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Nachrichten für Naunhof : 09.04.1919
- Erscheinungsdatum
- 1919-04-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178785101X-191904097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178785101X-19190409
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-178785101X-19190409
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Nachrichten für Naunhof
-
Jahr
1919
-
Monat
1919-04
- Tag 1919-04-09
-
Monat
1919-04
-
Jahr
1919
- Titel
- Nachrichten für Naunhof : 09.04.1919
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jedoch nur auf Kosten des gesamten Wirtschaftslebens, dessen Zerrüttung sich vor seinen Augen in rasendem Tempo vollendete. Und was tat er, um ihr, so weit überhaupt «och möglich, ein Halt zu gebieten? Er führte in Fabrik und Handwerk die Akkordarbeit wieder ein. vor der sonst jeder „revolutionäre" Arbeiter sich dreimal zu bekreuzigen pflegt. Er befahl zweiten- die Anstellung von Spezialisten für den Arbeits prozeh, also von Vorarbeitern, Meistern, technischen und kaufmännischen Betriebsleitern, die seine Leute vorher überall entweder davongejagt oder totgeschlagen hatten. Sie sollen durch Gehälter biS zu 100000 Rubel wieder für ihre alte Arbeit gewonnen werden — man denke, im kommunistischen Rußland, wo doch jetzt alles über einen Kamm geschoren werden muß! Und damit sie auch im stande find, die Produktion wieder in Gang zu bringen, wird daS berüchtigte Taylorsystem in den Fabriken ein geführt, eine Erfindung höchstgesteigerten amerikanischen ErwerbSgeisteS, dessen Sinn darin besteht, die Arbeitskraft .jedes einzelnen Mannes bis zum äußersten anzufpannen und auszunutzen, um dm Produktionsprozeß soweit wie nur irgend möglich zu verbilligen. Ein wahrer Triumph des Kapitalismus also, dessen Untergang die Jünger der Revolution an erster Stelle auf ihre Fahne ge schrieben haben. DaS sind Zugeständnisse an die Arbeitsmethoden der zerstörten bürgerlichen Gesell schaft, wie sie weitgehender nicht gedacht werden können. Aber was hilft's? Hat doch auch der leidenschaft liche Trotzki es direkt aussprechen müssen, daß die besten Vertreter der Arbeiterklasse, wenn sie die nötigen techni schen Kenntnisse nicht besitzen, nicht einm einzigen aus gebildeten Fachmann ersetzen können. Auf das dringendste emvstehlt er Selbstbeschränkung der Arbeiterklasse auf Kosten ihrer „kameradschaftlichen Initiative", die geneigt sei, nur noch gewählte Vertrauensmänner zuzulafsen, während doch die freie Tätigkeit verantwortlicher Fach männer, die nicht durch unsachliche Kontrollinstanzen in ihrem Schaffen gehemmt seien, gar nicht entbehrt werden könne. Hier wird also den Fabrik- und Betriebsräten von ihrem ureigensten Erfinder das Todesurteil gesprochen: sie sind der Tod der Initiative des allein zuständigen Fachmannes. Genau so absprechend lautet Trotzkis Urteil über die Soldatenräte. Auch seine rote Armee muß, das hat er langst eingesehen, ohne Heranziehung militärischer Spezialisten ein totes Instrument bleiben — also gibt er sich die größte Mühe, die früheren Offiziere und Generale für seine Arbeit zu gewinnen. Er hat sich zu der Er kenntnis durchgerungen, daß auf dem Kommandogebiet, in allen Operations- und Kampffragm die volle und aus schließliche Verantwortung den Offizieren zustehen muß, und daß ihnen deshalb die notwendigen Rechte ohne jede Einschränkung zu gewähren find. DaS Wahlprinzip, also das System der Soldatenräte, erklärt er unter der jetzigen Herrschaft für politisch zwecklos und für technisch unzweck mäßig — und deshalb hat er es kurzerhand durch ein Dekret anfgehoben. Das Gespenst der Gegenrevolution hat ihn auf der Umkehr von einem als Irrweg erkannten System nicht aufhalten können; er ist eben ein Mann der Tat, nicht des Wortes. Und mit Recht fragt der Vor wärts: „Müssen wir in Deutschland notwendigerweise erst alle Fehler, die in Rußland schon überwunden werden, machen? Müssen wir durch alle Irrungen und Wirrungen deS vollständigen Zusammenbruchs hindurchgehen, um endlich eines Tages auch zu erkennen, wie Trotzki und Lenin erkannt haben, daß wir mit den Übertreibungen des RätesystemS auf einen falschem Weg waren?" Müssen wir? DaS ist die Frage. ES scheint fast so, daß wir müssen. Jetzt beherrscht es die Köpfe unserer Arbeiter, und niemand hört mehr auf Warnungen, selbst wenn sie aus noch so berufenem Munde kommen. poliiifche Rundschau. Deutsches Reich. * Ein neue- Arbehtsrecht ist bei den Regierungsstellen in Ausarbeitung. Es ist beabsichtigt, nicht nur das ganze Gebiet des Arbeitervertragsrechts unter Beachtung der Sonderart der einzelnen Arbeitnehmergruppen einheitlich zusammenzufassen, sondern auch das Koalitionsrecht, das Recht der Berufsvereine und das Tarifoertragsrecht gesetz lich zu regeln. Dabei soll überlebtes ausgeschaltet und dem heutigen „Sozialbedürfnisse" Rechnung getragen werden. Schon in naher Zeit wirb außerdem ein Gesetz entwurf. vorgelegt werden, durch den für die gesamte Arbeitsoerfafluna ein klarer und zweckmäßiger Aufbau ge schaffen werden soll. Gedacht wird ferner an die Ein führung einheitlicher Arbeitsgerichte für alle Gruppen der Arbeiter und Angestellten, doch bedarf diese Frage noch näherer Prüfung, zumal dadurch in den Bestand der ordentlichen Gerichte und deren Aufgaben eingegriffeu werden würde. * Hindenburg über die Vorgänge vom S. November. Generalfeldmarschall Hindenburg erläßt folgende Er klärung: „Die Freiheit hat eine Denkschrift deS Generals Graf Schulenburg über die Vorgänge am v. November in Spaa veröffentlicht. Die darin gegebene Darstellung ist einseitig tendenziös gefärbt und nicht durchweg objeMv zutreffend. Sie enthält sehr wesentliche Irrtümer und Unrichtigkeiten in bezug auf die Anschauungen und Äuße rungen der beteiligten Persönlichkeiten und beweist, daß der General über die tatsächliche Lage nicht genügend unterrichtet war. Weder ich noch der Erste General- yuartiermeister beabsichtigen, in eine in der gegenwärtigen Zeit höchst unerwünschte Zeitungspolemik einzutreten. Die Ereignisse deS Herbstes 1S18 find nämlich in Berichten der Obersten Heeresleitung niedergelegt; alle irgendwie beteiligten Persönlichkeiten haben Originalberichte auf gestellt, damit späterer Legendenbildung vorgebeugt wird." 4- Reichsregierung «uv Rätekougreft. Auf dem Räte- kongreß in Berlin wird die Reichsregierung durch die drei zuständigen Ressortminister, den Reichsarbeitsminister Bauer, den Minister deS ReichswirtschaftsamtS Wissell und den Minister des Reichsernährungsamts Robert Schmidt vertreten sein. 4- Arbeit oder Hungersnot! Wie von zuständiger Regierungsseite mitgeteilt wird, reichen die in Deutschland vorhandenen Zahlungsmittel aus, um die erste Lieferung ausländischer Lebensmittel, das heißt MO 000 Tonnen Ge treide und 70000 Tonnen Fett zu bezahlen. Die Be zahlung der laufenden Lieferungen von monatlich 870 000 Tonnen Nahrungsmittel ist von der Zunahme der PrÄuMon, vor allem der Kohlenförderung, abhängig. Andere Zahlungsmittel für diesen Zweck bereitzustelleu, ist nicht möglich. » Verhaftung dentschuattoualer Führer tu Saar- -Lücke«. Die Franzosen haben in Saarbrücken die Vor standsmitglieder der deutschnationalen Partei, den Direktor deS Refounrealgymuafiums Dr. Kneuper, den Oberle'rer Dr. Cauer, den Stadtgeometer Herzberg und den Vor steher der ArbeitSloseustätte Schrinner in Haft genommen. Teils werden ihnen „royalistische Umtriebe", teils sogar „Verbindungen mit den Bolschewisten" vorgeroorfen. Beides ist natürlich völlig unbegründet. 4- Verschleppung deutscher Kriegsgefangener nach Polen. Polnische Blätter melden, daß gemäß der Militär- konoention Polens mit der Entente die deutschen Kriegs gefangenen, die sich in rumänischen Händen befinden, nach Polen gebracht werden sollen, um dort Kasernen für die neu zu organisierende polnische Armee zu bauen. Die Polen wollen ihre eigenen Arbeitskräfte für „produktivere" Arbeiten verwenden. Es handelt sich um 10 000 Kriegs gefangene. SranlreiL. X Die Streikbewegung nimmt auch in Frankreich weiter zu. So wird jetzt gemeldet, daß große Streiks in Marseille, besonders auf den Docks, unter den Metall arbeitern und im Bauwesen ausgebrochen sind. Die Ver mittlung der Regierung ist ge cheitert. Die Eisenbahner gaben der Regierung eine Frist bis zum 1. Mai, zum Zwecke der Sozialisierung aller Linien, inbegriffen der Algeriens und von Tunis. Im Falle der Ablehnung er- folge ein gemeinsamer Streik, solidarisch mit den übrigen Syndikaten. Ukraine. x Schwere Kampfe um Odessa. Die russischen und ukrainischen Bolschewisten greifen das von den Alliierten gehaltene Odessa mit starken Kräften, etwa 500000 Mann, an und beschießen die Stadt mit schwerem Geschütz. Die Alliierten werden Odessa voraussichtlich räumen und sich hinter den Dnjepr zurückziehen. Sebastopol und die Krim sollen dann als Operationsbasis dienen. Aus Lu- und Ausland. Kolberg. In Schievelbein fand ein Vrotestumzug statt. Der Gutsbesitzer Karbe wurde bei dem Versuch, mit 70 bewaffneten Dorfleuten den Umzug zu verhindern, er stochen. Landrat von der Goltz hat sein Amt nieoergelegt. Amsterdam. Dem „Allgemeen Handelsblad" zufolge hat die Ausfuhr von Kartoffeln aus Holland nach Deutsch land noch nicht begonnen. Schwierigkeiten finanzieller Art spielen in den Verhandlungen hierüber eine wichtige Rolle. Oie letzte große Machtprobe. Eine Warnung der Regierung in zwölfter Stunde. Berlin, 7. April. Die Reichsregierung veröffentlicht folgende warnende Kundgebung: Die Anzeichen mehren sich, daß die Woche deS Rate- kongreffeS von den Spartakisten «nd dem ihnen nahe stehenden linken Flügel der Unabhängigen zn einer letzten großen Machtprobe mißbraucht werden soll. Die Genannten sehen in den freiwilligen Korps mit Recht daS Hindernis des Umsturzes «ud der Anarchie. Da sie ihnen nicht anders beizukomme« vermöge«, versuchen sie, den einzelnen, der sich anwerben läßt, abznschrecken. Weiter heißt eS in der Kundgebung: Die Regierungs truppen haben in den schlimmsten Tagen die Republik vor der Zerstörung bewahrt. Die Reichsregierung wird ihnen das nie vergessen. Abgesehen von allen streng zu ver urteilenden und zu bestrafenden Ausschreitungen, gebührt ihnen Dank und Schutz. Beides soll ihnen werden. Der Reichswehrminister hat die Photographien der von Spartakisten niedergemetzelten und verstümmelten Re gierungssoldaten nach beglaubigten Aufnahmen der Arzte jetzt veröffentlichen lassen. Die Unabhängigen haben von Druckerei zu Druckerei versucht, die Herstellung des ihnen so unangenehmen Dokumentenbeweises zu verhindern. Es ist nicht gelungen, und die Bilder geben nun die von Noske versprochene Antwort auf die Behauptungen Haases in der Nationalversammlung, Ausschreitungen gegen Re gierungssoldaten seien gar nicht vorgekommen. Die Wühlarbeit der „Freiheit". Inzwischen führt die „Freiheit", — sagt die Regierungs erklärung, — die allen anderen Blättern Unwahrhaftigkeit vorwirft, ihren Kampf mit den unerhörtesten Lügen weiter. Die Sonntagsausgabe vom 6. April veröffentlicht eine angebliche Ansprache des MajorS von Stockhausen in Berlin, die u. a. den Satz enthält: „Für uns find diese Unruhen das Beste, was es geben kann". Die Rede würde, soweit die Überschrift, unter der die „Freiheit" sie bringt, „Ein neuer Anschlag der Kaisertreuen", rechtfertigen — wenn sie gehalten worden wäre. Diese ganze An sprache von Stockhausen ist vom ersten bis zum letzten Wort erfunden, ebenso wie die Zusammenkunft der „ihm unterstellten Formationen". Wir wissen nicht, was aus der geheimen Agitation zu einem Generalstreik am 8. April erwächst. Eines sei aber heute schon festgestellt: Die „Freiheit", das Berliner Organ der Unabhängigen, trägt den Hauptteil aller Schuld, wenn wieder Arbeiter, durch Lügen verhetzt, zu den Waffen greifen und aufs neue Blut fließt. Keine Massenhaftbefehle. Die agitatorisch verbreitete Behauptung, es seien gegen kommunistische und unabhängige Arbeiterräte sowie gegen die Mitglieder der kommunistischen Partei in Groß berlin bereits mehr als 200 Haftbefehle erlassen, ent spricht nicht den Tatsachen. Es versteht sich indessen — so wird halbamtlich gemeldet — von selbst, daß Verbrecher auch dann verhaftet werden, wenn sie einer der genannten politischen Gruppierungen angehören. MMärrevotte in Magdeburg. Minister Landsberg und General v. Kleist in Haft. Magdeburg, 7. April. Mitglieder deS hiesigen WachregtmeutS habe« hier de« Reichsjustizminister Landsberg, den kommandierenden General v. Meist «nd de« GeneralstabShanptman« v. Schrick» ltng «lS Geiseln für den verhafteten Führer der Unab hängigen, Brandes, nnd die beiden Mitglieder des ZentralfoldatenrateS Kegel «nd Felkel festgenommen. Die Geiseln wurden unter starker Bedeckung nach der Kaserne RaoenSberg gebracht. Auch die Festnahme anderer in der politischen Bewegung stehender Männer auS der Sozialdemokratie und der bürgerlichen Parteien ist geplant. Verhaftung de- Rädelsführer- Brande-. über die Revolte in Magdeburg und die Gegenmaß nahmen der Regierung, die wiederlvn obige Gewalttat auSgelöst haben, gibt die Berliner Regierung folgende Darstebümg: Wegen d«S Versuchs, eine Militärreoolte in Magde burg und Umgebung und in anderen Garnisonen herbei- zMhren, find in Magdeburg mehrere Verhaftungen vor genommen worden. Der Hauptschuldigste von den in Haft Genommenen ist der frühere ReichstagSabgeorbnete Brande-, der Mitglied der U. S. P. D. war. Der Berliner Vollzugsrat, dem von Magdeburg aus diese Verhaftung gemeldet worden ist, hat beim ReichSwehr- minister interveniert und ihm mitgeteilt, die Magdeburger Arbeiter hätten erklärt, sie würden so lange streiken, bis Brandes wieder freigelassen wird. Darauf ist der Bescheid erteilt worden, daß Brandes unter allen Umständen der Prozeß für die Straftaten gemacht werde, deren er schuldig sei. Eine Freilassung käme nicht in Betracht. Von dem gesunden Sinn der Magdeburger Arbeiterschaft der sich so oft bewährt hat, erwarte die Regierung, daß sie sich nicht zu einem Streik mißbrauchen lasse zugunsten eine- Marines, der mit einer unglaublich frivolen Leicht fertigkeit den Versuch gemacht hat, das Land in einen neuen schweren Bürgerkrieg zu stürzen. Forderungen der streikenden Bergarbeiter. UitimatumSsrist bis 9. April. Die Delegiertenkonferenz der revolutionären Berg arbeiter in Essen, beschickt mit 540 Delegierten der Beleg schaften von 207 Schachtanlagen, hat folgende Beschlüsse gefaßt: 1. (mit allen gegen drei Stimmen angenommen). Die Konferenz spricht den alten Verbänden das Recht ab. im Namen der revolutionären Bergarbeiter zu sprechen und zu verbandeln. Sie gibt die Verbandlungsoollmacht allein dem Zentral-Zeckenrat (Neunerkommission) und ersucht alle, die glauben, über den Konflikt einerseits zwischen den Berg arbeitern und den Zechenbesitzern, andererseits zwischen den Bergarbeitern und der kapitalistischen „Regierung" ver bandeln zu müssen, sich an den Zentral-Zechenrat zu wenden. Leitung und Organisierung des Streiks liegen auch weiter in den Händen der Zentral-Streikleitung in Essen. 2. (ein stimmig). Die revolutionären Bergarbeiter des Ruhrreviers fordern die revolutionären Bergarbeiter Mitteldeutschlands und Schlesiens auf. sich mit den streikenden Bergarbeitern des Ruhrreviers solidarisch zu erklären. 3. (einstimmig). Die Konferenz beschließt, falls bis Mittwoch, 9. April, mittags 12 Uhr, die Forderungen der Bergarbeiter nicht restlos be willigt sind, die Notstandsarbeiten nicht mehr aus zuführen. 4. (einstimmig). Die Konferenz spricht denen, die sich für die Regierungstruppen haben anwerben lassen, ihre tiefste Verachtung aus und beschließt, dafür Sorge zu tragen, daß dieselben künftig auf keinem Werke angestellt werden. Sie sollen gemieden werden wie die Pest. Von anderer Seite wird gemeldet, die Konferenz in Essen sei durchaus willkürlich zusammengesetzt gewesen und könne keinen Anspruch darauf erheben, als Vertretung der Bergarbeiter angesehen zu werden. Bei der Montag- Morgenschicht sei ein erhebliches Abflauen des Streiks erkennbar gewefen. Die Aussichten auf ein baldiges Ende des Ausstandes könne als günstig bezeichnet werden. Eine in Bielefeld tagende Bergarbeiterkonferenz aus ganz Deutschland, in der Mehrheitssozialisten, Unab hängige und Kommunisten anwesend waren, lehnte mit 71 gegen 5 Stimmen grundsätzlich den Sechsstundentag für die Bergarbeiter auf Grund internationaler Abmachungen ab. Für Deutschland feien gegenwärtig die durch seine Einführung entstehenden Schädigungen für die Allgemein heit zu groß. Das Garnisonkommando Düsseldorf hat das städtische Elektrizitätswerk militärisch besetzen und wieder in Betrieb setzen lassen. Die Straßenbahn in Düsseldorf war seit Sonntag stillgelegt. Arbeitsaufnahme bei Krupp. Eine von den christlich-sozialen Arbeitern der Firma Krupp im Katholischen Vereinshause Sonntag abgehaltene stark besuchte Versammlung erhob scharfen Protest gegen den auf den Kruppschen Werken verkündeten Generalstreik und beschloß, Montag früh geschlossen zur Arbeit wieder zu erscheinen und allen terroristischen Versuchen, die Arbeitswilligen gewaltsam von der Arbeit fern zu halten, mit stärkstem Nachdruck entgegenzutreten. * Spartakistenunruhen in Mülheim (Ruhr). Trotz des verschärften Belagerungszustandes hatten die Spartakisten eine Versammlung anberaumt, die von den Regierungstruppen aufgehoben wurde. Die Truppen wurden mit Handgranaten empfangen, wodurch zwei Sol daten getötet und zwei schwer verletzt wurden. Zwei Arbeiter wurden erschossen. In den Straßen wurden die Truppen mehrfach von den Spartakisten angegriffen, wobei es zu regelrechten Feuergefechten kam. Die Regierungstruppen erhielten Verstärkung durch Ulanen. Etwa 200 Spartakisten wurden gefangen. * Der Streik in Stuttgart beendet. Der Generalstreik ist beendet. Die Regierung be herrscht die Lage. Die Hauptbetriebe Bosch und Daimler begannen Montag wieder mit der Arbeit, und nur die städtischen Gasarbeiter scheinen eS darauf ankommen lassen zu wollen, ob die Stadtverwaltung ihre Drohung wahr macht, daß sie diejenigen städtischen Arbeiter, die ihre Arbeit nicht wieder ausgenommen haben, als ent lassen betrachte. Post und Eisenbahn sind wieder in Be trieb. Die Streikleitung, in Stuttgart sowohl wie auch in den Jndustrieorten um Stuttgart herum, ist, wie die Staatsregierung mitteilt, zum größten Teil verhaftet. Friedensvertrag in sechs Abschnitten. Einladung der deutschen Vertreter zum 20. April. Paris, 7. April. Man hofft, den Friedensvertrag noch tn der laufenden Woche fertigftellen zu können. Die Einladung an die deutschen Delegierten soll bis spätestens 20. April erfolgen, von welchem Zeitpunkt ab die direkte» Verhandlungen mit Deutschland geführt werden. Der Vertrag, der Deutschland vorgelegt werden soll, zerfällt in sechs Abschnitte in folgender Reihenfolge: Heer, Schadenersatz, Grenzen, Wirtschaftliches, Finanzielles und Völkerbund. Die Abteilung Heer zerfällt in Land armee, Flotte und Luftstreitkräfte. Deutschland wird be sondere Bestimmungen über die Arbeiterfragen, Wasser wege und Schuldfragen zu unterzeichnen haben. Graf Rantzau über Bündnispolitik. Alle Bündnisse sind aggressiv! Der Reichsminister deS Äußeren Graf Brockdorff- Rantzau hat sich einem Pressevertreter gegenüber eingehend über die Frage geäußert, ob sich Deutschland auch für die Zukunft wieder nach Bundesgenossen umsehen müsse. Der Minister komnrt dabei zu folgendem Ergebnis: „Die Bündnispolitik, die daS hervorragende Charakteristi kum der internationalen Beziehungen in der letzten Geschichts- veriode bildet, hat immer wieder zu Kriegen und bewaffneten Konflikten geführt. Ick gehöre nickt zu denen, die auS natur-
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