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klarer und leuchtenderzu werden. Die niedrigen Stuben werden zu Kesträumen, in denen viel Glan; ist. Zwar es fehlt der nor dische Weihnachtsbaum im Lande Jesu; die Lichter stecken nicht m duftigem Grün, sondern in hohen, fremdartigen Leuchtern, auf bloßen Brettern oder in allerhand primitiven Geräten, aber es ist doch seltsam still und feierlich in ihrem zunehmenden Glanze. Jetzt kommt die Stunde, wo sich alles aufmachen wird zu Christi Geburlskirche, die da ernst, hoch, fast drohend wie eine ' Kestung am Marktplatz von Bethlehem steht, die älteste Kirche der Christenheit, von unvergleichlichem Ruhm umweht. Schon seit dem zweiten Jahrhundert steht sie da - über dem Ort, an dem Maria das Kind in die Krippe legte, „denn sie hatten sonst keinen Naum in der Herberge" Da schimmert sie auf im Sternen licht der große Platz, auf dem sonst bunte Marktszenen spielen, auf dem sonst Kamelkarawancn rasten und Handelsvolk aller Art wimmelt, liegt in Schweigen da. Ich schreite durch die kleine, Eingangspforte der Kirche (die man so niedrig machte, weil man § verhindern wollte, daß in den Sarazenenzeiten die Mauren in ' die Kirche Hineinritten!) und stehe in der nur spärlich erleuchte ten, in ihrer Schmucklosigkeit ergreifenden Basilika, durch deren Säulenhalle Wcihrauchdufl weht. Priester neigen sich am Al tar Chorknaben ziehen vorbei eine kleine Menge hockt schon abseits an den Betstühlen. Am Altar stammen letzt hohe Kerzen auf - ich aber steige m die Krypta hinab, in diese unter irdische Höhlenwelt, in der der heilige Josef und der heilige Hieronymus ihre Kapellen hüten und das Allerheiligstc dieser Kirche ruht: die Geburtskrippe. In der Krypta weicht das geheimnisvolle Dunkel jetzt auch dem Licht der fünfzehn silbernen Lampen - im Kußboden aber glänzt plötzlich ein herrlicher Silberstern magisch auf. Seine Inschrift soll die Stätte von Christi Geburt bezeichnen, und er ist von den Küssen der Gläubigen noch glänzender geworden. Hier ist der Ort, an dem der Ausgangspunkt icner großen Bewegung gedacht ist, die eine ganze Well aus den Angeln hob. Hier ist der Mittelpunkt dieser neuen Welt Ich kehre in die Kirche zurück; sie ist letzt ganz erfüllt von einer festlich gestimmten Menge, mbelnd steigt das Hosiannah in die Höhe Wie breite Wogen ziehen die Akkorde durch die altrömischen Säulenhallen, die einst in den Tempeln der Heiden prangten. Hinaus in's Kreit zieht's mich, aus das begrünte Keld vor der Stadl, über das jetzt die Sterne wandern. Das Keld der Hirten, denen die himmlischen Heerscharen einst große Krcude verkünde ten. Der Duft von Thymian und Myrrhen zieht durch die Nacht; aus der Geburlskirche Christi dröhnl Orgelklang herüber, in der ganzen Kunde breilel sich ein großes Leuchten, es ist uns, als wür den alle die alten Wunder wieder lebendig. Kelix Lorenz. Der Reiter im Taunus. Sage aus dem Ivjähriqcn Krieg von Heinrich Goeres. einem Menschenalter raste die Kriegsfurie über deutsches Land. Mord war ihre Spur,und Grausen folgte ihrem Wege. Jedermanns Hand hob sich gegen jedermann. Wen das Schwert nicht fraß, den würgte Siechtum. Das Keich war eine Totenkammer, in der die Lanzenknechlc wüste Grablieder sangen. Da ritt am frühen Winterabend ein Gewappneter feldein. Ein deutscher Rittmeister, der zuletzt unter dem Schwcdcnfeldherrn Wrangel focht. Gekränkt durch vermeintliche oder wirkliche Zu rücksetzung, wollte er zu den Kaiserlichen stoßen. Mit einigen An hängern entwich er dem Winterlager, gab den Gesellen jedoch besondere Richtung, damit sie nachsetzcnden Spähern entgingen. Das Beste seiner Habe führte er in festem Lederbeutel am Sattelknopf mit sich, perlcnichnüre, die einst auf weißen Kraucn- nacken prangten, goldene Spangen, zerdrückte Kelche aus ge plünderten Kirchen, Ringe und edle Steine aus verbrannten Schlössern und von gefallenen Gegnern. Der Eisenhut baumelte am Bugriemen, die Schneide der Wehr schlitterte lose im Ge hens, die rechte Hand lag auf dem Kolben des Keuerrohrs. Der Wind, der tagsüber Schneestaub auf Mann und Gaul getrieben, schlief ein. Unverdrossen stapfte der Grauschimmel durch die weißgeschneiten Taunustäler. Hier und da starrten seitwärts verkohlte Sparren im Zwie licht. Schwarz drohten die Kclskuppen, und schweigend trauerte der Wald. Des Reiters narbcnzcrrissenes Gesicht hing verdrossen über dem Brustharnisch. Rui die Brauen zuckten mitunter em por. Dann schossen die Blicke des Kriegers voran gleich raubcn- ! den Kalken, bereit zu Angriff und Abwehr. Der Weg engte sich, kroch durch krüppeliges Unterholz in den Korst. Eine Eule kreischte, fern bellten Küchse. Kalt, uner- schütlert, finster zog der Ritter, ein Lüd des Schicksals, das seit Vätergedcnken die Menschen und ihr Glück zertrat. Riedriger hängende Aste streiften das unbedeckte Haupt des Rittmeisters. Er trabte in der Irre. Schon gedachte er zu wenden, da rief ihn ein zwischen den Stämmen auszuckcndes Klämmlein an. Er setzte die Sturmhaube auf, richtete den Kops des Tieres aus das Licht zu und zog den Sarraß. So gerüstet wand er sich mühsam bis zur Waldblöße. An zwei säulenstarke Kichten lehnte sich eine armselige Hütte. In der Baumrindentür horchte ein Greis ins Kreic, mit rostigem Spieß bewehrt. Gebückt hing er in der braunen Kutte, der Bart wallte zum Gürtel. „Bange dich nicht," sagte der Kremde und schleuderte den Spieß mit Stirnrunzeln zur Seite, „ich will Ouartier." Am nächstenMorgen zerschlug derVater dem kleinen Heinzel eine Ruß aus der Schale. Heinzel aß sie und bat: „Vaterle, gib mir auch eine von den blinkenden Rüssen dort oben, wie muß die erst schmecken." Der Vater belehrte ihn: „Der fleißige Wertmann fertigt Schuhe und Kleider für dich, der Bäcker in seiner dunklen Stube backt Brot für dein hungriges Mäulchen. Der bunte Vogel bereitet dir nicht Mittagessen und Abend milch. Dafür leuchtet sein Gefieder im Morgenlicht, und dein Herz fliegt mit ihm. Ohne die tauben, aber glitzernden Rüsse oben wäre dein Christbäumchen arm-deines Leibes pflegen die groben Gesellen unten in der Schale, die dir Atzung geben. Aus Schauen und Erhalten gestaltet sich das Leben, beides hat gleichen Wert an seinem Ort." Der kleine Heinzel verstand die Rede des Vaters nicht ganz, aber er gab sich zufrieden. wie Sterne un Lichtschein, wir sind feiner als Rubine und To pase, die Augen der Kinder weiten sich wie aufblühende Blumen kelche, wenn sie uns erfassen." In der Tiefe grummelte es. Aus einer Schale mitWallnüssen auf dem Tisch kam das Geräusch. Die dickste unter ihnen sprach: „Wir sind nicht mit Schaumgold und Silberleim bestrichen, aber wir bergen den schmackhaften Kern, den die Kinder lieben. Ihr gebt hohle Pracht statt kerniger Rührung, wir streicheln die Jungen und stillen den Magen." Das wollten sich die Goldenen und Silbernen nicht gefallen lassen, und der Streit tobte heftig. Doch das Mädchen erschien mit der Lampe in der Hand und öffnete ein Oberlicht, ehe es schlafen ging. Wie ein Schwert stieß die Winterluft von draußen herein und zerschnitt alle Unterhaltung. itternacht rief die Porzellanuhr auf demWand- /sims mit feinen nachhallenden Glockenschlä gen. Die Lust im Zimmer stand fast unbe wegt, gesättigt von dem Glanz der vergange nen Stunden. Duft von herben Tannennadeln, geschmolzenem Wachs, süßem Honig und weichem Backwerk vermischte sich und füllte den Raum, wie es einmal im Jahr geschieht, am Christabend. Das fröhliche Volk der Kinder schlief, der Besuch war gegangen, Hausherr und Hausfrau streckten die Glieder in weißen Betten, nur im kleinen Kämmerlein des Mädchens brannte dürftiges Licht. Doch das war fern vom prunkzimmer, wo der breite Kichtenwipfel seine Aste streckte, behangen mit mancherlei puh, mit roten Äpfelchen und goldenen, silbernen Rüssen. Ein Hauch von dem Jubel des Abends schien noch an den Wänden zu klingen. Raunen und Getuschel regte sich, die leb losen Dinge erwachten unter dem schöpferischen Atem der Kreude, der sie einhüllte und burchdrang. Sie rühmten sich ihrerVerdienste. Behäbig knarrte derRadel- baum, die Puppe lächelte kokett und meinte, ihre Geburtsstätle liege im Atelier des genialen Professors, wo im Jahrhundert des Kindes angesehene Puppen zur Welt kämen. Von Schlachten ruhm und Strategie logen die Zinnsoldaten in feldgrauer Uni form, die Kerzen verkündeten mit öligen Worten, daß sie Ab kömmlinge der Sonne seien. Ein Zwergautomobil von ein tausendstel pfcrdekraft mit Gummischnurbetrieb fauchte von den Errungenschaften der Technik. Doch ein schneidender Diskant setzte ein. Die Sprecherin der goldenen und silbernen Rüsse höhnte: „Was wärt ihr alle ohne uns. Wir erstrahlen im Glanz der edelstes Erze, wir hängen Des Kindes Lhristtag. Was ist das doch ein holdes Kind, Das man hier in der Krippen findt? Ach solch ein süßes Kindelein Das muß gewiß vom Himmel sein. Die Krau, die bei der Krippen kniet Und selig auf das Kindlein steht, Das ist Maria fromm und rein: Ihr mag recht froh im Herzen sein. Der Mann, der zu der Seiten steht Und still hinauf zum Himmel fleht, Das mE der fromme Joseph sein: Der tut sich auch des Kindleins freun. Und was dort in der Ecken liegt Und nach dem Kindlein schaut vergnügt, Ein Ochslein und ein Eselein: Das mögen gute Tierlein sein. Und was den Stall so Helle macht, Und was so lieblich singt und lacht, Das sind die fichten Engelein, Die schaun zu Tür und Kenster ein. Sei hochgelobt, du dunkle Zell! Durch dich die ganze Welt wird hell. Klein Kindlein in Mariens Schoß: Wie bist du se unendlich qroßl Taube Nüsse Eine Fabel von Gregorius.