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Allgemeiner Anzeiger : 10.02.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- Urheberrechtsschutz 1.0
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191202102
- PURL
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- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-181900449X-19120210
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
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- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
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Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-10
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 10.02.1912
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Vie „I^rilerUcke Republik" in Okina. Im letzten Augenblick hat nun der Pekinger Hof doch noch einen Ausweg gefunden, um sich trotz der Abdankung wenigstens einen Schatten der Macht zu sichern. Ein kaiserlicher Erlaß befiehlt nämlich Juanschikai, mit Hilfe der Republikaner des Südens die neue Republik zu bilden. Der Erlaß Juanschikais, die Republik zu errichten, wird indessen erst veröffentlicht werden, wenn die Vorbereitungen im Süden vollständig sind. Juanschikai versucht inzwischen, die republikanische Regierung in Nanking zu überreden, ihre Macht auf ihn zu übertragen, damit er ganz China regieren kann, bis der Nationalkonvent eine Regierung eingesetzt und eine Verfassung gegeben hat. Man nimmt jedoch an, daß vorläufig zwei Regierungen nebeneinander regieren werden. Juanschikai bekämpft die Verlegung der Hauptstadt und befürwortet die Berufung einer Nationalversammlung für Nordchina. Die Republikaner wünschen dagegen, daß Nanking Hauptstadt werde. Man glaubt in unterrichteten Kreisen, daß sich über diese Frage eine Eini gung erzielen lassen wird. Denn der Führer der Revolutionäre, der Präsident der südlichen Republik Dr. Sunfatsen, hat sich bereit erklärt, zugunsten Juanschikats abzudanken, wenn erst die Dynastie endgültig zurückgetreten ist. Die Mandschu-Dynastie, die nun auf jede politische Macht verzichtet hat, behält nach ihrer Abdan kung Rang und Titel und -als besonderes und alleiniges Vorrecht die Vollziehung der Staats opfer an hohen Festtagen, die allein der Dalai- Lama darbringen darf. Entgegen früheren Ent schließungen bleibt der Hof in Peking. Die neue Republik, die 'o auf Befehl des Thrones ins Leben ge rufen wird, unterscheidet sich natürlich wesentlich von der französischen oder amerikanischen Staats form. Man hat in Peking eine ganz eigen artige Lösung für das schwierige Problem ge funden, die Republik einzuführen und doch den Kaiser seiner Macht nicht zu entkleiden. Dem gemäß bleiben dem Kaiser alle die Würden eines „Sohnes des Himmels", alle die Vor rechte eines „Hohenpriesters": er wird also in Zukunft ein Dalai-Lama (geistliches Oberhaupt) sein: aut diese wird in dem Erlaß der Kaiserin ein für allemal verzichtet, doch bleibt dem Kaiser das Recht der Verleihung von Titeln Vorbe halten. Wie, um diesem Vorbehalt besonderes Gewicht zu verleihen, erklärt Juanschikai, daß er den ihm unlängst verliehenen Titel eines Marquis annehmen werde. Die Errichtung der Republik ist noch nicht veröffentlicht, weil Juanschikai vorher noch mehr ihm ergebene Truppen in Peking zusammenzuziehen wünscht. Pekinger Zeitungen bringen jedoch bereits Nachrichten über die Zusammenstellung der neuen Regie rung, nach denen Juanschikai der Präsident wird. Freilich bedarf diese Art der Lösung der Krise noch der Zustimmung der Revolutionäre. Indessen ist an dieser nicht zu zweifeln. Sie werden nach einigem Markten und Feilschen zu stimmen: denn es läßt sich nicht länger ver bergen, daß ihre Mittel erschöpft sind und daß sie daher zu irgend einem Schluß kommen müssen. Man darf nun gespannt sein, wie sich die „Kaiserliche Republik" bewähren wird. Politische Kunälckau. Deutschland. - "Kaiser Wilhelm wird Ende Februar der Stadt Hamburg einen Besuch abstatten und bei dieser Gelegenheit die große Werft von Blohm u. Voß besichtigen. "Die Frage, welche Steuervorlagen dem Reichstage zugehen werden, beschäftigt alle politischen Kreise. Aus angeblich unter richteter Quelle verlautet darüber: Von den zur Deckung der Kosten der Militärvorlagen in Aussicht genommenen Steuern steht nur so viel fest, daß einige Steuern, deren Einbringung noch vor einiger Zeit ernsthaft erwogen worden ist, bestimmt nicht eingebracht werden sollen. Hierzu gehört vor allem der Plan, die zurzeit bestehende Malzsteuer in eine Fabrikations steuer ohne Rücksicht auf den Malzgehalt des Bieres umzuwandeln. Ebenso scheint man den Gedanken an eine Weinsteuer fallen gelassen zu haben. Unter das Kapitel neuer Ge tränke st euern würde eventuell die Sonder besteuerung von Hotels, Gastwirtschaften und andern dem Publikum dienenden Einrichtungen zu rechnen sein: diese Sondersteuern sollten in sehr weitgehender Abstufung alle diejenigen Unternehmungen treffen, die mit einer täglichen großen Bareinnahme und mit einer verhältnis mäßig hohen Verzinsung ihres Betriebskapitals rechnen können. — Die Ausgaben für die Ver mehrungen und weiteren Indienststellungen beim Heer und bei der Flotte sollen sich auf rund 170 Mill. Mk. belaufen. "Zu der Erklärung des Ministers v. Dall witz über die preußische Wahlrechts frage erhält die ,Tgl. Rdsch.' von durchaus zuverlässiger Seite eine Darstellung des Stand punktes der preußischen Regierung, der in den nachstehenden Erklärungen zum Ausdruck kommt: Der Sprecher der Regierung hat ausdrücklich gesagt, daß die Regierung in diesem Jahre von der Anbringung einer Wahlrechtsvorlage ab sehen will. Die Betonung muß auf „diesem Jahre" gelegt werden, wenn der Standpunkt des Staatsministeriums richtig erfaßt werden soll. Die Regierung behält es sich also vor, dem Landtag, der unter Umständen bis zum Juni 1913 zusammengehalten werden kann, noch kurz vor seinem verfassungsgemäßen Aus einandergehen eine Vorlage über die Reform des preußischen Wahlrechts zugehen zu lassen, vorausgesetzt, daß die Entwicklung der innerpolitischen Zu stände eine der artige Maßnahme als richtig erscheinen läßt. Der Reformentwurf liegt im Ministerium des Innern fertig vor; es ist sogar bekannt, daß die Regierung sich auf den Boden deS direkten und geheimen Stimmrechts gestellt hat, allerdings unter Beibehaltung des Dreiklassen systems. "Die W ah lr e ch t s v orl ag e für das Herzogtum Braunschweig ist jetzt den Ab geordneten zugegangen. Der Entwurf sieht in Zukunft die Wahl von 54 (bisher 48) Abge ordneten vor, von denen 36 aus allgemeinen, direkten Wahlen und 18 aus Wahlen der Berufsstände hervorgehen. Für die allgemeinen Wahlen ist das System der Dreiklassenwahl beibehalten worden. Die Wahl, die durch Ab gabe zusammengefalteter Stimmzettel vor sich geht, erfolgt auf vier Jahre. Gegen die Ein führung des Reichstagswahlrechts führt die Be gründung an, daß dem Landtag andre Auf gaben obliegen als dem Reichstag und die Leistungen der Bürger im Reiche und in den Einzelstaaten ebenfalls wesentlich verschiedener Natur seien. "Bei den Wahlen zur bayrischen Kammer wurden gewählt: 87 Zentrum, 35 Liberale und Deutscher Bauernbund, 30 Sozialdemokraten, * 4 Bayrischer Bauern bund, 7 Konservative und Bund der Land wirte. Das Zentrum gewinnt zwei und ver liert 13, die Liberalen gewinnen 13 und ver lieren 2, die Sozialdemokraten gewinnen 9, der bayrische Bauernbund gewinnt 3 und ver liert 2, die Konservativen und der Bund der Landwirte gewinnen 2 und verlieren 12. In Verbindung mit den Wahlen hat das Ge sa m t m i n i st er i u m dem Prinz-Regenten die Abdankung eingereicht. Frankreich. "Im Senat kam es bei der Beratung des deutsch - französischen Marokko- Abkommens erneut zu stürmischen Debatten. Die Nationalisten erklärten einstimmig, den Vertrag ablehnen zu wollen, da er Frankreichs Ansehen schädige, weil französisches Land an die Macht freiwillig abgetreten worden sei, die „vor Jahren sich französisches Land gewaltsam nahm." "Die Heereskommission der Deputierten kammer hat gegenwärtig eine neue Waffe zu prüfen, die das Kriegsministerium für die Flieger bestimmte. Es handelt sich um ein stiftartiges Stahlgeschoß von 12 Zentimeter Länge mit einem Schaft von kreuzförmigem Querschnitt, der es in seiner Richtung erhält, und einem unten zugespitzten Ende. Diese Stifte, die von den Fliegern auf feindliche Truppen herabgeschleudert werden können, fallen immer auf den Kopf. Die Durchschlagskraft der Geschosse soll sehr bedeutend sein. Belgien. * Die Konferenz zur Bekämp fung des Alkoholgenusses in Afrika, die in Brüssel tagte, ist auf unbestimmte Zeit vertagt worden, da vorerst die Möglichkeit einer Ver ständigung ausgeschlossen erscheint. Amerika. "In Mexiko herrscht Anarchie. Das ganze Land ist in Aufruhr. Die Ver. Staaten haben infolgedessen erneut die Grenzwachen verstärkt. frieäenssckalmeien. Wer vorurteilsfrei auf die Entwicklung der Dinge in Frankreich und England sieht, wer mit offenem Auge die Blätterstimmen liest, die oft genug sehr deutlich die öffentliche Meinung in jenen Ländern widerspiegeln, weiß, daß man in London und Paris systematisch den Krieg gegen Deutschland vorbereitet. Während man aber in Paris sich keine Mühe gibt, den Sachverhalt zu verschleiern, ist man in London eifrig bedacht, „die Wogen der Erregung in deutschen Landen zu glätten; denn es gibt keine ernsthaften Streitfragen zwischen Deutschland und England." So liest man es jetzt fast täglich, jetzt, nachdem England sein Ziel erreicht hat und wieder einmal im Spiel hinter den Kulissen sich als Meister ge zeigt hat. Und merkwürdig, wie Lloyd George, der fast den Krieg zwischen beiden Ländern ent facht hätte, jetzt plötzlich einsieht, daß der Friede doch die schönste Himmelsgabe ist, so erklären jetzt auch die größten Hetzblätter, daß der Friede zwischen Deutschland und England eine Kultur notwendigkeit sei. So schreiben beispielsweise die sonst nicht gerade deutsch-freundlichen ,Daily News": „Der gegenwärtige Augenblick verspricht ungeahnte politische Möglichkeiten. Das deutsche Volk hat in einer überwältigenden Kundgebung in den Wahlen seine friedfertigen Absichten bezeugt. Wenn auch die deutsche Regierung nicht wie die englische der Ausdruck des Volkswillens ist, so kann sie ihn doch nicht vollständig übersehen, und alle Anzeichen deuten darauf hin, daß das amtliche Deutschland die gleiche Friedensbereitschaft hat wie das demo kratische. Es ist bekannt, daß der Kaiser den Frieden wünscht. Diese Haltung bringt ihn ständig in Konflikt mit der deutschen Kriegs partei. Der Wunsch des Reichskanzlers, der ein einfacher, offener Mann ist und dessen politische Aufrichtigkeit man nicht anzweifeln darf, geht auf eine Verständigung mit England. Die Sympathien der deutschen Finanzwelt liegen in gleicher Richtung. Wir können also die Idee, Deutschland, sei es nun die Regierung oder das Volk, wünsche uns anzugreifen, als falsch zurück weisen." (Dasselbe Blatt schrieb in den kritischen Augusttagen 1911: „Es ist kein Geheimnis mehr, daß das deutsche Volk in seiner Mehrheit die Friedensliebe des Kaisers nicht teilt — und die Regierung wird auf die Dauer dem Volks willen nicht widerstehen können.") Das Blatt bemerkt weiter: „Allenthalben in England wird heute zugegeben, daß die deutschen Wahlen einen radikalen Umschwung in der englischen Stimmung verursacht haben. DaS deutsche Schreckgespenst ist verschwunden, und selbst die deutschfeindliche Presse ist zum Schweigen gebracht. Deutschland und England sind heute einer freundschaftlichen Verständigung näher, als sie es je während der letzten zehn Jahre gewesen sind. Der Kaiser und sein Volk haben bewiesen, daß sie keine feindlichen Ab sichten haben, und es ist nun an England, seinerseits das gleiche zu beweisen. Es würde ganz sicher zur Beseitigung der bestehenden deutschen Mißstimmung beitragen, wenn sich England mit einer deutschen kolonialen Aus breitung einverstanden erklärte. England würde einen Besitzwechsel, der die westafrikanischen Kolonien Portugals unter deutsche Herrschaft brächte, nicht nur geduldig hinnehmen, sondern geradezu begrüßen. Schließlich liegt eine ge meinsame deutsch-englische Balkanpolitik an gesichts der plötzlichen Krisen, die infolge des italienisch-türkischen Krieges jeden Augenblick im nahen Osten ausbrechen können, im Interesse beider Mächte. Die Gegengabe Deutschlands könnte in einer Anerkennung des englischen Rechts aus unbedingter Überlegenheit zur See bestehen." — Unwillkürlich fallen einem beim Lesen dieser Zeilen Fritz Reuters unvergeßliche Worte ein: „Nachtigall, ick hör dir laufen." Nachdem die portugiesische, wie auch die deutsche Regierung erklärt haben, daß von einer Über lassung einer portugiesischen Kolonie (Angola) an Deutschland nicht die Rede sein könne, „be- grüßt" ein englisches Blatt (das mit amtlichen Stellen Beziehungen unterhält), dessen Deutschen haß bekannt ist, es, wenn Deutschland seine Kolonien ausdehnt. Und das Blatt spricht im Namen Englands, desselben Englands, daS einen deutschen Hafen Agadir als ständige Gefahr für England bezeichnete. In Wahrheit liegen doch die Dinge so, daß wir augenblicklich nicht an koloniale Neuerwerbungen denken können; denn unser Neu-Kamerun bedarf unsrer ganzen Sorg falt. Wie aber würde England unserm Vor schlag begegnen, uns endlich alle Schwierig keiten beim Bau der Bagdadbahn aus dem Wege zu räumen, Schwierigkeiten, die England gemeinsam mit Frankreich immer aufs neue schuf? Was die ,Daily News' bieten, ist ein Wechsel auf die Zukunft. Wir haben aber lange genug gehofft und geträumt. Jetzt sind wir wach und sehend geworden, und werden deshalb Englands Übermacht zur See erst dann bedingungslos anerkennen, wenn unserm Handel auf dem Weltmarkt für seine Ausbreitung un- verrückbare Garantien geboten werden. k)eer unci flotte. 8k Ein für die Aufklärungstätigkeit in unserm Heere bedeutsames Kommando ist vor kurzer Zeit erfolgt. Auch bei unserm Heere be ginnt man, dem Schneeschuh als Aufklärungs mittel in einem Winterfeldzug immer steigende Bedeutung beizulegen, da der Schneeschuh unter Umständen im Winter ein sehr wichtiges Hilfsmittel der Kriegsführung werden kann. ES ist nun jetzt aus diesem Grunde die Komman dierung von 15 Mann des Infanterieregiments Nr. 113 erfolgt, die einen Lehrgang im Schneeschuhlaufen durchmachen sollen, um die notwendigen Kenntnisse hierin zu erlangen. Das Kommando, das aus einem Offizier, einem Vizefeldwebel und 13 besonders sport tüchtigen Einjährig-Freiwilligen besteht, ist zu der Winterübung nach dem Feldlager geschickt worden, wo die Unterweisung in diesem Sport stattfindet. Als Ausbildungszeit sind sieben Tage festgesetzt worden, da diese Zeit den Sol daten genügen dürste, eine gewisse Fertigkeit im Schneeschuhlaufen zu erlangen. Es ist für die Art des Unterrichtes eine besondere Bestim mung getroffen worden, daß besonders „Militär- Patrouillenläufe" dabei berücksichtigt werden sollen, da diese hauptsächlich in Betracht kommen. In andern Heeren, besonders im österreichischen, wird dem Schneeschuhlaufen auch große Auf merksamkeit gewidmet, von der umfangreiche Kommandos Zeugnis ablegen. Man kann auch bei uns damit rechnen, daß die Schneeschuh- Kommandos nicht nur wiederholt, sondern auch erweitert werden, soweit es die Sachlage erfordern Von unci fern. Wieder ein Erdbeben in Süddeutsch land. Am Sonntag früh wurde in Freiburg (Breisgau), den umliegenden Tälern und auf dem Schwarzwald ein starker Erdstoß verspürt, dem Krachen und Zittem der Wände und Fensterklirren folgte. A 6m stiller Mensch, S) Roman von Paul Blitz. lKoUsrS>--g.> Plötzlich sagte ein semmelblonder Oberleut nant von den Ntaikäfem: „Wißt ihr das Neueste? Ja, eine nette kleine Sensation! Hier dieser Zeitungs-Artikel! Die schöne Labanero vom Wintergarten" P wieder einmal kontrakt brüchig geworden! Jawohl! Durchgegangen! Diesmal mit einem exotischen Prinzen; natür- üch wahnsinnige Moneten! Hat sie so lange mrd konsequerck belagert und mit Diamanten bombardiert, bis er sämtliche Konkurrenten aus- gestochen hat. Nun ist sie mit ihm auf und davon! Dolle Sache, was!?" Die meisten der Herren lachten und machten »ehr oder minder ulkige Bemerkungen dazu. Kurt lachte nicht. Er wurde zuerst ein wenig bleich, dann ebenso schnell rot, und trank hastig sein Glas aus. „Nimm dich zusammen," flüsterte Stetten ihm zu. Aber die Warnung war nicht nötig. Er hatte sich sofort in der Gewalt und lachte nun auch mit. Bald darauf brach er jedoch auf und ent schuldigte sich mit einer Einladung. Stetten ging mit ihm. Als sie draußen waren, versuchte er zu ulken. Doch der Freund wagte ernst: „Was heißt denn das, Kurt?" Da bekam er wieder einen roten Kopf, zuckte die Schultern und setzte ein ironisches Lächeln auf, antwortete aber nichts. Jetzt winkte Stetten ein Automobil heran, rief ihm etwas zu und dann stiegen beide ein. „So, mein Junge, jetzt sind wir ungestört. Nun beichte. Oder bin ich zu indiskret?" Kurt hotte tief Atem, warf die Zigarette weg, dann nahm er einen Anlauf und begann: „Es ist der allerdümmste Streich meines Lebens. Wenn ich jetzt alles überdenke, komme ich mir wie ein Schuljunge vor. Prügeln könnte ich mich I" Er biß wütend die Zchue zusammen, nahm einen neuen Anlaufund fuhr daun ruhiger fort: „Also kurz heraus, ich war verliebt in die schöne Tänzerin, so blind und toll verliebt, daß ich zu jeder, aber mich zu jeder Dummheit fähig gewesen wäre." Stetten sah Hn erstaunt an, schwieg aher. Und er sprach jetzt schnell weiter: „Nie mand von meinen Bekannten ahnte etwas da von. Es mußte alles ungesehen bleiben, denn mein alter Vater durfte nichts davon er fahren. Deshalb habe ich alles so geheim gehalten, daß ihr alle nicht wußtet, was mit mir los war." Da er eine längere Pause machte, fragte Stetten: „Aber wohin sollte denn das führen? Hast du dich nie danach gefragt? So eine Person braucht ja ein Vermögen." „Der Spaß war auch kostspielig genug," entgegnete er mit bitterem Lachen. „So viel kostbare Diamanten habe ich nie verschenkt." Der andre schlug die Hände zusammen. „Ist das nur möglich I" rief er. „Und alles umsonst weggeworfen!" „Leider. Fünfmal empfing sie mich. Immer in Gesellschaft ihrer alten Mama. Das erste mal brachte ich ihr Orchideen, die schon ein kleines Vermögen kosteten. Sie beachtete sie kaum. Und Mamachen wußte sich vor Er staunen nicht zu lassen. Dann wurde ich ge witzigter und kam mit einem Armband. Das entlockte ihr ein Lächeln. Beim dritten Besuch brachte ich ihr ein Paar kostbare antike Ohr gehänge. Da wurde sie freundlich und meinte, ich hätte Geschmack. Auch die Alte behandelte mich nun passabel. Ms ich zum vierten Male kam, überreichte ich ihr den wundervollsten Ning, den Friedländer hatte, und das letzte mal brachte ich gar ein Kollier, das ich ihr selber um den entzückenden Hals legen durste, natürlich stets im Beisein ihrer Frau Mama. Und da war ich kühn genug, zum erstenmal von meiner aufrichtigen Verehrung und von Liebe zu reden." „Natürlich im Beisein der Frau Mama!" „Natürlich!" „Unbezahlbar!" lachte Stetten laut auf. „Sie hörte mich ganz ruhig an, lächelte mir graziös zu, reichte mir die entzückende Hand zum Kuß hin — und dann sagte das Mamachen: „Sehr liebenswürdig, mein Herr, aber wenn meine Tochter heiratet, muß es mindestens ein Prinz sein, anders tun wir's nicht." — Darauf war ich wohl ein wenig ver blüfft, sammelte mich schnell und wollte etwas erwidern. Allein die Damen erhoben sich und bedauerten, mich jetzt verabschieden zu müssen, da um halb sechs Prinz Jtomakato — oder wie der Kerl hieß — seine Aufwartung machen wollte. Ehe ich es noch wußte, war ich draußen. — Wie benebelt lief ich umher. Ganz kopflos war ich. Machte Dummheiten auf Dummheiten. Trank, spielte, durchtobte die Nächte und warf das Geld mit vollen Hände« weg. — Dreimal kam ich wieder, wurde aber niemals mehr empfangen. Ms ich das vierte- mal kam, erklärte mir die Mte, ich möge meine Besuche endlich einstellen, ihre Tochter sei bereits mit dem Prinzen verlobt. Das machte mich nüchtern und ich verschwand von der Bildfläche. So, nun weißt du alles!" i Stetten nickte. „Also was hat sie dir mm für all die kostbaren Geschenke gegeben?" „Fünf Tassen Tee!" „In Gegenwatt der Mutter?" „Selbstverständlich!" „Mensch, du gehörst ins Panoptikum!" Er lachte schallend auf. Aber Kurt blieb ernst und wurde immer finsterer. „Die Chose hat für mich noch einen äußerst fatalen Beigeschmack," sagte er mit gepreßter Stimme, „ich habe mich nämlich bedeutend über meine Verhältnisse verausgabt. Mein Konto zu Hause ist übermäßig belastet. Der Alte wird Mordskrach machen, wenn er's zufällig sieht. Aber außerdem habe ich noch Geld hier ausgenommen, natürlich von einem Manichäer, — zwei Wechsel sind dieser Tage fällig, von denen der Alte unbedingt nichts wissen darf. Gejeut habe ich auch sehr stark — nicht bei uns im Klub, sondern drüben „Unter den Linden" — ich wollte eben die Verluste wieder wett machen, aber ich hatte riesenhaftes Pech. Nun kannst du dir also denken, wie tiH ich drin sitze."
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