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TharM MD, Sitbenlehn Nd die Knisegruku. - ImlsbluU sür die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Agl. 2üntsgericht und den ^tadtrath zu Wilsdruff, sowie für das Agl. Lorstrentamt zu Tharandt. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Post bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro dreigcspaltene Corpuszeile. Druck und Berlaa von Marrin Berger m L>a»c,ruu. — Lernnuoormeo iur sie -troatiwn Martin Berger No. 1V!- Dienstag, öen 15. September Der „unabhängige" KongostM. Jenes merkwürdige Staatengebilde ans afrikanischem Eodcn, welches vor einer Reihe von Jahren infolge der initiative des Königs Leopold ü. von Belgien und nn kohlwollender Unterstützung der europäischen Kolonial mächte, unter der Bezeichnung des unabhängigen Kongo- Dtes gegründet wurde, macht schon wieder einmal von N reden, aber diesmal in sehr nnvortheilhafter Weise. Durch die gesummte europäische Presse gehen zur Zeit die Zuerst i„, Londoner „Daily Chronicle" veröffentlichten Mit- Wungen des Engländers Parminter über unmenschliche jRausamkeiten, welche im Kongostaate an den Eingeborenen Ostens der dortigen Truppen verübt worden sind. Von mesm Grausamkeiten verlautete schon bislang, die be- Weuden Gerüchte wurden aber von Brüssel, dem offiziellen Me der Kongoregierung, aus energisch dementirt, nun- Mchr sind sie aber durch Parminter, welcher jahrelang im "ongostaute weilte und hierbei theilweise Augenzeuge der Mi ihm mitgetheilten Ausschreitungen wurde, iu kaum an- Wveifelnder Weise bestätigt worden. Reben den verübten .)wusamkeiten, deren Aufzählung au dieser Stelle zu weit Mähren würde, ging ein „schwungvoller" Sklavenhandel M)er, den die belgischen Beamten und Agenten am oberen "ongo anscheinend mit stillschweigender Duldung der vor- ^etzten Behörden, betrieben und wobei es ebenfalls nicht Uumcnschlichkeiten fehlte. Als milderndes Moment er- Mint in den Parminter'schen Berichten die schließliche Au- De, daß die hohen Beamten des Kongostaates kaum für ?? häßlichen Vorkommnisse verantwortlich gemacht werden Mitten, da sie zur Abhilfe thäten, was sie könnten, sie Miöchten jedoch von ihrem offiziellen Wohnsitze Bouia Mkeine richtige Aufsicht zu führen. Selbstverständlich entlastet aber letzterer Umstand die Migoregicrung und deren Organe keineswegs von der Mantwortlichkeit für die seitens einer entmenschten Sol oska und gewissenloser unterer Beamten und Regierungs- Mitten begangenen Ausschreitungen, das Odium derselben M doch immer auf die obersten Regierungsstellen zurück. Mon bislang haben mancherlei Vorfälle, besonders die Ottittose nnd einem Justizmorde gleichkommende Hinrich- Mg des englischen Händlers Stokes, die ursprünglichen Empathien Europas für den Kongostaat erheblich abge- Mächt, die jetzt in Parmintcr's Schilderungen veröffent- Mkn Schandthaten können nur dazu beilragen, dies Wohlwollen noch weiter herabznmiudern. Als der Kongo- in's Leben gerufen wurde, da glaubte man, er werde A zum Central- und Ausgangspunkte wichtiger civili- Mischer Bestrebungen im „dunkeln Erdtheil" gestalten A, somit ein festes Bollwerk christlicher Gesinnung und Gütung „ijtteu ans afrikanischem Boden werden. Aber junge Staatswesen hat diese Erwartungen nur in sehr jMgcm Grade erfüllt, das muß doch endlich ausgesprochen Men, ein System schlimmer Gewaltthätigkeiten und rück- .Moser Ausbeutung gegenüber den Eingeborenen ist in Mehr und mehr in die Erscheinung getreten, und wenn Mrseits im Kongostaate Eisenbahnen gebaut, Straßen AG worden sind re, so wollen diese" wirthschaftlichen Michritte gerade nicht allzuviel besagen. Dazu kommeu dj- Mißliche Stand der Finanzen des Kongostaatcs, und dl mst unaufhörlichen Aufstände der Eingeborenen und Hk ,s ^'Häuptlinge die ihnen aufgedrungene Fremd- ^Matt, djx in diesem, bald in jenem Theile des ^gedehnten Ländergebietes ausbrechen, Erscheinungen, "k den schon längst in's Schwanken geratheuen Glauben Lebenskraft des Kongostaates nnr noch weiter er- ""tzn müssen. ^^otzdem versucht sich die Kougoregierung noch mit Experimenten nach außen, wie z. B. jetzt mit kg, '°ttspieligen und in seinem endlichen Ausgange noch sicheren Feldznge der kougostaatlichen Truppen i>M oie Derwische. Fast läßt das mit so vielem Eifer Mu, Unternehmen gegen das Reich des Mahdi ver- ob hierdurch die Aufmerksamkeit Europas von A'ucu und unwürdigen Zuständen im Innern des ykschWaates abgelenkt werden. Dies wird jedoch nicht tu vielmehr darf man sich der Erwartung hingeben, europäischen Kolonialmächte unter Umständen gegen hie des Kongostaates, welches das Ansehen und der christlichen Kultur in Afrika geradezu »st endlich einschreiten, zumal ja diese eigenartige Staatenschöpfung durchaus auf das Wohlwollen ihrer Nachbarmächte, Deutschlands, Frankreichs, Englands und Portugals, angewiesen ist. Tagesgcschichte. Die großen, völlig kriegsgemäß gehaltenen Manöver an der sächsisch-schlesischen Grenze sind am Sonnabend zum Abschluß gelaugt: noch im Laufe des genannten Tages erfolgte die Rückkehr des Kaisers von seinem Hauptquartier Görlitz nach dem Neuen Palais bei Potsdam. Sämmtliche Armeekorps, welche die Ehre hatten, unter den Augen des Kaisers und seiner fürstlichen Gäste an diesen Mänövern theizunehmen — das 5. und 6. Armeekorps, aus welcher die Ostarmee bestand, ferner das 12. (sächsische) Armeekorps und die 8. Division vom 4. Armeekorps, die beide zur Westarmee vereinigt worden waren —haben hierbei ehren voll bestanden, so daß auch die jüngsten Kaisermanöver be kunden, daß das deutsche Heer nach wie vor auf der Höhe seiner Aufgabe steht und nach allen Richtungen hin wohl- ausgebildet und kriegstüchtig ist. Erfreulicherweise sind die Manöver trotz der zur Verwendung gelangten ungewöhn lich großen Truppenmassen und der, wie erwähnt, durchaus kriegsgemäßen Art ihrer Anlegung und Durchführung ohne jeden bedeutenderen Unfall verlausen, wie festgestellt werden kann. Sie gewährten zugleich ein ungemein abwechslungs reiches Bild, was namentlich dadurch ermöglicht wurde, daß den beiden Oberführern, einerseits dem Generalfeldmarschall Prinzen Georg von Sachsen, andererseits dem General obersten Grafen Waldersee, der weiteste Spielraum in ihren Dispositionen gestattet worden war. Den Höhepunkt ihres Interesses erreichten die Manöver am Freitag, au welchem Tage der Kaiser selbst den Oberbefehl über die Ostarmee übernahm. Er trat dem vom 12. Armeekorps, dem rechten Flügel der Westarmee, ausgehenden Angriffe wirksamst ent gegen, und drängte in heftigem Kampfe den Gegner ans seiner Stellung zurück. Der König von Sachsen wohnte auch diesem Manöver, wie schon dem Tags zuvor abge haltenen, bei. Um 3^ Uhr Nachmittags traf der Kaiser aus dem Manövergelände wieder in Görlitz ein, wo Abends Diner im Gesellschaftshause stattfand, an welchem u. A. die gesammten anwesenden Fürstlichkeiten und das Gefolge theilnahmen. Wie der „Köln. Ztg." nachträglich aus Görlitz mit- getheilt wird, betonte Se. Majestät der Kaiser von Ruß land vor seiner Abfahrt noch besonders, daß es ihm ganz besondere Freude gemacht habe, nach der Parade an der Spitze der Fahnenkompagnien zurückzureiten. Einen sichtlich entschiedenen Eindruck auf den Czaren hat auch die überall hervortretende ungekünstelte Herzlichkeit der gesammten Be völkerung gemacht, mit welcher letztere beiden Herrscher- Paaren entgegenjubelte, und nicht weniger die Anhänglichkeit der längst in den Civilstand getretenen alten Soldaten an die Armee, die in dem Herbeiströmen von vielen Tausenden von Mitgliedern der Kriegervereine ans der ganzen Provinz zu Tage trat. Die gute militärische Haltuug Keser der strengen Disziplin längst entwöhnten Leute hob der Czar noch besonders lobend hervor. Gcrave nach Schluß oer Manöver wurde der kaiserliche Hofzug auf dem Löbauer Bahnhofe von einem Unfall betroffen, der aber glücklicher Weise ohne ernstere Folgen blieb. Als der Kaiser sich bereits vom König Albert verabschiedet und den Zug bestiegen hatte, brauste der Dresdner Schnellzug um 1l Uyr 55 Min. heran und fuhr in die zweite Maschine des kaiserlichen Zuges hinein, dieselbe leicht beschädigend, jedoch wurrde Niemand verletzt. Doch mußte der kaiserliche Zug urückgezogen und auf ein anderes Geleis überführt werben, worauf der Kaiser mit einer Verspätung von 40 Minuten gegenüber dem ursprünglich festgesetzten Abreise-Termin nach Siegersdorf abreiste. Die strengste Untersuchung über den Unfall ist sofort eingeleittt worden, an welchem vielleicht nur Uebereifer sonst ganz pflichtgetreuer Beamten die Schuld trägt, Im klebrigen erhellt aus dem Umstand, daß bei dem Vorfälle Niemand auch die geringste Verletzung erh elt und daß ferner auch der angerichtete sachliche Schaden ein ganz unbedeutender ist, der belanglose Charakter des stattgefundenen Zusammen stoßes, so daß die mancherlei sensationell gefärbten Meldungen hierüber keineswegs gerechtfertigt erscheinen. Die Kaiser- und Manövertage im Osten sind kanm beendet, und schon beginnen hie und da wieder Kanzler- krisengerüchte zu spuken. In einzelnen Blättern kann inan wenigstens der Anschauung begegnen, Fürst Hatzfeldt, der Oberpräsident von Schlesien, sei als der kommende Reichskanzler zu betrachten, wobei darauf hingewiesen wird, daß der Kaiser bei seiner Anwesenheit in Breslau den Fürsten wiederholt durch Besuche ansgezeichuet habe. Vorläufig dürfte es sich indessen bei diesem ganzen Gerücht nur um bloße Vermuthungen handeln, deren Untergrund denn doch ein ziemlich loser ist. Großherzog Friedrich von Baden hat in einem Handschreiben an Staatsminister Nokk seinen bewegten Dank für die zahllosen Kundgebungen herzlicher Theil- nahme an dem 70. Geburtstage des erlauchten Monarchen, die demselben aus Baden selbst, wie aus dem ganzen Reiche und auch vou außerhalb der Reichsgrenzen zuge gangen sind, ausgedrückt. Ein zweites Schreiben richtete der Großherzog an den Oberbürgermeister von Karlsruhe, in welchem der hochfürstliche Herr speziell der Einwohner schaft von Karlsruhe für die zu seinem Geburtstage ver anstalteten glänzenden Festlichkeiten dankt. Wie aus Berlin berichtet wird, hatte das Gewerbe- gericht sich kürzlich mit der Frage zu beschäftigen, ob ein Arbeitgeber befugt ist, einen Arbeitnehmer zu jeder Minute zu entlassen, sobald die Kündigung ausgeschlossen wnrde. Bei dem in Rede stehenden Fall verweigerte ein Arbeitgeber einem entlassenen Arbeiter die geforderte Lohn- entschädignng, indem er erklärte, er könne den Kläger jeden Augenblick entlassen und zwar ohne irgend einen Ent- lassungsgrnnd, da eineKündigungsfrist ausgeschlossen worden sei. Letzteres wnrde auch von dem Beklagten durch Vor legung eines Schriftstückes erwiesen. Das Gewerbegericht erachtete daher die Klage in der Hauptsache für nicht be gründet, verurthcilte jedoch den Beklagten zu einer Ent schädigung von 5 Mk. 50 Pfg. für einen Tag. Das Gericht machte geltend, cs sei grundsätzlich anzuerkennen, daß ein Arbeiter nicht zu jeder Zeit an einem Tage ent lassen werden könne, wenn auch eine Kündigungsfrist aus geschlossen sei. Ein Tag sei stets als Einheit anzusehen, und wenn ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer entlasse, so sei er verpflichtet, den angefangenen Tag voll zu entschädigen. Im Wiener Gemeiuderath fanden am Freitag große Skandalszenen statt. Der lieberale Gemeinderath Schlechter sprach gegen die Unterstützung des antisemitischen Bancrntages, der demnächst im Wiener Nathhanse statt findet, durch das Geld der Stadt Wien; er warf Lueger vor, daß er kürzlich bei der Bewirthung der Genossen schaftsverbände im Rathhause einen Theil der Bevölkerung Fremdlinge genannt habe nnd demfelben jeden Patriotismus abgesprochen habe. Die Ausführungen des Redners erregten den lebhaften Unwillen der antisemitischen Mehrheit. Es wurden heftige Zwischenrnfe mit gegenseitigen Beleidigungen laut. Die Antisemiten schrieen wiederholt „Still Inden!" Die Liberalen antworteten kräftig, besonders Dr. Mittler. Schließlich erklärte der Bürgermeister den Dr. Mittler für die gestrige und die beiden nächsten Sitzungen ausgeschlossen. Die Liberalen mit Ausnahme von zweien verließen darauf den Sitzungssaal und kehrten dann unter Abgabe der Er klärung zurück, daß sie die nöthigen Folgerungen ziehen würden, falls der Bürgermeister auch fernerhin die Ver handlungen nicht unparteiisch leitete. Die Geldnnterstützung des Bauerntages wird bewilligt. Die französische Regierung hat das Programm für den Empfang und den Aufenthalt des Czaren in Paris nach langem Tifteln endlich glücklich fertiggestellt. Seine jetzt veröffentlichten Grundzüge umfassen nn Wesentlichen Folgendes: Der kaiserliche Zug trifft am 6. Oktober gegen 10 Uhr Vormittags auf dem Bahnhofe Passy de la Muette ein, von wo aus sich dann die Majestäten zu Wagen durch die Avenue Bois de Boulogne, Avenue des Champs Elysoc w. nach der rassischen Botschaft begeben. Dort findet intimes Frühstück statt, an welches sich ein Besuch des Tedenms in der russischen Kirche seitens des Czaren- paares anschließt. Dasselbe stattet hierauf dem Präsidenten Fanre einen Besuch ab, um dann den Gegenbesuch des Präsidenten in der russischen Botschaft zu empfangen. Im Lanfe des Nachmittags erfolgt möglicherweise die Vor stellung des diplomatischen Corps. Abends wohnen die erlauchten Gäste einem Diner im Elysse und später einer Halbgala-Vorstellung im Theütre francais bei. Am 7. Okt. besichtigt das Czarenpaar die wichtigsten Pariser Baudenk mäler, Abends ist Galavorstellung in der Oper. Am