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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schluß der Anzeigenannahme: BormittagS t t Uhr am Tage deS Erscheinens. 25. Jahrgang. Nr. 78. Freitag, den 3. Juli 1914. Mit einer vierseitige« -LllWriertei, Go««tag4vettMM Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Unküidtgax-e« Für Inserenten der Amtshauptmann- schast Grimma !2 Psg. die sünfge- spaltcne Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige >5 Pfg Bei Wiederholungen Rabatt Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof. Redaktion: Amtliches Pflichtfeuerwehr. Donnerstag, den 2. Juli, abends Uhr Uebung des 2. Zuges. Stellen am Spritzenhaus. Armbinden sind anzulegen. Ungerechtfertigte Versäumnis wird bestraft. Entschuldigungen sind schriftlich spätestens 2 Tage nach der Uebung bei den von der freiwilligen Feuerwehr gestellten Zugführern abzugeben. Als Entschuldigungsgründe für das Fehlen bei einer Uebung gelten nur Krankheit und unaufschiebbare Abwesenheit vom Orte. Naunhof, am 29. Juni 1914. Der Bürgermeister. Das Schul- und Fortbildungsschulgeld, sowie das Schulgeld für die Selekta auf das 2. Vierteljahr 1914 ist am l. Juli 1914 fällig und bis längstens den 14. Juli 1914 an die Stadtsteuer-Einnahme zu bezahlen. Naunhof, am 29. Juni 1914. Der Stadtrat. Städtische Sparkasse Naunhof. Rücklagenbestaud 440 000 Mk. - Pfg. Svarverkehr im I Halbjahre 19 l 4: 9999 Ginlagen im Betrage von 767 404 Mark 20 Pfg. 3458 Rückzahlungen im Betrage v.I 101053 Mark 49 Pfg. Kaffenumsatz . . . '. 3394757 Mark 61 Pfg. Geschäftszeit: Jeden Werktag von vormittags 8 bis 12 Uhr und nachmittags 2 bis 4 Uhr. Sonn abends durchgehend von vormittags 8 bis nachmit tags I Uhr. Tägliche Verzinsnng der Einlagen mit S'/r Prozent. Naunhof, am 1. Juli 1914. Die Sparkaflenverwaltung. Österreich nack ciem Attentat. Eine scharfe Note an Serbien. Die österreichische Regierung hat unter dein Eindruck der furchtbaren Bluttat in Serajeivv eine Note in sehr bestimmtem Ton an Serbien gerichtet, worin die serbische Regierung ersucht wird, die in Bosnien gegen die Urheber der Attentate geführte Untersuchung im Königreich Serbien sortzusetzen, da alle Spuren der Verschwörung unzweifelhaft nach Serbien führen. Der Ernst der Situation ist in Belgrad nicht verkannt worden. Die dortige Regierung läßt daher schon gleich halbamtlich er klären, daß sie strenge Maßnahmen ergreifen werde, um ähnliche Vorkommnisse nach Kräften zu verhindern. Die Serbenhetze dauert an. In der ganzen Donaumonarchie lodert der Haß gegen die Serben, die man direkt für das Attentat auf das Erzherzogspaar verantwortlich macht. Nun hat die ant serbische Bewegung auch auf Wien übergegriffen und, wi nachstehende Meldung besagt, zu aufgeregten Szenen 00 der dortigen serbischen Gesandtschaft geführt. Wien, 1. Juli. Vor der durch die Polizei bewachten serbischen Ge sandtschaft veranstalteten Hunderte von Studenten lärmende Kundgebungen. Sie riefen: „Nieder mit Serbien, nieder mit den Hochverrätern!" und verbrannten eine mitgebrachte serbische Fahne. Als die Polizei einschritt gegen die Studenten vor das Schwarzenbergdenkmal, wo einer eine Ansprache hielt, die in den Ruf ausklang: „Rache für die Ermordung des Thronfolgers, Krieg gegen Serbien!" In Seraiewo, wo die Bewegung am stärksten war, ist mit Hilfe des Standrechtes die Ruhe wiederhergestellt worden. Dagegen veranstalteten im übrigen Bosnien in Livno, wo serbische Läden und die serbische Schule bombardiert wurden, ferner in Stolatz, Oplicici, Sienitza, Bosnisch Brod und Teschanj die Muselmanen und Katholiken Trauerfeiern und antiferbische Kundgebungen, bei denen die Fenster zahlreicher serbischer Häuser und Gebäude ein geworfen und die Einrichtung in Gasthöfen und Geschäfts- laden zertrümmert wurden. * Der Hiob auf dem Throne. „Auch das noch! Auch das noch! Mir bleibt wirklich nichts auf der Erde erspart.' Das waren die Worte, die Kaiser Franz Josef von Oesterreich leise vor sich hin stöhnte, als ihm die schreckliche Botschaft aus Serajewo gebracht wurde. Und dann weinte der alte Mann; und seinen Völkern ist es, als müßten sie zusammen mit ihm aufschluchzen. Wir denken uns das Leben auf den Höhen der Mensch heit herrlich und über die Maßen schön, und „Wenn ich der Kaiser wär'!" sagt gar mancher von uns mit sehnsüchtiger Stimme. Ei, da wollte man sich und den andern das Dasein köstlich einrichten! Aber wir vergessen dabei, wie dornig meist der Pfad auf den Höhen ist, wie schon die kleinen Prinzen und Prinzessinnen vom Ernste gepackt werden, ja wie sie alle Ursache haben, Menschenfeinde zu werden. Das viele Gegrüßt werden und Wiedergrüßen macht doch nicht glücklich. Das ist eine Last, wie das Angegafftwerden, das einem fortgesetzt zu „Haltung" zwingt, und wie das ständige Photographiert werden, das einem das Lachen verbietet, damit irgendein heimlicher Bildner nicht etwas verzerrtes in ein Journal bringen kann .. . Und nun lasse man einmal das Leben des alten Franz Josef an sich vorüberziehen, das nicht nur Mühe und Arbeit, also „köstlich" war, sondern eine Fülle bitteren Herzeleides barg, wie es kaum auf den biblischen Hiob eingestürmt ist. Erschüttert stehen wir vor dem 84 jährigen Herrscher, der manchmal ärmer an Glück war, als es der Aermste unter unsereinem in seinen ärmsten Stunden ist . . . Als blutjunger Mensch, voll idealistischer Beglückungspläne, voll heißer Liebe zu seinem Volk, kam er auf den Thron; das erste aber, was er zu tun hatte, war, einen blutigen Aufstand in Ungarn niederzuwerfen, das sich vom Reiche losreißen wollte, obwohl es nur Segen von ihm empfangen hatte. Und Franz Josef war erst 23 Jahre alt, als das Messer eines fanatischen Magyaren ihn traf, zum Glück nicht tödlich. Es gab „nur" einige Wochen eines bitteren Schmerzenslagers. Rings um Franz Josef mähte der Tod. Sein Bruder Maximilian ging als erwählter Kaiser nach Mexiko, wurde dort von der französischen Schutzmacht verlaffen und von seinen Untertanen standrechtlich erschaffen. Der Sohn und Thronerbe Franz Josefs, der hochbegabte Erzherzog Rudolf, der Freund unseres Prinzen Wilhelm, des jetzigen Kaisers, starb eines gewalt samen Todes auf dem Jagdschloß Mayerling. Und die engel haft schöne Frau Franz Josefs, die schwermütig-geistvolle Kaiserin Elisabeth wurde nicht einmal durch ihr weibliches Geschlecht davor bewahrt, von einem Mordbuben angegriffen zu werden; der Italiener Luccheni erdolchte sie. Immer ein samer wurde es um den greisen Habsburger. Und nun haben sie ihm den Neffen, die große Hoffnung des Landes, diesen rastlos für das Reich arbeitenden Franz Ferdinand, erschaffen .. . „Des Dienstes ewig gleichgestellte Uhr erhalt' uns im Geleise!" Das ist das einzige, was der alle Herr jetzt stammeln kann. Pflicht, Pflicht und nochmals Pflicht! Und dabei wäre diesem Hiob des zwanzigsten Jahrhunderts wohl das Liebste, er könnte sich wie ein krankgeschoffenes edle? Tier des Waldes in irgendein Dickicht zurückzuziehen und zum Sterben legen Ueber den Ermordeten wolle man darum dieses Ueberlebenden nicht vergessen . . . * Die verwaisten Kinder. Die Schreckensbotschaft aus Serajewo traf in Chlumetz am Sonntag mittag ein und wurde den Kindern des Erz herzogs Franz Ferdinand bis zum Abend verheimlicht. Nach dem die Kinder von der Gräfin Henriette Chotek schonend vorbereitet waren, übernahm der Erzieher StanowSki das schwere Amt, ihnen den Tod der Ellern mitzuteilen. Als die Kinder die Nachricht erfuhren, brachen sie in einen Weinkrampf aus. Die Gräfin Chotek fiel bei dem herzzerreißenden Anblick der verzweifelten Kinder in Ohnmacht. Die erschütternde Szene ergriff alle Umstehenden auf das tiefste. Graf Wuthenau und seine Gemahlin, Fürst von Schönburg und Graf Nostiz bemühten sich, den verwaisten Kindern Trost zuzusprechen. Das deutsche Kaiserpaar hat an die Fürstin Sophie von Hohenberg, das älteste Kind des verblichenen Erzherzogpaares, folgendes Telegramm gerichtet: Wir können kaum Worte finden, Euch Kindern aus zusprechen, wie unsere Herzen bluten in dem Gedanken an Euren namenlosen Jammer. Noch vor 14 Tagen haben wir so schöne Stunden mit Euren Eltern verlebt, und nun Euch in diesem unermeßlichen Kummer zu wissen! Gott gebe Euch Kraft, diesen Schlag zu ertragen. Der Segen der Eltern geht über das Grab hinaus. * DeS Erzher-oqs Testament. Das Testament de' Thronfolgers ist von Prag nach Wien gebracht und dort im Oberhofmeisteramt in Gegen wart eines Notars sowie des langjährigen Rechtsanwalts des Erzherzogs, Dr. Tonder, eröffnet worden. In dem Testament hat der Verstorbene seine drei Kinder zu alleinigen Erben eingesetzt. Sein Nachlaß besteht aus den drei Gütern Konopischt, Chlumetz und Artstetten. Konopischt repräsentiert einen Wert von 10 Millionen Kronen, den gleichen Wert besitzt das Gut Chlumetz, während Artstetten einen weit geringeren Wert hat. Die Schlösser Belvedere und Miramare sind kaiserliche Krüngüter. * Gettänclnis des Attentäters Prmcip. Der Attentäter Princip, der die tödlichen Kugeln ab feuerte, hat sich nunmehr dazu bequemt, vor dem Unte-- suchimgsrichter eine zusammenhängende Aussage zu macher. Er bekennt sich schuldig und erklärt: „Ich bin mit der Absicht lnerhergekommen, das Attentat auszuführen. Durch Lektüre anarchistischer Bücher bin ich zu der Über zeugung gelangt, daß es nichts Schöneres auf der Welt gibt, als Attentäter zu sein. Den Revolver und die Patronen schenkte mir in Belgrad ein serbischer Kommitatfchi. Ich begann zu schießen, als die Autos um die Ecke bogen. Im ersten Augenblick wollte ich wegen der Dame von dem Attentat absehen; dann dachte ich aber, ich müsse das Attentat um jeden Preis aussühren. Ich bedauere meine Tat nicht, ja ich fühle mich zufrieden, daß ich meine Absicht ausgeführt habe." Albaniens ^ufammenbruck. Auch Prenk Bibdoda geschlagen. Durazzo, l. Juli. Nun ist auch die letzte Hoffnung der fürstlichen Re gierung auf Entsatz von Durazzo dahin. Der Miriditen» führer Prenk Bibdoda, der mit seinen Leuten zur Unterstützung des Fürsten herangerückt war, ist ebenfalls von den Rebellen geschlagen worden. Bei Malpuizi entspann sich ein kurzer Kampf mit den Rebellen, worauf Prenk Bibdoda seinen Leuten den Rückzug befahl und bis Jsni zurückging. Die freiwilligen Artille risten Mertens, Pakosta und Csak brachten die dort be findlichen Geschütze in Sicherheit. Die durchaus unbe gründete Flucht Prenk Bibdodas, welche teilweise auf fremde Einflüsse, teilweise daranf zurückgeführt wird, daß der größte Teil seiner Mannschaften, anstatt in den Stellungen zu verbleiben, auf Raub ausgezogen war, rief in Durazzo große Enttäuschung hervor. Prenk Bibdoda hat daraufhin den Kampf ganz aufgegeben und ist in seine Heimat zurückgekehrt. Damit ist die Lage Durazzos höchst gefährlich geworden, da die Rebellen nunmehr die gegen Bibdoda verwandten Truppen wieder gegen Durazzo an gesetzt haben. Man erwartet stündlich einen neuen Sturm auf die Stadt, der unter diesen Umständen wohl Erfolg haben könnnte. 6elckeiterte fneäensvermittlung. Huerta rüstet zur Flucht. Washington, 1. Juli. Die von den südamerikauischen Staaten eingeleitete Konferenz in Niagara Falls, die zwischen den Vereinigten Staaten und Huerta vermitteln wollte, hat sich vertagt, was als gleichbedeutend mit ihrer Erfolglosigkeit an zusehen ist. In Mexiko sind die Verhältnisse inzwischen gänzlich unhaltbar geworden. Das sieht nun auch Huerta selbst ein. Er hat daher seinen Lohn und Tochter nach Puerto Mexiko gesandt, um seine eigene Abreise vor- znberciten. Was die in der Hauptstadt Mexiko wohnenden Aus länder angeht, so hat sich nach eingehender Besprechung der Lage die Mehrzahl der Deutschen, Engländer, Fran zosen und Italiener dafür entschieden, die Stadt nicht zu verlassen. ^ikcken Donau uns Dardanellen. Aus Berliner politischen Kreisen wird uns zu der augenblicklichen Lage auf dem Balkan geschrieben: „Es riecht sengerich!" pflegt der Berliner zu sagen, wenn die Lage bedenklich wird. Sie ist es sicherlich. Zwar schlagen Griechenland und die Türkei anscheinend nicht los, weil wohl beide das Gefühl haben, noch nicht fertig zu sein: den Griechen fehlen noch die beiden amerikanischen, den Türken die beiden brasilianischen Schlachtschiffe, die sie gekauft haben. Aber ob zwischen Serbien und Österreich alles ruhig bleiben wird? Das Wiener Kabinett hat an das Belgrader das Ersuchen ge richtet, österreichische Polizeibeamte zulassen zu wollen, die in Belgrad nach dem Ursprung der großserbischen Ver schwörung gegen den Erzherzog Franz Ferdinand forschen sollen. Das ist reichlich grob. Es ist sogar unerhört, sa en alte Volitiker. Und die aanse Forderung wird noch