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Naunhofer Nachrichten 25. Jahrgang. Sonntag, den 25. Oktober 1914. Nr. 127. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens. Mit eiirer vierseM««, SlnkünbiANNge«: Für Inserenten der Amt-Hauptmann« schäft Grimma 12 Pfg. die fünfge spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 15 Pfg- Bei Wiederholungen Rabatt. Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Verlag rmd Druck: Gü«z Sr Eule, Narmhof. Redaktion: WllVMr VANA, WUONWUßk Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger i Mk. 1.20 vierteljährlich, i Frei inS HauS durch die Post t Mk. 130 vierteljährlich. ) Großes Hauptquartier, 24. Okt. vorm. (Amtlich.) Die Kämpfe am Vser-Vpres-Kanal-Abschnitt sind außerordentlich hartnäckig. Im Norden gelang es uns, mit erheblichen Kräften den Kanal zu überschreiten. Oestlich Mres u. südwestlich Lille drangen unsere Trup pen in heftigen Kämpfen langsam weiter vor. Ostende wurde gestern in völlig zweckloser Weise von englischen Schiffen beschossen. Im Ärgonner- wald kamen unsere Truppen ebenfalls vorwärts. Es wurden mehrere Maschinengewehre erbeutet und eine Anzahl Gefangene gemacht. Zwei französische Flugzeuge wurden herunter geschossen. Nordwestlich Toul bei Flirey lehnten die Franzosen eine ihm von uns zur Bestattung ihrer in großer Iaht vor der Front liegenden Toten und auch zur Bergung ihrer Verwundeten angebotene Waffenruhe ab. — Westlich Augustow erneuerten die Russen ihre Angriffe, die sämtlich abgeschlagen wurden. (W. T. B.) Amtliches Sitzungsbericht. In der gestrigen 23. diesjährigen Sitzung ist folgendes beraten und beschlossen worden. 1. Die Gesuche der Herren Tischlermeister Naundorf um Genehmigung zum Neubau eines Wohnhauses auf dem Grund stück Bahnhofstraße 21 und des Herrn Kaufmann Reifegerste um Genehmigung zum Einbau einer Badestube im Grundstück Breite Straße 1 wurden bedingungsweise und die von der Stadtgemeinde beabsichtigte Errichtung eines Maschinenhauses für die Kläranlage auf dem Flurstück 387 bedingungslos be fürwortet. 2. Zufolge des Aufrufs zur Unterstützung der Kriegsnot- leidenden in Elsaß-Lothringen wurde ein Beitrag von 100 Mark aus der Stadtkaffe bewilligt. 3. Verschiedene städtische Grundstücke mit Ausnahme der Kläranlagengrundstücke sollen zur Verpachtung ausgeschrieben werden. 4. Von der Eingabe des Herrn Schriftstellers Achilles wurde Kenntnis genommen. Die Sicherheit für die Schleuse in der Lenaustraße kann nunmehr unter Zurückbehaltung eines Teilbetrags für den von der Stadtgemeinde hergestellten Schleusen teil freigegeben werden. 5. Es soll bis auf weiteres ein dritter Hilfsschutzmann eingestellt werden. 6. Von dem Gutachten des hygienischen Instituts in Leipzig vom 6. ds. Mts. über am 30. v. Mts. entnommene LeitungSwafferproben, wonach die Zusammensetzung des Wassers als durchaus einwandfrei und der Bleigehalt weit unter den zulässigen Grenzen bezeichnet wird, wurde Kenntnis genommen. 7. Gegen die Anbringung eines Ankers für die elektrische Leitung auf einem städtischen Grundstück in der Leipziger Straße bestehen keine Bedenken, wenn der Anker möglichst weit zurück versetzt wird. 8. Von dem Abschluß des Vertrags über den Bau der Kläranlage mit der Kremergesellschaft in Berlin und dem erfolgten Baubeginn wurde Kenntnis genommen. 9. Der vom Rat der Stadt Leipzig vorgelegte Ver tragsentwurf über die künftige Wafferlieferung wurde beraten, besprochen und durch verschiedene vom Stadtgemeinderat geltend gemachte Wünsche ergänzt. Zur mündlichen Verhand lung mit dem Rat der Stadt Leipzig sollen der Bürgermeister und die Herren Stadtrat Dr. Richter und Stadtverordneter Herfurth abgeordnet werden. 10. Den Beschlüssen der Bauausschuffes vom 8. d. M. stimmte man zu. Die Umdeckung des Budenschuppens hat durch Herrn Wachter zu erfolgen. Für die Pflasterung des Stalles im Grundstück Lange Straße 58 können die gewünschten Ziegelsteine abgegeben werden. Das Holz vom Abbruch des Hauses Lange Straße 17 soll nach Beschluß des Bauaus schuffes verteilt werden. 11. Auf die Verfügung der Königlichen AmtShauptmann- schaft wegen Unterhaltung des Brandiser Weges als Wirtschafts weg soll mitgeteilt werden, daß nach der Meinung des Stadt gemein deralS die Unterhaltspflicht den Eigentümern der anliegenden Grundstücke, namentlich dem anliegenden Staats fiskus obliegt. 12. Die vom Rat der Stadt Leipzig gewünschte Instand setzung des Parthenbettes bei der Kreuzung durch das Leipziger WafferleitungSrohr wurde abgelehnt. 13. Von der Verfügung der Königlichen AmtShauptmann- schaft, wonach die hiesigen Krankenstuben als Räume bezeichnet werben, die im Bedarfsfälle zur Krankenabsonderung verwendet werden können, wurde Kenntnis genommen. Hierauf geheime Sitzung. Naunhof, am 24. Oktober 1914. Der Gtadtgemeinderat. Elektrische Leitung. Montag, den 2«. Oktober d. Js. von vormittags S Uhr ab soll die Fernleitung Naunhof GrdmannShain unter Spannung gesetzt werden. Für Unfälle, die durch fahrlässiges Berühren der Leitungen und ihrer Zubehörteile nach dem obigen Zellpunkte entstehen sollten, lehnen bis Landkraftwerke jede Ver antwortung ab. Es wird dies ausdrücklich bekannt gemacht und zur genauen Beachtung empfohlen. Naunhof, am 24. Oktober 1914. Der Bürgermeister. Polizeiliches Meldewesen. Die infolge der Mobilmachung zum Heeresdienst einberufenen Personen sind, soweit dies noch nicht ge schehen ist, im hiesigen Rathause — MeldeamtSzimmer — un gesäumt polizeilich abzumelden. Bei Nichtbeachtung dieser Anordnung muß nunmehr Be strafung erfolgen. Naunhof, am 22. Oktober 1911. Der Bürgermeister. Haus listen. Die rückständigen Hauslisten sind nunmehr spätestens bis zum 26. ds. Mts. bei der hiesigen Stadtsteuereinnahme ein zureichen. Nach Ablaus dieser Frist wird gegen Säumige mit Strafe vorgegangen werden. Naunhof, am 23. Oktober 1914. Der Bürgermeister. Vereinsbank Oaunbof m Oaunbof. Einlagen auf Sparbücher: T8gl. Verzinsung mit 4° von 1000 Mk. an bei ' , jähriger Kündigung mit 4' / Credilgewährung. Diskontierung und Einziehung von Wechseln und Checks. Fernsprecher 44. GeschSstszelt: 10—1 Uhr. Postscheck-Leni» 10782 Leipzig. Omkckwung in Amerika. Die eiserne Notwendigkeit, der Zwang der Tatsachen ist stärker als gutes Zureden. Als die Engländer zu Anfang des Krieges die Kabel kappten und nur ihre eigenen Lügenmeldungen ins Ausland schickten, regte sich bei uns auch die Abwehr. Wir wollten nicht im Auslände die Ansicht aufkommen lassen, als seien wir schon verloren und es herrsche Revolution in Berlin; wir wollten auch später nicht dulden, als seien wir Mordbrenner und Barbaren. Viel Mühe haben wir uns um Amerika gegeben, viel auch um Italien. Es soll dankbar anerkannt werden, was die Herren Dernburg in Amerika, Biörnson in Skandinavien, viele andere in Italien, Spanien usw. versuchten. Viel haben wir uns davon nicht versprochen, viel ist auch nicht damit erreicht worden. Trotz der eng lischen Lügenberichte glaubt der Emir von Afghanistan, glauben indische Völker, glauben die Chinesen an die deutschen Siege, trotz unserer Bemühungen ging die Hetze in Italien, sogar in der Schweiz bis in die jüngste Zeit. Es spielen da andere Kräfte mit. Wer uns wohl will, und noch mehr, wer seinen eigenen Vorteil dabei findet, der hat freundliche Gefühle für uns; vor allem aber ent deckt plötzlich unerwartet sein deutschfreundliches Herz der jenige, der muß! Noch vor kurzem hat der Präsident der großen Harvard-Universität in Amerika, Elliot, einer der an gesehensten Männer des Landes, öffentlich auseinander gesetzt, daß Dankbarkeit, Interessengemeinschaft und Sorge für die Zukunft eigentlich Amerika sehr deutschfreundlich stimmen sollten, daß aber trotz alledem das ganze Gewicht der öffentlichen Meinung Amerikas auf feiten des Drei verbandes stehe! Er hofft von der Zukunft, von der Zeit nach dem Kriege, Besserung. Damit ist uns freilich wenig geholfen. Wir wissen längst, daß die „gelbe Presse" Amerikas seit lange gegen Deutschland wühlt. Der Kubakrieg, an dem wir gänzlich unbeteiligt waren, sollte deü Anlaß geben, weil wir da mals mit unseren Gefühlen auf der spanischen Seite ge standen hätten. Das traf für die Masse des deutschen Volkes durchaus nicht zu, aber es fand in den erhitzten Köpfen Glauben und wurde immer wieder gegen Deutsch land ausgespielt. Kaiser Wilhelm bat sich zur Roosevelt- Sternberg-Zeit sehr um die öffentliche Meinung Amerikas bemüht. Wir sehen, daß der Erfolg ausblieb. Was aber all das Liebeswerben nicht bewirkte, das zeitigte mit einem Schlage die brutale Tatsache, daß Zapan die Karolinen-, Marianen- und Palau-Inseln weg nahm und Tsingtau angriff. Da sah man in Washington besorgt nach den Philippinen, schickte die Flotte hinüber, erklärte aller Welt, daß der Panamakanal leistungsfähig sei — und fand Verständnis für Deutschland. Übergriffe Englands taten das Weitere. Die Klagen über Störung des amerikanischen Handels durch die Eng länder, über Durchsuchungen und Beschlagnahme von Schiffen mehrten sich. Jetzt spricht man schon von einem bevorstehenden „heftigen Protest". Ein englischer Kreuzer- Hat den Standard-Oil-Dampfer „Brindilla" beschlagnahmt; damit ist der große Rockefeller-Trust in Mitleidenschaft gezogen. Das zieht. Die „Washington Post", die New- yorker Zeitung „American" setzen auseinander, daß man keiner Nation das Recht gestatten dürfe, den amerikanischen Handel mit neutralen Staaten zu belästigen. Vermutlich findet sich Ähnliches auch in andern Blättern, denn die Londoner „Times" nimmt die Sache auffallend ernst. Sicherlich haben auf die Engländer auch die Meldungen aus Peking eingewirkt: es herrscht jetzt ein lebhafter Ver- reyr und Meinungsaustausch zwischen dem Auswärtigen Amt in Peking und der amerikanischen Botschaft! Wenn sich also ein Umschwung in der Stimmung Amerikas anbahnt, soll es unS recht sein. Aber wir be trachten daS mit Recht etwas kühl aus der Entfernung. Ebenso kühl, wie die Amerikaner unserem Werben um ihre gute Meinung gegenübergestanden haben, bis ihm daS Wasser selbst an die Kehle stieg, ebenso fühlen wir jetzt gegenüber der amerikanischen Sorge. Ob die Amerikaner die Philippinen behalten oder nicht, diese Not ist eine amerikanische, nicht eine deutsche. Vorteil haben wir erst dann, wenn Amerika daraus tätlich Folgerungen zieht. Uns ziemt es, den Ländern gegenüber, die gütliches Zu reden nicht verstanden, mit unserer Freundschaft zurück- zubalten und die Wucht der Ereignisse sprechen zu lassen. Was wir davon haben, wenn wir uns zu leicht für andere begeistern, lehrt uns unter anderem Japan. Politische Kunälcbau. Veutlckbe» kriech. 4- Durch amtliche Ermittlungen ist die Nachricht be stätigt worden, daß eine Anzahl von in Marokko lebenden T cutschen in Casablanca wegen angeblicher Verschwörung gegen das französische Protektorat vor ein Kriegsgericht gestellt worden sind. Die Vertretung der deutschen Inter essen in Marokko nehmen die Vereinigten Staaten von Amerika in Italien wahr. Die amerikanischen und die italienischen Behörden treten nachdrücklich für unsere be drohten Landsleute ein. Die deutsche Regierung hat alle Schritte getan, um den Sachverhalt aufzuklären und den in französischer Gewalt befindlichen Deutschen jede irgendwie mögliche Unterstützung zukommen zu lassen. Die fran zösische Regierung ist davon in Kenntnis gefetzt worden, daß die deutsche Regierung für jedes widerrechtliche Vor gehen gegen die angeschuldigten Deutschen in der rück sichtslosesten Weife Rechenschaft fordern wird. Oer Krieg. Die blutigen Früchte auf den verschiedenen Kriegs schauplätzen reifen langsam. Die Eigenart deS modernen Feldbefestigungskampfes bringt es mit sich, daß sich Schlachten von einer bisher ganz ungeahnten Dauer ent- spinnen, deren Entwicklung man mit Geduld abwarten muß. Die neuesten Berichte über die Lage in Ost und West lasten wohl wiederum Fortschritte unserer Waffen erkennen, die Entscheidung aber kann noch im weiten Felde stehen. Wir sehen — so schreibt unser Berliner ^..Mit arbeiter —, daß der Feind sich auf seinem äußersten linken Flügel energisch zur Wehr setzt. Bei Dixmuiden südlich von Nieuport ebenso bei dem wichtigen Bahn- knotenpunkt Vpres (Npern) wurde er nach heftigen Kämpfen zurückgeworfen. Die Gefechte an der Küste bei Nieuport werden augenscheinlich durch die Mitwirkung der starken englischen Flottille schwerer, als mau anfänglich bei dem schnellen Rückzug der belgisch-englischen Armee-- trümmer annehmen durste. Immer wieder zeigt sich, daß der Feind einen sehr großen Wert auf die Stellungen bei Lille legt. Mit Hartnäckigkeit wiederholt er dort immer und immer neue Durchbruchsversuche. Jetzt aber scheint ihm die Kraft auSgegangen zu sein. Langsam muß er auf der ganzen Front in jener Gegend zurückweichen. Der Vorstoß aus der Festung Toul gegen die deutsche Stellung bei Tbiaucourt ist