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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags I I Uhr am Tage deS Erscheinen«. 25. Jahrgang. Sonntag, den 31. Mai 1914. Nr. 64. Mtt einer vierseitig e» ALnWrierte« G»m»ta--heir«O» «ukünvi-m»-»«: Für Inserenten der Amt-Hauptmann- schäft Grimma 12 Pfg. die fünfge spaltene Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 15 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. VezngSpreiS: A^i i«I Hau» durch Austräger Ml. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk 1 30 vierteljährlich OrtSblatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, FuchShain, Großstetnberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Standnitz, Threna und Umgegend. Verl«- rmd Druck: vitnz ck Eule, Naunhof. Redaktion: Amtliches Gchweine-ZSHlung. Zufolge Verordnung vom 1914 allen Bundesstaaten am 2. Juni 1914 eine Zählung der Schweine stattzufinden. Die Aufnahme erfolgt mittels Ortslisten und durch zu haltende Umfrage bei den einzelnen Besitzern von Schweinen nach dem Stande vom 2. Juni 1914. Es wird ersucht, den mit der Ausführung der Arbeit beauftragten Zählern die zu stellenden Fragen genau zu be antworten. Naunhof, am 29. Mai 1914. Der Bürgermeister. Vereiosbank Naunliof w Naunbof. Einlagen auf Sparbücher: TSgl. Verzinsung mit 4°/„ von 1000 Mk. an bei '/.jähriger Kündigung mit 4'// .,. Eredilgewährung. Diskontierung und Einziehung von Wechseln und Checks. Fernsprecher 44. Teschiistrzeit: >0—t Uhr. Postscheck-Tonio 10782 Leipzig. Au Pfingsten. Man gibt uns in dieser schönen Frühjahrszeit wohl oft und mit vollem Recht den Rat, recht fleißig im Walde spazieren zu gehen, denn der Wald mit seinem frischen, üppigen, von Kraft und Leben zeugenden Grün bietet nicht bloß dem Auge, sondern auch dem Kerzen des Menschen einen überaus erfreulichen und erquicklichen Anblick. Aber keine Regel ohne Ausnahme und keine Rose ohne Dornen. Wir kommen beim Durchstreifen des Waldes doch dann und wann auch an solche Stellen, wo aus dem üppigen Grün sich noch eine andere Farbe geradezu hervordrängt: das Grau und Braun der Dürre! Bäume und Bäumchen noch im zarten Alter stehen da ohne Lebens saft und Kraft, das Frühjahr zieht an ihnen vorüber mit Sonnen schein und Regen, aber es macht keinen Eindruck auf sie, sie bleiben kahl und werden mit jedem Jahre nur reifer für den Ofen. Und dos zu sehen, tut weh. Es tut weh, wenn wir es sehen auf dem Ge biete der Natur, es tut noch weher, wenn wir es sehen auf dem Ge biete des Geistes- und Menschenlebens Und auch hier ist es zu sehen. Ach wie viel Pflanzen und Bäume, natürlicher und geistlicher Weise von Gott gepflanzt, stehen in der Menschenwelt, sie bilden den Wein- berg des Kerrn, dem er wie jedem einzelnen Baume alle seine Sorge und Liebe zugewendet hat, den er jahraus jahrein hegt und pflegt, von dem ter aber auch seine Frucht erwartet. Aber sie stehen da ohne Frucht, ohne Blätter und Blüten, ohne Saft, ohne Kraft und ohne Leben! Wir alle ohne Ausnahme sind Bäume in dem Walde oder Weinberge Gottes, aber sind ^wir auch lebendige Bäume, di« da grünen und blühen und den Ruhm Ihres Schöpfers und Erlösers verkündigen? Geht uns die Klage und der Vorwurf, -er gerade jetzt so oft laut wird und werden mutz, daß es so viel blotzes Scheinchriftenlum, Namenchristentum, lebloses, totes Christentum in dem Weinberge des Kerrn, in der christlichen Kirche gibt, nichts- an, trifft er uns nicht? Lege doch einmal ein jeder sich selbst recht ernstlich die Frage vor: Bin ich in Wahrheit ein Christ und bekenne ich mich als einen Christen in Wort und Tat? Oder bin ich ein Keuchler? Und das wollen wir doch gewiß nicht sein, denn der Name des Keuchlers hat nirgends einen guten Klang. Aber sollten wir uns nicht um so mehr von ganzem Kerzen freuen, daß wir wieder Pfingsten feiern können? Denn freilich, was uns in und an unserem Shristenstande, was uns an der Wahrhaftigkeit und Lauterkeit unseres Christentums fehlt, wir selbst können es uns aus eigner Vernunft und Kraft nicht geben, aber sollten wir es uns nicht geben lassen, d. h. vor allen Dingen erbitten können? Und dazu ist ja gerade das Pfingstfest gekommen, und von keiner Bitte wissen wir es so gewiß, daß sie Gott wohlgefällt, und daß wir sie nicht vergeblich vor seinen Thron dringen werden, als von der Bitte um den heil. Geist (Luc. 1l, 13). Der heil. Geist aber ist es dann, der uns wie wir im 3. Art. so schön und zuversichtlich bekennen, zu Christo unserm Kerrn führt, ihn uns im Glauben erkennen lehrt, uns bet ihm erhält, uns auch zu seinem Bekenntnis mutig und freudig macht, der uns mit Leben, mit seinem Leben, das auch den Tod überwunden hat, erfüllt, also daß wir schon jetzt zu wahrem Leben hindurchdringen und auch dem nahenden Tode mit getrosten Mute entgegengehen können. So wollen wir ihn doch besonders in diesen festlichen Tagen recht fleißig und ernstlich anrusen: O heilaer Geist, kehr bei uns ein und laß uns Deine Wohnung sein, 0 komm, Du Kerzenssonne! Wer aber dann den heil. Geist wirklich empfangen will, der muß auch sein Kerz ihm auftun. Ach es gibt so vieles, das von Anfang und von Jugend auf und bis an unser Ende unser Kerz mit Beschlag belegen und uns selbst gefangen nehmen will, das sind vor allen Dingen die Lüste der Welt und oes Fleisches, die auch in den Zeiten christlicher und kirchlicher Feste leidet nur allzuviel Gelegenheit finden, aut uns einzudringen. Die gilt es, mit allem Ernst abzu wehren und ihnen die Tür unserer Kerzen zu verschließen. Es gilt, bet Allem, was wir tun oder tun möchten, wohl zu unterscheiden und diese Unterscheidung fällt bei nur einiger Uebung und gutem Willen nicht allzuschwer, ob es ein Zug von Oben her und aus der Ewig keit ist, der uns im einzelnen Falle lockt oder treibt, oder ob es ein Zug von Unten,' aus dieser Zett und Welt und von unserm eigenen Fletsche her ist. Der letztere schließt unsere Kerzen für den heil. Geist und damit für unser ewiges Keil zu, nur der erstere tut sie dafür auf. Darum wo irgend Ewigkeitsgedanken uns nahetreten und nahe treten können, im Gotteshause, bei Gottes Wort und im Gebet, in der Gemeinschaft derer, die den Kerrn lieb haben, da ist für Christen zu Pfingsten und zu jeder Zeit der rechte Ort ihres Weilens und eine gesegnete Stätte ihres Aufenthalts: wo aber solche Ewigkeits gedanken sich nicht an uns heranwagen, da gehören auch ernste Christen und die es werden wollen, nicht hin. Ach möchte doch die ganze Christenheit wieder mehr ein lieblicher Garten Gottes werden, ein Wald voll frischer, grüner Bäume, die ihren Schöpfer preisen. 3n diesem Sinne laßt uns für uns selbst und für die ganze Christen heit beten: Gott, gieb einen milden Regen, Denn mein Kerz ist dürr wie Sand. Vater, gieb vom Kimmel Segen, Tränke Du Dein durstig Land: Laß des Heilgen Geistes Gab lieber mich von oben ab Wie die starken Ströme fließen Und mein ganzes Kerz durchgießen. 8b. Kunä um clie Mocbe. Am Ende hat Goethe sich dock geirrt, und Pfingsten ist gar nicht das „liebliche Fest", wie er es nennt. Wenn er seinen Reineke Fuchs vor dem Pfingstfest 1914 gedichtet hätte, wäre er jedenfalls auf einen andern Anfang des Gedichtes verfallen. Innerhalb fünf Tagen ist mehr Wasser vom Himmel herniedergekommen als sonst normal im ganzen Monat Mai; auf dem Tempelhofer Feld mußte die Jrühjahrsparade der Berliner Garden abgesagt werden, weil man da eher eine Parade über — Torpedoboote ab- balten könnte. Aber das Barometer steigt! Noch ist also Aussicht auf Goethes Rechtfertigung norhanden. Wenn nicht, so müßten wir ihn auf Schadenersatz verklagen. Denn auf Kosten des „lieblichen Festes" sind diesmal Zehn- tausende von Kaufleuten, die köstliche Frühlingshüte und berückende Toiletten ausstellen, um den größten Teil ihrer Käufer gekommen. Gummi ist Trumpf. Aber es schadet nichts, sobald nur Pfingsten selber nicht verregnet, wenn wir die Tage vorher zur Einkehr gezwungen sind, nämlich zur Einkehr bei uns selbst. Zwischen Ostern und Pfingsten ist manches im lieben deutschen Reiche passiert, was uns den Wunsch nahelegt, daß unsere führenden Männer auch in den Parlamenten etwas vom Heiligen Geiste verspüren möchten, der vor rund neunzehnhundert Jahren die Leute -mit Zungen" reden ließ. Es ist alles so stumpf geworden. Wir brauchen neue Erleuchtung, liberal! tut innerer Auf schwung not. * Es ist wohl überall so, daß die Opposition gern in Skandalen wühlt, die den Herrschenden in die Schuhe zu schieben sind. Aber das ganze Volk leidet darunter. Mit der berühmten Geschichte vom Titelschacher, die jetzt durch die ganze Presse geht, ist es nur halb so schlimm, als es dargestellt wird. Es kann lein einziger Fall ge nannt werden, in dem jemand ein verantwortliches Amt erhalten hätte, nachdem er dafür Geld bezahlt; also kommen bei uns immer noch nur die rechten Männer an ihren Platz. Nicht einmal die Einjährigen-Prüfung kann man sich erkaufen, geschweige denn irgendeinen Beamten posten. Leere Titel, wie der eines Kommerzienrates, der keinerlei Rechte verleiht, werden allerdings an solche Leute verliehen, die zu wohltätigen oder sozialen oder wissenschaftlichen Zwecken große Opfer bringen. Von Rechts wegen! Denn Opfer verdienen Anerkennung. Und das ist bei uns immer noch besser, als etwa in England, wo jetzt ein Gesetz angenommen werden mußte, das die Adelung derer verbietet, die zum Wahlfonds der regierenden Partei größere Geldbeträge beigesteuert haben. In diesem Sinne gibt es bei uns „kein Ansehen der Partei", sondern das Geldopfer muß wirklich der „All gemeinheit" zugute kommen. Vielfach helfen deutsche Kleinstaaten sich mit der Verleihung von Titeln und Orden, um Kosten zu sparen. In irgendeiner Residenz möchte der Fürst den Einwohnern gern einmal auch eine Berühmtheit der Oper oder des Theater- vorführen, aber die Schatulle verfügt nicht über die dazu nötigen Tausende. Da bietet man dem Künstler die Me daille für Kunst- und Wissenschaft oder den Titel eines Kammersängers und dergleichen an, — und er kommt. Dagegen laßt sich wirklich nichts sagen. Schlimmer ist S schon mit Titeln, die einen wissenschaftlichen Ruf vor täuschen. Namentlich mit dem medizinischen Professor, der dazu dienen soll, wohlhabende Patienten, namentlich kenntnislose Leute, einzufangen. Und da haben unsere Universitäten durchaus recht, wenn sie verlangen, daß fortau-nur wirkliche Dozenten diesen Titel erhalten sollen, nicht beliebige private Arzte, die eine belanglose „wissen schaftliche" Broschüre geschrieben und nebenbei für irgend eine Krankenanstalt eine Stiftung gemacht haben. * Gan- gewiß kann man sagen, wie e» jetzt die russische Presse tut, daß der albanische Staat eine künstliche Gründung sei, denn er hat keine einheitliche Bevölkerung und keine „richtigen" Grenzen. Aber Rußland mtt seinen 120 verschiedenen Völkerschaften und sämtlichen Religionen der Erbe ist bann doch noch viel weniger einheitlich, also doch auch wohl „künstlich" - und lebt dennoch und ist stark! So braucht man auch alle albanischen Hoffnungen Europas noch nicht einzusargen. Was aus dem unruhigen Lande werden wird, läßt sich freilich auch noch nicht sagen, nur erfüllt es uns mit Genugtuung, daß wenigsten- die Nachrichten über die „Flucht" des Fürsten Wilhelm sich nicht bewahrheitet haben. Der Wetterwinkel Europas bleibt der Balkan immer noch. In der Petersburger Duma hat der russische Minister des Auswärtigen, Ssasonow, eine sehr friedliche Rede gehalten, aber das offizielle Rußland hält wegen der Balkankrisen immer noch einen großen Völkerbranb für möglich und hält für diesen Herbst sein Pulver trocken: nicht weniger wie eine Million Reservisten wird im Herbst in Rußland ein berufen! Gegen unliebsame Überraschungen müssen sich dann auch die Nachbarn vorsehen, kurz, Europa wird iw Herbst in Waffen stehen. Aber „Pfingsten, das liebliche Fest" können wir wenigstens noch ohne Sorgen begehen. öckifkounAlück in kanacla. Tausend Menschen ertrunken. Erinnerungen an die „Titanic"-Katastrophe werden geweckt durch das entsetzliche Unglück, das den Dampfer „Empreß of Ireland" auf dem Lorenzstrom in der Nähe des Ortes Fatberpoint betroffen hat. Mit etwa 1900 Personen an Bord war das stolze Schiff am 28. Mai von Quebec nach Liverpool in See gegangen. Etwa tausend Menschen fanden in den Fluten deS gewaltigen Lorenz stromes, der sich dem Meere zu meerbitfenartig bis auf etwa 70 Kilometer Breite erweitert, ihr Grab. Nur ein verhältnismäßig kleines Häuflein von Reisenden und Seeleuten konnten der Gefahr entrissen werben. Die erste Meldung über bas Unglück brachte folgendes Telegramm: Quebec, 29. Mat. Der Dampfer „Empreß of Jrelnnd" der Canadtan-Pactfie-Gesellschaft ist tm Lorenzstrom auf der Höhe von Fatherpoint nach einem Zusammenstoß mit dem Kohlendampfer „Storstad" gesunken. Zuerst war der kanadischen Regierung gemeldet worden, e- sei der Dampfer de- Norddeutschen Lloyd „Hannover". Gegen S'/. Uhr morgen- war von Fatherpoint au- auf der Unglücksstelle der RegiervngSdampfer „Heurrka", umgeben von Rettungsbooten, sichtbarr von dem unter- gegangenen Dampfer war nicht- mehr zu sehen. Während nach dieser Nachricht noch die Hoffnung be stand, daß wenigstens der größte Teil der Besatzung ge- rettet sei, wurde diese Annahme sehr bald zerstört, denn schon die nächsten in rascher Reihenfolge eingehenden Telegramme gaben die Zahl der Ertrunkenen auf über sechshundert an, und ständig mußte der Telegraph größere Ziffern melden, bis endlich folgende Drahtmeldung über die Größe des Unglücks Auskunft gab: Newyork, 29. Mai. Nach einem Fuukeutelegramm au- RimouSki sind etwa 1000 Personen vom Dampfer „Empreß of Ireland" umgekommen und «ur dreihundoet gerettet. Unter den Passagieren der „Empreß of Ireland" be fanden sich auch etwa 300 Mitglieder der kanadischen Heilsarmee samt einem Mufikkorps von 40 Mann, die zum Internationalen Heilsarmee-Kongreß fahren wollten, der im Juni in London abgehalten wird. Es waren nur wohlhabende Passagiere an Bord, keine Auswanderer. Die Ursache des Unglücks. Als Ursache des Zusammenstoßes des der Canadian- Pacific-Eisenbahn gehörigen Postschnelldampfers mit einem andern Dampfer wird der furchtbare Sturm angegeben, der längs der nordatlantischen Küste wütete. Ms „Empreß of Ireland" den Hafen von Quebec mit dem Ziel Liverpool verließ, herrschte in Kanada eine ungewöhnlich hohe Temperatur, die gegen abend rapide stieg. Das Schiff gehörte zu den größten und seetüchtigsten der Gesellschaft. Der Zusammenstoß muß also mit un geheurer Gewalt erfolgt sein. Der mit dem „Smpreß of Ireland" zusammengestobene Kohlendampfer „Etorstab" ist nicht gesunken, er ist auf der Fahrt nach Quebec und hat, wie verlautet, einige überlebende deS „Jmpreß'of Ireland" an Bord. Das Unglück ging so schnell vor sich, daß der Dampfer innerhalb von zehn Minuten gesunken war. Durch den starken Nebel wurden die Rettungsarbeiten sehr erschwert. Aus diesem Umstande erklärt sich auch die große Zahl der Opfer, die sonst wohl geringer gewesen wäre, da gerade an der Unfallstelle der Schiffsverkehr ein ganz gewaltiger ist. Die Fahtte« der Kanada-Dampfer. Die Dampfer der Canadian Pacific Railway ver mitteln den Verkehr zwischen Großbritannien, Kanada, Ostasien und Australien. Ihr europäischer AuSgangShafen lst Liverpool von wo aus die Paffagiere über den Atlantischen Ozean nach Quebec befördert werben. Von Quebec aus durchfahren die Eisenbahnzüge der Ge- sellschaft da- kanadisch» Festland bis zur Westküste