Suche löschen...
Sächsische Elbzeitung : 14.06.1913
- Erscheinungsdatum
- 1913-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787841065-191306142
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787841065-19130614
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787841065-19130614
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Elbzeitung
-
Jahr
1913
-
Monat
1913-06
- Tag 1913-06-14
-
Monat
1913-06
-
Jahr
1913
- Titel
- Sächsische Elbzeitung : 14.06.1913
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
gedacht wurde, zu einem Volksheer geworden, zu einem Instrument, das mir für den Krieg gedrillt wird und nicht znm Markieren des „ersten Staudes" im Frieden. ' Sv hat denn der Kaiser — wenn auch mit schwerem Herzen, denn das preußische Blau war Jahrhunderte hin durch auf allen Schlachtfeldern gefürchtet — noch vor den Franzosen die Umkleidung des Heeres in das unscheinbare Feldgrau befohlen. Man soll das nicht zu gering ein- schähen. Ist doch die „Uniformspielerei", das Anbringen stets nener Lihen und Tressen und Knöpfe, die ureigent- liche Liebhaberei aller Monarchen aller Zeiten, selbst der großen Feldherren unter ihnen, gewesen, Friedrich den Großen und Napoleon nicht ansgenommen. So wie unser eins Briefmarken sammelt oder Rosen züchtet oder Porzellan bemalt. Der graue Mantel, die Feldbinde, der lange Stiesel, die stählerne Degeuscheide, die braunen Handschuhe sind umgekehrt außerordentlich praktische Neueinführungen unter dem Regime des jetzigen Herrn. Wer den gewaltigen Umschulung in diesen 25 Jahren ganz ermessen will, der braucht sich bloß erzählen zu lasse», ivas Kaisermnnöver früher waren, und dann jetzt eines mitzumachen, — es ist säst ein Unterschied wie zwischen Parade nud Krieg. Die Armee ist gnt im Zug. Es ist kein Friedensrost daran, lind sie hat treffliche Führer. Die hat der Kaiser immer noch mit scharfem Blick heraus- zufiuden gewußt, die Hneseler uud Goltz, die Moltke und Scholtz und Ivie sie heißen mögen, —- und sie alle, die reifsten unserer Feldherren, sind einer Stimme, einer Über zeugung: „Wilhelmus lliex, unser König und Held, — Wir schlügen den Teufel für Dich ans der Welt!" * „In der Armee ist die feste, unverbrüchliche Zu gehörigkeit zum Kriegsherrn das Erbe, welches vom Vater auf den Sohn, von Generation zn Generation geht. Uud ich gelobe, stets dessen eingedenk zu sein, daß die Augen meiner Vorfahren aus jener Welt auf mich heruiederseheu, uud daß ich ihnen dermaleinst Rechenschaft über den Ruhm nud die Ehre der Armee abzulegen haben werde. So gehören wir zusammen — ich und die Armee —, so sind wir füreinander geboren und so wollen wir unauflöslich fest Zusammenhalten, möge nach Gottes Willen Friede oder Stnrm sein!" (Armeebefehl Kaiser Wilhelms beim Regierungsantritt am (5. Juni 1888.) Oer Scböpfer unserer flotte. Von Graf Bernstorff, Korvettenkapitän a. D. „Wir haben uns, obwohl wir noch keine Flotte haben, so ivie sie sein sollie, einen Platz an der Sonne erkämpft. ES wird nun meine Ausgabe sein, dafür zu sorgen, daß dieser Platz an der Sonne uns unbestritten erhalten bleibt, damit ihre Strahlen befruchtend wirken können auf Handel und Wandel nach außen, Industrie und Landwirtlchnst nach innen und auch auf dcu Segel sport iu den Gewässern; denn unsere Zukunft liegt auf, dem Wasser." (Kaiser Wilhelm beim NcgaUa- Festmnhl auf der ttntcrelbe am 16. Juni 1801.) Vk^Vls Kaiser Wilhelm II. vor 35 Jahren zur Negierung b"! deutsche Marine im f/coßen und ganzen keinen sehr erfreulichen Anblick, besonders was das Schisfsmaterial anbetraf, während der Geist und der Diensteifer des Personals nach keiner Richtung hin etwas zu wünschen übrig ließ. Aber in der Oberleitung fehlte, trotz bestem Willen, doch das eingehende Verständnis für die Bedentnng einer starken Flotte. Um so klarer hatte dagegen schon der bisherige Prinz Wilhelm von Preußen erkannt, daß der Aufschwung des deutschen Handels, der sich nach 1871 in beispielloser Weise vollzog und der dem deutschen Volk neben gewaltigem Erwerb eine führende Stellung unter den Handel treibenden Nationen verschaffte, eines ganz anderen, stärkeren maritimen Schutzes bedurfte, als es die vorhandenen Schisse, einige wenige unmoderne, teilweise bereits völlig veraltete Linienschiffe und eine Anzahl sogenannter Kreuzer-Fregatten und -Korvetten, lauter Schiffe mit Takelage, gewähren konnten. Schon als Prinz bemühte sich der spätere Kaiser Wilhelm U., das Verständnis für die Marine besonders den Offizieren der Armee nahe zn bringen, ohne hier auf besondere Gegenliebe zn stoßen, da befürchtet wurde, daß die traditionelle Vorliebe der Hohenzottern für das Heer nachlassen und ein Rückschritt eintreten möchte. Wie sich später Herausstellle, war Leides gänzlich unberechtigt, und, vorweg sei's gesagt, heute sieht kein Armeeoffizier mehr in einem Kameraden von der Marine eine» Nebenbuhler, sondern es herrscht vollstes Verständnis für die Bedeutung der Marine und daher auch überall erfreuliches Einverständnis und gute Kamerad schaft. Eine der ersten Amtshandlungen nach dem Regierungs antritt des jungen Kaisers bestand darin, daß er zwei Seeoffiziere an die Spitze der Marine stellte, und dann widmete er einen großen Teil seiner außerordentlichen Arbeitskraft der weiteren Förderung der Marine. Aus gehend von dem richtigen Grundgedanken, daß die Werte des deutschen Seehandels sowie die Mitte der achtziger Jahre erworbenen Kolonien, die zusammen einen großen Teil des deutschen Nationalvermögens darstellen, mir auf See und nicht von der Küste ans geschützt werden können, bestrebte sich der Kaiser, die bisherige Verteidigungsflotte Deutschlands in eine Hochseeflotte nmzmvaiideln, und so wurden die Pläne für die ersten wirklichen Linienschiffe, die sogenamite „Brandenburg"-Klasse, zum Teil unter eigenhändiger Mitarbeit des Kaisers entworfen. Im Jahre 1800 begann der Bau der vier Schiffe auf deutschen Werste», da sowohl die Werften wie die Eisen- und Stahl werke Deutschlands vollkommen genügend leistungs fähig waren, um alles dazu nötige Material selbständig Herstellen zn können. Das war das Verdienst des Admirals von Stosch gewesen! In den Jahren 1893/1894 waren alle vier Schiffe dienstbereit und bildete» den Grundstock gewissermaßen der Hochseeflotte, wie sie dem Kaiser vorschwebte. Leider fanden seine Bestrebungen und Bemühungen im deutsche» Volk selbst kei» rechtes Ver ständnis, und im Reichstag winden die Marinefordernngen entweder nbgelehiit oder doch mindestens stark beschnitten. Nur das Torpedobootswescu hafte sich unter der Leitung seines ersten Inspekteurs Tirpitz uud seiner Nachfolger recht gnt entwickelt. Der Limenschiffbau dagegen stockte wieder, und mir in längere» Zwischenräume» liefe» die erste» Schiffe der „Kaiser"-Klasse iu den Jahre» 1895 bis 190ll vom Stapel. Der Kaiser hatte sich inzwischen durch jährliche Fahrten und Jnspiziernngsreisen mit der Marine, durch die Schaffung des Marmekabinetts, Förderung des Segelsports uud viele andere Einzelhandlimgen mit der Marine immer vertrauter gemacht, uud jeder einzelne wußte, daß er iu der Person des Kaisers nicht mir den obersten Kriegsherrn, sondern mich den Seemann mid Kameraden begrüßen durste. Und mit Freude uud be sonderer Vorliebe weilte der Kaiser auch stets von neuem gern in Kiel oder Wilhelmshaven im Kreise seiner See offiziere oder an Bord eines Kriegsschiffes. Allgemein bekannt ist ja anch, wie sehr der Kaiser es liebte, aus Seereisen »ach dem hohe» Norde» oder dem Mittelmeer Erholniig vo» de» Anstrengungen des Dienstes zn suche». Dem scharfe» Blick des Kaisers konnte es aber un möglich entgehe», daß der gewaltige Aufschwung des dentschen Handels, der seinen Siegeslauf ununterbrochen fortsetzte, im Anslande vielfach Mißstimmung mid Neid bei den znrückgedrängten Konkurrenten hervorrief, und er fürchtete nicht mit Unrecht, daß dieser Neid sich eines Tages betätigen und in einem Seekrieg Deutschland um rast alle Früchte seiner bisherigen friedlichen Entwicklmig und stetigen Arbeit bringen würde. Immer von »encm betonte er daher bei jeder Gelegenheit den Wert und die imab- weisliche Notwendigkeit des Bestehens einer starken Flotte nnd rief, als seinem Hinweis: „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser!" nur wenig Beachtung geschenkt wurde, mahnend nnd warnend: „Bitter not tut uns eine starte Flotte!" In der Person des ehemaligen Inspekteurs des Torpedowesens und Begründer der deutschen Flottentaktik, des Admirals Tirpitz, fand Kaiser Wilhelm II. daun 1897 den Mann, der seine Ideen in großzügiger Weise als Staatssekretär des Reichsmarineamts in einem fest »m- rissemm Flotlenbanplan dem Reichstag vorlegte und seine Bewilligung erreichte. Damit war die Hauvtschwierigkeit einer gedeihlichen Entwicklmig der Marine behoben, nnd wenn im Laufe der folgenden Jahre sich auch noch Änderungen und Erweiterungen des ursprünglichen Planes als er forderlich erwiesen, so konnte Kaiser Wilhelm II. doch von von da an mit mehr Ruhe kommenden Ereignissen ent gegensehen. Wohl waren, nm dem dentschen Volk nicht zn riesige Kosten aus einmal anfznlegen, viele minderwertige Schiffe in den Sollbestand der neu zn schaffenden Flotte vorläufig mit eingerechnet, aber es war auch klar, daß der zielbewusste Ausbau der Flotte endlich zu einem vollen Erfolg führen mußte, wenn es gelang, kriegerische Ver- wicklnngen zu vermeiden. In fünfundzwanzigjähriger Regierungszeit hat Kaiser Wilhelm II. bewiesen, daß er seinem Volk den Frieden er halten will, und wenn heute eine Achtung gebietende Flotte ans dem Wasser schwimmt, wenn viele Tausende seefester, kerniger Männer freudig bereitsteheu, auf großen wie auf kleinen Fahrzeugen, über Wasser und unter Wasser, daS Leben einznsetzen für Kaiser und Reich, wenn über Kriegs schiffen, mustergültig und vollwertig in jeder Beziehung, heute stolz die deutsche Kriegsflagge weht, daun kann der Kaiser ohne überhebnng sagen, daß das deutsche Volk in erster Linie dem Weitblick und der unermüdlichen Für sorge für die Marine diese Entwicklung verdankt! Und dankbar soll das deutsche Volk seines Führers gedenken, der ihm zu der unvergleichlichen Armee, dem wohl- behütetrn Erbe seiner Vorfahren, eine Flotte schuf, den Traum des Volkes selbst vor mehr als sechzig Jahren, den Schub uud Schirm seines Handels und aller Dentschen, die, fern der Heimat, doch Deutsche sein und bleiben wollen! So lange es noch deutsche Männer gibt, wird die deutsche Flotte nicht wieder vom Meere weichen und der alte Wahlspruch ihren Hütern leuchtend vor Augen stehen: „Mit Gott für Kaiser und Reich!" * „Neu ist auch unser Handel nicht; war doch die Hansa in alten Zeiten eine der gewaltigsten Unternehmungen, welche je die Welt gesehen. Sie verfiel aber »nd musste verfallen, weil die eine Bedingung fehlte, nämlich die des Kaiserlichen Schutzes. Jetzt ist es anders geworden, die erste Vorbedingung, das Deutsche Reich, ist geschaffen, die zweite Vorbedingimg, der deutsche Handel, blüht und ent wickelt sich, und er kann sich nur gedeihlich entwickeln, wemi er imter der Reichsgewalt sich sicher fühlt. Neichs- gewalt bedeutet Seegewalt, und Neichsgewalt nnd Seegewalt bedingen sich gegenseitig so, daß die eine ohne die andere nicht bestehen kann." tAbschicdsrede Kaiser Wilhelms an den Prinze» Heinrich am 15. Dezember 1897.) Familienleben am I^aikrkof. Von Paul Lindenberg. (AlHHan wimdert sich ost über die geistige und körperliche Spamstraft des Kaisers, an den Tag für Tag zahllose Anforderungen der mannigfachsten Art in steter Abwcchslimg gestellt werden, die sich neben verantwort lichsten Arbeiten auch auf ermüdende Nepräsentations- pflichte», auf militärische Besichtigungen, Besuche, Empfänge nsw. erstrecken. Oft genug hört man de» verwunderten Aus ruf: „Wie hält das nur der Kaiser aus?" uud diese Frage wird auch häufig von vielbeschäftigten Leuten in unserer unermüdlich tätigen, von rastlosem Streben erfüllten Zeit gestellt. Die Antwort ist, daß neben dem schon früh in imserm Kaiser entwickelte» Pflichtgefühl es das innige und glückliche Familienleben ist, das ihm Kraft gewährt, die Bürde seines vcrantwortungsreicheii Amtes leichter zu tragen und mit immer ernenter Elastizität den Aufgaben desselken gerecht zn werde». Mit warmer, erhobener Stimme pries einst der Kaiser in Schleswig seine Ge mahlin als die Perle, die ihm die Provinz, köstlicher wie jedes andere Geschenk, geböte», mid scherzend äußerte er bei einer andere» Gelegenheit z» eine», Jngendfreimde, baß im Alphabet seiner Gemahlin drei K am höchsten ständen: Kinder, Kirche, Küche. Dies »nd manch anderes bekannt gewordene Wort des Herrschers zeigt am besten, wie hoch er ein ecbtdenlsches, gemütwarmes Familienleben schützt, nnd von de» am Hose verkehrende» Persönlichkeiten kann man (eicht vernehmen, daß sich der Kaiser nie zufriedener und glücklicher fühlt, als wenn er im Kreise seiner Familie weilt. Den Mittelpunkt der letzteren bildeten stets nnd bilden noch Henle die Kinder. Wenn der Kaiser nach außen oft zurückhaltend nnd gemessen erscheint, so gibt er sich in seinem eigenen Heim ganz mit seiner srohsinnigeii, liebens würdigen Natur, der aufmerksamste Gatte und liebende Vater, dem das Wohl seiner Gemahlin nnd Kinder über alles geht, und der, wenn er in der Ferne weilt, mehr mals nm Tage sich, falls dazu Gelegenheit ist, telephonisch nach allem, was den Hausstand anbelangt, erkundigt oder sich darüber telegraphisch berichten läßt, wie ihn anch die Bilder seiner Lieben ans allen Reifen begleiten und stets auf seinem Schreibtisch stehen, sei es im Arbeitsraum seines Sonderzuges, sei es in der Kabine seiner weiß- Perlonlickcs von Mailer Milkeim. Von Kurt Waldau. ^-^ on Kleinem kann man oft auf Großes schließen, und Eigenschaften hervorragender Menschen werden uns häufig in ein klares Licht gerückt durch scheinbar unbedeutende Züge, die in ihrer Art charakteristisch für das Wesen, Sichgeben und die Denkungsart der Betreffenden sind. Auch das Bild unseres Kaisers tritt uns ver ständnisvoll nud gewinnend aus einer Fülle verschieden artiger Episoden entgegen, die, möchte man sagen, als Arabesken uns vieles ans seiner Persönlichkeit erkläre» »nd ihn ims menschlich näher bringen. So ist mehrfach berichtet worden, daß der Kaiser keinerlei Widerspruch verträgt, freilich mag es darauf ankommeu, oou wem ein solcher ausgeht uud wie er gestaltet ist; ei» de» Vorzug vollster Wahrheit habendes Geschichtcheii zengt dafür, daß der Herrscher mit gutem Hmnor auch eine offene und widersprechende Antwort hiuzunehmen versteht. Als der Kaiser noch als Prinz das Garde-Husaren- Regiment kommandierte und mit diesem auf dem Born stedter Felde eine Übung vornahm, fand er eine der sogenannten Wiepen — mit Strohwischen umwickelte Wähle, welche die Grenze zwischen dem Exerzierfeld und den benachbarten Privatäcker» bilden — hinderlich und ritt an den neben der Wiepe stehenden Bauer heran mfl der Bitte, die Wiepe sortzuuehmen. „Nee", sagte der, „die Wiepe bleibt stehen!" Der Prinz sprengte fort, nnd kurz darauf richtete ein Adjutant wohl in etwas be fehlenderem Tone die gleiche Aufforderung an den Bauer. „Nee", wiederholte dieser jedoch, „die Wiepe bleibt stehen!" — „Mann", rief der Adjutant, „wissen Sie auch, wer der Offizier eben war?" und auf das „Nee" des Bauern: „Es war Seine Kaiserliche Hoheit Prinz Wilhelm!" Der Bauer nahm sogleich die Mütze ab: „Ju'n Morse» ooch! Aber die Wiepe bleibt stehe»!", und der prinzliche Kommandeur begnügte sich lachend mit diesem Bescheid. — Dann eine Geschichte von der Nvrdlcmdreise. Bei der Einfahrt in eine der norwegischen Fjorde ging dem Kaiser das Schiff zn langsam vorwärts, er gab den Be fehl zu voller Fahrt. Der norwegische Lotse hörte dies und rief durch das Sprachrohr: „Es bleibt bei halber Ge schwindigkeit!" Der Kaiser gab nochmals Gegenbefehl, uud wiederum erscholl es aus dem Munde des Lotsen Hum Maschinenraum hinab: „Es bleibt bei halber Ge schwindigkeit!" — „Wie können Sie wagen", meinte der Kaiser, „sich meinen Befehlen zu widersetzen! Ich bin hier der Herr!" Und der Lotse bescheiden und doch voll Festig keit: „Majestät, das Fahrzeug steht jetzt unter meiner Verantwortung, und solange ich die letztere trage, muß ich verlangen, daß meine Befehle von allen — ohne Ans- iiahme — befolgt werden." Der Kaiser verließ die Kommandobrücke, und als der Lotse später seinen Dienst beendet hatte, rief ihn der Kaiser, gab ihm die Hand uud zur Erittueruiig ein wertvolles Geschenk, hinzusügend: „Sie haben recht gehabt, es kann nur einer der Herr sein!" Eine richtige Antwort weiß der Kaiser anch stets richtig aufzmiehmen. Bei der Vorstellung der Rekruten der Leibkomvagme des ersten Garde-Regiments zn Fuß iu Potsdam richtete der Kaiser an einzelne Rekruten ver schiedene Fragen. So erkundigte er sich bei einem über die Pflichten des Wachtpostens: „Was tun Sie, wenn Sie ans Posten stehen nnd es versammeln sich in ihrer un mittelbaren Nähe viele Menschen?" — „Ich fordere sie auf, sofort auseiuauderzngehen, Ew. Majestät." — „Gut", meinte der Kaiser, „nun bleibt »in Mann jedoch stehen, was tun Sie dann?" — Der Rekrut mit militärischer Kürze: „Belästigen Sie mich nicht, Ew. Majestät", womit er natürlich die Antwort meinte, die er in betreffendem Falle erteilen wollte. Uud der Kaiser lachend zn dem jungen Valerlaiidsverteidiger: „Na ja, ich geh' ja schon, ich werde Sie nicht weiter belästigen!" uud wandte sich einem andern Rekruten zn. Nicht minder fröhlich »ahm der Kaiser die schlag fertige Antwort des Erbauers der Kaiser Wilhelm- Gedächtnistirche ans. Als man ihm die Pläne des Gottes hauses vorgelegt, hatte der Kaiser ermähnt, daß man doch neben dem Portal ein paar Engel oder dergleichen an bringen möchte. Die neue Skizze zeigte diese Änderung, aber der Kaiser sagte: „Nein, das ist doch nichts, die Berliner würden sofort sagen: da stehen ja zwei Wachtposten!" worauf der Architekt bemerkte: „Majestät, ich glaube, sie dürften viel eher sagen: Das sind ja ein paar Flügeladjntanten!" Als der Kaiser im vorigen Sommer in Branden burg a. H. der 500 jährigen Hohenzollernfeier beiwohnte und den Ehrentrunk entgegeimahm, begnügte er sich mit einem kernigen Schluck; er erzählte nachher den Nahe stehenden, daß es ihm doch nicht wieder so ergehen dürfe, wie bei der Enthüllung des Fehrbelliner-Denkmals: da hätte er, es wäre bremiend heiß gewesen, den Pokal bis auf den letzten Tropfe» geleert mid die Nagelprobe ge macht, worauf einer der nahestehenden Festteilnehmer un willkürlich ausgernseii: „Donnerwetter, der versteht's aber gründlich!" — Bei einem ander» Ehrentrnnk, der dem Kaiser bei der Einweihung des neuen Rathauses in Elber feld dargeboten wurde, sagte der Kaiser zu dem Stadt verordneten, der den edle» Wei» gestiftet: „Schade, daß ich de» Pokal nicht anstrinken kann, meine Vorfahren, zu den Zeiten Joachims, hätten ihn iu einem Zuge geleert. Wenn ich das täte, so könnte mich der hohe Rat die Treppe hinabtragen." Der Stadtverordnete versetzte harmlos: „Majestät, das kann Ihnen doch nicht passieren!" worauf der Kaiser lachend erwiderte: „Na, wir wollen's lieber doch nicht probieren." Hi» und wieder macht der Kaiser auch selbst wohl einen treffenden Berliner Witz oder wendet ein kräftiges Berliner Wörtlein an. Anläßlich einer der Kadetten- Vorstellungen ließ sich der Kaiser die Namen verschiedener Kadetten nennen; als einer der letzteren ans die diesbezüg liche Frage „Kaiser" antwortete, sagte der Monarch lächelnd zn den ihn begleitenden Offizieren: „Kollege von mir!" lind als im Kreise höherer Militärs die An- schafsnug von italienischen Blasinstrumenten besprochen wurde uud einer der Anwesenden hierbei heimlich eine Bewegung mit dem Damnen und Zeigefinger der rechten Hand machte, die überall verstanden wird, rief der Kaiser, der dies gesehen, heiter, indem er auf seine Tasche klopfte: „Na, mein Lieber, so ganz pleite bin ich doch noch nicht, trotz der sechs Jungens, hier stecken noch einige Zwauzig- märker", und die Musikinstrumente wurden auf seine Kosten angeschafft. Ein liebenswürdiges Geschichtcheii, das so recht kenn zeichnend für die Innigkeit des kaiserlichen Familienlebens ist, mag den Beschluß bilden. Der Kaiser wollte einen mehrtägigen Jagdausflug unternehmen und fuhr wegen einer wichtigen Besprechung beim derzeitigen Botschafter Osterreich-Ungarns vor. In der regen Unterhaltung achtete der Kaiser nicht der Zeit, bis er plötzlich nach der Uhr sah und ansrief: „Da hab ich mich ja schön ver plaudert. Nun ist's zu spät, nach dem Schloß zuWahren mid von meiner Frau Abschied zn nehmen. So muß ich's schon telephonisch machen, verbinden Sie mich doch, bitte, mit dem Schloß." Das geschah, und als der Kaiser mit
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)