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Allgemeiner Anzeiger : 25.05.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-05-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191205256
- PURL
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- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19120525
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- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1912
-
Monat
1912-05
- Tag 1912-05-25
-
Monat
1912-05
-
Jahr
1912
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 25.05.1912
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Aanzsfische Generale über Deutschlands Heer. G Nach wie vor beschäftigt sich die franzö sische Presse angelegentlich mit der deutschen Heeresvermehrung. Dabei kommen die Blätter auf die abenteuerlichsten Ideen. So hat ein großes Pariser Blatt, um die ganze Tragweite der deutschen Heeresvermehrung in bezug auf Frankreich zu ergründen, vier der Reserve an gehörende Generale um ihre Ansicht befragt, da die aktiven Offiziere sich über politische Fragen feit etwa einem Jahre öffentlich nicht mehr aussprechen dürfen. Der ehemalige Generalissimus de Lacroix erblickt in der deutschen Maßnahme vor allem eine Hebung der Angriffskraft des Heeres. Bei Kriegsausbruch, so sagt der General, werde die deutsche Armee in erster Linie weniger Reservisten zählen als bisher und daher ge eigneter sein, die Strapazen des Krieges zu er tragen. Auch das Oberkommando und im all gemeinen das ganze Offizierkorps werde eine Verjüngung erfahren. Die Vergrößerung der Zahl fei also nichts im Vergleiche zur Ver mehrung der Schlagfähigkeit der Armee. General Bonnal glaubt in der deutschen Heeres vermehrung hauptsächlich ein politisches Manöver, eine Art Bluff, sehen zu sollen. Deutschland habe einen mora lischen Eindruck hervorbringen und etwas Kolossales machen wollen. Vielleicht werde Deutschland aber eines Tages für seinen Hoch mut büßen müssen. Frankreich könnte aller dings keine größeren Opfer an Gut und Blut von seinen Bürgern verlangen, schon wegen der zurückgehenden Geburtenziffern nicht. (Das ist jenseits der Grenze der größte Schmerz!) Doch ließe sich die schwarze Armee sehr wohl ver wenden. Endlich könne man anstatt einer Reservebrigade deren zwei bis drei Armeekorps angliedern, um so die Truppen in erster Linie zu verstärken. Die beste Deutschland zu er teilende Antwort bestehe aber darin, die französische Vaterlandsliebe aufzupeitschcn. Der alte General kennt seine Leute. Er weiß sehr wohl, daß die schnell begeisterten Fran zosen, wenn man ihren Stolz aufstachelt und ihnen das Vaterland als gefährdet zu schildern versteht, zu allem fähig sind. Gegenüber diesen Stimmen fehlt es auch nicht an solchen, die beruhigend wirken wollen und infolgedessen in den Fehler verfallen, der vor 40 Jahren so verhängnisvoll werden sollte. Sie überschätzen die eigene Kraft. So meint beispielsweise General Percin, dec ehemalige Kabinettschef des verstorbenen Kriegsministers Andrä, die deutsche Heeresvermehrung sei weniger eine Kraftvermehrung als eine beginnende Schwächung, und zwar wegen der immer schwieriger werdenden Verpflegung im Felde. Schon 1870 habe das deutsche Heer große Schwierigkeiten dieser Art empfunden, trotzdem es in offenen Städten wie Nancy reichliche Vorräte vorfand. Die Sache wäre damals vielleicht anders gekommen, wenn man franzöfischerseits beim Zurückgehen alle Vorräte zerstört hätte. Die Zahl bedeutet nicht viel. Wichtiger ist, daß der französische Soldat dem deutschen sicherlich überlegen sei, ebenso der Unteroffizier und der Offizier in der Feuerlinie, über das Oberkommando ein Urteil abzugsbeu, lehnt der General ab. Was aber unsre Vogesennachbarn am meisten tröstet, das ist die ihrer Ansicht nach unbestreitbare Überlegenheit der französischen Artillerie. So schreibt,La France Militant, das deutsch feindlichste Blatt, das in Frankreich erscheint: „Man irrt sich in Deutschland gewaltig, wenn man glaubt, wir könnten keine Gegenmaßnahmen (gegen die neue Heeresvermehrung) treffen. Wir werden unsre Artillerie so ausgestalten, daß sie unüberwindlich wird. Im übrigen kann Deutsch land uns so leicht nicht unsre Luftflotte nach machen/' — Wer heute Organe aus dem An tang des Jahres 1870 liest, findet derartige HL Siegenäe I^iebe. 11) Roman von Paul Blitz. <Fortsc-nng.> Aber Elsbeths Augen glänzten in Heller Freude, und anteilnehmend schritt sie von Bild zu Bild. Wie war das alles herrlich und schön! überglücklich war sie. Langsam geleitete Fritz Fröhlich sie weiter. Er sprach nicht viel, um der Kleinen ihren vollen Kunstgenuß zu lassen, nur ab und zu mußte er ihr, verstohlen und Innig, die Hand drücken. Ms sie ungefähr eine Stunde gewandert waren, sagte er: „So, meine .Damen, nun wollen wir mal eine kleine Kaffeepause machen, dann haben Sie später um so größeren Genuß/ Vor dem „Cafs Bauer" nahmen sie Platz. Gegenüber spielte die Kapelle der Garde- nlanen. Und in dem Wandelgang drängte sich die langsam flanierende, geputzte Mengs. „Nein, nein, diese Menschenmassen! Wo kommen die Leute bloß alle her?" sagte die alte Frau. „Ja, ja, die Berliner sind keine Duck mäuser!" lachte Fritz Fröhlich. „Wochentags arbeiten sie stramm, aber Sonntags wollen sie sich dann auch amüsieren." Er sah zu Elsbeth hin — gar zu gern wäre er mit ihr einen Augenblick allein ge wesen, aber die Mutter wich nicht von ihrer Seite. Plötzlich sagte er: „Wie wär's, wenn wir mal so einen Rundgang durch den Park machten?" Äußerungen in Hülle und Fülle. Wer die rauhe Wirklichkeit sah schließlich doch anders aus. Hoffentlich ist der Tag noch fern, an dem neuerdings die Probe aufs Exempel gemacht wird. — Deutschland aber kann ihn getrost erwarten. Politische Kuncilckau. Deutschland. *Kaiser Wilhelm trifft, wie nunmehr endgültig festgesetzt ist, am 8. August d. Js. zur Jahrhundertfeier der Firma Krupp in Essen ein, und wird mehrere Tage auf Villa Hügel bleiben. Auch der Stadt Essen stattet der Kaiser einen Besuch ab. * Prinz Georg Wilhelm von C u m - berland, der älteste Sohn des Herzogs von Cumberland, ist auf der Fahrt nach Schwerin, unweit des Bahnhofs Friesack, mit seinem Automobil, das er selbst steuerte, gegen einen Baum gefahren. Er wurde mit seinem Kammer- Herrn und dem neben ihm sitzenden Chauffeur aus dem Wagen geschleudert und erlitt beim Sturz einen Schädelbruch. Der Prinz wie sein Kammerherr waren auf der Stelle tot, während der Chauffeur schwere Ver letzungen erlitt. Der Anprall muß außer ordentlich stark gewesen sein, denn das Auto wurde total zertrümmert gefunden. * Die deutsa)-französische Kom mission, die die Arbeiten für die Fertig stellung der neuen Grenze zwischen Kamerun und Französisch-Kongo vorbereiten soll, wird anfangs Juni in Bern zusammentreten. *Jm preußischen Abgeordnete n- hause wurden die freisinnigen und national liberalen Anträge auf eine Reform des preußischen Wahlrechts nach längeren heftigen Debatten abgelehnt. Von feiten der Regierung wurde zu den neuen Wahlrechts anträgen keine Erklärung abgegeben. England. * Aus die Londoner Blätter hat dieNeichs - tagsdebatte über die deutsch-eng lischen Beziehungen einen günstigen Eindruck gemacht. Dem ,Daily Chronicle' gilt sie als der beste Beweis dafür, daß sich die Beziehungen zwischen Deutschland und England zu bessern beginnen. ,Daily News' sind über zeugt, daß der neue deutsche Botschafter die Verhandlungen, die Lord Haldane anfangs dieses Jahres in Berlin anknüpfte, nicht schlummern lassen wird. Im ,Daily Graphic' wird ver raten, es werde Frhrn. v. Marschalls erste Auf gabe sein, den Vertrag von 1898 bezüglich der portugiesischen Kolonien in Gemein schaft mit dem englischen Minister des Äußeren zu revidieren. Mit größter Peinlichkeit soll ver mieden werden, Portugals Selbstgefühl durch diesen neuen Vertrag zu verletzen. Denn ohne die Zustimmung der jüngsten Republik kann und soll nichts geschehen. Was aber dem ,Daily Graphic' das Wichtigste erscheint, ist, daß durch diesen neuen Vertrag die Vor herrschaft und Gemeinschaft der englisch-deutschen Interessen in Afrika südlich vom 10. Breiten grade zum Ausdruck gebracht wird. * Im Unterhause erklärte gelegentlich der Beratungen des Postetats General-Postmeister Samuel, daß Schritte getan würden, um die telephonische Verbindung auf die Schweiz, Holland und Teile von Deutsch land auszudehnen. Er hoffe, daß man in nicht ferner Zeit deutlich mit Berlin werde sprechen können. Samuel erwähnte ferner, daß ein neues Kabel zwischen England und Deutschland gelegt werden sollte, daß den tele graphischen Dienst mit dem Festland verbessern würde. Schweden. *Jn der Zweiten schwedischen Kammer wurde der sozialdemokratische Antrag, Schweden solle sich dauernd als neutral erklären, mit großer Mehrheit abgelehnt. Der Regie rungsvertreter betonte in längerer Rede, Schweden werde an seiner Friedenspolitik fest halten, eine dauernde Neutralitätserklärung müsse > aber dem Ansehen des Landes schaden. ! Aber da kam er schön an. Entsetzt rief Mütterchen: „Wie denn? Da hinein in das Gedränge: Um Gottes willen nicht!" Lächelnd meinte er: „Nun gut, Frau Bürger, dann bleiben Sie hier und hüten unsre Plätze: ich führe Fräulein Elsbeth nur einmal rund herum um den Park." Flehend aber bat die alte Frau: „Ach nein, bitte, lieber nicht! Mir wird so ängstlich, wenn ich hier ganz allein sitzen soll." „Nein, Muttchen, wir hleiben ja auch hier," tröstete die Tochter sie. Da gab er es auf bis zu einer besseren Gelegenheit. Endlich war es Zeit, sich zum Theater zu rüsten. Ms Elsbeth den Zuschauerraum des Opern hauses betrat, hatte sie so starkes Herzklopfen, daß sie kaum atmen konnte. Sie wagte kaum aufzutreten. Wie in eine Märchenwelt versetzt, so kam sie sich vor. Fritz Fröhlich ließ sie nicht aus dem Ge sicht. Er merkte mit Freude, wie das alles auf sie wirkte. Aber er störte sie durch keine Frage; ruhig ließ er all das Neue und Fremd artige auf sie einwirken. Nach und nach füllten sich die Bänke, und endlich ertönte das Glockenzeichen. Die Ouertüre begann. Atemlose, heilige Ruhe. Und dann erklang es — wie himmlische Sphärenmusik erklang es — Töne aus einer andern West — Töne aus den Regionen der Reinheit und der Schönheit, wo man nichts weiß von all dem Erdenjammer, von Neid und Balkanstaaten. *Die türkische Regierung hat nunmehr die Ausweisung aller Italiener aus der Türkei beschlossen. Unter den Italienern herrscht infolgedessen große Bestürzung, weil viele durch diesen Beschluß, von dem etwa 8000 Personen betroffen werden, Hab und Gut verlieren. — Gegen die aufständischen Alba nesen sind- zwei Regimenter Infanterie und Artillerie entsandt worden. Amerika. * Wie verlautet, ist auf der Insel Kuba ein ernster Negeraufstand ausgebrochen. Die Regierung der Ver. Staaten hat um fassende militärische Maßnahmen getroffen, um nötigenfalls zu einer Besetzung der Insel schreiten zu können. äLM AeickMage. Das Haus erledigte am Montag eine umfang reiche Tagesordnung. Zunächst wurden die Konsular-, Rechtsschutz- und Auslieferungsverträge mit Bulgarien in 1. und 2. Lesung angenommen. Darauf folgte die Beratung des Ergänzungsetats, dem Verein „Versuchsanstalt für Lustschiffahrt" 250 000 Mark zur Begründung einer Versuchsanstalt zu be willigen: ferner für den, Ausbau des Reichs» tagsgebäudcs 7500 Mark zu verwenden. Staats sekretär Delbrück führte zur Begründung der Vorlagen aus, daß sie alten Wünschen des Hauses entsprechen. Nach kurzer zustimmender Aussprache wurde der Etat in 1. und 2. Lesung an genommen. Es folgte die 2. Lesung der Branüt- weinsteuerergänzung. Abg. Südekum (soz.) meinte, daß die Brannuveingesetzgcbung den Großgrundbe sitzern nur ihren Anspruch auf pontischs und gesell schaftliche Führung ermöglichen solle. Abg. Speck (Zentr.) wandte sich gegen die widerspruchsvolle Haltung der Linken, die früher immer die Liebesgabe beseitigen wollten und letzt die Beseitigung als Be lastung des Konsums bezeichnen. Nach längeren Reden andrer Abgeordneten verschiedener Parteien, die sich teils zustimmend, teils ablehnend äußerten, trat Abg. Kölsch (nat.-lib.) für eine Erbschaftssteuer ein. Schatzsekretär Kühn meinte, die Veteranensür- sorge sollte man nicht mit der Vorlage verquicken, wie es dis Sozialdemokraten verlangen. Dieser werden sich dis Regierungen nicht entziehen. Darauf wurde der 8 1 in der Kommissionsfassung angenommen. Am 21. Mar steht auf der Tagesordnung das Militär-Luftfahrfürsorgegesstz. Per Entwurf bestimmt, daß die Angehörigen des Reichs- beeres, der Marine- und Schutztruppen, die in Aus übung des Luftfahrdienstes infolge der besonderen diesem Dienste eigentümlichen Gefahren eine Dienst beschädigung erleiden, und dadurch penfions- oder rentenberechtigt geworden sind, neben dem Anspruch auf Pension oder Rente Anspruch auf eine Lust- dicnst,Zulage haben. Die Vorlage wird nach kurzen Ausführungen der Abgg. Frank (soz.), Erzberger (Zentr.), Schulenburg (nat.-lib.), Doormann (fortschr. Vp.) und Bernstein (soz ) in erster und zweiter Lesung angenommen, ebenso der Zusatzantrag zum Auslieferungsvertrag mit Luxemburg. Es folgen dieDeckungs - und Besitz st susr- beschlösse der Budgetkommission. Abg. Bassermann (nat.-lib.): Wir sind immer der Meinung gewesen, daß eine Reichs- vcrmögenssteuer einer ReichserbschaftLsteuer vorzu- zieyen sei, und haben deshalb gewiß keine Veran lassung, uns hier den Weg für die Vermögens steuer zuzubauen, indem wir nur die Erbschaftssteuer fordern. Abg. Ledebour (soz.): Wir wirken kultur fördernd, denn wir haben den Schnapsbohkott be schlossen. Die Verlängerung der Zuckersteuer lehnen Wir ab. Wir fragen den Schatzsekretär: Was ver stehen Sie unter Besitzsteuer? Abg. Spahn (Ztr.): Was die Bedeutung der Besitzsteuer anlangt, so ist in der Kommission nicht von einer einzigen Besitz-, Vermögens-, Einlommen- oder Erbschaftssteuer die Rede gewesen, sondern der Negierung ist vollkommen freie Hand gelaffen. Es ist sogar erwähnt worden, daß die Negierung die Sache den Einzelstaaten überlassen kann. Abg. Graf Westarp (kons.): Die Frage der Erbschaftssteuer hat die größte Zersplitterung zwischen den bürgerlichen Parteien herbeigeführl; bei der Wehrvorlage haben wir uns zusammengetan, soll der Streit von neuem zu toben anfangen? Den Haupt vorteil von den Wehrvorlagcn haben die Groß kapitalisten. sie sollten also in erster Linie zu den Kosten herangezogen werden. Abg. Fischbeck (fortschr. Vp.): Wir haben schon 1909 Ermäßigung der Fahrkarumsteuer, Beseitigung des Schcckstempels, der Zündholzstcuer, Herabsetzung des Kaffeezolls usw. gefordert. Vor allem aber Bosheit, wo man in seliger, schöner Harmonie dahinlebt, ohne Sorge, ohne Schmerzen, in verklärter Reinheit. . . Elsbeth saß da mit gefalteten Händen; ihre Augen erstrahlten in überirdischem Glanz; ihre Gedanken waren der Erde entrückt — sie lebte in einer Zauberwelt . . . Was sie in stillen Stunden, wenn sie träumend auf der einsamen, sonnigen Waldwiese gesessen und dem Ge sang "der Vögel, dem Rauschen des Windes ge lauscht hatte — was sie in jenen schönen, stillen Stunden erlebt und gefühlt hatte, das fühlte sie auch nun wieder — Natur! Die herrliche, allbeglückende und befreiende Natur! Mit einem Male dachte sie an den armen, toten Papa. Langsam füllten ihre Augen sich mit Tränen, das Herz wurde ihr so weich und weh, daß sie laut hätte aufschluchzen können, und zitternd flüsterte sie, keinem andern vernehmbar: „Papi, liebster Papi!" Da plötzlich schwieg die Musik einen Augen blick. Dann wurde der Zuschauerraum dunkel, und der Vorhang hob sich. Tannhäuser im Venusberg . . . Und dazu eine Musik, so voll von schwüler und berauschender Leidenschaft, daß eins selige, schaurige Wonne durch die Herzen der Hörer bebte. / Elsbeth saß da wie verzaubert — auch sie erbebte in heimlicher, seliger Wonne, auch sie war hinübergehoben ins Reich der märchen- schönen Phantasie, in den prachtstrahlenden Zaubergarten, in das herrliche, prangende Reich ! dieser Liebesgöttin ... § wollen wir für dis Schuldentilgung die notwendigen Mittel haben. Schatzfekretär Kühn: Unter Besitzstener verstehe ich die Steuer vom Vermögen oder vom Nachlaß in ihren verschiedenen Nuancen und Kon struktionen. Alle einzelnen Steuern, die nicht Besitz- stsuern sind, erlassen Sie mir wohl, auszuzählen ; es ist nicht möglich, alle diejenigen Steuern zu nennen, die dazu gehören. Dis Erbschaftssteuer gehört zweifellos nicht zu den Besitzsteuern. Es wäre daher gut, dis Anträge der Wohnungsfrage genauer zu formulieren. Aba. Mumm (wirtsch. Vgg.): Man soll die politische Lage nicht durch bestimmte Steuervorschlägs schwieriger gestalten. Für eine höhere Besteuerung des mobilen Kapitals würden weite Kreise dankbar sein. Es ist ein ästhetischer Genuß, dis Sozial demokraten für einen Gesetzentwurf stimmen zu sehen, der die Überschrift trägt: Kosten zur Verstärkung von Heer und Marine. Abg. Frhr. v. Gamp (Reichsp.): Wir stehen nach wie vor auf dem Standpunkt: Wir halten dis Erbschaftssteuer für eine allgemeine Besitzsteuer, und wir sind auch bereit, für die Erbschaftssteuer zu stimmen. Aber nachdem wir eine Wertzuwachssteuer haben, müssen wir aus Gerechtigkeiisgründen auch das mobile Kapital heranziehen. Ein Schlußantrag wird gegen die Sozialdemo kraten angenommen. Dann wird gleich in die zweite Lesung der Deckungsvorschläge eingetreten. Abg. Südekum (soz.): Herr Kühn pflegt sich immer sehr vorsichtig auszudrücken, aber so vorsichtig wie heute war er noch nie. Abg. Roland-Lücke (nat.-lib.): Wir ver langen, daß 1914 die Aufhebung der Ermäßigung der Zuckersteuer auch wirklich erfolgt. Und wenn die Regierung aus irgendwelchen Gründen die Ab sicht haben sollte, die Herabsetzung der Zuckersteuer zu verzögern, so würden wir uns dagegen erklären. Abg. Gräfe-Sachsen (Refp.): Ich werde ebenfalls für die Erbschaftssteuer stimmen. Das Zentrum und die Rechte werden aber schon dafür sorgen, daß die Erbschaftssteuer so gestaltet wird, daß Ihnen und manchen Leuten, dis hinter Ihnen stehen, etwas schwummrig zumute wird. Die Aussprache schließt. Die Bestimmungen über die Hinausschiebung der Aufhebung der Zuckerstener und die allgemeine Besitzsteuer werden gegen Sozial demokraten und Polen angenommen. In namentlicher Abstimmung wird dann der Absatz über die Einbringung der Erbschaitssteuer- vorlage (Antrag der Voikspartei) mit 184 gegen 169 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Hierauf wird ohne weimttiche Auswracke der Etat der allgemeinen Finanzverwaltung, das Eiats- gesetz, einige Rechnungssachen und Petitionen erledigt. Eine Petition fordert die Einführung des Be fähigungsnachweises in der Maßschneiderei. Die Petition wird durch Übergang zur Tagesordnung erledigt. Drei Eingaben fordern die Beschaffung von Wahlurnen durch das Reich. Die Wahlprüfungskommiiston beantragt, die Ein gaben dem Reichskanzler zu überweisen. Abg. Quarck (soz.) beantragt, den Reichskanzler zu ersuchen, die Einführung einheitlicher und das Wahlgeheimnis sichernder Wahlurnen alsbald zu veranlassen. Der Reichskanzler sollte jetzt frisch nach den Wahlen rasch an die Arbeit gehen. Abg. Neumann-Hofer (fortschr. Vp.): Wir stimmen beiden Anträgen zu. Man sollte in das Wablreglement eine Bestimmung über die Beschaffen heit der Wahlurnen aufnehmen. Jetzt bestehen da die bedenklichsten Zustände. Beide Anträge werden einstimmig angenommen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Präsident Kämpf beraumt uni 4'/, Uhr eine neue Sitzung eine halbe Stunde später an. In der zweiten Sitzung werden die auf der Tagesordnung stehenden Petitionen erledigt. Es folgt die dritte Beratung der WehrVor lagen. Abg. Haase (soz.): Wir bedauern, daß wir noch nicht stark genug sind, diese volksfeindlichen Vor lagen zu Fall zu bringen. Die Debatte schließt. Beide Vorlagen werden im ganzen angenommen. Es folgen Wah! prüfungen. Die Wahlen der Abgg. Lensch (soz.) und Baudert (soz.) werden für gültig erklärt, bei den Wahlen der Abgg. Kämpf (forych. Vp.), Kölsch (nat.-lib.), Kuckhoff (Zentr.) und Grat v. Oppersdorf (Zentr.) Beweis erhebungen beschlossen. Die Wahl des Abg. Pauli« Hagenow (kons.) wurde nach kurzer Aussprache für ungültig erklärt. In vorgerückter Abendstunde wird die Brannt- weinfteuernooelle in dritter Lesung im wesentliche» nach den Kommijsivnsbcichlüssen angenommen. Daraus vertagt sich daS Haus. Plötzlich fühlte sie den Druck einer Hand — plötzlich spürte sie an ihrem Ohr einen warmen Hauch und hörte leise, kaum hinge hauchte Worte. Er war es! Er! Er! — Sie erbebte vor Wonne. Und wieder einen Händedruck, lange und innig ... und wieder leise flehende, zitternde Worte. „Ich hab' dich lieb! Unsagbar lieb hab' ich dich!" Sie saß da wie in Verzückung — sie schloß die Augen, sie wagte nicht, sich zu bewegen — wie in einem Feenreich, so lebte ihre Phantasie auf und schwelgte in trunkener Freude. Wieder erklang die leise Stimme, flehend in bebender Leidenschaft: „Elsbeth, ich habe dich lieb, unendlich lieb! Sei mein! Sei mein, du süßes Mädel! Sei mein!" Und sie fühlte seine zitternde Hand in der ihren, sie fühlte den festen, innigen Druck — und auf einmal, ehe sie noch recht wußte, wie es gekommen war, hatte sie seinen Händedruck erwidert, ebenso fest, ebenso innig. Da hielt er bebend ihre Hand fest und flüsterte: „Hast du mich lieb? Nur ein Wort, bitte, ein einziges Wort!" Und da antwortete sie mit einem glückvollea Blick und nickte ihm zu. „Dank! Dank!" — Zärtlich streichelte er ihre Hand. Aber da räusperte sich der hinter ihnen, sitzende Hörer, und von nun an waren sie still. Elsbeth saß da und rührte sich nicht —) sie lebte wie in einem herrlich schönen Traum,
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