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Naunhofer Nachrichten. 23. Jahrgang. Nr. 12. Sonntag, den 28. Januar 1912. I Erinnerungsblatt Friedrichs des Großen. friectrick äev Grolle M dem Dunkel liivgA «ttklvvgner Tszt Nicht -er ulte heke Glanz hervor... Mer Wirklichkeit und Sang und Sage Ragt ein schlichtes M so groß empor. Seht -aS Auge, las einst klar erkannte, Und den Geist, der frei ein Volk erzog; Seht de« Mut, der rings die Feinde danute, Uud de« Willen, der sich selbst erzog. Sei gegrüßt, du sriedenSfroher Krieger, Schnell und sicher im bntschluß zur Tat, Reusch u«d Weiser, König, Kampfer, Siegn, Uud der erste Dieser «ur im Staat. Spricht er? Hort, eö klingt mit Krühlingßranschen Aus den dnnklen Waldern feiner Mark! Und mit ernste Mahnung! Laßt «nS lauschen: „Schlicht uud groß seid, treu und deutsch und Kark!" k*ri friäericus Kex Die Hohenzollern kamen nicht als Zwingherren in die Mark Brandenburg, nicht als Ausbeuter, sondern als Hüter der Ordnung in wilder, wüster Zeit. Sie waren von vornherein die Volkskönige im guten, alten Sinne: über ein Volk von Freien und Glücklichen wollten sie regieren, und die »Faule Grete" donnerte dieses neue Programm an die berstenden Mauern der Ritterburgen. So zeigten sie gleich beim Eintritt in die europäische Geschichte den heutigen Zeiten den Weg.! Mit einem Schlage hatten sie die Herzen gewonnen. »Wir sind Bauren von geringem Gut und dienen unserem gnädigsten Kurfürsten mit Gut und Blut!" So hatten es die Bauern nachher unter dem ersten Friedrich Wilhelm, dem Großen, aus ihre Fahne gestickt, als sie zur Schwedenwacht die Elbdeiche besetzten. Das ist so rührend-unbeholfen und dock so mannentreu und stark. Die persönliche Hingabe war da. Zur Staatsgesinnung ward diese Lehnsmannschast erst unter dem Alten Fritz, dessen Genius in harten und kargen Zeiten die Darbenden mit fortriß, daß sie ihr alles her- gaben, nicht mehr für den Fürsten, sondern für das Vater land. Während Friedrich ll. um Schlesien gegen eine Welt von Feinden rang, hungerten die preußischen Beamten ohne einen Pfennig Gehalt sich durch sieben Jahre hindurch, weil das Land vor allem des Kr egers und seiner Waffen bedurfte. Diese Zusammenfassung aller Kräfte in ver zweifelter Lage, zu der der König, der seinen letzten Silberteller verkaufte, das erste Beispiel gab, rettete den Staat. Nachher blühte er empor, wie nie zuvor, Pommern verdreifachte in einem Menschenalter seine Bevölkerung, und das ganze Volk gedieh im Segen der Arbeit. Überall sonst in Europa sprach man noch von Haus macht. In Frankreich batte das Königtum den Satz geprägt: »Der Staat bin ich!" Aber dieses kleine Preußen deS 18. Jahrhunderts war dank seinen Fürsten schon ein durch und durch moderner Staat, und der König bekannte sich als »des Staates erster Diener". Für die damalige Zeit war das keine geringere Revolution, als einst das Bekenntnis des Galilei zum Kreisen des Erdballs. Rechtlos, schutzlos, machtlos ist der einzelne: aber der Staat gibt uns alles Vermißte. Nicht nur das lehrte uns das Zeitalter Friedrichs des Großen, sondern auch den Wieg, Friedrich» de» Großen Satz, daß ein Staat durch Duldung groß wird. Salz burger, Böhmen und Waldenser, Siefugies und Emigrös fanden ihren Weg nach Preußen, die Pesten ihre-Landes; und mancher Fürst im Reiche der Wissenschaft, den die Eigenen nicht verstanden und am Ende gar vertrieben, von Leibniz bis Fichte, gingen denselben Weg. Es war eine wundervolle Kristallisierung starker Kräfte um den Mittelpunkt dieses duldsamen, weitherzigen, aufgeklärten Königtum; herum. Niemand aber übte unter all den Hohenzollern eine solche Anziehung aus, wie Fridericn; Rex, der König und Held, der so gute Musik machte, - Musik, nach der halb Europa das Tanzen gelernt hatte. Unser Deutsches Reich zehrt noch heute von den Grundsätzen, die damals lebendig wurden. Vor allem ist es das Prinzip der Unermüdlichleit, das der Alte Fritz uns in Herz und Hirn gehämmert hat, so daß noch heute in Krieg und Frieden die stärksten Anforderungen an den Menschen der Deutsche stellen kann. Rastlos trieb der große König alles vorwärts. »Immer dem Feinde in die Hosen gesessen!" Ein solches Wort ist fast mehr wert, als das so viel zitierte von dem Niedrigerhängen oder das von den Gazetten, die nicht geniert werden sollten, ober das von jedermanns Seligkverden nach seiner Fasson. Man hat den König immer für seine Person nur einfach gesehen; und den Schlaf hatte diese Körper gewordene Energie sich schließlich bis auf 4 Stunden täglich verkürzt. Leute, wie der Feldmarschall Graf Haeseler, die in unseren Tagen dem ganzen Heere als Erzieher neue Impulse gegeben haben, stehen auf den Schultern Friedrichs des Großen, find, ohne es vielleicht selber zu wissen, seine Schüler und Jünger. Das Leben ist der Güter höchstes nicht. Schiller bat es für uns Deutsche ausgesprochen, Fridericus Rex es uns vorgelebt: vor Leuthen bat er die Parole »siegen oder nicht wiederkehren" für die Seinen, aber auch für sich selbst ausgegeben. Niemals war in einem Gekrönten der kategorische Imperativ der Pflicht lebendiger. Aber das eigentlich Neue und Grobe an diesem wundervollen Heldm- und Künstlerleben mar eben der Gedanke an den Staat. Aufopferung für den Liebsten, für die Familie, für den Herrn, für die Gemeinde — und auch das alte Rom mit seinem MuciuS Scävolä war schließlich nur eine große Gemeinde — hat es von jeher gegeben. Erst der Alte spritz aber hat uns gelehrt, dem Staate mit ganzem Gemute zu dienen, ihn als etrbaS Lebendiges zu erkennen: als die organische Zusammen fassung aller Kräfte des Volkes. Es können wieder Zeiten kommen, wo wir daS Rauschen deS Genius zu hören vermeinen, der heute vor 200 Jahren uns geschenkt ward. Dann werden wir in seinem Geiste die Zukunftsschlachten schlagen, denn sein Geist ist nicht tot, sondern wirkt und ist lebendig in den Zollern und in ihrem ganzen Volk. ^4. 5. frieclnck II. von PreuKen. (Ein Lebensbild.) Am 24. Januar 1712 wurde dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen — dem nochmaligen König Friedrich Wilhelm I. — vop Sophie Dorothea von Hannover ein Sohn geboren. Das Sonntagskind, das am 31. Januar unter höchstem Pomp, wie ihn der damalige erste König von Preußen liebte, getauft wurde, war bestimmt, als der dritte König von Preußen, als Friedrich der Große, der Einzige, oder, wie ihn später vertraulicher und liebe voller lein Heer und sein Volk nannten, der Alte Fritz, den Ruhm seines kleinen StaateS bis zu den Sternen zu er- l eben, sein Gebiet bedeutsam zu erweitern, Preußen unter die Großmächte einzureihen. Seine Anfänge ließen die Hobe Zukunft nicht erkennen. Erzogen von der Frau von Rouvilles, die schon seine» Vaters Gouvernante aeweien war. und ihrem LandSmiuu». dem Franzosen Duden, geriet das Heranwachsende Kind bald mitten in den bald lauten, bald stillen, stets heftigen Hader hinein, der zwischen seinem geflissentlich deutsch-derben und soldatischen Vater und seiner französelndrn, höfischen Mutter herrschte. Es konnte nicht fehlen, daß der junge Prinz, zumal der liebevolle Vater in seiner Rauheit den Weg zu seinem Herzen nicht zu finden wußte, von Jahr zu Jahr in schärfere Zerwürfnisse mit seinem Vater geriet, die in dem Flucht versuch des Kronprinzen — 1730 — gipfelten. Preußen und Friedrich zum Heil wurde die Flucht vereitelt. Sein Freund Katte wurde hingerichtet, er selbst als Deserteur in Küsiria in strenge Haft gesetzt: allmählich glimpflicher be handelt, mußte er eine strenge Lehrzeit in der inneren Ver waltung durchmachen, die ihm nicht nur nützliche, dem Herrscher sonst kaum je zugängliche Einzelkenntnisse ver schaffte, sondern auch die Freude an der gewissenhaften Arbeit gab. Eine volle Aussöhnung zwischen Vater und Sohn wurde durch die Verheiratung des Kronprinzen mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern l erbeigeführt. Der Vater wies ihm das Schloß zu Rheins berg als Wohnsitz an, wo Friedrich einen fröhlichen, glänzenden, der Kunst, der Wissenschaft, der Geselligkeit ge widmeten Hofhalt führte und seine Vorliebe für die franzö sische Bildung, die in diesen Jahren der deutschen unzweifel haft noch überlegen war, befestigte, ohne darüber seine Arbeiten als Regimentsinhaber, als Landwirt und Ver waltungsbeamter zu vernachlässigen. Der 1740 erfolgende Tod seines Vaters rief ihn an die Spitze seines kleinen, aber dank diesem Vater musterhaft verwalteten und geordneten Staates mit seinem gefüllten Schatze und trefflichen Heere. Alsbald lenkte der junge Fürst sein Augenmerk auf die Erweiterung seines Reichs. Auf Schlesien bestanden alte Erbansprüche seines Hauses gegen Österreich, wo eben auch der Kaiser Karl VI. starb und seiner Tochter M-aria Theresia eine bestrittene Erbschaft hinter ließ. Nach vergeblichen Verhandlungen rückte Friedrich in Schlesien ein; im sogenannten Ersten Schlesischen Kriege, 1740-42, eroberte und, in den siegreichen Schlachten bei Mallwitz und bei Cbotusitz, behauptete er die Oderprovinz. 1744/45 mußte er, die Eroberung zu behaupten, schon zum zweiten Male zum Schwerte greifen. Auch dieser Zweite Schlesische Krieg endete, nach anfänglichem Mißgeschick, in folge der Siege Friedrichs bei Hohenfriedberg, Soor, Hennersdorf, seines Feldherrn Leopold von Dessau, des „alten Dessauers" bei Kesselsdorf, zu seinen Gunsten. Er behauptete im Frieden zu Dresden seine Eroberung Noch aber hatte Maria Theresia den Verlust der schönen Provinz nicht verschmerzt. Unterstützt durch den Spott, mit dem Friedrich die sittenlose Zarin von Rußland, Elisabeth, wie die Mätresse des Königs von Frankreich, die Pompadour, nur zu reichlich bedachte, gelang es ihr und der Staatskunst ihres Ministers Kaunitz, eine gtganttscheKoalition gegen Preußen zusammenzubringen. Frankreich, Österreich, Rußland, Schweden, Sachsen und die meisten Fürsten und Stände des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation einten sich. Preußens Schicksal schien besiegelt. Da kam Friedrich — man nennt diese Kämpfe den Siebenjährigen Krieg, 1756—63 — den Gegnern zuvor. Er besetzte Sachsen, nahm die sächsische Armee bei Pirna gefangen, konnte aber erst im nächsten Frühjahr die Operationen gegen Österreich selbst wieder aufnehmen. Dieses Jahr 1757 wurde das glorreichste KrsegSjahr Friedrichs und Preußens: das Jahr, das zuerst wieder nach der langen Versunkenheit Deutschlands seit dem Dreißigjährigen Kriege dem deutschen Volke Selbstgefühl, dem deutschen Namen Achtung ringS auf der Welt verschaffte. Friedrich rückte in Böhmen ein, schlug die Österreicher bei Prag, erlitt aber kurz darauf bei Kollin seine erste Niederlage: er mußte Böhmen räumen und in Eilmärschen nach dem Westen, die Franzosen und die Reichsarmee zu verscheuchen. Er erreichte und schlug sie glorreich bei Roßbach, fand aber immer noch keine Rube, da die Österreicher in der Zwischenzeit Schlesien besetzt batten. Neue Eilmärsche brachten ibn und sein kleine» Heer bei Leuthen den Österreichern an die Klinge: ein neuer großer, glänzender Sieg, erfochten von 34 000 Preußen über 90 000 Österreicher, befreite Schlesien. Mit wechselndem Glück, unter unerhörten Anstrengungen erwehrte sich Friedrich, bald im Stich gelaffen von seinem ursprüng lichen Bundesgenossen England, der Feinde. Bei Zorn dorf schlug er die Ruffen aus der Mark zurück: bet Hoch- kirch in Sachsen unterlag er dem leichtsinnig heraus- geforderten Überfall Dauns: bei Kunersdorf in der Neu mark erlitt er durch die vereinigten Österreicher und Russen eine vernichtend scheinende Niederlage. Neue Siege — bei Liegnitz und Torgau über die Österreicher — schafften ihm nur notdürftig Luft. Seine Lage war verzweifelt, als der Tod seiner unversöhnlichen Feindin Elisabeth von Ruß land ihn von dem einen Gegner befreite. Noch ein Sieg über die Österreicher bet Burkersdork in Schlesien, des Prinzen Heinrich über die Reichsarmee bei Freiberg in Sachsen waren nötig, ehe der Friede von Hubertusburg 1763 die Dinge auf den alten Stand zurücksetzte: Friedrich der Große behielt Schlesien und sein ganzes ausgesogenes, ,um Teil fast ruiniertes Reich. . . _ _ Sterbestnhl Friedrich» de» Große» Wie Friedrich der Feldherr und feine Generäle, von denen nur Ziethen und Seydlitz genannt seien — den höchsten Kriegsrubm sich erstritten, so bat auch Friedrich der RegerE den höchsten Friedensruhm sich errungen. Überall findet man die segensreichen Souren seiner Tätigkeit. Auf