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Uaunhoftr Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag rind Sonnabend Nachmittag 5 Mir mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schlus, der Anzeigenannabmc: Vormittags II Uhr am Tage deS Erscheinens. 25. Jahrgang. Mittwoch, den 3. Juni 1914 Nr. 65. Mit ei«er vierseitiger» -Außtrierte« Go«»ta-Sbe«M-» Ortsblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger M. 1.20 vierteljährlich. Frei ins HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Auküudi-uuge«: Für Inserenten der AmtShauptmann. s schäft Grimma I2 Psg. die sünsge- spaltcnc Zeile, an erster Stelle und i für Auswärtige !b Psg- i Bei Wiederholungen Rabatt. / Verlag und Druck: Gü«z L Eule, Naunhof. Redaktion: Amtliches Pflichtfeuerwehr. Donnerstag, den 4. Juni, abends Uhr Uebung des I. Zuges. Stellen am Spritzenhaus. Armbinden sind anzulegen. Ungerechtfertigte Versäumnis wird bestraft. Entschuldigungen sind schriftlich spätestens 2 Tage nach der Uebung bei den von der freiwilligen Feuerwehr gestellten Zugführern abzugeben. Als Entschuldigungsgründe für das Fehlen bei einer Uebung gellen nur Krankheit und unaufschiebbare Abwesenheit vom Orte. Naunhof, am 2. Juni 1914. Der Bürgermeister. KuManäs probemobilmackung. (Von unserem militärischen Mitarbeiter.) Abgesehen von einem einzigen Gouvernement werden im ganzen europäischen Rußland im Herbst die Reserven dreier Jahrgänge einberufen, rund eine Million Mann, und zwar zu einer sechswöchentlichen Übung. Das nennt der offiziöse Telegraph eine Probemobilmachung. Wenn etwas probiert wird, fo stellt man den Versuch nach dem Gelingen wieder ein, entläßt also in unserem Falle die Mobilisierten nach Ablauf der selbst in Rußland höchstens 14 Tage deS Mobilmachungskalenvers wieder in die Heimat. Da dies hier nicht geschehen soll, kann man auch von einer Probemobilmachung nicht reden: weder in militärischem noch in politischem Sinne. Die Einberufenen werden 6 Wochen lang zu voller Kriegsbereitschaft ge drillt, und zwar, da man doch nicht leerstehende Kasernen für eine Million Leute hat, in Feldlagern und in Not quartier unter kriegsmäßigen Verhältnissen. Das heißt also ohne alle Umschweife: Rußland macht mobil. Eine Mobilmachung bedeutet noch nicht den Kriegs ausbruch, wie wir aus unserer eigenen Geschichte — aus der Zeit der Ohnmacht - wissen; aber sie steigert die Ge fahr eines Krieges außerordentlich, denn selbstverständlich ist es ausgeschlossen, daß die Nachbarstaaten eine derartige Bedrohung ohne Gegemnaßregeln lassen. Wir können nicht 2Vr Millionen Mann, soviel wären es insgesamt, wenn man den Friedensstand und die Übenden anderer Jahr gänge hinzurechnet, gegenüber unserer Grenze einfallsbereit stehen lassen. Auch wir müssen zu großen Einberufungen schreiten. Desgleichen die Österreicher. Daß in solcher Lage die Franzosen nicht hinterdreinbleiben können, ist klar, zumal da sie die eigentlichen „Karnickel" sind, von denen die ganze Beunruhigung ausgeht: denn sie geben den Russen die zu der „Probemobilmachung" nötigen ge waltigen Summen, mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß das Geld nicht zu irgendwelchen volkswirtschaftlichen Zwecken, sondern zu kriegerischen Demonstrationen ver wendet werde. Also Europa in Waffen! Ob auch Europa in Flammen? Lust zu einem Krieg haben im Grunde die Russen ebensowenig wie die Deutschen, sondern es handelt sich einnral um eine Erfüllung französischer Wünsche, um die Verbündeten bei Laune zu erhalten, und zweitens um den Versuch, das wirklich den Russen verhaßte Osterreich- Ungarn finanziell mürbe zu machen. Nur unter tiefem Atemholen hat Österreich-Ungarn während der bosnischen Krise, solange Rußland die Balkankleinen eine drohende Haltung eiunehmen ließ und selber verdächtige Bewegungen machte, die großen Kosten ausgehalten. Weitere Hunderte von Millionen hat die Zeit der beiden Balkankriege ge kostet. Noch einmal solch eine „nutzlose Mobilmachung", und den Herren in Wien geht der Atem aus, meint man in Petersburg. Außerdem macht wiederholte Kriegs- be'.eitschaft, ohne daß es zu einer Entladung des Gewitters kommt, nervös und beeinträchtigt die Disziplin der Mannschaften. Kurz und gut: die Einberufung von t Million Mann russischer Reservisten, die in Rußland dank französischem Geld keine Beklemmungen verursacht, wird in dem südlichen Nachbarstaat unter Umständen eine Lage schaffen, die kaum mehr auszuhalten ist. Und hier liegt die Möglichkeit, daß die Krise doch zu einem gewaltsamen Ausbruch kommt. Kein Mensch läßt sich andauernd mit der Faust vor der Nase herumfuchteln, sondern schlägt einmal diese Faust bereite: und dann ist natürlich die Balgerei da. Die Wiener Regierung muß, wohl oder übel, im Herbst gleichfalls mobil machen, und es werden sich Stimmen erheben, die da sagen: das könne man nicht alle Jahre wieder: besser ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. Die Dinge können sich schneller entwickeln, als man ahnt. Eine diplomatische Anfrage wird hochmütig beantwortet, ein Grenzzwischensall von den Zeitungen aufgebouscht und schon gehen die Kanonen los. Bor allem die Franzosen möchten endlich doch etwas haben für ihr Geld. 2um Sckiffsunglück im ^orenLkrom. 6/. London, 31. Mai. Die anfänglichen Beschwichtigungsversuche haben sich als vollständig hinfällig erwiesen. Die „Canadian Pazific Eisenbahngesellschaft", die Eigentümerin des unter gegangenen Dampfers „Empreß of Ireland" muß jetzt selbst in einer amtlichen Bekanntmachung die ganze entsetz liche Größe des Unglücks zugeben. Diese Bekanntmachung lautet: Die endgültige Zusammenstellung der an Bord der „Empreß of Ireland" Gewesenen ergibt 1032 Tote und 355 Gerettete. Von den Geretteten sind 18 Passagiere erster Klasse, 20 zweiter Klasse und 101 Zwischendecker. 37 Kranke und Verletzte kann man noch nicht klassifizieren; sie bleiben vorläufig in Rimouski. Von der Mannschaft ist der größte Teil gerettet. — Damit ist leider die Ge wißheit geschaffen worden, daß es sich um eine der schwersten Katastrophen handelt, von denen die Schiffahrt je betroffen wurde. Der Hergang der Katastrophe. Kapitän Kendall, der Führer des gesunkenen Schiffes, erklärte, daß er wegen des auf dem Lorenzstrome herrschenden starken Nebels während der ganzen Fahrt i auf der Kommandobrücke gestanden habe. Da sich der Dtebel immer mehr verdichtete, ließ er schließlich die „Empreß of Ireland" still halten. Plötzlich hörte man deutlich ein Pfeifensignal des näher kommenden Kohlen dampfers „Storstad", das sofort von der „Empreß of Ire land" beantwortet wurde. Aber kaum war der Pfiff der „Empreß of Ireland" verklungen, als der Kohlendampfer plötzlich aus dem dichten Nebel auftauchte und seinen mächtigen Leib in die Backbordseite des Schiffes hinein- rannte. Die ganze Schiffseite wurde fast bis zu den Schrauben aufgerissen, bis sich schließlich der Kohlen dampfer langsam zurückbewegte. Riesige Wassermengen drangen durch das große Loch in das Innere des Schiffes, das sich sofort auf die Seite legte. Der Maschinenraum war sofort unter Wasser, die Kessel explodierten. Zehn Minuten nach dem Zusammen stoß begann das Schiff zu sinken. Unter den Seeleuten herrschte keine Erregung. Nur ein paar Passagiere, die auf Deck eilten, liefen panikartig auf dem Schiff hin und her. Versuche wurden gemacht, Rettungsboote inS Wasser zu lassen, aber nur wenige Rettungsboote konnten daS Wasser erreichen. Viele Passagiere, deren Kabinen auf der Backbordseite des Schiffes lagen, müssen von dem ein- dringenden Bug des Kohlendampfers zerquetscht worden sein, andere wieder sind wahrscheinlich durch bas riesige Loch, das der Dampfer in die „Empreß of Ireland" Hineinriß, einfach ins Wasser gefallen. Schilderung von Überlebenden. Die meisten Geretteten befanden sich in einem Zu stande, in dem sie überhaupt keine zusammenhängenden Berichte geben konnten. Einige erzählen, sie seien aus dem Bett geschleudert worden. Darauf wären sie an Deck gestürmt und hätten gerade noch Zeit gehabt, in di« Rettungsboote zu gelangen und abzurudern. Die, welche sich mit Ankleiden aufhielten oder auf den Ruf des Stewards warteten, seien ertrunken. Hunderte müßten so im Schlaf ertrunken sein. Vorr dem zu Hilfe geeilten Lotsenkutter „Heureka" wurden Archen und Schiffbrüchige aufgefischt. Die Überlebenden griffen nach Kleidungs stücken jeglicher Art, um sich vor der Kälte zu schützen. Sobald die „Heureka" den Kai von Fatherpoint erreicht hatte, wurden Arzte herbeigerufen, dann setzte sie die Fahrt nach Rimouski fort, wo später auch der Dampfer „Lady Evelyn" mit Geretteten eintraf. Viele der Ge retteten haben Arm- und Beinbrüche daovngetragen. Ein geretteter Passagier namens Duman erzählt: Von Anfang an hieß es: „Rette sich, iver kann!" Frauen und Kinder schrien, jammerten, beteten und rannten verzweifelt umher, bis sie ins Wasser gefegt wurden. Ein wahn sinniger Menschenknäuel kämpfte in den Fluten mit dem Tode. Fünf Menschen klammerten sich an mich. Ich mußte mich gewaltsam losringen. Gleich nach dem Zu sammenstoß wurde ein Boot herabgelassen, um den Schaden festzustellen, doch der Dampfer legte sich sofort auf die Seite. Die Mannschaft machte Riesenanstrengungen, die Boote flott zu kriegen. Viele wurden dabei verletzt. Der Mannschaft des „Storstad" ist es zu verdanken, daß eine Anzahl der Schiffbrüchigen gerettet wurde, Unter den Stewards der „Empreß of Ireland" sollen einige deutschen Ursprungs sein. Beileidskundgebungen. Der englische König hat der „Canadian Pacific-Gesell schaft" den Ausdruck seiner tiefen Trauer über den Verlust fo vieler Menschenleben übermittelt. Der Lordmayor von England hat eine Sammlung zugunsten der überlebenden eröffnet. Politische Kunäschau. Deutsche» Leich. * Der Tod des Oberpräsidenten von Posen, Dr. Schwartzkopff, hat in der ganzen Provinz Posen und weit darüber hinaus aufrichtige Trauer ausgelöst, da der Ver storbene sich allgemeiner Beliebtheit erfreute. Dr. Schwartz kopff war im Jahre 1858 in Magdeburg geboren, hat also ein Alter von 56 Jahren erreicht und war unverheiratet. Der Tod infolge eines Herzschlages ereilte ihn bei einem Jagdausfluge auf dem Schloß Kötnitz des Grafen Ignatz Mielzynski, eines Bruders des früheren Reichstags abgeordneten Grafen Matthias Mielzynski, der am 20. Dezember 1913 auf Schloß Dakowymokre seine Frau und seinen Neffen, die er im Verdachte ehebrecherischer Beziehungen hatte, erschossen hat, von den Geschworenen aber freigesprochen wurde. In Begleitung des Ober präsidenten befand sich nur der Oberförster des Grafen. Der Oberpräsident hatte gerade einen Bock erlegt, der auf eiuem Wagen verladen werden sollte. Er stand hinter dem Oberförster, als er plötzlich lautlos umfiel. -b Zum preußischen Kommunalabgabengesetz hat der Preußische Städtetag eine Eingabe an die Staatsregierung gerichtet, in der es u. a. heißt: „Zum ersten wird der Grundgedanke des Gemeindeabgabenwesens erschüttert, nach dem zwischen den Leistungen der Städte für die einzelnen Bevölkerungsgruppen und den Abgaben tunlichst das Ver hältnis von Leistung und Gegenleistung bestehen soll. Da durch werden die Gemeinden in steigendem Maße aus die Einkommensteuer verwiesen; gerade die Überbelastung dieser Steuer in vielen Gemeinden aber war der Ausgangspunkt für die Vorlegung der Novelle durch die Königliche Staats regierung. Zum zweiten wird die Gemeindeautonomie auf steuerlichem Gebiet dadurch beschränkt, daß vielfach an die Stelle voller Gemeindefreiheit und an die Stelle des Mit wirkungsrechts der Aufsichtsbehörden bei Feststellung der Abgaben starre gesetzliche Schranken treten sollen. Gegen über diesen geradezu städtefeindlichen und überhaupt gemeindefeindlichen Bestrebungen bitten wir, die Königliche Staatsregierung um Aufrechterhaltung der bewährten, jetzt geltenden Grundsätze des Gemeiudefinanzrechts an gehen zu dürfen." 4- Die sogenannte Rüstungskommission wird am 8. Juni zu weiteren Sitzungen im Reichstagsgebäude zu- sammeutreten. Als industrielle Sachverständige werden den Sitzungen die Herren Hugenberg, Hartwig (fürKanonem, Ehrensberger (für Stahlplatten) von der Firma Krupp, Ehr hardt von der Rheinischen Metallwaren- und Maschinen fabrik Düsseldorf (für Geschütze und Nrtilleriegeschosse), Dr. v. Gontard von der Deutschen Waisen- und Munitions fabriken, sowie ein Vertreter der Oberndorfer Gewehrfabrik beiwohnen und Auskunft erteilen. Mit den Junisitzungen wollen die Kommissionsmitglieder, der Einladung der Regierung folgend, eine Besichtigung der militärtechnischen Institute in Spandau (Gewehrfabrik, Munitionsfabrik, Artilleriewerkstatt, Geschützgießerei, Feuerwerkslabora torium, Pulverfabrik) verbinden. Italien. X Ein Staatsvertrag mit Frankreich über die Ab grenzung der Rechte der Italiener in Tunis und der Franzosen in Lybien ist soeben unterzeichnet worden. Dieser Vertragsschluß hat insofern politische Bedeutung, als die Verhandlungen hierüber, die durch die italienische Besitz ergreifung von Tripolitanien aktuelle geworden sind, ein Jahr lang der Gradmesser des Verhältnisses zwischen Italien und Frankreich waren. Zeitweilig glaubte man überhaupt nicht zu einer Einigung gelangen zu können; es wurde sogar von einer Kündigung der Tuniskonvention gesprochen, was einen diplomatischen Bruch bedeutet hätte. Wenn nun doch der Vertrag zustande kam, so beweist daS, daß beide Teile den Wunsch nach einem guten Einver nehmen und nach freundschaftlicher Verständigung hegen. frankrelek. X Die Anklage gegen Frau Caillaux ist nunmehr erhoben worden. Uno zwar hat die Anklagekammer nach vorangegangener Beratung Frau Caillaux wegen absicht lichen und vorsätzlichen Mordes vor das Schwurgericht verwiesen. Im Justizpalast wird es bestätigt, daß diefe Angelegenheit am 20. oder 21. Juli zur Verhandlung kommen wird. Es werden voraussichtlich sechs Sitzungen notwendig sein. Die Anklageschrift enthält eine warme Verteidigung deS erschossenen FigarodirektorS Calmette. Nldunlen. x Ein neuer Hilferuf der Negierung ist von dem Ministerpräsidenten Turkhan Pascha an die italienische Regierung gerichtet worden. Darin wird dringend um Entsendung von 500 Mann der europäischen Kontingente aus Skutari nach Durazzo ersucht, um die Sicherheit der Hauptstadt verbürgen zu können. Weiter wird noch über die Vorgänge am 23. berichtet. Al- infolge der Alarmnachrichten in Durazzo eine Panik auSbrach, flüchteten alle Fremden auf die Schiffe. Nur die deutschen und österreichischen Journalisten ergriffen nicht die Flucht. über die Kämpfe her Ab-