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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 5 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden Tage?. Schlug der Anzeigenannahme: Vormittags l t Uhr am Tage des Erscheinens. 23. Jahrgang. Mittwoch den 3. Januar 1912. Nr.1. Mit einer vierfeitige« -Luftrierte» Svunta-SheUaW Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 130 vierteljährlich. Verlag und Druck: Gü«z L Eule, Naurrhof. Redaktion: Nsbert Vüuz, NM»«tzOß. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Amtliches Reichstagswahl. Die Wahl eines Abgeordneten zum deutschen Reichstage für den 13. Wahlkreis des Königreichs Sachsen in dem aus der Stadt Naunhof und dem selbständigen Gutsbezirke Naunhofer Staatsforstrevier bestehenden Wahlbezirke findet Freitag, den 1S. Januar 1912 im Nebenzimmer der Ratskellerwirtfchaft zu Naun Hof von vormittags LV Uhr bis nachmittag- 7 Uhr statt. Wahlvorsteher ist der Unterzeichnete, zu seinem Stellver treter ist Herr Stadtrat Alexanver Beyer ernannt worden. An der Wahl können nur diejenigen teilnehmen, deren Namen in den Wählerlisten eingetragen sind. Der Wähler, welcher seine Stimme abgeben will, nimmt von einer durch den Wahlvorstand im Wahlztmmer aufgestellten Person einen abgestempelten Umschlag an sich, begibt sich an den Nebentisch, legt dort seinen Stimmzettel unbeobachtet in den Umschlag, tritt hierauf an den Vorstandstisch und übergibt, nachdem der Protokollführer den Namen des Wählers in der Liste aufgefunden hat, den Umfchlag mit dem Stimmzettel dem Wahlvorsteher oder besten Vertreter, der ihn uneröffnet in die Wahlurne legt. Wähler, die durch körperliche Gebrechen be hindert sind, ihren Stimmzettel eigenhändig in den Umschlag zu legen und diesen dem Wahlvorsteher zu übergeben, dürfen sich der Beihilfe einer Vertrauensperson bedienen. Stimmzettel, welche die Wähler nicht in dem abgestempelten Umfchlag oder welche sie in einem mit einem Kennzeichen ver sehenen Umschlag abgeben wollen, werden zurückgewiesen, eben so die Stimmzettel solcher Wähler, die sich nicht an den Neben tisch begeben haben. Der Wähler darf an dem Rebentisch nur solange verweilen, als unbedingt erforderlich ist, um den Stimmzettel in den Um schlag zu stecke«. Um 7 Uhr nachmittags wird die Abstimmung geschloffen. Nachdem dies geschehen ist, dürfen keine Stimmzettel mehr an genommen werden, auch nicht von solchen Wählern, die bereit» im Wahlzimmer anwesend sind. Es wird hierbei darauf hingewiesen, daß jeder bei Ver meidung gesetzlicher Strafe nur in einem Wahlbezirke und bei der Haupt- und Stichwahl je nur einmal wählen darf. Naunhof, am 30. Dezember 1911. Dev Bürgermeister. Im neuen Iakre. Auf der Landkarte sind die einzelnen Staaten hübsch bunt abgesetzt und die Grenzen markieren sich scharf. Wenn man aber zum erstenmal im Freiballon in etlichen hundert Metern Höhe aus der Heimat ins Ausland fliegt, so ist man erstaunt, wie Wälder und Felder ineiüander übergehen, ohne im geringsten irgendeinen Scheidestrich erkennen zu lasten. So ist auch die Jahresgrenze ein von Menschen erdachtes Ding. Wenn wir nicht selber für den großen Lärm und Trara beim Glockenschlage 12 sorgen, schlummern wir sacht und eindruckslos hinüber. Jetzt sind mir nun wirklich im neuen Jahre und schauen uns um und finden die Nachbarn unverändert und überhaupt überall dasselbe Bild. Allenfalls blickt der eine oder andere etwas »umflorter" darein als sonst. Aber im übrigen steht alles da wie zuvor. Kurz, dieser Anschauungsunterricht zeigt uns wieder einmal, daß die Dinge sich nicht ändern, sondern nur die Menschen. Weshalb auch die alte Frage kaum berechtigt ist, waS uns das Jahr wohl bringen mag. Nein, wir sollten uns lieber fragen, was wir dem neuen Jahr zu bringen gedenken, und hoffentlich lautet die Antwort: einen auch in schwerer Zeit frischen, fröhlichen Menschen, der herzhaft jedes Problem anfaßt und sich von nichts „unterkriegen" läßt. Es gibt eine lustige Redensart, die schon manchem Sorgenbeschwerten geholfen bat. Sie lautet: „Es ist alle- nur halb so doll, als wenn es doppelt so doll wäre!" Mit diesem Sinnspruch geht eS sich viel leichter durch- Leben, selbst wenn die Hindernisse sich förmlich türmen. Das gilt nicht nur für den einzelnen, sondern ebenso« gut für ein ganzes Volk, das auch nicht immer auf Rosen wandelt. Nichts stört aber den Fortschritt so, als klein« mütige Gesinnung, die sich leicht niederdrücken läßt. .Die Kräfte gespannt und — die Schwarzseher verbannt!* hat mit Fug und Recht einmal Kaiser Wilhelm uns zugerufen, und daran wollen wir denken, wenn wir zurück auf die nicht immer erfolgreiche Politik des abgelaufenen Jahres blicken oder vorwärts auf die sicherlich nicht nach jeder manns Wünschen ausfallenden Wahlen dieses ersten Neü- iahrSmonatS. Auch hier kommt eö viel weniger auf die Dinge um uns, als vielmehr auf uns selber an, und wer da liest, daß in nicht weniger als sieben Wahlkreisen in den letzten Jahren bei Zehntausenden abgegebener Zettel die Entscheidung schließlich an 1, 2, 4, 5, 8 Stimmen lag, ja in einem Fall sogar das LoS wegen Stimmengleichheit entscheiden mußte, der wird sich daraus schon seinen Vers machen können: auf jeden einzelnen kommt es an, auch auf dich, auch auf mich. Gewiß, daS Schicksal unseres Volkes liegt in treuer Hand. »Der alte Alliierte von Roßbach" lebt noch, und hier unten regiert ein wackeres Herrscherhaus. Aber wer mit sehenden Augen das letzte Jahr erlebt hat, der weiß, daß vielleicht bald die Zeit kommt, wo auch das letzte Paar Fäuste im Vaterlande seinen Wert haben mag und der letzte Groschen zur Sicherung des von den Vätern Errungenen hervorgeholt werden muß. Wiederum wird mit Tag« und Nachtschichten auf englischen Werften gearbeitet, und eine Londoner Zeit schrift schreibt, es gebe für England nur noch eine Parole: sobald wie möglich die deutsche Flotte zu vernichten! So schnell, wie John Bull das vermeint, geht eS freilich nicht, denn auch wir haben da ein Wörtchen mit- zusprechen, wir und unsere Kanonen. Schon einmal sind unsere Vettern davor zurückgeschreckt, und wir wollen hoffen, daß das neue Jahr, das mit einer beispiellosen Aufwärtsbewegung unserer gesamten Volkswirtschaft und insbesondere der Eisenindustrie beginnt, ein Jahr der Friedensarbeit bleibt. Aber komme, waS da wolle, »es ist alles nur halb so doll, al- wenn es doppelt so doll wäre"; und mit diesem fröhlichen Gedankensprung können wir über die schwersten Hindernisse hinwegsetzen. Die Feiertage sind verrauscht, jedermann ist wieder an seinem Nlltagswerk, es hat sich schier gar nichts verändert, — und sicherlich auch nicht der Segen von oben, ohne den all unser Tun umsonst ist. Im neuen Jahre neues Ver« trauen in diesen alten Segen und unsere alte Kraft, so werden wir auch diesmal als Sieger am Ende der zwölf Monate stehen. j>ieue Propk«2eiungen Mr 191 r. u-^. London, im Dezember. Madame de Thebes, die »berühmte" französische Prophetin, hat in London einen gefährlichen Konkurrenten, den „Alten Moore", der jedes Jahr im Dezember einen von Prophezeiungen strotzenden Kalender veröffentlicht; diesen Kalender lesen Millionen von Personen in allen Teilen des britischen Reiches mit einer wahren Andacht, da sie alles, was er bringt, für wahr halten. In diesem Jahre prophezeit „Old Moore" für Ende März ein freudiges Ereignis in der englischen Königs familie. Handelt es sich um die Geburt eines neuen Prinzen? Oder handelt eS sich um die Heirat einer Prinzessin? Niemand weiß es, da „Old Moore" über den Sinn seiner dunklen Andeutungen sich nicht näher aus läßt. Für denselben Monat März sagt er auch ein sensationelles Ereignis, das die ganze Welt in Aufregung versetzen dürfte, voraus: Papst Pius X. wird den Wunsch äußern, aus Gesundheitsrücksichten sein Amt nieder zulegen. Diese Prophezeiung klingt so sonderbar und so unwahrscheinlich, daß ^Old Moore" selber erklärt, er sei ganz betroffen: aber ändern läßt sich die Sache kaum, denn die Sterne lügen nicht. In Newyork wird es im Juli einen in den alleroornehmsten Kreisen spielenden Skandal erster Güte geben: es werden Personen bloß gestellt werden, die in der ganzen Welt bekannt find. In den amerikanischen Milliardärskreisen geht ja immer etwas Peinliches vor, aber diesmal scheint die Sache besonders bös wenden zu sollen. Im Juni wird nach Belgien die Nachricht von einer großen Empörung im Kongogebiet gelangen, aber der »alte Moore" fügt, um unparteiisch zu sein, hinzu, daß auch England in seinen Kolonien mit diversen Widerwärtigkeiten zu kämpfen haben werde: aus Indien, daS soeben erst Englands König zum Kaiser ge krönt hat, werden ernste Meldungen über Eingeborenen aufstände nach London kommen. Und dann wird London als besonderen Leckerbissen einen echten, rechten, d. h. natürlich recht skandalösen Ehescheidungsprozeß genießen, dieser Prozeß ist aber erst im Oktober fällig. Am Schluffe des Jahres werden endlich die mit so banger Sehnsucht erwarteten unfehlbaren Mittel gegen den Krebs und die Tuberkulose entdeckt werden. Wenn da- wirklich der Fall ^sein sollte, wird man von dem Jahre 1912, daS sich sonst so böse anzulaffen scheint, doch noch sagen können: „Ende gut, alles gut!" Politische Kunäschau. Deutsch«» Leich. 4- Im Wahlkampfe ist eS bei manchem Redner beliebt, de« Gegner persönlich anznareifen. Eine wichtige Lehre darüber, daß dies unstatthaft ist, gibt soeben das Oberste bayerische Landesgericht gelegentlich eines poli- ttschen Prozesses. ES sagt u. »Persönliche Angriffe, die m keinem sachlichen Zusammenhang« mit dem ange- stiebten Ziele stehen, können niemals berechtigt sein. E» läuft anständiger Gesinnung zuwider und verstößt gegen anerkannt sittliche Grundsätze, den LebenSwandel deS sachlichen Gegners und Verfehlungen, die mit der zu be kämpfenden Sache nichts zu tun haben, aufzudecken, nur um durch die Bloßstellung des Gegners der Sache zu nützen. Es kann im politischen Wahlkampfe nicht als be rechtigt erachtet werden, den politischen Gegner mit allen Mitteln zu bekämpfen, nur um der Sache zu nützen. Bn vom Gesetz anerkanntes Recht, den Gegner im Kampf nm eine Sache herabzusetzen. ihn lächerlich zu machen und bloßzustellen und feine persönliche Ehre anzugreifen, be steht nicht." 4- Da- vom Reichstag verabschiedete Versicherungsgesetz für Privatangestellte hat in den Kreisen der weibliche« Versicherungspstichtigen Enttäuschungen hervorgerufen. Es wird darüber geklagt, daß sie bei verhältnismäßig hohen Beiträgen nur recht geringe Leistungen beanspruchen können und den männlichen Angestellten gegenüber benach teiligt sind. Am schlimmsten liegen die Verhältnisse bei der Witwen- und Waisenversicherung. Der Staat oer- kmgt von den weiblichen Versicherten eine Prämie von 60 Prozent für den Fall der Verheiratung und für den Todesfall. Er zahlt beim Tode nach Ablauf der Warte zeit unter bestimmten Bedingungen die Hälfte der Ver sicherungssumme auf Verlangen an die Erben zurück, daS gleiche gilt bei der Verheiratung. Die Aufwendungen der Arbeitgeber behält in diesem Falle der Staat. Au berücksichtigen ist aber hierbei noch, daß bei der Ver heiratung die Anrechnung von 60 Prozent der eingezahlten Jnvalidenbeiträge jetzt fortfällt. Die Frauen sind also für längere Zeit schlechter als bisher gestellt, denn wer 1912 heiratet, erhält nichts zurückgezahlt. Weitere Mängel weist die Leibrente für Frauen auf. ES wird ange nommen, daß diese Unstimmigkeiten in nicht zu ferner Zeit abgeändert werden. 4- Die Geschäftslast der Gtrafreaisterbehörde« ist seit vielen Jahren so angewachsen, daß der Justizminister schon 1905 und 1908 genötigt war, eine Vereinfachung deS Geschäftsganges anzuordnen. Es wurde u. a. bestimmt, daß keine Auszüge verlangt werden sollen, wenn die Fest stellungen sich aus den Akten ergeben, die ohne weiteres Mgänglich find. Bei jeder Anfrage soll der Aufenthaltsort der betreffenden Person angegeben werden. Die Anfragen »ach Vorstrafen sollen überhaupt auf das notwendigste beschränkt werden. Bei Übertretungen sollen die Vor strafen wegen Verbrechen und Vergehen nur nach ihrer Gesamtzahl mitgeteilt werden usw. Diese und andere Vorschriften zur Erleichterung der Geschäfte sind aber bis jetzt nicht immer befolgt worden. Die Justizbehörden find deshalb auf deren genaueste Befolgung jetzt hin gewiesen worden. Auch hat man einige weitere Verein fachungen eingeführt. Sie betreffen die Aburteilung wegen Verletzung der Wehrpflicht. Der Auszug aus dem Straf register wird u. a. mit einem Vermerk am Kopfe versehen, auS dem sich ohne weiteres ergibt, ob es fich um ein Vergehen oder eine Übertretung und um eine bestrafte oder unbestrafte Person handelt. -- Die neuen verschärften SicherheftSvorschrifte« für Kiaematographen-Theater «erden aus Anlaß der Brandkatastrophe in Lichtenberg bei Berlin demnächst in Preußen zur Einführung gelangen. Sie liegen dem preußischen Minister der Innern bereits zur Genehmigung vor. Ein Filmbründ, wie er nicht ganz unvermeidlich ist, wird fich danach in dem völlig abgeschlossenen Vorführer raum kabspielen, so daß die Zuschauer sich in absoluter Sicherheit befinden und nicht einmal durch Brandgeruch beunruhigt werde« können. Dir jetzt geltende Polizei oerordnung vom 2. Mai 1909 enthält schon eine Reihe von Sicherheitsvorschristen, die den Filmbränden Vor beugen bezw. ihre Ausdehnung verhindern sollen, und danach wird ei« nüchterner und umsichtiger Vorführer, wenn ja ein Film in Brand geraten sollte, diesen selbst sofort unterdrücken können. Die neue Verordnung geht aber noch weiter. Sie verlangt eine völlige feuersichere Abtrennung der Vorführerraums von dem Zuschauerraum und dessen Zugängen und einen Ausgang, der eventuell durch einen Vorraum mit Sicherheitsschleusen unmittelbar ins Freie führt. Ferner sollen die im Vorführungsräume befindlichen Einrichtungsgegenstände auS unverbrennlichen Stoffen bestehen, die feuersicheren Türen selbsttätig schließen, di« kleinen Projektions- und Schauöffnungen mit GlaS, größere mit eisernen Klappe« versehen sein, die bei einem Brande fich von selbst schließen. Endlich ist eine Saug-Entlüftungsanlage voraeschrieben, die das Ein dringen von Stichflammen oder Rauch in den Zuschauer- raum ganz unmöglich «acht. 4- Deutschland und Belgien Haden den Berkehr »ft Spirituose« über die deutsch-belgische Grenze drwch ei« Abkommen neu geregelt, durch daS dir Gewährung von Steuerfreiheit für ausgeführten Branntwein usw. von der Vorlage bestimmter Nachweise abhängig gemacht wird. Da« Abkommen tritt am 1. Januar 1912 cm Stelle des bisher geltenden Abkommens vom 1. August 1902 in Kraft. K * Die RenladrSfeier a» kaiserliche« Hoke voll»« sich in Her bekannten Weife. U« 8 Uhr fass La- große Wecke« statt: von der Galerie der Schloßkuppel bliesen die Lvmwtter de« 2. Varde-Ulanen-ReaimentS. Während der