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ständigkeit und mit gehorsamer Unterwerfung unter den Petersburger Oberbefehl bezahlt. Von folcher „Freund schaft" will in Deutschland niemand wissen, am wenigsten wohl Kaiser Wilhelm II. selbst. Sie überläßt man neid los den französischen Republikanern, die sich in ihre Sklaven rolle meisterhaft eingespielt haben. Deutschland wünscht eigentlich von Rußland kaum etwas anderes, als die Auf rechterhaltung normaler Beziehungen und namentlich ein freundnachbarliches Berhältniß 'm wirthschaftlicher Be ziehung. Nichts hat unter des dritten Alexanders Regierung in Deutschland allgemein so verbittert, als die lange Kette unaufhörlicher, böswilliger Greuzplackereieu und sonstiger Verkehrserschwerungen. Was aber Deutschland gegenwärtig von Rußland begehrt, hat Rußland ebenso von Deutschland zu wünschen. Auch hier kommt der Grundsatz der vollen Gegenseitigkeit zur Geltung. Dabei bleibt es auch bei dem selbstbewußten Worte, das Fürst Bismarck am 6. Feb. 1888 im deutschen Reichstage gesprochen hat: „Wir laufen nie mandem nach!" In der That, auch heute hat Deutschland es, Gott sei Dank!" nicht nöthig, irgend einem nachzulaufen. Es ist mächtig genug, um nöthigenfalls allein stehen zu können. Es braucht sich insbesondere an dem von fran zösischen Republikanern veranstalteten Wettkriechen nicht zu betheiligen . . . Das schließt natürlich nicht aus, daß ganz Deutschland gute, herzliche Beziehungen zum russischen Nach barreiche aufrichtig anstrebt und sie mit größter Befriedigung begrüßen würde. Von Nikolaus II. nimmt man nach seinem bisherigen Verhalten, insbesondere nach der überaus freund lichen Aufnahme, die er deutschen Schiffenund Seeleuten in russischen Gewässern nnd auf russischem Boden bereitet hat, überall in Deutschland an, daß ihn nicht grundsätzlich deutsch feindliche Empfindungen beseelen und daß er den Wunsch nach guten, vielleicht sogar nach herzlichen Beziehungen znm deutschen Nachbarreiche theilt. Deshalb wird man den jungen Selbstherrscher, der den schweren Ernst des Lebens frühzeitig kennen lernen mußte, bei feinem ersten Erscheinen als Czar auf deutschen Boden mit aufrichtiger Sympathie begrüßen, und wenn sich auch die Begrüßung des Deutschen Volkes in gemessenen Grenzen bewegen wird, dürfte sie dem Czaren vielleicht angenehmer und werthvoller sein, als die überschwängliche Begeisterung, die ihm die französische Nation im nächsten Monat entgegenbringen wird. Die französische Begeisterung aber hat einen selbstsüchtigen Bei geschmack, dem gegenüber der Czar eigentlich die Absicht merken und gründlich verstimmt werden müßte . . . Den schönen Kaisertagen in Sachsen sind seit Sonn abend die festlichen Kaiser- und Manövertage in Schlesien gefolgt, welche ihren Höhepunkt durch die Breslauer Zusammenkunft Kaiser Wilhelms mit dem Kaiser von Rußland ausweisen. Sie erfuhren ihre Einleitung mit der am Freitag Nachmittag erfolgten Ankunft des Kaisers und der Kaiserin in der schlesischen Hauptstadt, woselbst die Majestäten kurz hintereinander eintrafen, der Kaiser von Dresden, seine Gemahlin von Potsdam kommend. Das Kaiserpaar wohnte unmittelbar nach seiner Ankunft nebst anwesenden sonstigen Fürstlichkeiten der feierlichen Ent hüllung des Denkmales für Kaiser Wilhelm I. bei. Der ehemalige Oberpräsident v. Seydewitz hielt hierbei die Festrede. An die Denkmalsenthüllung schloß sich der Vor beimarsch der Truppen und des 4000 Mann starken Krieger vereins von Breslau vor dem Kaiserpaare an. Dasselbe begab sich alsdann nach dem Rathhause, wo die Majestäten im Fürstensaale den ihnen angebotenen Ehrentrunk der Stadt Breslau entgegeuuahmen Auf eiue Ansprache des Oberbürgermeisters Bender erwiderte der Kaiser mit einer kurzen Rede, in welcher er Schlesien als eine der schönsten Provinzen Preußens bezeichnete und verhieß, in seiner Für sorge für dieselbe nimmer rasten zu wollen. Unter besten Wünschen für die Stadt Breslau trank der Monarch auf das Wohl der Stadt und ihrer Bürgerschaft. Nach einem Besuche des Ringes begaben sich die Majestäten nach dem königlichen Schlosse, wo Abends 7 Uhr große Tafel für die Provinz Schlesien stattfand. In ihrem Verlaufe brachte der Kaiser einen Trinkspruch auf Schlesien aus, in dem selben zunächst für den ihm nnd der Kaiserin gewordenen glänzenden Empfang und für die Errichtung des Kaiser Wilhelm-Denkmals dankend. Dann feierte der hohe Redner die Schönheit Schlesiens, um schließlich in bedeutsamen Worten daran zu erinnern, daß sich aus schlesischem Boden die traditionelle Freundschaft zwischen den Fürstenhäusern Preußens und Rußlands angeknüpft habe und daß von Breslau aus jeuer Aufruf vou König Friedrich Wilhelm III. erlassen worden sei, auf welchen hin sich das gefammte Preußeuvolk gegen die Fremdherrschaft Napoleons erhoben habe und dadurch eine Bewegung begonnen worden sei, die erst in der Kaiserkrone ihren Abschluß gefunden. Der Kaiser schloß mit herzlichen Wünschen für das Wohler gehen Schlesiens und der erneuten Versicherung seiner steten Fürsorge sür diese Provinz. — Am Sonnabend Vormittag kurz vor 9 Uhr traf das russische Kaiserpaar mittels Souderzuges von Kiew kommend, in Breslau ein. Die auf dem Bahnhofe aufgestellte Ehreukompagnie des 2. schief. Greuadierregiments Nr. 11 präfentirte das Gewehr, während die Musik den Prästntirmarsch spielte. Ans dem Bahn hofe waren zum Empfange des russischen Kaiserpaares er schienen der Kaiser und die Kaiserin, die Prinzen Heinrich, Albrecht, Friedrich Leopold, Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht von Preußen, der Graf von Turin, Prinz Georg von Sachsen, die Prinzen Ludwig, Rupprecht und Leopold von Bayern, Herzog Nicolaus von Württemberg, Prinz Albert von Belgien, der Reichskanzler, der Staatssekretär v. Marschall, die Generalität, die Spitzen der Behörden. Die Begrüßung zwischen Kaiser Wilhelm, welcher russische Jnfanterieuniform trug, und dem Czaren, welcher die Uni form seines preußischen Garde-Regiments angelegt hatte, war eine sehr herzliche, ebenso diejenige zwischen den beiden Kaiserinnen. Alsdann schritten der Kaiser und der Czar unter den Klängen der russischen Hymne oie Front der Ehrenkompagnie ab wobei ersterer die Kaiserin Alexandra, letzterer die Kaiserin Auguste Victoria führte. Nach dem Vorbeimarsch der Kompagnie und einer kurzen gegenseitigen Vorstellung der hohen Gäste erfolgte die Abfahrt der deutschen nnd der russischen Majestäten nach dem Absteige quartier der letzteren, dem Landeshause. Die beide» Kaiser, sowie die beiden Kaiserinnen fuhren zusammen in je einer vierspännigen Hofequipage, unter der Eskorte von je einer Eskadron des Husarenregimcnts Nr. 8 „Kaiser Nicolaus II. von Rußland" und des Garde-Dragonerregiments Nr. 2 „Kaiserin Alexandra von Rußland". In den Emzugs- straßen bildeten Truppen Spalier, die drchtgedrangte Menschenmasse jubelte deu beiden Kaiserpaaren unaufhör lich zu. Nach der Ankunft der Majestäten am Landhause sie über- den Nest en. Das u belebt; und froh n. MlhcMM sür Mckust Tharandt, Men, Menleha und die UmMenden. > StäLtchcns ebt!" - im Bazar bekorations- - - Singend rn Ihr den neuen Ge- Tie zu thun nner derr Kanzlei- keinen Stell' ange ich aber Ren. igcrode. Imtsbtutl sür die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal uud zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigespaltene Corpuszeile. Druck und Verlag von Marrin Berger m rvusoru». — Leramworrury für tue Redaktion Martin Berger da'ewst. No. IW j Dienstag, -en 8. September 1896. Holzvevstelgerung auf Spechtshausener Staatsforstrevier. Im Gasthofe zu Spechtshauseu sollen Montag, Seu 14. September 1896 von Vormittags 9 Uhr an nachstehende Xuim- als: 682 weiche Stämme, 14 harte und 47 weiche Klöster, 3 Nm. harte Nuhscheite, 3 Nm. harte und 16 Nm. weiche Grennscheite, 37 Nm. weiche Lrennknüppet, 3 Nm. harte uud 2 Nm. weiche Zacken, 1 Nm. harte und 26 Nm. weiche Aeste und 159 Meter haufen versteigert werden. Näheres enthalten die bei den Ortsbehörden nnd in den Schankstätten der umliegenden Orte aushängeuden Plakate. König!- Forstrcvicrvcrwaüung Spcchrohnusen und König!. Forstrentamt Tharandt, am 5. September 1896. Flemming Wolfframm. Tagesgeschichte. Mit ansrichtiger Befriedigung hat man in Deutschland dem Verlaufe des Besuches des Czaren bei dem Wiener HofeKenntniß genommen. Das Bundesverhält- zwischen dem Deutschen Reiche und Oesterreich-Ungarn ^scheint nach menschlichem Ermessen über die Buchstaben M verbrieften Vertrages hinaus für absehbare Zeit völlig Mchert. Kein österreichisch-ungarischer Staatsmann wird Man denken, keinem russischen Diplomaten wird es ge igen, dieses in zwei bewegten Jahrzehnten erprobte und Zährte Büudniß zu Guusten eines unsicheren und erst W zu erprobenden Einvernehmens zwischen Rußland und Österreich-Ungarn ohne oder gar gegen Deutschland zu ?sen. Nur im Rahmen des Dreibundes können und dürfen M Oesterreich-Ungarn und Rußland über Tagesfragen "^ständigen und alles, was von ihnen auf diesem Boden beinhart wird, kommt dem europäischen Frieden zu gute wird deshalb die rückhaltlose Billigung Deutschlands "iden können. Wie dem jüngsten Wiener Meinungsaus- B'sche zwischen österreichisch-ungarischen und russischen Staatsmännern eine Verständigung zwischen Wien nnd if.ttlin vorausgegangen war, so sind sicher die Ergebnisse ,'sstt Abreden unverzüglich den Leitern der deutschen auZ- Mtihen Politik von Wien aus mitgetheilt worden. Und M die Czarentage in Wien folgen nun demnächst die Barentage in Breslau und Görlitz. Was nun etwa zwischen ^ beiden Kaisern in Wien abgemacht sein mag, das dürfte Eschen den beiden Kaisern in Breslau und Görlitz aber- Us erörtert, bekräftigt und nöthigen Falls ergänzt werden. Mn hat es sich ja freilich längst abgewöhnt, derartige Mrscherbegegnungen politisch allznhoch einzuschätzen. Es meist freundschaftliche Begegnungen von äußerem Mnze, in denen sich diese Vorgänge abzuspielen pflegen. - "r Einzelheiten sind vorher zwischen den Hofmarschall- Mcrn genau abgezirkelt und so bleibt für die individuelle ^thätigung nur ein verschwindend kleiner Spielranm. immerhin bringen solche Zusammenkünfte die üctheiligten Mvarchen persönlich einander näher, tragen sie dazu bei, vajge Mißverständnisse ansznklären, irrige Anschauungen ^ berichtigen und Anknüpfungspunkte für künftige Gelegen' Men zu schaffen. Nur in den allerseltesten Fällen werden Mentheilige Wirkungen erzielt. Vom jetzigen Czaren Nico- ck glaubwürdig berichtet worden, daß er lebhafte Oonliche Sympathien für den deutschen Kaiser empfinde M daß er dessen Herrschergaben bewundere. Es ist daher ^Auehmen, daß jede Begegnung dieser Herrscher, die sich M Jahren nach, sondern auch in manchen ^BEcrzügen nahestehen, zu einer neuen Befestigung ihrer ^ behangen führen, und demnach Vortheilhaft wirken wird. xj/'Mnd in Deutschland denkt dabei an die Möglichkeit oder nur thatsächlichen Bundes mit Ruß- Auv wofür es an jedem bestimmten Ziele, aber auch an den M?" , B"Mn Deutschland lind Rußland sind zwei M gleichberechtigte Staaten, von denen sich freiwillig b»i s anderen unterordnen wird. Rußland aber ist Almfrüheren Erfahrungen mit Preußen und seinen Erfolgen bei der französischen Republik her 'ich ' daß derjenige Staal, dem gestattet wird, freund Nußlands zu neunen, diese kostbare und ^Freundschaft" mit völliger Verleugnung der Selb