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Naunhofer Nachrichten : 27.10.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-10-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-191210277
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19121027
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19121027
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-10
- Tag 1912-10-27
-
Monat
1912-10
-
Jahr
1912
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 27.10.1912
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Verde« und Grieche«. Was auS dem serbischen und griechischen Hauptquartier an Nachrichten in die Welt gesetzt wird, ist überhaupt unkontrollierbar. Tatsache scheint aber doch zu sein, daß die Türken Kumanowo den Serben genommen haben, obwohl die Serben das entschieden bestreiten. Die ziemlich zuverlässigen englischen Korrespondenten erklären jedoch die serbische Darstellung für falsch. Im übrigen liegen von dem westlichen Abschnitt deS Kriegstheaters noch folgende Meldungen vor: Konstantinopel, 25. Oktober (Amtlich). Die Türken haben in der Richtung auf Djumala-Bala über Egri Palanka den Vormarsch angetreten. Sofia, 25. Okt. Gestern am späten Abend war daS Gerücht verbreitet, daß die Bulgaren Newrokop am Kresna-Paß im Strumatal genommen haben. Athen, 25. Okt. (Amtlich.) Bei Kumeschadis machten in der Nacht die Türken einen unerwarteten Angriff mit weit überlegenen Kräften, und es yelang ihnen, zwei Kompagnien, die die Höhen von Thraffa besetzt hielten, zu verdrängen. Der Kampf wird fortgesetzt. Der Feind wurde aus allen Stellungen zurückgeschlagen. * Verschiedene Meldungen. Athen, 25. Okt. Der frühere Ministerpräsident Dragumis ist zum Gouverneur von Kreta ernannt worden und dorthin abgereist. Konstantinopel, 25. Okt. Der Kriegsminister hat ungeordnet, dah alle Offiziere des Beurlaubtenstandes reaktiviert werden. Der Minister ist nach Adrianopel ab gereist. Konstantinopel, 25. Okt. Der Sekretär des bul garischen Konsulats in Adrianopel Saladjeff ist wegen Spionage vor das Kriegsgericht gestellt worden. Petersburg, 25. Okt. Die Beschlüsse der Peters burger Stadtverordneten, betreffend eine Sympathie kundgebung für die Balkanstaaten, wurden vom Stadt- Hauptmann nicht bestätigt. Es verlautet, dah die Diplomatie Einspruch erhoben habe. unä fern. o Was Klatschsucht anrichten kann. Die 18jährige Tochter eines Majors a. D. besuchte eine Berliner Koch schule. Das junge Mädchen war mit einem Offizier ver lobt und wollte sich im nächsten Frühjahr mit diesem ver heiraten. Die Ferien hatte sie in einer Pension Thüringens verbracht und daran knüpften einige ihrer Mitschülerinnen gehässige Klatschereien. Die jungen „Damen" gingen so weit, daß sie die Beschuldigte nicht allein beschimpften, sondetn förmlich boykottierten. Sie setzten ihre Gehässig keiten ttotz mehrmaliger Verwarnungen andauernd fort, so dah die Verfolgte in Verzweiflung geriet, sich die Puls adern öffnete und an Verblutung starb o Bankkrach in Magdeburg. Zahlreiche Unter nehmungen wurden durch den Zusammenbruch der Mägde- burger Jnnungsbank in Mitleidenschaft gezogen. Die Höhe der Unterbilanz steht noch nicht fest. Die Magde burger Handwerkerkammer dürfte ihr Vermögen, das sie im Betrage von 35000 Mark bei der Jnnungsbank stehen hatte, gänzlich einbüßen. Außerdem ist noch eine Reihe von Jnnungs-, Kranken- und Unterstützungskassen sowie eine Anzahl von Privatpersonen geschädigt. s Heftige Stürme suchten die Nordküste des Schwarzen MeereS heim. Ganze Wälder wurden niedergelegt, die Telegraphenleitungen allenthalben zerstört, Häuser abgedeckt und viele Ortschaften erheblich geschädigt. In Odessa mußte die Stadtbahn den Verkehr einstellen, auch der Dampferverkehr ist teilweise unterbrochen. Dresden, 25. Okt. Mit einer Abänderung des Verbots der Umsatzsteuer hat gestern die Steuerdeputation der Zweiten sächsischen Kammer das Gemeindesteuergesetz in zweiter Lesung angenommen. Karlsruhe, 25. Okt. Die badischen Schiffahrtsinteressenten haben sich gegen das preußische Projekt einer Tiefer legung des Rheinbettes von Bingen bis Mannheim ausgesprochen. Eisleben, 25. Okt. In dem benachbarten Erdeborn er schoß der Straßenmeister Würzburg »seine Frau und sich wegen Ebezwistigkeiten. Zerbst, 25. Okt. Der hiesie Getreidehändler Siebert erschoß seine Frau, seine beiden Söhne im Alter von acht und neun Jahren und dann sich selbst. Er hat die unselige Tat wegen schlechten Geschäftsganges verübt. Stuttgart, 26. Okt. Bei der gestrigen Zielsahrt des Gordon-Bennett-Rennens bat der Ballon des Dam- i Vermischtes. Eine zur Zeit des BaltankriegeS besonders zeit- gemäste Soldatenanekdote wird in einem englischen Blatt erzählt. Eine Abteilung Soldaten war im Begriff, den Feind anzugreifen, der sie in Schlachtordnung er wartete. Ein alter Feldwebel bemerkte einen jungen Soldaten, den die Nähe deS bevorstehenden Gefechtes sichtlich stark beeinflußt hatte. Sein Antlitz war bleich, feine Zähne klapperten und seine Knie stießen zusammen. Es war Nervosität, aber der Feldwebel hielt es für heidenmäßige Angst. „Tompkins", flüsterte er, „zittern Sie so für Ihr elendes Leben?" — „Nein, nein, Herr Feldwebel", sagte Tompkins und gab sich die größte Mühe, sein klapperndes Gebein zu beruhigen. „Ich zittere für den Feind. Er weiß nicht, daß Tompkins hier ist." Eine kräftige montenegrinische Kriegserklärung. Im Herbst des Jahres 1750 geriet das jetzt gegen den Halb mond kämpfende Montenegro mit den Türken wieder ein mal — es war schon damals nickt das erstemal — in Konflikt, und die Kriegserklärung erfolgte unter höchst merkwürdigen Umständen. Der Wesir von Bosnien forderte eines schönen Tages den Wladika von Montenegro auf, ihm sofort zwölf der schönsten Mädchen des Landes zu schicken, und zwar Mädchen im Alter von 12 bis zu 15 Jahren. „Schickst Du sie nicht", hieß es in der katego rischen Aufforderung, „so werde ich Dein Land vernichten und Junge und Alte als Sklaven wegführen." Der Wladika berief sofort alle Stammesführer um sich und sandte nach kurzer Beratung mit ihnen an den Vertreter des Sultans folgende Antwort: „Haben wir Dir jemals schon Tribut gezahlt? Der Tribut, den wir Dir zahlen könnten, wäre ein großer Stein von unseren Bergen, und statt der zwölf Jungfrauen können wir Dir zwölf Sau- schwänze schicken, damit Du Dir Deinen Turban verzieren kannst." So erzählen wenigstens die Montenegriner. In dem unmittelbar sich darauf entspinnenden Kampf sollen dann 10 000 Montenegriner 25lX)0 Türken zerschmettert haben. 8 Urteil im Prozeß gegen den Polizcilcutnant Becker t» Ncwyork. Nach 14tägiger Dauer endigte der Prozeß gegen Polizetleutnant Becker. Er war angeklagt wegen des MordeS an dem Ipieihöllenbcsitzer Rosenthal. Becker wurde der Anstiftung znm Morde schuldig befunden. Der Wahr- spruch der Geschworenen lautet auf „Mord im ersten Grade', d. h. auf vorsätzlichen Mord. Becker wurde zum Tode der- urteilt. Stach den bestehenden Gesetzen konnte auf Grund dieses Verdikts über Becker nur die Todesstrafe verhängt werden. In der Verhandlung hatte ein Dutzend Mit schuldige des Angeklagten bekannt, daß Becker jahrelang der Teilhaber Rosenthals an den Erträgnissen der Spielhölle war und daß Becker den Spielsalon Rosenthals zum Zwecke der Erpressung hat ausheben lassen. Als Rosenthal daraufhin Becker bet den Gerichtsbehörden denunzierte, ließ ihn Becker ermorden. Der Prozeß gegen die eigentlichen Mörder deS Rosenthal soll im November stattfinden. burger Vereins für Luftschiffahrt Bürgermeister Mönckeberg, der von Dr. Perlewitz geführt wurde, den Sieg errungen. Oberhause», 25. Okt. Heute morgen wurde unweit der Beckerschen Ziegelei aus einem Wagenfenster des Vlissinger Schnellzuges ein neugeborenes Kind männlichen Geschlechts geworfen. Das Kind war sofort tot. Vorbeck, 25. Okt. Auf der Zeche „Karolus Magnus' gerieten zwei Bergleute unter fallendes Gestein. Einer wurde sofort getötet, der andere erlitt lebensgefährliche Ver- letzungen. Parts, 25. Okt. Der auf dem Flugfelde Juvisy auf gestiegene Flieger Francpourmoi stürzte mitten über der Stadt Corbeil ab. Er trug lebensgefährliche Verletzungen davon. London, 25. Okt. Der Plan der Admiralität für eine Erhöhung der Besoldung der Subalternoffiziere, Matrosen und Heizer in der Kriegsmarine ist vorläufig auf geschoben worden, da sich Schwierigkeiten ergeben haben, die notwendigen Mittel bereit zu stellen. Tanger, 25. Okt. Der Kaid Triahi, sowie der spanische Schutzbefohlene Sicsu, die angeklagt waren, seinerzeit die Unruhen in Mazagan angestiftet zu haben, wurden zum Tode verurteilt. Newyork, 25. Okt. Generaldirektor Ballin teilte hier mit, daß die Hamburg-Amerika-Linie ihren Dienst Boston- Hamburg im Mai mit den Dampfern Cleveland und Cincinnati beginnen werde. Als Haltepunkte seien Plymouth und Cherbourg in Aussicht genommen. Quebec (Kanada), 25. Okt. Durch eine Explosion wurde die Munitionsfabrik in Hailebury (Ontario) zerstört. Sechs Personen wurden getötet und viele verletzt. * 36V vv« Mark für Wohltätigkeit »nd gemeinnützige Zwecke vermachte der verstorbene Antiquitätenhändler Max Pickert der Stadt Nürnberg. Außerdem erhielt die Stadt bas wertvolle Wohnhaus des Stifters. Auf, Jüngling, nach Charlottenburg. Die eleganteste Vorstadt Berlins darf sich zugleich eines außergewöhnlich großen Reichtums an Frauen rühmen. Sie scheint ebtn auf bas zarte Geschlecht eine besondere Anziehungskraft auszuüben. Denn es ist nunmehr statistisch erwiesen, daß der Klapperstorch, wenn er die leichte Last eines kleinen Mädels zwischen dem Schnabel trägt, besonders gerne seinen Flug nach Charlottenburg richtet. Eine Übermacht von nicht weniger als 30 000 Köpfen hat die weibliche Bevölkerung über die männliche in Charlottenburg, was also schon eine nicht unbedeutende Mittelstadt ausmacht. Unbeweibten Männern kann also nur geraten werden, sich schleunigst nach Charlottenburg zu begeben, dort gedeiht die Fülle der Schönheit und wer die Gesponsin fürs Leben noch nicht gefunden hat, wird sicherlich bei dem großen Angebot auch für sich die Richtige treffen. Auch eine Fleifchnot. Seit dem 15. Oktober dieses JahreS kann man in Frankreich keine Wachtel mehr jagen oder essen, eS wäre denn, daß mau sich mit Wachtel- konsecven begnügte. Die als Leckerbissen geschätzten Vögel sind so selten geworden, daß man sie fast mit Gold auf wiegen muß. Die schlauen Engländer sahen die große Wachtelnot kommen und haben daher zu Beginn des Sommers die wenigen Wachteln, die sich anschickten, von Ägypten übers Meer zu fliegen und nach Frankreich zu gehen, weggefangen. Es gab in diesem Jahre im Niltal eine ganze Armee von Wachtelfängern, die die armen flug müden Vögel, als sie sich dort aus ihrer ersten Etappe ein wenig erholen wollten, lebendig einfingen. Diese W .chtelu wurden dann in England gefüttert und fett gemacht und werden jetzt nach Frankreich geschickt. Da man glauben machen will, daß sie unter dem Feuer des Jägers einen ehrlichen Wachteltod gestorben sind, durchlöchert man sie mit etlichen Schrotkörnern, und der französische Fein schmecker ist zufrieden, falls er reich genug ist, um über haupt die Vögel zu bezahlen. Bedauern verdienen übrigens die Vogelmörder resp. Fresser nicht. Das Töff-Töff des Bettlers. Daß sich auch dir Bettler die Errungenschaften der modernen Technik zunutze machen, beweist ein Geschehnis, für dessen Wahrheit sich eine in Petersburg erscheinende Arbeiterzeitung verbürgt. Zu bestimmten Stunden kann man in gewissen, stark be lebten Gegenden der Residenz einen etwas gebeugten, an ständig gekleideten und ehrwürdig aussehenden Mann beobachten, der aufmerksam die Passanten fixiert. Mit unentschlossen fragenden Blicken sieht er die Vorüber gehenden an. Fängt jemand diese Blicke auf, dann murmelt er einige Worte mit vor Erregung bebender Stimme; aus diesen Worten läßt sich entnehmen, daß « sich in bitterster Not befindet. Nur wenige der Passanten verschließen dieser verschämten Bitte deS ehrwürdigen Alten gegenüber ihre Taschen. Wie gut die „Geschäfte" des Bettlers gehen müssen, läßt sich daraus ersehen, daß er sich ein Automobil gekauft hat und einen Chauffeur mit 50 Rubel Monatsgehalt unterhält. Der Bettler hat sich ein nettes Zimmer gemietet und lebt dort als pensionierter Beamter, und nicht einmal sein Wirt weiß etwas von seinem wahren Beruf. Gereimte Zeitbilder. (Sieger hier und Sieger dort.) Europa sieht mit Mitgefühl — das mörderische Kampfgewühl — und lauscht gespannt dem Kriegsgeschrei — da hinten weit in der Türkei. — Wir ziehen achtend unsern Hut — vor Hem bewundernswerten Mut. — mit dem sich alle Heere Magen; — doch wollt ihr wißbegierig fragen. — zu welchem Zwecke es wohl nützt, — daß man das mnge Blut verspritzt, - so sag' ick euch: der Krieg ist wichtig! — Vier Völker wurden halbmondsüchtig — und glaubten Heilung suchend, daß - vonnöten sei ein Aderlaß; — drum schlagen sie sich zorn- und mutig — die respektiven Kopfe blutig. — verbrennen Städte, stürmen Mauern — und sorgen, daß die Bräute trauern. — Bet jedem Heere aber ist - be schäftigt ein Telegraphist, — der dieser Taten Resultat — den Zeitungen zu melden hat, — damit man es beim Früh, kaffee — des Morgens schon im Drucke seh'. — Man liest Nicht nur, daß beide Teile — gleichmäßig kriegen ihre Keile, - nein daß das Glück auch Freund und Feind - m gleichem Maß zu winken scheint. — Es siegen die Osmanen und - der sogenannte Balkanbund, - stets beide und zu gleicher Zeit - im ehrenvollen Männerstreit. — Ist auch der Krieg an sich abscheulich, — so ist doch dieses höchst erfreulich. - Wenn nur am Schluß nicht alle beiden — daS Schicksal von Besiegten leiden! Und in welchem Verhätnis steht sie zu meinem Manne?" Dann verneinte er sich und eilte hinaus, ein wenig vev :rt. betäubt. Er durfte ihr etwas sein, sie beschützen, lvenr 10. Kapitel. kategorische Art, mit der sie ihm geschrieben: „Ich sofort um Deinen Besuch, ich niuß Dich notwendig bitte Dich Holdent Ketten. Roman von Clarissa Lohde. in solcher Unruhe, so mitleiderregend und rührend. Katharina harrte noch immer einer Antwort. Vertrauens würdig erweisen allezeit. Das gelobte er sich in diesen, Augenblick heilig und teuer. ist ja kein Geheimnis." „Nicht wahr? Es brauchte wenigstens kein Geheimnis zu fein," rief sie erregt. „Vielleicht hält mich mein Mann für eifer süchtig, aber ich bin es wirklich nicht. Wie sollte ich auch, gegen einen Gatten, der mich so liebt!" zu Ihnen." i „Gnädige Frau," rief er aufspringend. „Seien Sie ver- sichert, daß ich dieses Vertrauen zu ehren weiß, daß ich darum, gerade darum, noch viel, viel höher von Ihnen denke, als vordem, wenn das überhaupt möglich ist. Und wenn Sie einmal eines Freundes bedürfen sollten, und in einer wirklich ernsten Angelegenheit — meine Person stelle ich gern in Ihren Dienst!" „Ich danke Ihnen," sagte sie warm, „danke Ihnen von Herzen. Freunde kann man stets gebrauchen. Und nicht wahr, was wir gesprochen, bleibt unter uns?" „Selbstverständlich, niemand soll davon erfahren, weder meine Mntter, noch meine Schwester." „Also ein Geheimbund," lächelte sie, und reichte ihm die Hand, auf die er seine Lippen preßte. Frau von Atting war allein, die Kinder mit dem Fräu lein hatte sie fortgeschickt. In dem dämmerigen Licht der farbigen Vorhänge sah er sie auf sich zuschreiten. Sie war noch im Mvrgenkleide, einem in weiten Falten herabfließeu- den Gewände von mattgelber Seide. Der klassische Kopf mit dem üppigen, dunklen, im Nacken leicht in einen Knoten ge schlungenen Haar, dem wie aus Marmor gemeißelten, form vollendeten Antlitz, hob sich aus einem Spitzengeriesel graziös empor. „In der Tat," sagte er, sie galant begrüßend. „Die italienische Reise scheint gut bekommen zu sein, — mein Kompliment." Es zuckte bitter um ihre Lippen. „O, Herr von Breidenstein, denken Sie nicht schlecht von die ihn bat, in den Salon zu treten, die gnädige Frau er- mir, daß ich mit Ihnen über eine Angelegenheit spreche, die warte ihn dort. eigentlich nicht vor andere Ohren gehört. Aber ich bin so allein und Sie kamen gerade, und ich hege fdviel Vertrauen sofort um Deinen Besuch, ich muß Dich notwendig sprechen." Was sollte das heißen? Glaubte sie noch immer An rechte auf ihn geltend machen zu dürfen? Davon konnte nicht mehr die Rede sein Billette in sein Haus zu schicken, wie «Hedem, ihn seiner Frau gegenüber in Verlegenheit zu „Auch Sie wollen mir nichts sagen?" fragte sie traurig. „Und ich hatte so sehr auf Ihre Offenheit gerechnet." — „Um Himmelswillen, gnädige Frau, was kann ich Ihnen sagen? Daß Frau von Atting als Jugendfreundin meiner Schwester mit Ihrem Herrn Gemahl bekannt geivor" mit ihm verkehrt hat — freundschaftlich verkehrt — nun, das borgen bleiben konnte. Warum hatte man ihr nicht einfach gesagt, daß ein Freundschaftsverhältnis zwischen Frau von Atting und ihrem Manne bestanden habe, warum besonders war seine Schwester Leonie so ängstlich zurückhaltend ge wesen? Aus Rücksicht für ihre Freundin etwa, die sie in den Augen der jungen Schwägerin nicht als eine Verschmähte darstellen wolltet Oder aus Rücksicht auf Katharina, damit sie nicht ahnen sollte, ihr Mann habe schon eine andere ge liebt? Go töricht konnte sie doch nicht sein, bei einem Manne von dem Alter JustuS Markwalds vorauszusetzen, daß sie seine erste Liebe sei. Wie sollte er ihr aber Aufklärung geben, und welche ? Was er dachte, ja, wußte, — denn Berlin ist in die ser Beziehung kleiner, als man ahnt, selbst die geheim ge haltensten Dinge werden von Ohr zu Ohr kolportiert, finden ihre Verbreitung — das durfte er Markwalds Frau am we nigsten sagen. „Ja, ich hoffe, die Kur, die mir aufgenötigt wurde, ist nicht Übel angeschlagen. Jedenfalls habe ich die Kraft gewon nen, Dich Wiedersehen zu können." „Immer noch die verlassene Ariadne?" spöttelte er. „Nun gut, wenn die Rolle Dir gefällt, ich habe nichts dagegen, nur möchte ich mir ausbitten, daß sie in Gegenwart meiner Frau nicht gespielt wird." Er setzte seinen Hut, den er, um seinen Besuch formeller zu machen, in der Hand hielt, auf einen Tisch, und warf sich nachlässig in einen Fauteuil. „Und nun zur Sache, schöne Freundin. Welchen Grün den verdanke ich die peremtorische Einladung, die mich hier- heraerufen — eine Einladung, die ich, wie ich gleich bemerken will, in dieser Form nicht noch einmal zu erhalten wünsche." Sie setzte sich ihm gegenüber, so daß ihr Gesicht beschattet war, während auf seine Züge das Helle Tageslicht fiel. „Ach, also der Gestrenge, der sich so sehr der Macht über die Weiber rühmte, ist doch ein wenig Pantoffelheld gewor den, da er die Augen seiner Frau fürchtet!" 160,20 Justus eilte mit schnellen Schritten der Wohnung Frau von AttingS zu. Daß sie um diese Zeit nach Berlin zurück- . kehren würde, wußte er ungefähr, und es ivar auch nicht die geworden ist,! Nachricht von ihrer Ankunft, die ihn verdrossen, sondern die ! Es war das alles so aus ihr herausgesprudelt, fast gegen bringen — ivie unüberlegt! Er nahm sich vor, ihr ernstlich ihren Willen. Das Bedürfnis, das Bedrückende von der Seele, klar zu machen, daß so etwas nicht wieder geschehen dürfe. 29 zu reden, ließ sie vergessen, daß sie zu einem jungen Mannes Eines eigenen Gefühls konnte er sich indessen doch nicht sprach, der ganz in ihren Anblick versunken, sie mit leuchtenden erwehren, als er nach einem so laugen Zwischenraum das Haus ... .vr.^r...u-v-1-' Augen ansah. Jetzt plötzlich überkam sie die Empfindung, als! wieder betrat. Erich falw die Situation un höchsten Grade peinlich. Or sie eine Taktlosigkeit begangen. § Wieder wie ehedem wurde er von der Zofe empfangen, ahnte sogleich, daß ihr irgend etwa« zu Ohren gekommen .2. ? »>.. - - . .. sei, ivas sie beunruhigte.Das kanr davon, daß man ein sol-! ches Geheimnis aus einer Sache machte, die doch nicht ver- Ja, wenn er geahnt, daß sie heute allein zu Hause sei, was ja sonst nie der Fall geivesen, hätte er seinen Besuch unterlassen, wirrt, betäubt. (Fr durfte ihr etwas sein, sie beschützen, wenn Und nun mußteer sie gerade in solcher Stimmung finden, ihr Unheil drohte. Sie vertraute ihm. O, er wollte sich dieses
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