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Uaunhofer Nachrichten 25. Jahrgang. Sonntag, den 29. März 1914. Nr. 38. Der Leipziger Männerchor in Wien. Wien, am 26. März 1914. Empfang im Rathause. Die Aufnahme der Leipziqer Sänger in Wien wird für den Männerchor von ewig dauerndem Wert bleiben. Am Mitt woch mittag waren die Mitglieder des Leipziger Männerchors Käste der Stadt Wien. Nach Bestchtiaung der städtischen Sammlungen und der Festräume des R'thauieS versammelten sie sich im Stadtratsfitzungssaal, woselbst Büraermetster Dr. Wesskirchner und seine Gemahlin, unterstützt von Vize- bürgermeister Hierhammer mit Gemahlin und Vuebürgermeister Host, in liebenswürdigster Weise die Gäste empfingen. Von Wiener Persönlichkeiten hatten sich eingesunden: der sächsische Gesandte Graf Mx mit dem Attacke Freiherrn v. B> schwitz und Geheim st kretär Schmidt, UnterrichtSminister Dr. R'tter von Hussarek, Minister a. D. Dr. v. Wittek, die Mitglieder des GtadtrateS, die Schrififtthrer Philip und Stanqelberger und j"ve Gemeinderäte, welche als Abordnung der Stadt Wien zur Weihe des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig delegiert worden waren, der deutsche Generalkonsul Freiherr v. Liebieq und Konsul v. Vivenot, Statthaltereivizepräfident Hofrat Wagner v. KremStbal, Polireipräfidentstellvertreter Freiherr v. Gorup, Hofrat Ierab^k, Ministerialrat i. P. Dr. Ritter v. Schauenstein, Bahnhofvorstand kaiserlicher Rat Zawandil, Architekt Professor Kunffckk, Schau spieler Schreiber vom Deu schen Volkstheater, eine Deputation de« Vereines deutscher Reichsanaehöriger in Wien, die Kompo nisten Stöhr und Reiter, die Ekrenchormeister Kremser und Kirchl, die Cbormeister Lu re, Keldm fer, Führich und Gön l, von der Gesellschaft der Musikfreunde Vizepräsident Dr. Kraus, Generalsekretär Lafite und Bureauvorstand Krumpholz, vom Deutschen Sänaerverband Generalsekretär Hofmann, vom N'eder- Merreichischen Sängerbund Vorstand Jaksch, Stellvertreter Prof. Dr. Mayr, von Wiener Sängerverband Vorstand Winter und Vmstandstellvenreier S'adtrot Kleiner, vom W'ener Männer gesangverein Vorstand Dr. Krükl, Stellvertreter Baurai Rechter und Schriftführer Klaus, vom Schubertbund Vorstand Janisch und Sangrat Allram, vom Gesangverein österreichischer Esen bahnbeamten Vorstand Proch und Stellvertreter Fischmeister, vom Wiener Singverein VorstandstellveNreter N sky, kaiserlicher Rat Dr. Dillmann, Professor Winkler und Jofif Riner v. Haupt, Ebrenvorstand Fitzmann, vom Mustkvädagogischen Verband die Präsidenten Profi fsor Wagner, Piofiffor Dittrich und Direktor Kaiser, vom Leopoldstädter Männeraefangverein Vorstandsmit glied Cowczka und Hübner, vom Mariahilfer Männergesang verein „ArminiuS" zweiter Vorstand Theodor Kleiner, Lhor- meister Profissor Mirus, Schriftführer Geipel und Notenwart Gruber und Delegierte vieler andrer Wiener Gesangvereine; ferner vom Magistrate: Obermagistrat Dr. Nüchtern, Buch- daltungsdirek'vr Stieber, Oberbaurat Dr. Kinzer, Oberstadt- pbyfikuS Dr. Böbm, StadipbyfikuS Dr. Friedl, Piäfidialvorstand Formanek. Magistraissekretär Böttger, Stadtgartendirek'or Hybler usw. Auf Einladung des Bürgermeisters Dr. Weisk rchner be gaben sich die Gäste, unter denen sich auch 20 Leipziger Damen befanden, in den F' stsaal, woselbst Rachauskellerwirt Dombacher ein wienerisches Frühstück berei'gestellt hatte. Die Tafelmusik besorgte die Kapelle des rumänischen Hofkapellmeisters C. W. Drescher. Während des Mahles hielt Bürgermeister Dr. WeiS- kirchner den ersten Toast. In den Oktobertagen des Vorjahres war es einer Abordnung des Wiener Gemeinderates beschieden, der Weihe des Völkerschlachl- denkmals in Leipzig anzuwohnen. Die Weihe war die Krönung einer Arbeit, wie sie gewaltiger und großartiger in deutschen Landen nie zuvor ins Werk gesetzt worden war. Mächtig ergriffen und tief bewegt standen die Vertreter der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien am Fuße des gigantischen Denkmals und schauten hinaus auf das weitbreite Feld, aus dessen blukgedüngten Schollen des deutschen Volkes herrlichster Frühling sprotzte. Wahrlich, es war der Geist der Völkerschlachten, der uns Wiener und die Kunderttausende deutscher Volksgenossen bis ins Innerste ergriff und ein Jahrhundert des Stromes der Zeit zu überbrücken schien, Unvergeßlich wird uns bleiben, wie dann aus der Menge ein mächtiger Choral emporstteg zu dem Kerrn, der über die Geschicke der Throne und Völker ge bietet, und die Geister all der Kelden, die vor einem Jahrhundert sür die Ehre und den Ruhm der deutschen Nation gefallen, sie schienen in dieser Weiheslunde sich niederzusenken, um die dankbaren Engel zu segnen, die in Treue zu ihren Vätern die Flammen heiliger Begeisterung nicht erlöschen lassen und die Psade deutscher Ehre, deutscher Kraft und Gröhe zielbewuhl weiterschreiten. Deutschlands erhobener Kaiser, der Sachsen König und Oesterreichs geliebter Thronfolger standen damals mit uns vor dem Denkmal deutschen Sieges und reichten sich, durch jahrelange Freundschaft verbunden, die Bruderhand. Und so wie das Denkmal, das deutsche Kraft und deutsche Arbeit geschaffen, die Stürme der Jahrhunderte überdauern wird, so möge auch das Bündnis unsrer edlen Fürsten untrennbar Deutschlands und Oesterreichs umschlingen. (Lebhafter Bei fall). Vor wenigen Tagen haben Leipziger und Wiener vereint ihren Kaisern gehuldigt. Im Bewuhtsein, dafz die Treue zum Kerrscher der kostbarste Edelstein deutschen Volkstums isl, wollen wir auch heute unsrer erhabenen Monarchen huldigend gedenken: ich lade Sie ein, mit mir einzusltmmen in den Ruf: Kaiser Wilhelm II., König Friedrich August von Sachsen und Kaiser Franz Joses I. sie leben hoch! In die lebhaften Hochrufe der Gäste klangen die Töne der beiden Hymnen, die st-hend angehört wurden. Dr. Weis- kirchner fuhr bann fori: Bürgermeister und Rat der alten Kaiserstadt grüßen im Fest- saal unsres Bürgerhauses aus vollem Kerzen ihre lieben Gäste, die Sänger aus Leipzig. Kürzlich willkommen I rufe ich Ihnen zu. Der Gruß ist um jo herzlicher, als wir uns schon kennen, um so Herz- licher, als der Wiener Gemeinderat Schuldner der Leipziger Sänger ist, welcher unser pietätvolles Gedenken beim Sterbehaule des Fürsten Schwarzenberg zur erhebenden Feier gestalteten. Die Leipziger Sänger haben auch die Wiener Bürger geehrt, da sie mich zu ihrem Ehrenmitglieds ernannten und damit dem Bündnisse zweier großer deutschen Gemeinwesen ein sichtbares Dokument setzten. Kerzlichen Dank für Ihre besonders auszeichnende Ehrung. Kaben unsre großen Feldherrn die Grenze des Reiches geschützt, bemühen sich unsre Staatsmänner, am inneren Gefüge der Reiche zu bauen, sorgen Gewerbe und Kandel für Wohlstand und Blühen, so dienen die Sänger den Idealen unsres Volkes, und was sie von den Vätern ererbt, sie wollen es als heiliges Erbe Enkeln und Urenkeln überantworten. Weh dem Volke, das seine Ideale preisgibt! Aus dem Sumpse des Naturalismus blüht keine Wunderblume der Be geisterung! (Lebhafter Beifall.) Und darin lieg! die hohe nationale und kulturelle Aufgabe deutschem Sanges, des Sanges von allem Sützen, was Menschenbrust durchbebt, des Sanges von allem Kohen, was Menschenherz erhebt! Und all die Sänger in deutschen Gauen, sie find nicht bloß durch den Gleichklang der Sprache und des Liedes verbunden, — ein unsichtbares Band umschlingt sie alle zu einer Gemeinschaft, die keine staatlichen Schranken kennt und die nach ungeschriebenen Ge setzen sich dem Edelsteine der Frau Musika verpflichtet Kat. (Leb hafte Keilrufe.) Und der Lohn für diese Verpflichtung? Das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet. Mögen die Leipziger Sänger sich in unsrer Stadt der Lieder und der Lieder fürsten wohlfühlen, mögen sie die Versicherung mit sich nehmen: Wien bleibt dem deutschen Liede treu. (Stürmische Keilruse.) Meine Wiener lade ich ein, die Gefühle unsres Kerzens in einen volltönenden Akkord zu vereinigen, der ausklingt in den Ruf: Unsre lieben Freunde aus Leipzig leben hoch! Die Wiener Gäste brachten stürmische Hochrufe aus. Der Vorstand des Leipziger Männerchors Rechtsanwalt Brecht, der nunmebr das Wort ergriff, bemerke, daß die letzen Jahre des Vereinslebens vollständig von einem Wort erfüllt waren, und dieses eine Wort war Wien. Wir wollten in die Kaiserstadt ziehen, um klasfischen musikalischen Boden zu betreten, um dort neue Begeisterung für die Mufik zu schöpfen. Der herrliche Empfang, der uns hier bereitet war, ließ unsere Herzen böbex schloßen. Es ist uns nicht möglich, die Eindrücke, die wir hier empfingen, noch in Wien selbst zu verarbeiten, wir müssen erst nach Hanse kommen, um all das rubig zu über denken. Wir fanden in Wien die Wunderblume Begeisterung, wie sie in so vollendeten Schönheit eben nur in Wien blübt. Ich kann Sie nur versichern, daß wir auch in völkischer Be- ziebuna ste'S rnsammensteben werden, daß unserm Herzen nichts böber st-bt, al? mit den Wienern vere'nt zu sein. Wir beiden S'ädte streben ja nach dem Ideal, welch S in der richtigen Form nur der Deutsche kennt. Wir batten beute eine gemeinsame Vorstandsfitzung, in welcher die allgemeine Meinung dahin zum Ausdruck gelangte, daß wir unsern Donk nicht bester abstatten können, al? daß wir Ihrem unstüblichen Liederfürsten Schubert in Leipzig ein Denkmal errichten. (Anhaltender Bei fall). Der Stadt Wien aber erlauben wir uns als bescheidene Gabe eine Nachbildung Beethovens, von dem größten Sobne Leipzig«, Max Klinger auSaefübrt, zu übermitteln, und sch bitte meine Sangesbrüder aus Leipzig, als Huldigung ein musikol'sches Hoch auSzubringen. Die Leipziger Sänger sangen nun das Hoch, welches in dem weiten Saale einen klingenden Widerhall fand. Das Plastikum, welches Vorstand Brecht überreichte, ist eine außer ordentlich gelungene künstlerische Nachbildung der seinerzeit auch in Wien ausgestellten Kolostilfigur Beethovens in Bronze auf einem Marmarsackel und trägt eine auf den Anlaß der Widmung hinweisende Inschrift. Der Vorstand des Wiener MännergesangvereineS, Dr. Krükl wies auf die Gemeinsamkeit bin, welche zwischen Wien und Leipzig besteht, daß in beiden Städten vor hundert und vor zweihundert und vierhundert Jahren die Feinde der Nation deutsche Hiebe zu spüren bekamen. Er pries sodann die Gast freundschaft der Stadt Wien. Stadtrat Tomola brachte sodann ein Hoch auf die Leipziger und Wiener Frauen sowie die deutsche Frau über haupt aus. ! Der Leipziger Männerchor brachte sodann unter der Leitung seines Ebrenchormeisters Wohlgemuth mehrere Cböre, darunter das schon bekannte „Graduale", zum Vortrag. Auch das Leipziger Vokasquartett ersang sich mit zwei Chören den allgemeinen Beifall der Versammelten. Während des Konzertes wurden seitens der Stadt Wien an jeden Leipziger ein elegantes Zigarrenetui mit Inhalt als Andenken verabreicht, außerdem wurden Ansichtskarten von der Stadt zur Verfügung gestellt. Die Stimmung war schließlich derart, daß die Leipziger mit den anwesenden Wiener Damen und andererseits die Wiener Sänger mit den Leipziger Damen in den großen prächtigen Seitenaänaen des RathaursaaleS zum Tanz aufforderten, dabei floß tatsächlich der Wein in Strömen, bis die Scheidestunde zum Aufbruch mahnte. Auf dem Bahnhof wurde dann gegen 6 Ubr zum letzten Male die Bruderhand zum Abschied gereicht. Beide, Wiener und Leipziger waren ein einzig einig Volk von Brüdern. 2. Ueber die Ankunft deS Leipziger MännerchorS in Leipzig berichten die L. N. N. wie folgt: Reich geehrt und mit dem stolzen Bewußtsein, eine künst lerisch erfolgreiche Tat glücklich vollfübrt zu baden, ist der Leipziger Männerchor Donnerstag früh ^9 Ubr im Sonder- zuae wieder wohlgemut aus Wien in der Heimatstadt einge troffen. Ein^ große Zahl von Verwandten, B kannten und Verehrern der ruhmgekiönten Sänaerschar hatte sich mit duf tenden Blwwnsvenden auf dem Bahnbofe versammelt und ent bot den Heimkebrenden einen jubelnden Gruß der Freud" und de? W'> deiseben?. Da gab es ein nicht endenwollendeS Fragen nach allen einzelnen Begebenheiten der Sängerfahrt und die von der langen Film ermüdeten Sänger hatten ihre liebe Not, den fie mit Fragen bestürmenden Bekannten Rede und Antwort zu stellen. Hier wurde es erst bekannt, daß der erste Vorsitzende des MännerchorS, Rechtsanwalt Brecht von Kaiser Franz Joseph den Orden der eisernen Krone dritter Klaffe erhalten hat. f)umor im Aeickstag. Eine Blutenlese aus der letzten Zett. Das „Hohe Haus" am Königsplatz in Berlin gilt bei den Zuhörern im Lande nur als eine Stätte ernster Arbeit, energischer parteipolitischer Kämpfe und hochragender Würde. Die überwiegende Mehrheit des Volkes und der Wähler macht sich vom Reichstag und ferner parla mentarischen Arbeit ein vielfach idealisiertes Bild. Der wissensdurstige Mann, der bei einem Besuch der Reichs- hauptnadt Gelegenheit hat, durch einen freundlichen Zufall eine Einlaßkarte für die Reichstagstribüne zu erlangen, wird, wenn er nicht gerade das seltene Glück hat, einem der wenigen „großen Tage" beizuwohnen, von den im Reichstag gewonnenen Eindrücken oftmals enttäuscht sein. Der gelegentliche Reichstagsbesucher sieht nur das durchschnittliche Bild: irgendein Redner der dritten oder vierten Garnitur (so nennt man in der Parlamentssprache die Redner, die zu einem Gegenstand sprechen, der schon von einem oder mehreren ihrer Parteikollegen behandelt ist) spricht vor einem fast leeren Hause. Und wenn der Besucher dann anderen Tages seine Zeitung zur Hand nimmt und im Reichstagsbericht Stellen findet, an denen ein „Sehr richtig" oder „Heiterkeit" vermerkt ist, dann wundert er sich, daß er von alledem gar nichts gemerkt hat. Sie sind ihm einfach verloren gegangen in der im Hause herrschenden Unruhe, und nur die fleißigen Steno graphen oder die Presse-Berichterstatter, die für die eigent lichen Untertöne der parlamentarischen Verhandlungen ein durch die Praxis geübtes Ohr haben, fangen die kurzen Zwischenrufe auf, die das Einerlei der Verhandlungen sondern auch die den Nachweis, dal turrenzsähig sind. Ministerialdirektor K sie auf diesem Gebiete durchaus kon- So betonte vor einigen Wochen der Dr. Caspar: „Die Frage der Binnen ¬ schiffahrt muß stets im Fluß bleiben." Und sein Kollege v. Jonquiöres erklärte mit Bestimmtheit: „Wir müssen die Nord- und Ostsee ihren eigenen Weg gehen lassen." Man sieht aus dieser kleinen Blütenlese, daß der Humor noch immer zu seinem Recht zu kon,men weiß, und wenn er sich dieses Recht selbst in dem hohen Hause verschafft, das der Abgeordnete v. Naumann einmal svöttelnd die „Halle der Wiederholungen" genannt hat. greisen im Schwang der Rede oft zu kühnen Bildern, Regierungsvertreter erbringen zuweilen hier und da ein wenig beleben. Und doch: bei allem Ernst und bei aller Sachlichkeit der Erörterungen bieten selbst die nüchternsten Tage un Reichsparlament dem aufmerksamen Beobachter manches Interessante. In diesem hohen Hause hat auch der Humor und sogar der nicht ganz freiwillige Humor Daseinsrecht. Fast jede Sitzung wird ihm pflichtig, und wenn der selige Wustmann noch unter den Lebenden weilte, er würde zu einer raschen Vermehrung seiner Bücherausgaben allein durch die oft seltsamen Redsblüten im Reichstage Gelegen heit haben. § ! Dem auf dem parlamentarischen Parkett sicher sehr gewandten volksparteilichen Abgeordneten Goth ein passierte es kürzlich, daß er sich zu folgendem etwas kühnen Bilde verflieg: „Der heilige Immanuel Kant würde sich ob dieser Logik der Regierung im Grabe um drehen, wenn er noch lebte." Ein Redner der äußersten Linken beklagte jüngst bei den Kolonialdebatten, daß es in Südwestairika die weißen Arbeiter nicht viel besser haben, als die „schwarzen Neger". Dem konservativen Abgeordneten Dr. Oertel quittierte das Haus mit schallender Heiterkeit, als bei der letzten Beratung des Reichs-Eisenbahnetats seine Rede mit den Worten begann: „Ich fühle ein menschliches Bedürfnis ..." Bei der Beratung der Gewerbenovelle wegen Neuregelung der Sonntags ruhe meinte der Sozialdemokrat Dr. Quarck-Frankfurt: „Wenn jemand am Sonntag früh gestorben ist, so hat er doch wir lich Zelt, sich bis Montag früh einen Grabstein zu bestellen." Reichlich drastisch pflegt der sozialdemokratische Abgeordnete Krätzig in seinen Redeblüten zu sein. Bei der Beratung einer Petition über Verschärfung der Strafen be: Streikausschreitungen äußerte er sich: „Der Streikgendarm ist der Nagel, an dem demnächst das Koalitionsrecht der Arbeiter ausgehängt werden soll." Und bei einer andern Gelegenheit meinte er: „Wir sind der Meinung, daß die Junker nicht ein werbendes, sondern ein freuendes Inventar der deutschen Volks" Vertretung sind." Der Zeutrumsabgeordnete Dr. Becker-Köln ver sicherte: „DaS rheinische Pserdematerial ist auf heimischem Boden gewachsen und schon mehr ach durchgesiebt worden." Und der sozialdemokratische Abgeordnete Dr. David er klärte bei einer anderen Gelegenheit: „AuS praktischen Gründen schon treten wir nicht auf den Boden des Ab geordneten Alpers." Aber nicht bloß die Abgeordneten Spekulation auf äie — Glatren. Won unserem medizinischen Mitarbeiter.) München, 1. Dez. Das Verfahren, das dst kiesige Staatsanwaltschaft gegen die Er stchaft „Energos" eingeleitet hat, soll de... Vernehmen nach auch auf eine Anzahl von Ärzten ausgedehnt werden, die günstige Atteste für „Energos" ausstellten. Die Gesellschaft vertreibt einen Kamm, der den Haarschwund aufhalten soll, für den Preis von 25 bis 35 Mark. Der Kamm soll in Wirklichkeit einen Wert von 95 Pfennigen haben. Man hat den gestrengen Staatsanwalt so oft als „haarig", sogar als „borstig" bezeichnet, daß man sein Interesse für Haarmittel durchaus verstehen kann. So hat er denn neuerdings an einem „elektrischen" Apparat zur Beförderung des Haarwuchses ein Haar gefunden, eben weil bei den Huuderttausenden der Kahlköpfe, die auf die Reklame hineinfielen, auch nach eifriger Elektri sierung keine Haare gefunden werden konnten. Der Staatsanwalt beabsichtigt diesen Unfug jetzt (wenn der Ausdruck erlaubt ist) am Schopfe zu fassen. Er will sich jetzt die Leute ansehen, deren Photoaravkien die Anzeigen