenner Neigung zum Flackern und Rauschen. Der Ingenieur Dr. Aldener hct nun den Einfluß des Gasdruckes und die Form des BrennermunbstückeS untersucht und dabei gefunden, daß für „Kriegsgas" Steinkohlengas mit Wassergaszusatz, mit Rücksicht auf seinen geringeren Luftbedarf nur Brenner mit engerem Mundstück zu verwenden sind, weil diese sich allen vorkommenben Schwankungen in der Zusammen setzung und im Drnck des Gases anpaffen, ohne einer häufigen Nachregulierung zu bedürfen. Gegen de« „anmatzenden Stumpfsinn der Schule" wollen die Münchener Mittelschüler protestieren. Wie Münchener Blätter melden, waren in den letzten Tagen fast alle Schulgebäude Münchens, auch das Kultus ministerium mit einer Unmenge kleiner Zettel folgenden Inhalts beklebt: „Mittelschüler werdet wach! Auch unsere Stunde ist gekommen. Befreiung von dem anmaßenden Stumpfsinn der Schule! Macht euch bereit zum Schul streik!" Die wertvollste und die schmerzlichste Erfahrung des Krieges. Die schwedische Zeitung „Morgenpost" in Gothenburg hat eine Rundfrage veranstaltet über folgendes Thema: „Was sehen Sie für die wertvollste, was für die schmerzlichste Erfahrung des Kriege- an?" Die vorliegenden Antworten stammen sämtlich von Schweden ab. Der Schrift- Mergmanns Töchterlein. Roman von Martin Förster. 44 „WaS ist mit ihr?" forschte Diedrich, unwillkürlich erblei chend. „Sie werde»» überrascht sei»», Herr Diedrich, aber," Sachse sprach langsam und mit augenscheinlicher Anstrengung, „es tut mir selbst leid, daß ich es sagen »unß, morgeu kau»» keine Hochzeit stattfinden." „Was sag» Ihr?" rief Diedrich erschrocken. Seine Nervei» waren bereits aufs Höchste angespannt; diese Nachricht hatte gerade noch «gefehlt, nm seine Erregung zum äußerste»» zu steigern. Mai um nicht? Um Gotteswillett, was ist mit Jutta?" „Sie ist krank," sagte der andere mit tonloser Stimme. „Was? Sie war doch vor wenig Stunden noch ganz ge sund?" „Es ist so plötzlich gekommen, es »vor ein Anfctll. Wir ha ben solche Angst nm sie gehabt. Jetzt ist es besser, aber der Doktor sagt, daß sie sehr geschont werden muß, und noch sehr lange." „llm Gotteswillen, daß ist ja schrecklich!" Diedrich rannte eil» paar Mal wie verziveis-.lt im Zimmer auf und ab. Dann blieb er stehen und maß seinen Besucher mit einem arg wöhnischen Blick. „Dies scheint mir aber doch gar zu sonder bar und plötzlich," setzte er in scharfen» Tone hinzu. „Ich begreife es nicht, »vie kam sie den»» zu dem Anfall?" „Gott »»reiß, Ivie es kam. Aber ich dachte, sie würde ster ben, als sie plötzlich ohnmächtig wurde." „Was gab es den» ? Ich wußte nicht, daßJntta so schwäch lich sei." „Ich habe sie nie klagen hören, aber sie ist in der letzte»» Zeit so still »nid eigentümlich gewesen." „Hatte sie sich denn aufgeregt?" „Nein, gar nicht. Sie »Var ausgegaugeu, »veil sie ein wenig Kopfweh hatte, wie sie sagte, und als sie etwa nach einer hal ben Stunde znrückkam, sah sie so verändert ans und wnrde daun plötzlich ohnmächtig. Es währte anch lauge, ehe sie »nie der zu sich kam." „Ich lies natürlich gleich -um Doktor, und er sagte, st« dürfe nm keinen Preis aufgeregt werden und würde jeden falls längerer Schonung bedürfen. Ich sollte sie nach nichts frage»». So weiß ich nicht, was ihr begegnet ist. Aber Ihnen mußte ich dies doch gleich Mitteilen." Albert Diedrich schwieg ein paar Minuten lang. Gr fühlte sich aufs peiulichste berührt, zumal bei dem Gedanken, daß dieser sonst unerklärliche Zwischenfall wahrscheinlich mit Franz Degows Wiedererscheinen in Verbindung stehen mutzte. Der Gedanke, daß die Liebenden sich zufällig begegnet waren, und der freudige Schreck den Anlaß zu Juttas Erkrankung gegeben hatte, lag nur zu nahe. Ob auch Sachse diesen Grund ahnte oder wußte? Ob sie alle gegen seine Pläne arbeite ten ?" „Habt Ihr kürzlich etwas von Degow gehört?" fragte er plötzlich, wie aus tiefen Gedanken erwachend. „Degow? Nein, wenigstens nicht in den letzten Wochen," war die eilige Antwort. «Ich hörte vom Rechtsanwalt Will roth, daß er in Amerika sei. Warum meiueu Sie, Herr Died rich?" „Weil ich," antwortete der Minenbesitzer sehr ernst und nachdenklich, „weil ich glaube, Sachse, daß die Krankheit Eu rer Tochter dem u»lerwärteten Begegnen mit ihrem früheren Geliebten zuzuschreibe»» ist." „Franz Degow!" rief Sachse in dem Tone ungekünstel ter Ueberraschung. „Das ist doch ganz uumüglich!" „Nickst so unmöglich, wie Ihr denkt, Sachse, Wißt Ihr nicht, daß Degow wieder im Dorf ist? Er wurde heute abend gesehen, als er mit Willroth der» Bahnhof verließ. Nehmt mein Wort darauf, Jutta hat ihn gesehen, und daher natür lich ihre Aufregung." „Wirklich, wirklich?" murmelte der andere, »vie sich be sinnend. „Sollte das möglich sein? Aber ich mnß nach Hause," setzte er dann hastig hinzu. „Ich bin so in Sorge nm tuen» Kind." „Einen Augenblick noch, Sachse! Es ist also wirklich auS- geschlosseu, daß Juttas Hochzeit morgen stattfinden kann?" „Es ist absolut unmögliche Doktor Marschall besteht dar auf, daß sie wenigstens acht Läge im Bette bleibt." „Dann kann ich natürlich nichts dagegen sagen," brnmmte Diedrich enttäuscht. „Fatal, höchst fatal das! Ich fürchte, das Aufschiebeu der Hochzeit wird viel «nuützeS Gerede geben. Nun, jedenfalls müßt Ihr »nir versprechen, daß Ihr Degoio nicht vorlassen wollt, wenn er kommt und sie sehen will." „Er wird nicht kommen." „Das fragt sich. Leute seine- Schlages pflegen nichtgerad, darüber nachzudeuken, ckb sie anderen Schmerz und Aufregung verursachen oder »licht." „Ich werde jedenfalls dafür sorgen, daß ihr aller fern gehalten wird," erwiderte Sachse trocken. „Ich denke jetzt nm an ihre Gesundheit. Wollte Gott, ich hätte das früher getan!" Der Ton, irr dem diese Worte gesprochen wurden, klang herausfordernd, fast feindselig, und der auf den Minenbesitzer gerichtete Blick schien die gleichen Gefühle auszudrücken. Der Minenbesitzer blickte betroffen auf. „Was ist Erich, Sachse?" fragte er scharf. „Ihr tut ja beinahe, als wolltet Ihr mich für Juttas Krankheit verantwortlich machen." „Ja natürlich," versetzte der Bergmann unumwunden, „und Sie müssen ebenso gut misse», wie ich, daß ich ein volles Recht dazu habe." Es gab kein fröhlicheres und glücklicheres Mäd chen als Jutta, so lang« sie mit Degow zusammen war; aber nachher, als er fortging, und sie sich von Ihnen überreden ließ, war es, als wenn alles verkehrt ging. Ich bin sehr offen Herr Diedrich, aber ich denke, es wird endlich Zeit, daß rch auch-einmal meine Meinung sage. Darf ich Ihnen jetzt eine Frage vorlegen, die ich schon lange zu stellen wünschte?" „Gewiß, fragen Sie immerzu!" „Durch welche Mittel veranlaßten Sie »nein Kind, in die Heirat mit Ihnen zu willigen? Ich habe dies niemals be- greifen können." „Ich glaube, eS ist etwas spät, die Frage zu stellen, jetzt, wo alles geordnet ist und wir morgen verbunden werden sollten, wenn nicht dieser beklagenswerte Zwischenfall eiuge- treten wäre." „Eben deshalb frage ich. Würde sie so plötzlich auf so uner klärliche Weise erkrankt sein, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre? Ich fange an zu glauben, Herr Diedrich, daß Juttas Erkrankung ein Wink des Schicksals ist, diese Hei rat noch rechtzeitig zu verhindern." 237,20 Albert Diedrich fuhr herum, wie von einer Natter ge stochen. Dann beherrschte er sich gewaltsam nud sagte kalt: „Ihr könnt Such derartige Bemerkungen vollständig sparen."
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