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Naunhofer Nachrichten Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei mS HauS durch die Post M 1 30 vierteljährlich. Mit einer vierseitige» glluitrierte« GountagSveilaOg Verlag und Druck: Gü«z L Eule, Naunhof. Redaktion: NoVert Günz, NemtchOß. Ankündigungen: Für Inserenten der AmtShauptmann- schast Grimma 12 Psg. die fünfge- spaltenc Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 15 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Me Vaunboter Nachrichten erscheinen jeden DicnStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens. Nr. 46. Mittwoch den 17. April 1912. 23. Jahrgang. Ktkannknchung -es Königlichen Amtsgerichts zu Grimma. Das im Grundbuche für Naunhof Blatt 419 auf den Namen Wilhelm Friedrich Otto Glaser eingetragene Wohnhaus mit Schlosserei lLangestrahe Nr. 23 ö) soll am 30. Mai 1912, vormittags VZ2Uhr an der Gerichtsstelle im Wege der Zwangsvollstreckung versteigert werden. Das Grundstück ist nach dem Flurbuche 10,5 a groß und aus 21 500 Mk. geschätzt. Die Einsicht der Mitteilungen des Grundbuchamts sowie der übrigen das Grundstück betreffenden Nachweisungen, insbesondere der Schatzungen, ist jedem gestattet. Rechte auf Befriedigung aus dem Grundstücke sind, soweit sie zur Zeit der Eintragung des am 13. März 1912 verlautbarten Versteigerungsvermerkes aus dem Grundbuche nicht ersichtlich waren, spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten anzumelden und, wenn der Gläubiger widerspricht, glaubhaft zu machen, widrigenfalls die Rechte bei der Feststellung des geringsten Gebots nicht berücksichtigt und bei der Verteilung des Dersteigerungserlöses dem Ansprüche des Gläubigers und den übrigen Rechten nachgesetzt werden würden. Wer ein der Versteigerung entgegenstehendes Recht hat, mutz vor der Erteilung des Zuschlags die Aufhebung oder die einstweilige Einstellung des Verfahrens herbeiführen, widrigenfalls für das Recht der Versteigerungserlös an die Stelle des versteigerten Gegenstandes tritt. Grimma, den 9. April 1912. Reichsunmittelbar. Es werden bald hundert Jahre, daß der Wiener Kongreß tagte, auf welchem die Vertreter der Staaten die Neugestaltung von Europa nach Napoleons Sturz beschlossen. Die Karte von Europa sieht heute ganz anders aus, als damals für alle Ewig keit sestgestellt erschien, und auch von den sonstigen Bestimmungen des Kongresses ist nicht viel übrig geblieben; aber eine Fest setzung hat alle die Jahrzehnte überdauert, nämlich diejenige der Stellung der »ehemals Reichrunmittelbaren", das heißt der jenigen Familien, die im „römischen Reiche deutscher Nation", wie das 1806 aufgelöste alte Deutsche Reich hieß, einen eigenen landesherrlichen Besitz gehabt hatten. In unserer heutigen modernen Zeit denken die wenigsten Leute daran, was das Wort „reichsunmittelbar" bedeutet. So eben ist es durch die Verlobung einer Enkelin des Kaisers Franz Joseph mit einem Grafen Waldburg aus diesem ehemals reichs unmittelbaren Hause wieder ins Gedächtnis gerufen und fest- gestellt, daß hier eine Verlobung zwischen zwei Mitgliedern ebenbürtiger Familien vorliegt. Diese Ebenbürtigkeit mit den Angehörigen regierender Herrscherhäuser ist das sorgfälltig ge wahrte Privilegium der ehemals Reichsunmittelbaren, die also auch mit den Kindern des Deutschen Kaisers bezüglich der Ebenbürtigkeit auf gleicher Stufe stehen. Für den alten Kaiser Wilhelm I. hat diese Festsetzung des Wiener Kongreßes in seiner Jugend eine ernste Lebenserfahrung gebracht. Der junge Prinz Wilhelm von Preußen hatte be kanntlich eine tiefe Neigung zu der schönen Prinzessin Elise von Radziwill gefaßt, die auch von dieser herzlich erwidert wurhe; aber alle Liebe konnte die Tatsache nicht umstoßen, daß die Radziwills nicht ebenbürtig waren. Hätte es sich um eine Prinzessin Hohenlohe, Isenburg, Solms, Schönburg, Stoll berg usw. gehandelt, so hätte der Vermählung nichts im Wege gestanden, wie ja auch der regierende Großherzog von Hessen eine Prinzessin von Solms-Hohensolms-Lich ge heiratet hat, aber die Radziwills besaßen eben die Ebenbürtig keit dieser Familien nicht, und sie konnte ihnen auch nicht ver liehen werden. Das ist der Punkt, an dem in Deutschland und Oester reich heute noch die Machtbefugnisse der Monarchen zu Ende sind. Sie können Personen beiderlei Geschlechts die höchsten Würden bis zu denen eines Herzogs resp. einer Herzogin ver leihen, aber nicht die Ebenbürtigkeit. Die Gemahlin des österreichischen Thronfolgers, Gräfin Sophie Cbotek, ist be kanntlich Herzogin geworden, aber unebenbürtig bleibt sie darum doch, und ihre Kinder sind nicht thronfolgefähig. Fürst Bismarck wurde Herzog von Lauenburg, aber als Standesherren gingen ihm der Fürst Stolberg sowie die anderen ehemals Reichsun mittelbaren vor. Die Namen dieser Familien sind aus dem Wiener Kongreß ein für alle Male sestgestellt worden und können nicht vermehrt werden, wenigstens nicht I in dem Sinne, daß dies allgemeine Gültigkeit halte. Eine Gräfin Schlitz aus diesem hessischen Hause könnte z. B. deutsche Kronprinzessin werden, aber keine Prinzessin Hatzfeld Trachenberg oder Carolath. In anderen Ländern ist mit diesem Banne gebrochen worden. So Hal der Zar velschiedenilich den Titel „Kaiserliche Hoheit" nicht ebenbürtigen Gemahlinnen von russischen Groß fürsten verliehen. Das gilt aber nur für Rußland. Ungarn kennt die Ebcnbünigkeit überhaupt nicht, ein Sohn des Thron folgers Franz Ferdinand aus dessen Ehe mit der Herzogin von Hohenburg könnte also sofort magyarischer König werden. In England ist die heutige Königin, eine Prinzessin von Teck, streng genommen, nicht ebenbürtig, ebenso wenig ist es die Königin Ena von Spanien, deren Mutter zwar eine englische Prinzessin ist, deren verstorbener Vater, Prinz Ludwig von Battenberg, aber keiner ebenbürtigen Familie angehörte. Die tatsächlichen Verhältnisse haben in diesen Ländern durch die alten Ueberlieferungen einen Strich gemacht, während in Deutschland und Oesterreich wie gesagt die Traditionen beibe- halten worden find. Verschiedentlich ist schon angeregt worden, auch bei uns mit diesen Bestimmungen zu brechen, aber, wie die Dinge nun einmal liegen, dürfte es bis auf weiteres wohl bleiben, wie es heute ist. Mekrvorlage unä Deckung. Die Regierung hat dem Reichstage die neuen Wehr vorlagen und eine Denkschrift über die Deckung der Kosten zugehen laßen. Auch der Gesetzentwurf über die Beseitigung der sogenannten Branntweinliebesgabe ist dem Reichstage vorgelegt worden. Für das Landheer. Die hauptsächlichsten Neuerungen sind schon vor einiger Zeit bekanntgegeben worden. Die Militärvorlage verlangt vor allem eine Neueinstellung von 17 Bataillonen Infanterie, 6 Eskadrons, 41 Feldartilleriebatterien, 6 Bataillonen Pioniere, Verkehrstruppen und Train, 106 Maschinengewehr-Kompagnien, ferner Etatserhöhungen an Mannschaften bei der Infanterie, Feldartillerie und den Verkehrstruppen, endlich eine Anzahl neuer Kommando behörden, worunter insbesondere zwei Generalkommandos hervorzuheben sind. Die Friedens-Präsenzstärke steigt da durch um rund 29 000 Mann, die Kosten betragen in den Jahren 1912 bis 1917: 79L, 101, 78, 58, 62, 62 Millionen Mark. Für die Flotte. Es ist bekannt, daß die allmähliche Bildung eines dritten aktiven Geschwaders angestrebt wird. Das geschieht durch Verzicht auf das Reserveflottenflaggschiff und die zurzeit vorhandene Materialreserve, sowie durch den Bau von drei Linienschiffen und zwei kleinen Kreuzern. Weiter wird eine Personalvermehrung verlangt, ferner die Be schaffung einiger Luftschiffe und Vermehrung der Untersee boote. Die Kosten werden 1912 bis 1917 betragen: 15, 29, 39, 40, 44, 43 Millionen Mark, wovon auf einmalige Ausgaben entfallen: 12,4, 22, 29, 25, 24, 18 Million« Mark. Deckung der Mehrkosten. Es stehen für das Jahr 1912 eine Reihe von Mehr einnahmen zur Verfügung, die im vorigen Herbst bei der Aufstellung des Etats noch nicht bekannt waren. Ins gesamt sind das 80 Millionen Mark. Den Rest soll die Aufhebung des Branntweinkontingents bringen. Das Kontingent wird außer für Bayern, Württemberg und Baden aufgehoben und in diesen Staaten für gewerbliche Brennereien auf 5, für andere Brennereien auf 7,50 Mark herabgesetzt. Für die kleinen Obstbrennereien, sowie für kleinere landwirtschaftliche Brennereien bleiben besondere Schutzoorschriften bestehen. Damit verbinden sich einige Verbesserungen des übrigen Branntweinsteuergesetzes, sowie das Verbot der Anwendung von Methylalkohol zu Nahrungs-, Genußmitteln usw. Trotzdem die Zuckersteuer am 1. April 1914 und die Grundwechselabgabe am 1. Juli 1914 ermäßigt werden sollen, werden die Kosten der Wehrvorlage ohne Beein trächtigung der Schuldentilgung bestritten werden können, vorausgesetzt natürlich, daß sich die gegenwärtige Lage nicht erheblich verschlechtert. Sonst müßten neue Einnahme quellen erschlossen werden. Pan-Zttsmismus. Depeschen aus London besagen, baß die englischen Behörden im Süden und in Ägypten — das ja nur dem Namen nach etwas anderes ist als eine englische Kolonie — vor sehr unangenehmen Folgeerscheinungen des italienisch-türkischen Krieges stehen. Die fanatisch mohammedanischen Stämme befinden sich in wachsender Gärung. Übertriebene Gerüchte laufen um über die Er folge, die die einheimisch-afrikanischen Krieger (die die europäischen Zeitungen beständig „Araber" nennen, obwohl nur bei einem sehr geringen Prozentsatz von ihnen über haupt noch Spuren arabischen Blutes im Berberkörper nachweisbar sind) über die Italiener, die kriegerischen Verfechter des Kreuzes und des Europäertums, errungen hätten. Das stärkt auch ihnen das stets starke Selbst bewußtsein ins Maßlose. Sie werden frech, auflässig, und England, das seine paar Truppen so nötig an ihren Standorten braucht und eigentlich nichts von ihnen zu andrer Verwendung frei machen kann, steht vor der Not wendigkeit, seine Garnisonen im Süden erheblich zu ver stärken, bei Gefahr, andernfalls einen neuen, unendlich teuren, unendlich blutigen und unendlich greuelvollen Mahdiaufstanü zu erleben . . . Wer es noch nicht wußte, den kann diese Nachricht darüber belehren, warum die europäischen Großmächte, die über starke Mobammedanerbevölkerung in ihrem Herrsch- bereich verfügen, so gar eifrig immer wieder die Friedens stiftung zwischen Italien und der Türkei, dem Kreuz der Savoyer, das natürlich der durchschnittliche Jslamsmann mit dem allgemein christlichen ohne weiteres gleichsetzt, and dem Halbmond betreiben. Der Pan-Islamismus, die alle Jslambekenner zusammenfassende Bewegung, macht sich ihnen höchst unangenehm, höchst bedenklich bemerkbar. Frankreichs koloniale Basis in ganz Nordafrika kommt in Frage; in Tunis, Algier, in Marokko, in Senegambien; and wenn es zurzeit eine gewisse Entlastung seiner Saharaplätze bemerken mag, weil die eingeborenen Feinde nach Norden, nach Tripolis, zogen, dort die Giaurs zu be kämpfen, so weiß es genau,- daß jene desto wilder, über mütiger, kriegslüsterner zurückkehren, je länger der Kampf dort währt. Englands Herrschaft in Ägypten, im Sudan, ja in Indien ist bedingt durch die Ruhe seiner mohamme danischen Untertanen, bedingt dadurch, daß zum mindesten nicht gleichzeitig am langen Laufe des Nil und am Indus und Ganges die Kriegsfackel entzündet wird. Rußland mit seinen Millionen islamischer Untertanen im Süden und in Sibirien muß gleichfalls besorgt sein; nicht, daß gegenüber seiner Militärmacht jene mit einiger Aussicht auf Erfolg einen Aufstandsversuch unternehmen könnten; aber bei den unsicheren Zuständen im Zarenreich kann der kleinste Zwischenfall, der kleinste Mohammedaner putsch das Signal werden für die grundsätzlichen Revolutionäre, die anarchistisch-nihilistischen Bombenmänner, das oft versuchte greuelvolle Spiel erneut zu versuchen. Osterreich-Ungarns Polizeibehörden sogar könnten unter Umständen einige (gewiß nicht sehr wichtige, aber viel leicht doch unangenehme) Schwierigketten bei den Moham- medanern Bosniens und der Herzegowina zu erfahren haben: und die Möglichkeit ist nicht ausgeschloffen, daß selbst unsere Bezirksamtmänner in Deuisch-Ostafrika gelegentlich einige unangenehme Ausläufer der zitternden Erregung zu verspüren bekommen, die jetzt die großen Menschenmassen des Islams durchläuft. Der Pan-Islamismus ist früher oft nicht ernst ge nommen worden. Und in der Tat weiß kein Mensch zu sagür, daß seine eigentliche Organisation, jene im Dunkel des Geheimnisses schleichende Verschwörung, über die noch nie Authentisches festgestellt werden konnte, eine Spielerei oder eine Gefahr ist. Das ist aber allen, die sich mit dem Stoffe beschäftigten, mehr und mehr klar geworden, daß der tatsächliche Pan-Islamismus, der in dem mehr und mehr anwachsenden ^Solidaritätsgefühl der farbigen Mohammedaner ruht, eine immer bedroh lichere Größe wird. Gewiß, wenn die schwarzen und braunen Halbmondanhänger am oberen Nil genau wüßten, wie das Machtverhältnis des Abendlandes zu dem des Islams beschaffen ist, dann würden sie ruhiger sein. Aber das wissen sie nicht. Sie hören nur Übertreibungen der einheimischen Erfolge gegen die Italiener; erfahren, daß ein Volk, mit dem halb Europa zu erobern sein soll, unfähig ist, das bißchen Küstenrand Afrikas zu erobern. Durch zwei Drittel Afrika klingt von Zelt zu Zelt, von Hütte zu Hütte die Kunde von dem glorreichen Widerstande der Söhne des Propheten. Und überall, wo schriftkundige Mohammedaner wohnen, verbreiten die Zeitungen die gleichen aufpeitschenden Nachrichten. Es gärt, es gärt. Das Prestige des Europäertums hängt an den Fahnen Italiens. Und da die nicht mutig vorrücken, sondern sich ängstlich in den mühsam eroberten Schlupfwinkeln an der Küste verstecken, so sind die Diplomaten des Abendlandes einhellig bemüht, durch Druck in Konstantinopel den Frieden herbeizuführen. Und die Jungtürken? wollen nicht. Europa drohen Gefahren. 77. Politische Kunclsckau. Deutsches Lelck. 4- Steuerermäßigung«, die sich auf den Unterhalt von mehreren Kindern oder sonstigen Familienangehörigen oder auf besondere wirtschaftliche Umstände gründen, ziehen be kanntlich keine Beeinträchtigung des Wahlrechts nach sich. Nachdem über die Auslegung dieser gesetzlichen Be stimmungen doch noch Zweifel entstanden sind, hat nun mehr auch das Oberverwaltungsgericht entschieden, daß die in ihren Steuersätzen ermäßigten oder sogar aus gleichen Gründen zeitweilig steuerfrei gestellten Wähler mit der jenigen Einkommensteuer in die Wählerlisten einzustellen sind, die sie zu zahlen hätten, wenn ihnen die betreffende Vergünstigung nicht gewährt worden wäre. * Es wird jetzt endgültig bestätigt, daß zum Gouverneur von Togo Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg gewählt ist, zum Gouverneur von Deutsch-Ostafrika ist der Direktor im Reichskolonialamt Dr. Schnee und als desfiu Nachfolger der seitherige Gouverneur von Kamerun Dr. Gleim bestimmt. Über die Wiederbesetzung des Gouvernements von Samoa ist eine Entscheidung zurzeit noch nicht getroffen. 4- DaL Interesse der Regierung an der Schaffung von Gartenstädten mit gesunden Wohnungsbedingungen steigert sich, ständig durch die Bereitstellung und Hergabe finanzieller