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Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. vezugSpretS: Frei in- HauS durch Austräger Mk. 120 vierteljährlich Frei inS HauS durch die Post Mk 1.30 vierteljährlich Mit einer vierseitiger, -LuWrierte» G-nntaG-vettsM Verlag und Druck: Gü«z är Eule, Naunhof. Redaktion: «nbert Gü«», «-»OsH. - Ankündt-nn-e«: Für Inserenten der Amtshauptmann- schäft Grimma I2 Pfg. die sünfge- spaltme Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 15 Pfg- Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: PormittagS 1 t Uhr am Tage deS Erscheinens. Nr. 42 Mittwoch, den 8. April 1914. 25. Jahrgang. Der hlbret in flöten. Man hat den neuen König von Albanien, den „Mbret" Wilhelm I., häufig mit jenem Hohenzollern verglichen, der in der Mark Brandenburg Ordnung schuf. Hier wie dort eine Reihe von Feudalherren, die im Grunde keinen König und keinen Gott über sich anerkennen, Leute wie Essad, die man allenfalls dadurch eine Weile ruhig halten kann, daß man sie mit Ehren überhäuft Wird der Mbret einst gegen sie kämpfen müßen, mit einer „faulen Grete" gegen ihre festen Burgen ziehen? Noch scheint er daran nicht denken zu können. Drohenderes erhebt sich: der griechische Einbruch im Süden. Der Hohenzoller hatte es wenigstens nicht mit auswärtigen Feinden zu tun, als er die Mark befriedete, der Neuwieder aber soll gleich als Heerführer wider einen alten Staat auftreten. Mit was für einer Armee? Noch gibt es ja keine. Die Reste des albanischen Türkenheeres, die unter Essad Paschas Botmäßigkeit standen, sind zersprengt. Ein Teil ist in andere, türkisch gebliebene Gebiete zurückgewandert, ein Teil ist an friedliche Beschäftigung in die heimischen Berge gegangen, ein Teil dient in der von holländischen Offizieren befehligten Gendarmerie. Die bombastische Mit teilung, der Dibret Wilhelm l. werde sich „an die Spitze seiner Armee" stellen und gen Süden ziehen, ist also mit Vorsicht zu genießen. In Albanien gibt es keine allge meine Wehrpflicht, sondern vorerst bestenfalls einige Söldner. Bewaffnet sind freilich fast alle Albanesen; vor nehmlich die mohamedanischen; aber bisher benutzten sie die Waffen im wesentlichen dazu, nm Stammes- und Religionsfehden untereinander auszufechten, auch wohl zur Ausübung der Blutrache zwischen einzelnen Familien. Als Volk um die gemeinsame Ehre zu kämpfen, ist ihnen ein fremder Begriff. Sie werden kämpfen, wenn sie Geld bekommen. Der;große.Vorschuß, den der Prinz nach Albanien mitgebracht bat, dürfte da nicht allzulange reichen. Für sich selbst verbraucht er das wenigste. Er hat sich, wenn die darüber verbreiteten Meldungen stimmen, eine „Zivilliste" vorbehalten, die noch nicht einmal dem Gehalt eines aktiven Generalmajors entspricht. Die ganze Hof haltung geht also aus seiner höchst privaten Tasche. Viel leicht sind noch rund 10 Millionen Mark von dem Pump der Großmächte verfügbar, und das ist schnell zu Ende. Alle Welt rechnet damit, daß die Taufpaten ein- springen werden. In der Tat wird zwischen Italien nnd Osterreich-Ungarn die Lage Albaniens natürlich lebhaft besprochen, und am 15. April werden die beiderseitigen Minister der auswärtigen Angelegenheiten Zusammentreffen. Aber wir glauben gut unterrichtet zu sein, wenn wir sagen: die Großmächte insgesamt denken nicht daran, etwa eine gemischte Armee, wie seinerzeit in den Boxerfeldzug nach China, gegen die Griechen in Lmdalbanien zu ent senden. Das Land soll selber seinen Befähigungsnachweis im Kampfe erbringen. Das wissen natürlich auch^die Griechen, denn wenn sie sich wirklich einem energischen Willen Gesamteuropas, hinter dem Armeekorps stünden, gegenübersähen, so würden sie anders auftreten. Die „heiligen Bataillone" von Epiroten, die jetzt zu Albanien gehören, sind nicht einfache Freischärler ohne Führung. Es sind lauter griechische, national-griechische Offiziere, die an ihrer Spitze stehen. Auch unter den Mannschaften befinden sich gediente griechische Soldaten, die für ihr Vaterland den Süden Albaniens gewinnen möchten. Bewaffnete Bauern könnten allenfalls das Gewehr gebrauchen, aber die Aufständischen vor Koritza haben auch Kanonen. Genau so, wie es die Griechen in Kreta und anderswo gemacht haben, machen sie es jetzt hier: es wird ein Aufstand überall dort angezettelt, wo auch nur eine starke Minderheit griechisch sprechender Be völkerung sich befindet, und das national zerklüftete Albanien befindet sich da in übler Lage. Der „Mbret", der 5 inig, hat gerade einen Monat Zeit gehabt, sich an Durazzo zu gewöhnen und muß nun in das Feldlager, sein neues Reich erst zu schmieden; das hat der bisherige Potsdamer dritte Gardeulan sich noch vor wenigen Monaten nicht träumen lassen, als Kaiser Wilhelm — es ihm vorher sagte. Aber — vielleicht freut er sich auf diese Leistungsprüfung. Oe/nmE/s. Präsident poincare als 2euge. Zur Mordaffäre Caillaux. Paris, 6. April. Der beispiellose, noch nicht dagewesene Fall, daß ein Staatsoberhaupt, Monarch oder Präsident, gewissermaßen vor den Schranken des Gerichts erscheint und sein Zeugnis ablegt, ist hier zum ecstenmale zu verzeichnen. Präsident Poincare ist in der Mordaffäre der Frau Caillaux vom hiesigen Gerichtspräsidenten im Elysöe unter Eid als Zeuge vernommen worden. Die Verneh mung erfolgte auf Wunsch von Caillaux. Anfänglich schien die Sache gar nicht so einfach zu sein, besteht doch nach Recht und Verfassung keine Möglichkeit, ein eidliches Vernehmen des Staatsoberhauptes herbei- -muhren, und der Justizminister befand sich, als er von der Gerichtsbehörde um seine Entscheidung angegangen wurde, in keiner geringen Verlegenheit, aus der lyn indessen Poincare dadurch erlöste, daß er sich freiwillig zur Aussage bereit erklärte. „Ich habe wie jeder Bürger", sagte der Präsident, „die Pflicht, die Wahrheit zu sagen, wenn es die Justiz erfordert!" Der Ministerrat am Tage der Tat. Nach der Aussage Poincares fand am 16. März, wenige Stunden vor dem von Frau Caillaux verübten Anschlag, im Elysöe ein Ministerrat statt. Vor seinem Beginn bat Caillaux den Präsidenten der Republik um eine private Unterredung. In großer Aufregung erzählte Caillaux, er wisse aus bester Quelle, daß Privatbriefe, welche er an seine Frau geschrieben babe, als diese noch die Gattin eines anderen gewesen sei, dem „Figaro" übergeben worden seien, und Calmette die ! Absicht habe, diese Briefe zu veröffentlichen. Poincare ; entgegnete mit großem Nachdruck, daß ihm eine solche > Vermutung durchaus unbegründet scheine. Er kenne Calmette als Ehrenmann. Calmette würde niemals einen Brief veröffentlichen, der die Frau des Ministers ins Spiel hineinzerre. Caillaux erklärte, daß die Personen, die ihn verständigt hätten, sich nicht irren tonnten. Übrigens lägen bestimmte Anzeichen vor, daß diese Ver öffentlichungen gegen ihn vorbereitet würden. Habe doch Calmette in der neuesten Nummer des „Figaro" einen Artikel gegen ihn veröffentlicht unter dem Titel: „Komisches Intermezzo", Biographische Notizen über „Jo" von Herrn Josef Caillaux. Das Wort Intermezzo deutete darauf hin, daß noch etwas kommen werde, und dieses Etwas wären die intimen Briefe. Caillaux drohte, Calmette z« töten. Poincare versuchte, den hochgradig erregten Caillaux zu beruhigen und forderte ihn auf, sich nochmals zu er kundigen. Caillaux erhob sich und rief mit zorn- und angsterfüllter Stimme: Wenn Calmette so etwas tut, dann töte ich ihn! Nachmittags begab sich Minister präsident Doumergue zum Präsidenten der Republik, um mit ihm über Angelegenheiten der auswärtigen Politik zu beraten. Nach einigem Zögern berichtete Poincare dem Ministerpräsidenten die von Caillaux aus gesprochenen Befürchtungen und Drohungen, worauf Doumergue erwiderte, er werde alles ausbieten, um Caillaux zu beruhigen und eine unüberlegte Handlung zu verhindern. Aber bereits als Doumergue das Elysee ver ließ, begab sich Frau Caillaux in die Redaktion des -Figaro", wo bald daraus der tödliche Schuß gegen Calmette fiel. Im übrigen erklärte Poincare noch, daß er die von Caillaux oor dem Untersuchungsrichter ge machten Aussagen in vollem Umfange bestätigen könnet Albanien in Massen! Zählung sämtlicher Wehrfähiger. Turazzo, 6. April. Die albanische Regierung hat angeordnet, daß in sämtlichen Bezirken eine möglichst genaue Zählung aller Wehrfähigen unverzüglich vorgenommen werden soll. Im Anschluß daran werden dann sofort die Eiuc erufuugs- befehlc ergehen. Besonders die Mohammedaner strömen bereits, ohne erst den Befehl abzuwarten, zu den Waffen und marschieren in großen Haufen nach dem bedrohten Epirus Aus dem nördlichen Epirus sind von albanischen Re gierungsbeamten Telegramme eingelaufen, welche besagen, daß die albanische Gendarmerie außer mit Komitatjchis jetzt auch mit Banden zu kämpfen habe, die aus regulären griechischen Truppen gebildet seien. Es kämen auf feiten der Aufständischen Geschütze und Mitrailleusen zur Ver wendung, die von griechischen Artilleristen bedient würden. Verkaftung cies Attentäters von Vebrecrin. Auslieferuugsverkaudluugen. Budapest, 6. April. Das furchtbare Bombenattentat auf den Bischof Miklossy von Debreczin. bei dem das ganze bischöfliche Palais zerstört und drei Personen getötet, acht verletzt wurden, ist noch in aller Erinnerung. Der Verdacht lenkte sich auf den Studenten Katarau aus Bessarabien. Der Student Katarau ist nun in iisküb auf Grund seines Signalements verhaftet worden. Die Aus- iieferuugsvcrhandlungcn mit Serbien find sofort cin- gelcitet worden. Des Helfershelfers des Katarau, eines gewissen Kirilow, ist man bis heute noch nicht habhaft geworden. Vermutlich ist er nach Rumänien entflohen. Auf die Er greifung der Verbrecher war eine Belohnung von 10 000 Kronen ausgesetzt worden. ^uanfckikai als Alleinkerrleben. Auf dem Wege zum Thron. Peking, S. April. Der neue Verfassungsentwurf, der jetzt fertiggestellt ist. überträgt fast die gesamte Staatsgewalt auf den Präsidenten Juanschikai. Der Präsident ganz allein ent scheidet über Krieg und Frieden, schließt Verträge, hat das Oberkonunaudo über Armee und Marine, ernennt die Ge sandten und ist berechtigt, neue Ämter zu schaffen, Beamte zu befördern oder zu degradieren. Außer für den Beraterhof, das Reichsverwaltungsgericht und die Rechnungskammer kann der Präsident neue Verordnungen erlassen. Während eines Krieges oder kriegsähnlichen Zustandes kann er die Freiheit der Bevölkerung be schränken. Schließlich kann der Präsident Belohnungen gewähren und begnadigen. Der Vizepräsident unterstützt den Präsidenten in der Verwaltung und vertritt ihn in seiner Abwesenheit. __________ Potitilcke Aundsekau. Veutlcke» Keick. * Zur erleichterten Prüfung für Einjährig-Freiwillige sind jetzt auch die Wiesenbauschüler zugelassen worden. Und zwar wurden durch Ministerialverfügung die Wiesen bauschulen in Siegen (Westfalen), Schleusingen (Provinz Sachsen), Königsberg i. Pr., Süderburg (Provinz Hannover) und Bromberg im Sinne des 8 89, 6a Wehrordnung (sogenannter Künstlerparagraph) den staatlich unterstützten Fachschulen gleichgestellt. * Für eine Änderung des Weingesetzes hat sich nach langen und eingehenden Beratungen die Hauptversammlung des Weinbauvereins der Provinz Rheinhessen und der Bergstraße ausgesprochen. Besonders wird eine Änderung des 8 3 des genannten Gesetzes gewünscht. Die Abgeottmeten des Vereins im deutschen Weinbauverband sollen für die Erhöhung der Alkoholgrenze bei geringeren Weinjahren stimmen. Sollte dieser Antrag im Verbände nicht an genommen werden, so sollen die Delegierten für die Er höhung des Zuckerungsgehalts bei geringen Weinjahren von 20 auf 25 Prozent stimmen. Ferner sollen sie für den Deklarationszwang deutscher Verschnitte in- und aus ländischer Weißweine und für die Erhöhung des Wein zolles um ein Drittel der jetzigen Höhe eintreten. -b Über den augenblicklichen Stand der sozialdcmo- kratischen Partei macht die Parteileitung jetzt nähere Mitteilungen. Danach hat die kürzlich veranstaltete sogenannte „Rote Woche" der Partei 140 096 neue Mit glieder und 82 537 neue Abonnenten der Parteipresse ge bracht. Nach den Angaben des Parteivorstandes für den vorjährigen Parteitag betrug am 31. März 1913 die Zahl der Abonnenten der sozialdemokratischen Parteipreffe in Deutschland 1465 212 und der eingeschriebenen Mitglieder der sozialdemokratischen Partei 982 850. Der Entwurf eines Fischereigesetzes, der dem preußischen Abgeordnetenhause zugegangen ist, zerfälli in elf Abschnitte mit 127 Paragraphen. Diese betreffen das Fischereirecht, die Fischereigenossenschaften, die Fischerei bezirke, die Einführung des von den Fischereikreisen dringend gewünschten Fischereischeines nach dem Vorbild der bayerischen Fischerkarte, den Schutz der Fischerei, die Fischereibehörden. Der Entwurf will für die als offene Gewässer bezeichneten Fischgewüffer die Möglichkeit schaffen, zielbewußte Maß nahmen zur Verbesserung des Fischbestandes und zur vollen Ausnutzung des Gewässers zu treffen und hierdurch namentlich den östlichen Landesteilen eine Bewirtschaftungs- weise eröffnen, die zu einer Vermehrung und Verbesserung der für die Bevölkerung immer unentbehrlicher werdenden Fischnahrung führt. 4- Der erwartende Wechsel in» Kölner Polizeipräsi dium ist nunmehr erfolgt. Dem bisherigen Polizeipräsi denten von Woegmann wurde unter Verleihung des Kronenordens zweiter Klasse der erbetene Abschied aus dem «Staatsdienste erteilt. Zu seinem Nachfolger wurde der Landesdirektor der Fürstentümer Waldeck und Pyrmont von Glasenapp ernannt. Herr von Glasenapp ist bereits mit einer Kommission aus dem Ministerium des Innern in Köln eingetroffen, deren Aufgabe es ist, die Umgestaltung der dortigen Polizei nach dem Muster der Berliner Polizei durchzuführen. Der Wechsel ist als eine Folge der bekannten Unregelmäßigkeiten in der Kölner Polizei verwaltung anzusehen. * Der Kaiser von Österreich hat sich eine leichte Er kältung zugezogen und muß auf Rat seiner Ärzte daS Zimmer hüten. * Die Kaiserin-Witwe von Japan ist an einem schweren Nierenleiden bedenklich erkrankt, so daß man mit ihrem Ableben rechnen muß. KulttLUck. X Von einen» angeblichen deutschfeindlichen Schritt der russischen Regierung berichtet ein manchmal gut unterrichtetes Petersburger Blatt. Danach soll nämlich als Folge der deutsch-russischen Preßfehde beabsichtigt werden, alle Bestellungen der Ministerien für Wegebauten, des Krieges und der Marine nunmehr England, Frank reich und Belgien zu übertragen. Die Bestellungen, die bereits an Deutschland vergeben waren, sollten rück gängig gemacht und ebenfalls den genannten Staaten