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01-Ausgabe Naunhofer Nachrichten : 28.08.1914
- Titel
- 01-Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-08-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-19140828014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-1914082801
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-1914082801
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-08
- Tag 1914-08-28
-
Monat
1914-08
-
Jahr
1914
- Titel
- 01-Ausgabe Naunhofer Nachrichten : 28.08.1914
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München, 26. Aua. Der König ist heute früh im Sonderzug mit dem Ministerpräsidenten Grafen v. Hertling und dem Kriegsininister Generalobersten Freiherrn v. Kreß sowie den Herren seines Gefolges in das große Haupt« quartier abgereist. Aachen, 28. Aug. Unter den Gefangenen, die heute nacht den hiesigen Bahnhof passierten, befanden sich bereit belgische Artilleristen von den Forts um Namur, ferner Turkos, Zuaven und englische Kavalleristen. Wien, 26. Aug. Österreichische Beamte werden in diesen Tagen abreisen, um die Verwaltung der von den österreichisch« ungarischen Truppen besetzten Gebiete Russisch-Polens -u übernehmen. Petersburg, 26. Aug. Der Handelsminister bat durch Verfügung vom 17. August den deutschen Gesellschaften Deutscher Lloyd und Seeberufsgenofsenschaft den Betrieb in Rußland verboten. Adressierung der Feldpostsendungen. Die bei dem Leipziger Postamt 2 (Brandenburger Straße 2) eingerichtete Feldpostsammelstelle ist in zwei gewaltigen Sälen unter- gebracht. Bei ihr wird ein Personal von über 300 Beamten und Unterbeamten beschäftigt, um die ungeheuren Mengen von Feldpost- sendungen unsern braven Truppen im Feld mit möglichster Beschleu- mgung zuzuführen. Aber auch die anstrengendste und hingebendsle Arbeit des Personals ununterbrochen Tag und Nacht findet natürliche Grenzen, wenn die ohnehin gewaltige Arbeitslast bei der Post- sammelstelle dadurch einen kaum zu bewältigenden Umfang annimmt, da seitens des Publikums noch immer nicht die dringend erforderliche Sorgfalt auf die genaue und vorschriftsmäßige Adressierung der Feldpostsendungen verwendet wird. Und doch ist dies nur eine kleine Mühe, der sich jeder im Interesse der schnellen Zuführung von Nachrichten an seine Lieben im Feindesland gern unterziehen sollte und die, wenn jemand aus irgend einem Grunde die Adresse nicht selbst schreiben kann, gern und freudig von andern für ihn übernommen werden wird. Es lagern viele Tausende von Postsendungen, die zufolge ganz ungenügender Adresse nicht abgesandt werden können, die aber auch an den Absender nicht zurückgegeben werden können, weil dieser trotz aller Mahnungen sich nicht mit voller Adresse genannt hat. Bei der Post sind amtliche Formulare zu Feldpostkarten und Feldpostbriesumschlagen, aus denen sämtliche erforderlichen Angaben für dle Adresse vorgedruckt sind, zum billigen Preise von 5 Pfg. für je w Postkarten und 1 Pfy. für je zwei Briefumschläge erhältlich. Trotzdem benutzt das Publikum doch noch immer wieder Postkarten und Briesumschläge, die nicht alle sür die Adresse erforderlichen Angaben enthalten, oder es unterläßt aus Unkenntnis, die Adresse auf den amtlichen Formularen und Umschlägen genau dem Vordruck entsprechend vollständig auszufüllen. Außerdem wird auch noch immer von vielen Absendern auf den Feldpostsendungen ein Bestimmungsort auch dann angegeben, wenn die Empfänger mobilen Truppenteilen angehören, die infolge von Marschbewegungen ständig ihren Standort wechseln Anlaß hierzu mag häufig die Mitteilung eines Bestimmungsortes seitens der Angehörigen der Truppen selbst bieten, in dem sie sich bei der Absendung der Karten und Briefe nach der Keimat gerade aufgehalten hoben. Wenn aber diese Sendungen aus dem Felde in der Keimat ankommen, haben die Absender den von ihnen angegebenen Aufenthaltsort infolge der Aufmarschbewegungen usw längst wieder verlassen und dorthin adressierte Sendung n können ihnen naturgemäß erst mit erheblicher Verzögerung später oder garnicht zuaesührt werden. So lagern bei dem Postamt in Metz hunderttausende von Briessendungen, die nur die Bezeichnung: .Schlachtfeld bei Metz" oder .Westlicher Kriegs schauplatz bei Metz" tragen; alle andern Angaben über Armeekorps, Division, Regiment, Bataillon, Kompagnie usw. fehlen. Es leuchtet ohne weiteres ein, daß derartige Sendungen nicht unkergebracht werden können. Die Angabe eines Bestimmungsortes ist nur dann zulässig und zweckdienlich, wenn die Empfänger stabilen Truppenteilen (Besatzungstruppen usw.» d. h. solchen Truppenteilen angehören, die dauernd oder für längere Zeit einen festen Standort haben. Das Publikum kann in seinem eigensten Interesse nicht dringend genug gebeten werden, nach Kräften dazu beizutragen, die schnelle Zuführung der Feldpostsendunaen an die Truppen im Felde und die gewaltige Arbeitslast bet der Postsammelstelle durch genaueste Beach- tung der vorstehenden Ausführungen zu erleichtern. Privatpatent an die Truppen im Felbe sind vorläufig nicht zulässig SäckMcke uml kokale MttteUuoyso. Naunhof, 27. August ISl4. Merkblatt für den Lk. August. Sonnenaufgang 5" Mondaufgang 2" N. Sonnenuntergang 6°' !! Monduntergang 9^ N. 1645 Holländischer Gelehrter und Staatsmann Hugo Grotius gest. — 1749 Johann Wolfgang v. Goethe geb. — 1797 Philolog Karl Otfried Müller geb. — 1802 Dichter und Germanist Karl Simrock geb. — 1841 Schriftsteller Julius Stinke geb. — 1888 Rechtslehrer Georg Beseler gest. — 1907 Schriftsteller Wilhelm Holzamer gest. — 1910 Montenegro wird unter Fürst Nikita Königreich. — Italienischer Physiolog Paolo Mantegazza gest. o Unsere Feldpost wird von jetzt ab ihre Aufgabe schneller erledigen können. Der Generalquartterweister v. Stein er läßt folgende Be.kanntmachuna: .Dew Generalstab «eben zahlreiche Zuschriften zu, deren Verfasser sich über die ver spätete Zustellung der Felbpostfendungen an ihre im Felde stehenden Angehörigen oder von diesen nach der Heimat be klagen. Der Grund für diese verspätete Zusendung bestand in einschränkenden Maßnahmen der obersten Heeresleitung, die im Interesse der Verschleierung unserer Absichten un bedingt geboten waren. Das siegreiche Vorgehen auf unserer ganzen Front hat jetzt die Möglichkeit geschaffen, alle Be schränkungen fallen zu lassen. Die Feldpost wird von nun an mit der gleichen Regelmäßigkeit und Schnelligkeit arbeiten, die in früheren Feldzügen die allgemeine An erkennung gefunden haben." — Feldpostsendungen müssen einen entsprechenden Vermerk tragen. Gewöhnliche Briefe bis zu 60 Gramm Geivicht, Postkarten, Geldbriefe bis zu 60 Gramm und solche mit Wertangabe bis zu 160 Mark bleiben portofrei. Alle übrigen Sendungen haben Porto- Ermäßigung. Außer der Aufschrift .Feldpost" muß die Abreffe der Sendungen genau angeben Armeekorps, Division, Regiment, Bataillon, Kompagnie, Schwadron, Kolonne oder sonstigen Truppenteil, dem der Empfänger angehört. Wir gebe« hiermit bekannt, daß wir vorläufig für rechtzeitiges Erscheinen unserer Nachrichten nicht aufkommen können. Die Postzustelluug stockt, sodaß unser Zeitungsmaterial, welches wir aus der Haupt stadt beziehen, ausbleibt. 's- Nach wie vor braucht das Vaterland die Kräfte seiner alten gedienten Offiziere und Unteroffiziere. Sie werden hiermit nochmals zum Eintritt in die Ersatzformationen als Rekrutenausbildungspersonal aufgefordert. Solche, die sich noch für felddienstfähig halten, wie auch Freiwillige und Kriegs freiwillige gemäß 98 WO-, haben sich ebenfalls bei den Ersatz truppenteilen zu melden. Soweit die Einstellung dort nicht unmittelbar erfolgen kann, haben sie sich in die Listen des Bezirkskommandos aufnehmen zu lasten. Auch die nicht sofort Angenommenen haben ihre Einberufung in absehbarer Zeit zu erwarten. Mündliche oder schriftliche Gesuche an das Kriegs- mintsterium und Generalkommando sind jedoch zwecklos und er schweren nur das Geschäftsverfahren. — Nauuhof. Die Areiw. Sanitätskolonne Naunhof hat sofort nach der Mobilmachung eine Kriegslehrabteilung gewonnen und dieselbe ausgebildet. Die Prüfung derselben fand am Sonntag mit gutem Erfolg statt und es konnten zehn neue Kameraden in die Kolonne ausgenommen werden, sodaß sie für den jetzigen Kriegszustand allen Anforderungen, die an eine kleine Kolonne gestellt werden können, entsprechen kann. Außer den als aktive Soldaten eingetretenen Kameraden ist bis jetzt noch kein Mitglied zum Dienst im Etappengebiet ein berufen worden. — Raunhos. Wir verweisen mit besonderem Interesse auf einem in heutiger Nummer stehenden Artikel, überschrieben: „Adressierung der Feldpostsendungen" und bemerken da zu, denselben gewissenhaft durchzulesen und die Vorschriften ge nau zu beachten. Alle Sendungen von Briefen und Paketen an Angehörige im Felde sind wertlos, wenn die Vorschriften der Post nicht beachtet werden. — DieweißeArmbindemitdemrotenKreuz. Ueber die Befugnis zum Tragen der weißen Armbinde mit dem roten Kreuz herrscht im Publikum vielfach Unklarheit. Mancher hat in diesen Tagen, vielleicht in der besten Absicht, der edlen Sache des Roten Kreuzes irgendwie zu dienen, sich eine derartige Armbinde gekauft und sie öffentlich getragen, ohne hierzu berechtigt zu sein. Zur Aufklärung sei daher folgendes mitgeteilt: Außer den zum Tragen des NeutralitätS- zeickens berechtigten, ins Feld gerückten Militärpersonen und den im Dienste der Armee freiwilligen Krankenpflegerinnen haben nur folgende Zivilpersonen Berechtigung zum Tragen dieser Armbinde: 1. die Mitglieder der freiwilligen SanitätS- kolonne und der Genostenschaft freiwilliger Krankenpfleger, wenn sie Uniform oder mindestens die Uniformmütze tragen, das Kreuz auf deren Binde trägt den Umdruck: „Landesverein vom Roten Kreuz im Königreich Sachsen"; 2. die im Dienst befindlichen Mitglieder des AlbertvereinS; deren Armbinde trägt außer dem Kreuz den Stempel des AlbertvereinS; 3. eine Gruppe Herren, die eine vom Kaiserlichen Kommissar und Militärinspekteur für freiwillige Krankenpflege ausgestellte, auf ihren Namen lautende blaue Auswetskarte führen; deren Arm binde trägt neben dem Kreuz den Stempel des genannten Kaiserlichen Kommissars. Armbinden mit dem Kreuz, aber ohne einen der vorbezeichneten Stempel ist niemand zu tragen be rechtigt. -f- Das Reichsbankdirektorium hat auf Grunbeines besonderen Abkommens mit dem Königl. Sächs. Finanzministerium die Reichsbankanstalten ermächtigt, ordnungsmäßig ausgestellte Anerkenntnisse über au-gehobene Pferde, Fahrzeuge, Ge- schirre, (nicht Automobile) anzukaufen. Die Zinsberechnung findet zu 6 Proz. (Mindestzinsen: 5 Tage) statt; als Fällig keitstag gilt der 21. Tag nach dem Tage der Ausstellung. Die in den Scheinen bezeichneten Forderungsberechtigten, welche sich ausweisen müssen, haben eine schriftliche Erklärung folgenden > Inhalts abzugeben: „Ich versichere hierdurch an Eidesstatt, daß die Pferde, Fahrzeuge und Geschirre, über deren Aushebung das beiliegende Anerkenntnis lautet, zur Zeit der Aushebung mein freies Eigen tum waren, daß ich bis jetzt über die in dem Anerkenntnis verbriefte Forderung durch Abtretung oder Verpfändung noch nicht verfügt habe, und daß meines Mistens eine Pfändung dieser Forderung bisher nicht ausgebracht ist." *— Die Jagd in Sachsen. Die amtliche „Leipz. Ztg." schreibt: „Es ist mit Befriedigung wahrzunehmen ge wesen, daß die Mahnung an die Bevölkerung, in der gegen wärtigen schweren Zeit Tanzvergnügungen zu unterlasten, auf gutem Boden gefallen ist. Insbesondere hat auch der Dresdner Saalinhaber-Verband sich freiwillig zu dem Opfer verstanden und bis auf weiteres auf die Veranstaltung von Tanzver gnügungen verzichtet. Ebenso wird man erwarten dürfen, daß die Jagd, soweit sie in der Gestalt von Treibjagden als geräusch volles Vergnügen auftritt, jedenfalls für die nächste Zeit unter bleibt. Anders steht es mit dem Abschuß von Wild, der zum Schutze der Fluren erforderlich ist und zur Beschaffung von Fletschnahrung nicht unwesentlich beitragen kann. Dies gilt gegenwärtig namentlich von dem Abschuß der wilden Kaninchen, die vielfach ein recht beliebtes Volksnahrungsmittel geworden sind, außerdem von der Jagd auf Hochwild und Rehböcke. Vor allem wird aber auch die am 1. September aufgehende Rebhühnerjagd in Betracht kommen. Das hierdurch gewonnene Wildbret wird gerade auch als Lazaretlkost zur Erquickung unserer verwundeten Krieger sehr willkommen sein. Sicherem Vernehmen nach hat deshalb Se. Majestät der König bestimmt, daß ein erheblicher Teil der auf seinen Revieren geschossenen Rebhühner an die Lazarette abgeliefert werden soll. — Beucha. Am nächsten Sonntag wird hier das Erntedankfest abgehalten. Die Gemeinde wird gebeten das Gotteshaus wie alljährlich zu schmücken. Kränze werden am Sonnabeud zwischen 4 und 6 Uhr in der Kirche entgegenge nommen der Gottesdienst beginnt um 10 Uhr. — Borsdorf. Das örtliche Erntedankfest wird auf Beschluß des KirchenvorstandiS am 6. September begangen werden, und zwar, wenn das Wetter es erlaubt und wenn sonst Stimmung dafür sich zeigt, in Form eines FeldgotteSdkensteS. kg. Sommerfeld. Auch in unserem Ort ist für Sicher heit nunmehr nachts genügend gesorgt. Hat sich doch eine Bürgerwehr gebildet, welche ab 9 Uhr abends bis 5 Uhr früh Wache hält und zwar je 6 Mann. Mit Gewehren durch schreiten sie unseren Ort nach allen Richtungen hin. Unser Frauenverein greift unter Leitung des Herrn Pfarrer Trepte für alles gute ein. Die Mitglieder desselben sind sehr tätig, sie fertigen Hemden und Strümpfe fürs Rote Kreuz an und helfen zur Linderung der Not mit beitragen, wo es gilt zu geben, geben sie gern. — In der Amtshauptmannschaft Grimma haben sich noch weiter unaufgefordert bereit erklärt, Räumlichkeiten zur Aufnahme von Leichtverwundeten und Genesenden zur Ver fügung zu stellen: Fa. Alexander Schumann in Zweenfurth, mehrere Bewohner von Großbothen durch vr. Panitz, Frau Baumeister Döbler in Machern, Gutsbesitzer Liebig und Gasthofspächter Bautzmann in Beiersdorf, Gutsbesitzer Albin Karnahl in Trebelshain, Aktiengesellschaft Hohburger Quarz-Porphyr-Werke in Räcknitz, Frhr. v. Pentz auf Brandis, Lokalrichter Döbler in Brandts, Gastwirt Böker in Dehnitz, Ida verw. Weiske in Meldewltz, Rittergutsbesitzer Bake auf Collmen b. W., SanitätS- rat vr. Ose in Brandis, Stadtrat Baumeister Held in Trebsen. — Grimma. Die Sammlungen fürs Rote Kreuz nehmen erfreulicherweise einen recht flotten Gang an. Bis jetzt sind hier vom Zweigverein des Roten Kreuzes aus Grimma und Umgegend schon mehr als 15 000 gesammelt worden, abgesehen von den vielen eingegangenen Gebrauchsgegenständen aller Art. Von dieser Summe sind bereits 10 000 nach Liebe und Leidenschaft. Roman von O. Elster. 6 Walter saß an einem Nebelitische und trank, schweigend dem Geplauder seiner Kameraden zuhörend, seinen Kaffee. Seit er vom Urlaub zurückgekehrt war, befand er sich in einer nervös erregten Stimmnug. DaS reizende, blasse Ge sicht seiner Reisegefährtin, die dnnklen Augen, die weichen, weißen Hände, der einzige, süße Augenblick, da er ihre beben den Lippen geküßt, das alles wollte nicht ans seiner Eriune« rnug weichen. Das kleine Abenteuer hatte seiue Sinne zu mächtigem Wellenschläge erregt, seine Phantasie beschäftigte sich fortwährend mit der geheimnisvollen, schönen Reisegefähr tin, die er bislang in allen Straßen des kleinen Ortes ver geblich gesucht hatte. Sie war nicht in Pfalzbnrg geblieben, das wußte er jetzt sicher, sondern, nachdem sie im Hotel znr Stadt Basel mit ihren Eltern übernachtet, am andern Mor gen weitergereist — wohin, das wußte die Wirtin, welche erst seit kurzem das Hotel übernommen hatte, nicht zn sagen. Sie kannte die Herrschaft nicht, meinte aber, daß dieselben ein Landgut iu der Nähe der Stadt bewohnen würden. Walter hatte indessen die Hoffnnng, Jeanne wiederzu sehen, schon aufgegeben, denn ein Monat fast war seit jenem Abenteuer der stürmischen FrühliugSnacht vergangen, ohne daß er Jeannes Wohnort entdeckt hatte. Seufzend fügt« er sich in das Unvermeidliche. Die Liebe hatte ja in Walters jungem Herzen noch nicht so festen Fuß gefaßt, daß sie nicht mehr zu entfernen gewesen wäre, der Gedanke an Jeanne entsprang mehr den erregten Sinnen, der dichtenden Phantasie, al- dem wahr und treu liebenden Herzen. „Wie wär's," hob der jnnge Offizier nach einer kleinen Weile wiederum an, „wenn wir für die nächsten Lage eine kleine Landpartie mit Damen arrangierten - Herr Premier, Sie sind ja der VeranügungSdirettor, wollen Sie die Sache nicht einmal in die Hand nehmen?" „Eine Landpartie? Hm, keine üble Idee, aber woher neh- men wir die Damen?" »Ich sagte Ihnen schon, daß wir demnächst drei junge Damen zum Besuch erwarten; außerdem werden sich die Da men hier nach dem langen Winter ebenfalls freuen, wenn ihnen einmal wieder eine kleine Abwechslung geboten wird." „Sie können recht haben, iverde mir es überlegen." „All« Wetter, sehen Sie, Herr Premier, da kommt die Ma jorin Dankelmann mit ihrer Nichte — also ist die junge Dame schon augekommen! — Entschuldigen Sie mich, da muß ich mich doch gleich in das Gedächtnis der jungen Dame zu rückrufen." Der noch sehr jugendliche Offizier erhob sich, preßte den Zivicker fest ans die Nase, die etivas impertinent in die Luft hinansragte, fuhr sich mit den beiden kleinen Taschenbürsten geschwind über das Haupthaar und das sprossende Bärtchen nnd tänzelte den beiden Damen entgegen, die eben quer über deu Platz schritten. Frau Major Dankelmann begrüßte mit würdevollem Ernst, wie es der Fran Bataillouskommandeuse znkommt, den jun gen Leutnant, während über das reizende Antlitz der Nichte ein schelmisches, allerliebstes Lächeln huschte. Sie freute sich, den flotten Tänzer des letzten Winters, wo der junge Offizier einige Wochen auf Urlaub in der Heimat geweilt hatte, wie- derzuseheu. Ein schwarzgraneS Windspiel umtänzelte graziös die beiden Damen, die auf dem Heimwege begriffen, dicht am Cafe Renuion vorüberkamen. Die Offiziere, die dort saßen, standen ans, um zu grüßen. Auch Walter erhob sich höflich grüßend, als plötzlich ein lautes Jammergehenl sein Ohr traf und ihn erschreckte. Sicherlich hatte der freche Kerl, der Jack, der bislang ruhig zu seinen Füßen gelegen hatte, wieder ein Unheil angerichtet I Richtig, da kugelte das zottige Ungetüm, das Windspiel der Frau Majorin im Staube der Straße um her. O, Du infames Vieh! — Mit raschen Schritten eilte Walter nach der Unglücksstätte und versetzte dem kampfeSmntigen Jack einige Hiebe mit dem Degen, daß er aufhenlend davonlief. DaS Windspiel raffte sich empor und flüchtete sich jammernd und henkend in die Arme der Fran Majorin, die mit strengem Blick Walter von oben bis unten maß. Mitleidig beugte sich die Nichte der Majorin über daS zarte Tierchen. „Ich bitte um Entschuldigung wegen der Ungezogenheit des HnndeS, gnädige Frau." Mit diesen Worten wandte sich Walter an die erzürnte Majorin, die jetzt ängstlich ihren Liebling untersuchte, ob der grobe Jack ihm auch nicht eins der zarten Beinchen zerbrochen. Sie erwiderte die Worte Walters nur mit einem kurzen nnd stolzen Kopfnicken. Walter stand in ziemlicher Verlegenheit da ; war er entlassen oder sollte er sich noch weiter entschuldigen? Sein Blick schweifte von der Majorin zu der jungen Dame an ihrer Seite — einer blühenden, reizenden, allerliebsten Mädchenerscheinung, deren braune Augen ihn schelmisch anlä chelten. In leichten, anmntigen Wellen schmiegte sich das licht- braune Haar um die reine, kindlich heitere Stirn. Wie ein eben ansbrechendes Röschen, so frisch und so purpurn feucht erglänzten die Lippen, welche die blütenweißen Perlenzähne leicht durchschimmern ließen. Ein rosiger Schimmer bedeckte die zarten Wangen, während ein schelmisch-keckes Lächeln in dem Grübchen der Wangen und des Kinne- lauerte. — „Auch Sie, mein gnädiges Fräulein, bitte ich recht sehr um Entschuldi gung. Sie haben sich wohl sehr erschreckt? Ich werde dem Un art, dem Jack, einen tüchtigen Denkzettel geben." „O, tun Sie das nicht, Herr Leutnant," entgegnete Fräu lein Dankelmann und ein Helles, lustiges Lächeln erglänzte in ihren braunen Augen und auf dem reizenden Gesichtchen. „Der arme Jack! Es sah zu possierlich aus, wie er den kleinen Bibi im Staube herumkollerte! Bibi hat aber sicherlich ange fangen, er kann keine fremden Hunde leiden." „Hedivig, ich bitte Dich," unterbrach die Majorin streng ihre Nichte. „Ja, Tante," rief diese lustig lachend, „es ist doch wahr! Der Bibi ist ein rechtes Zanktenfelchen I" „Laß uns gehen, Hedivig. Onkel erwartet unS." Mit stolzem Neigen deS Hauptes verabschiedete sich die Majorin von den beiden jungen Offizieren, die sich, stumm grüßend, verneigten. Jetzt verschwanden die Damen um die Ecke der nächsten Straße, aber Walter fing doch noch den schelmisch grüßenden Blick auf, den Hedwig Dankelmann nach ihm zurücksandte. „Nun, was sagen Sie, Kattenberg," näselte neben ihin der jugendliche Kamerad. „FamoseS Mädchen, nicht wahr?" Walter erwachte wie ans einem Traume. „Allerdings, eine reizende Erscheinung." 211,20
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