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Allgemeiner Anzeiger : 29.05.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
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- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191205290
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id181900449X-19120529
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19120529
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-29
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 29.05.1912
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Vertagung äes keickstages. Nach einer teilweise recht stürmischen Sitzung, die von Mittag bis spät in die Abendstunden währte, ist der Reichstag am Donnerstag in die großen Sommerferien gegangen — er hat sich bis zum November vertagt. Am 7. Februar begann das Parlament — später als sonst — seine Sitzungen, und nachdem die Irrungen und Wirrungen der Präsidentenwahl vorüber waren, begann die Etatsberatung. Und wenn man auf Lie geleistete Arbeit einen Blick wirft, so muß man sagen: Es war alles wie sonst, d. h. trotz aller Zweifel und Befürchtungen gingen die Beratungen flott vonstatten und selbst das Unerwartete geschah: die vielum strittenen Wehrvorlagen wurden mit allen bürger lichen Stimmen gegen die der Sozialdemo kraten, Polen, Welfen und Elsässer angenommen. Und was hatte mau beim Zusammentritt dieses Reichstages alles geweissagt. Da hieß es, der Kanzler werde über die Wehrvorlagen zu Fall kommen. Andre behaupteten, diese (aus der Not des Vorjahres geborenen) Vorlagen hätten keine Aussicht auf Annahme und wieder andre stellten eine Reichstagsaufiösung in bestimmte Aussicht. Aber die Propheten haben schlimme Enttäuschungen erleben müssen. Zwar tönte manch herbes und hartes Wort durch das Reichstagshaus, aber die Arbeit floß doch munter fort; zwar schien es, als ob die Zweifler an der Lebensfähigkeit des Parlamentes recht behalten sollten, da ja schon die Präsi dentenwahl ungewöhnliche Schwierigkeiten machte; aber schließlich erwies sich doch die Macht der Tatsachen stärker und entgegen allen Voraussagen, Erwartungen und Befürchtungen hat der Reichstag seinen ersten Tagungsabschluß ohne schwere Erschütterungen hinter sich gebracht. Und auch bezüglich der Stellung des Reichskanzlers, von dem es hieß, er werde nach der Reichstagswahl seinen Ab schied nehmen, hat sich nichts verändert. Denn der Reichskanzler steht nach wie vor fest in der Gunst seines kaiserlichen Herrn, und man munkelt sogar, noch der Sommer werde Herrn v. Beth mann-Hollweg den Grafentitel bringen. Unter den Männern, die Bismarcks Erbe zu verwalten hatten, wird Herr v. Bethmann-Hollweg immer eine besondere Stellung einnehmen, weil er die Geschäfte des Reiches unter einer außergewöhnlich schwierigen Parteien gruppierung zu führen hatte. Gerade diese Tatsache macht aber das jetzt Erreichte dem Auslande gegen- über besonders wertvoll. Als in den Januar tagen die sozialdemokratischen Siege in Frank reich bekannt wurden, hieß es in deutschfeind lichen Kreisen allgemein, daß nunmehr die Fundamente des Reiches wankten. Und gerade da mußte es sich ereignen, daß eine Heeres vorlage, die sonst immer der Stein des An stoßes im Reichstage war, ohne lange Debatten von den bürgerlichen Parteien sn dloe ange nommen wird. Damit hat Herr v. Bethmann- Hollweg einen Erfolg errungen, der seine Stellung sicher stärken mußte. Freilich bleibt eine Bitternis: Es ist dem Kanzler noch nicht gelungen, die eit der Finanzreform 1909 zwischen den bürger- ichen Parteien herrschende Verstimmung zu be- eitigen. Jetzt scheint dem Kanzler auch hierzu ich ein Weg zu zeigen. Denn nach den Be- chlüssen, die in der Deckungssrage gefaßt worden ind, soll der Kanzler ein Gesetz betr. eine Be- itzsteuer vorlegen. Dieses Gesetz, um das nun eit drei Jahren ein erbitterter Kampf gefochten .wird, soll die Brücke zwischen den bürgerlichen 'Parteien sein. Sie wird vielleicht auch der Schlußstein sein, mit dem Herr v. Bethmann- Hollweg sein Kanzlerwerk krönt. N. I). hlolitilcke Kunctsckau. Deutschland. * Kaiser Wilhelmhat den österreichisch ungarischen Minister des Äußeren, Grafen O Siegenäe I^iebe. IL) Roman von Paul Bliß. tForts.tzung.1 „Ach, mein liebes Kind, wenn erst die große Sorge und die ernste Not ins Haus kommt, dann hält auch die echte Liebe nicht stand." Stumm und bebend stand die Kleine da — me hatte sie die Mutter so sprechen hören. , Kummervoll sprach die alte Frau weiter: .Glaub' mir's nur, für einen Künstler ist es besser, wenn er frei bleibt. Auch für Papa wäre es besser gewesen." Da sagte Elsbeth bebend: „Mutter, du willst noch mehr sagen, ich fühle es, dich bedrückt noch etwas Schwereres. — Sag' es, Mutting, sag' es alles frei heraus I Ich will stark sein I" Zögernd stand die Mutter auf, ging an die Kommode und zog ein altes, vergilbtes Blatt Papier aus einer Mappe hervor. „Hier, Kind! Dies habe ich unter Papas Papieren gefunden. So lauge habe ich es für mich behalten. Nun aber sollst auch du es er kennen lernen. Da, lies." Und sie nahm es. Sie erkannte des Vaters feine, zierliche Handschrift und las: „Montag. Wieder eine Woche herum, und wieder nichts tun können. Verdammt der Zwang, der mich ins Joch des Lehrers spannt. Ich ertrage es nicht mehr. — Mittwoch. Ich will arbeiten, ich will schaffen I Ich muß! Ich muß! Sonst gehe ich zugrunde! — Und wieder kann ich zu nichts kommen, zu keiner Samm lung, zu keiner Konzentration, denn diese elen- Berchtold, der zum Antrittsbesuch in Berlin eingetroffen ist, in längerer Audienz empfangen. Der Minister stattete außerdem dem Reichs kanzler v. Bethmann-Hollweg und dem Staatssekretär des Äußeren v. Kiderlen- Wächter Besuche ab. *Kaiser Wilhelm hat den Plan zur Errichtung einer Universität in Frank furt a. M. mit dem Vorbehalt genehmigt, daß die erforderlichen Mittel nachgewiesen werden. * Das preußische Abgeordneten haus hat sich bis zum 7. Juni vertagt. *Die Wassergesetz-Kommission des preußischen Abgeordneten hauses beschloß, den ganzen Juni über zu tagen und in jeder Woche vier Sitzungen ab zuhalten. S Eine neue Feststellung der preußisch - russischen Grenze wird gegenwärtig durchgeführt. In diesem Jahre soll zunächst die Neuvermessung der Grenz strecke längs des Regierungsbezirkes Oppeln vorgenommen werden. Dänemark. * Das deutscheKronprinzenpaar, das zur Beisetzung des in Hamburg plötzlich verstorbenen Königs Friedrich VIII. in Kopenhagen eingetroffen ist, ist von dem neuen König Christian und seiner Gemahlin mit besonderer Herzlichkeit empfangen worden. Rußland. *Vor einem Jahre hat ein Gesetzentwurf des verstorbenen Ministerpräsidenten Stolypin über das Ansiedlungsrecht von Per sonen nichtrussischer Herkunft in den Süd - gouvernements Wolhynien, Podolien und Kiew viel Aufsehen erregt. Der Gesetzentwurf war gegen die Deutschenausbreitung in den ge nannten Gebieten gerichtet und rief einen Ent rüstungssturm unter den zur deutschen Gruppe gehörenden Oktobristen in der Duma hervor. Vom Minister des Innern, Makrow, ist nun mehr dieser Gesetzentwurf zurückgezogen worden, ein sichtbares Zeichen, daß sich die deutsch russischen Beziehungen langsam freundlicher ge stalten. Balkanstaaten. *Zu den Ausweisungen der Jtalrener aus der Türkei erklärt die türkische Regierung, daß dies eine Maßnahme ist, die zu nicht geringem Teil zum Schutze der Italiener selbst ergriffen werden mußte. Der durch das Vor gehen Italiens in Tripolis entfachte Haß erreichte nach den Unternehmungen der italieni schen Flotte im Ägäischen Meer einen solchen Grad, daß die türkische Regierung das Schlimmste zu befürchten hatte. Bei der Erregung der Bevölkerung, aus der sie auch gar kein Hehl machte, stand nichts Geringeres als ein Massaker zu befürchten. Dieses hätte die in der großen Masse verschwindenden italienischen Arbeiter nicht getroffen. Es wäre gegen die Spitzen der italienischen Kolonie, die Bankiers und Großhändler und sonstige Unternehmer gerichtet und von um so schlimmeren Folgen für das Türkenreich begleitet gewesen. Die Gefahr für diese bessergestellten Elemente war noch dadurch erhöht, daß der gegen sie bestehende Haß gleich zeitig vielfach wirtschaftliche Ursache hatte, denn viele Italiener benutzten den Kriegsausbruch, um sich für bankrott zu erklären, und nicht wenige gingen unter dem Vorgeben, daß sie für ihr Leben fürchteten, auf und davon, ohne daran zu denken, ihren Verpflichtungen nach zukommen. — Im letzten Grunde aber will die türkische Regierung Italien zu einer immer energischeren Kriegsführung zwingen, und es womöglich zu dem Versuche nötigen, einen Stoß ins Herz gegen seinen Feind zu führen. Man lebt der Hoffnung, den Gegner dann auf einem Boden zu haben, auf dem man ihm mit gleich wertigen Waffen entgegentreten kann, um ihn — so glaubt man sicher — dann zu schlagen. Afrika. * Die Lage der Franzosen in Fez wird in den Berichten aus Marokko als sehr bedenklich geschildert. Die aufständischen Stämme fahren fort, ihre Angriffstruppen zu organisieren, und der Stamm der Uled Dschamaa, der den Franzosen Treue wahren möchte und den Klavierstunden bringen mich außer Rand und Band! Ach, ich könnte einen Mord be gehen ! — Sonntag. Heute war ein freier Tag, heute wollte ich beginnen mit der Arbeit. Aber als ich mich hinsetzte, kommt mein Weib und klagt mir die Ohren voll — dies fehlt und das fehlt — und so weiter. Ach, Geld, Geld, du infames, gemeines Geld! Du bist es, das mir alles raubt! Hätte ich dich, wäre ich groß und berühmt — hätte ich dich, wäre ich alles — so aber bin ich ein Lump, ein Bettler, ein Nichtskönner und noch weniger, noch viel weniger! — Wehe, dreimal wehe dem mittel losen Künstler, der durch Weib und Kind ge- seffelt ist! — Äh, ich will nicht mehr daran denken I Es ist ja doch umsonst — zu ändern ist nichts mehr — es geht, so lange es eben noch geht — Schluß! Ich will nicht mehr daran denken! Vergessen, alles vergessen! — Ich gehe zu meiner Flasche! Trösterin!" Bebend stand Elsbeth da; das Blatt in ihren Händen zitterte; mit starren Augen sah sie hin zur Mutter. „Nun, mein Kind, hab' ich zu viel gesagt? Hab' ich unrecht?" Da sank sie nieder vor der alten Frau, um schlang sie und schluchzte weh und bitter auf. — 9. Am nächsten Morgen wußte es wirklich schon die ganze Stadt — der Bahnbeamte hatte geplaudert. Als Fritz Fröhlich gegen neun Uhr sich zum Frühstück einfand, empfing ihn der Wirt mit behaglichem Lächeln. infolgedessen von den Berbern in erster Reihe bedroht wird, hat vergebens um Unterstützung durch französische Truppen gebeten. Die Militär behörden von Fez verfügen nicht über eine genügende Truppenzahl, um einen Teil der Besatzung auf Angriffszüge gegen die Stämme auszusenven. Zahlreiche Europäer und wohl habende Eingeborene verlassen Fez aus Furcht vor einer neuen Belagerung. Sowohl der ,Times' wie der ,Morning Post' wird anläßlich der jetzt bekannt werdenden Ausrufung Mohammed- eb Haibas zum Sultan der Susprovinzen aus Tanger berichtet, daß über ganz Marokko eine Welle der Empörung hinweggehe und daß ernste Dinge bevorzustehen scheinen. Ztratzenkümpfe in Budapest. G Aus Anlaß der Beratung der Wehrreform im ungarischen Abgeordnetenhause sind die Ar beiter, um der Forderung des allgemeinen, gleichen, direkten Wahlrechts besonderen Nach druck zu verleihen, in den Generalstreik ein getreten. Die Streikenden veranstalteten vor dem Parlamentsgebäude lärmende Kundgebungen, so daß schließlich die Polizei einschreiten, uno als diese sich als machtlos erwies, Militär herangezogen werden mußte. Es kam im Laufe des Donnerstags wiederholt zu blutigen Zusammenstößen, über die im einzelnen folgendes berichtet wird: Erst in den späten Nachmittagsstunden gelang es, die Umgebung des Parlaments zu säubern. Hierbei wurden auf die Polizei zahlreiche Schüsse abgefeuert; ein berittener Polizist stürzte, in die Brust getroffen, tot vom Pferde, ein andrer Polizist wurde verwundet. Ein zwölfjähriger Schulknäbe wurde durch eine Revolverkugel ge tötet. Die meisten Kausläden wurden geschlossen, der Verkehr stockte fast vollständig. In einer Nebenstraße wollte eine Militärpatrouille einen Trupp von Streikenden auseinandertreiben; hierbei versuchte ein Arbeiter, sich des Gewehrs eines Soldaten zu bemächtigen, worauf der Soldat ihn niederschoß. Um 6 Uhr traf die Meldung ein, daß die Menge in den Schuppen der elektrischen Bahn in den Vorstädten eingedrungen, sei und dort alles verwüstete; es wurde dringend Hilfe ver langt. Gleiche Ausschreitungen ereigneten sich in den Bureaus der Asphaltgesellschaft, wo das Inventar beschädigt und verbrannt wurde. Die Menge zündete die Asphaltfässer an und steckte damit Straßenbahnwagen in Brand. Vor dem Hause eines wahlrechtsfeindlichen Abgeordneten wurde eine Bombe geworfen, die im Haustor und Treppenhaus große Verheerungen anrichtete. Zur gleichen Zeit wurden der Feuerwehr zahl reiche Brandlegungen gemeldet. Nach den Be richten der freiwilligen Rettungsgesellschaft sind an dem verhängnisvollen Tage sieben Tote in das Leichenschauhaus befördert und etwa 140 Verwundete in Behandlung genommen worden. 400 Personen wurden verhaftet. Am Abend lag ein großer Teil der Stadt im Dunkel, da die meisten Gaslaternen zerstört worden waren. Da auch die Eisenbahn angestellten mit einem Streik drohten, wurden die auslaufenden Züge unter militärischen Schutz gestellt. In der Umgebung der Stadt werden die Schienen bewacht. Die Bahnhöfe sind von Militär besetzt. Der Ministerrat beschloß in einer Abendsitzung, über die Stadt den Be lagerungszustand zu verhängen. Im Abgeordnetenhauso verlangte in der geschlossenen Sitzung ein Ab geordneter die Aushebung der Sitzung wegen der blusigen Vorfälle und der Parteiführer Kossuth erklärte, man solle jetzt die Wahlreform statt der Wehrreform verhandeln, damit wäre die Ruhe wiederhergestellt. Der Kammerpräsi dent Tisza erklärte indessen auf diese Aufforde rung, er sei kein hysterisches, altes Weib. „Wir werden weiterberaten." Um zwei Uhr wurde die Sitzung wieder für öffentlich erklärt. Der Präsident beantragt, wieder über die Wehrvorlagen zu verhandeln, worauf ein Ab geordneter ruft: „Sie sind verrückt!" (Riesiger Nun, Herr Fröhlich — gestern gut amüsiert?" Scheinbar harmlos erwiderte der Maler: „Tanke, ja. Aber weshalb lächeln Sie denn so eigentümlich?" „Nun, ich freue mich, daß Sie den beiden Damen mal einen lustigen Tag verschafft haben." „So, das wissen Sie also auch schon?" „Ich bitte Sie, die ganze Stadt weiß es bereits." „Alle Wetter!" „Ja, so was kann doch hier nicht verborgen bleiben." „Na, und was sagt man?" Der Wirt zuckte die Schulter und lächelte wieder etwas eigentümlich. „Was man sagt? Ja, werter Herr Fröh lich, das können Sie sich doch ungefähr allein denken." Dem jungen Maler wurde es nun doch etwas unbehaglich — er bedauerte beinahe schon, den beiden Damen so etwas eingebrockt zu haben; lange aber hielt diese Stimmung nicht an, dann siegte der Übermut und leichte Künstlersinn, und er sagte sich: „Was kümmert dich der Stadtklatsch! Du nimmst dein Gutes, wo du es findest, und kehrst dich an keinen Menschen I" Und dann erwiderte er dem Wirt lächelnd: „Also lassen wir den guten Leuten hier das Vergnügen, zu reden, was ihnen Spaß macht." Damit setzte er sich wieder und nahm das erste Frühstück ein. Kaum hatte er es beendigt, da trat der Wirt schon wieder zu ihm heran, wieder mit dem eigentümlichen Lächeln. Lärm.) Der Antrag des Präsidenten wmde jedoch angenommen. Eine Theatervorstellung mit Hinderniffen. Die Theater wurden von der Polizei angewiesen, abends nicht zu schließen, sondern die angesetzten Vorstellungen stattfinden zu lassen, da man durch diese Maßregel die Bevölkerung zu be ruhigen hoffte. Doch hatte diese Anordnung wenig Erfolg. Die in der Volksoper angesetzte Aufführung der „Meistersinger von Nürnberg", die im Nahmen der alljährlichen „Mai-Festspiele" stattfinden sollte, ging vor beinahe leerem Hause in Szene. Das Publikum hatte ungeheure Preise für diese Vorstellung bezahlt, bei der in den führenden Rollen mehrere deutsche Schauspieler mitwirken sollten. Die Vorstellung wurde wieder holt von Lärm unterbrochen und in die pein liche Stille, die in dem weiten Raum herrschte, tönten wiederholt von der Straße Revolverschüsse. Das Gerücht, die Regierung habe alle sozialistischen Führer verhasten lassen, bestätigt sich nicht. Beim Hereinbrechen der Nacht machte das Ministerium lediglich bekannt, daß der Ministerrat beschlossen habe, mit den strengsten und rücksichtslosesten Mitteln für die Aufrechterhaltung der Ordnung zu sorgen. Erst lange nach Mitternacht kam die sonst um diese Zeit so stille Stadt zur Ruhe. k)eer unä flotte. — In der Flottennovelle sind insgesamt 6 Millionen Mark zur Schaffung von Repara turwerkstätten und Liegeplätze für Unterseeboote vorgesehen. Die an den Booten erforderlichen Reparaturen und Verbesserungen wurden bisher hauptsächlich von der Kieler und Danziger Neichswerft ausgeführt. Infolge der stetig wachsenden Zahl der Unterseeboote haben sich jedoch die bereits durch die Reparaturen und Umbauten des gesamten Kriegsschiffsmaterials stark belasteten Werks in Wilhelmshaven und Kiel als unzureichend erwiesen, während die Danziger Staatswerft zu wett von dem Tätig keitsfelde der Unterseeboote entfernt ist. Da der Bestand an Unterseebooten immer größer wird und im Laufe der Jahre bis 1920 nach den Begründungen der Wehrvorlage auf 72 Boote gebracht werden soll, von denen sich alsdann 54 Stück dauernd im Dienst befinden werden, beabsichtigt die Marineverwaltung, für die Unter seeboote besondere Werkstätten zu errichten, um jederzeit alle an den Booten erforderlichen Arbeiten ausführen zu können. Hand in Hand mit der Errichtung von Werkstätten sollen be sondere kleine Häfen als Liegeplätze für die Unterseeboote angelegt werden. Diese Häfen werden sich in unmittelbarer Nähe der Betriebs anlagen befinden. Es ist über den Platz, an dem die Werkstätten errichtet werden sollen, noch nichts laut geworden. Jedoch steht zu er warten, daß sowohl die Kieler als auch die Wilhelmshavener Station derartige Einrichtungen erhalten werden. Auch liegt die Möglichkeit nahe, daß auf Helgoland besondere Anlagen, die gleichfalls von den Torpedobooten mitbenutzt werden könnten, geschaffen werden. — Nachdem der Stationskreuzer „Bremen" von den amerikanischen Gewässern seit dem 14. April in Newport auf Ukode-Jsland ge ankert und dort seine Vorbereitungen zum Bei tritt in den Kreuzergeschwaderverband getroffen hatte, der jetzt im Begriff steht, den Ver. Staaten einen Besuch abzustatten, hat das Schiff jetzt zunächst noch eine nördliche Kreuz fahrt in seinem Stationsgebiet ausgeführt, die die „Bremen" zunächst nach St. John auf der Insel Neu-Braunschweig brachte. Konteradmiral v. Rebur-Paschwitz als Geschwaderches deS Ver bandes dampft jetzt mit den Kreuzern „Moltke" und „Stettin" nach der Kohlenerneuerung auf den Azoren bereits im Atlantik. Da die Ver einigung der „Bremen" mit diesen beiden Kreuzern erst auf Hampton Boads erfolgen soll, wo das Geschwader vom 3. bis 8. Juni zu ankern hat, so kann „Bremen" zunächst noch einige Zeit in den nördlichen Gebieten der ost amerikanischen Station Aufenthalt nehmen, ehe die vollständige Zusammenziehung des Kreuzer geschwaders bewirkt ist. „In Ihrem Zimmer ist jemand, der Sie zu sprechen wünscht, Herr Fröhlich!" „Mich ? Nanu, wer kann denn das sein?" — Plötzlich fiel ihm ein, daß „sie" es vielleicht sein könnte. — Und nun stürmte er die Treppe hinauf. Aber in seinem Zimmer stand Förster Gestner. Der Maler erschrak ein wenig, beherrschte sich aber sofort wieder und fragte ruhig, ge lassen: „Sie wünschen mich zu sprechen?" „Ja, das wünsche ich," sagte der Förster kalt, fast hart. „Bitte, wollen Sie sich setzen." „Danke, ich stehe hier lieber." Nun trafen sich die Blicke der Männer, hart, finster, lauernd. „Ich komme, Sie zu fragen, was Sie mit Fräulein Bürger Vorhaben!" Drohend stand der Förster da. Ganz ruhig erwiderte der andre: „Wen« Sie mit mir weiter zu sprechen wünschen, müssen Sie sich schon eines andern Tones be fleißigen." „Herr!" brauste der Förster auf. „Ich rate Ihnen, lassen Sie den Hohn beiseite! Sie kennen mich noch nicht!" Der Maler nahm seine letzte Ruhe zu sammen und sagte kalt höflich: „Also bitte, fassen Sie sich kurz." „Ich wiederhole meine Frage — was haben Sie mit dem jungen Mädchen vor?" „Darüber bin ich Ihnen doch keine Rechen schaft schuldig!" Wieder wollte der Förster aufbrausen, aber
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