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Allgemeiner Anzeiger : 17.02.1912
- Erscheinungsdatum
- 1912-02-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- Stadtbibliothek Bautzen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id181900449X-191202171
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- LDP: Bestände der Stadtbibliothek Bautzen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Allgemeiner Anzeiger
-
Jahr
1912
-
Monat
1912-02
- Tag 1912-02-17
-
Monat
1912-02
-
Jahr
1912
- Titel
- Allgemeiner Anzeiger : 17.02.1912
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Die Pockenerkrankungen in Liegnitz. Zu den Pockenerkrankungen in Liegnitz wird noch berichtet, daß nun auch alle städtischen Beamten geimpft wurden, weil einer der Neu erkrankten noch einige Tage im Rathause zu tun hatte. Da die von den Pocken Befallenen die Krankheit einige Zeit verheimlicht haben, wird eine Ausdehnung deS Krankheitsherdes befürchtet. Im ganzen sind neun Personen von der unheimlichen Krankheit befallen. Grubenkatastrophe. Auf der Litandra- grube Schwarzwald (in der Nähe von Königs hütte) brach nachts ein Grubenbrand aus, durch den sieben Bergleute getötet wurden. Die Unglücksgrube ist Eigentum des Grafen Schaff- gotsch. x Maskierte Schüler als Einbrecher. In Bromberg wurden die Schulknaben P. und E. verhaftet, die am 9. d. Mts. in das dortige Warenhaus Conitzer u. Söhne eingebrochen waren. Wie alsbald festgestellt werden konnte, haben die beiden hoffnungsvollen Bürschchen schon am 4. d. Mts. bei einem Kaufmann einen Einbruch verübt, bei dem ihnen Zigarren und andre Gegenstände in die Hände fielen. Sie wurden der Tat dadurch überführt, daß man die gestohlenen Gegenstände in ihrem Besitz vor fand. Um nicht erkannt zu werden, haben die jugendlichen Taugenichtse bei Ausübung der Diebstähle schwarze Masken getragen. Folgenschwerer Felssturz in Ungarn. Am Ufek des Zsolymkabaches, im ungarischen Bezirk Zemplin, steht eine ganze Häuserreihe unter Felsen gebaut. Nachts fiel infolge Unter waschung ein 30 oder 40 Meterzentner schwerer Felsen auf das Haus eines Zimmermeisters und zertrümmerte das ganze Haus mit Hab und Gut. Der Zimmermeister und seine Frau wurden getötet und konnten erst nach zwölf stündiger Arbeit unter den Steinmassen hervor gezogen werden. Die Hochflut in Portugal. Die durch unablässigen Regen hervorgerufene Hochflut nimmt in ganz Portugal in beängstigender Weise zu. In Alcantara in der Nähe von Lissabon wurde ein Erdbeben verspürt, das großen Schaden anrichtete. Die Schleusen am Tajo sind zerstört, so daß alle am Flusse gelegenen Dörfer unter Wasser stehen. In Villafranca, wo die gesamte Ernte vernichtet ist, beträgt der angerichtete Schaden etwa 200 000 Mk. Mehr als 130 Personen sind in den Fluten ertrunken. - Der in ganz Portugal durch die Hochflut ver ursachte Schaden wird auf über 42 Mill. Mk. geschätzt. LL Die Rache der Abonuenten. Recht temperamentvolle Zeitungsleser muß es in Ligowo (Rußland) geben. Dort war vor einigen Tagen der Redakteur Noshin abgestiegen, der in einem Blatte, das auch in Ligowo gelesen wird, gewisse Mißstände in der Stadt scharf ge geißelt hatte. Dies sahen die braven Bürger und Zeitungsleser aus Ligowo als eine ihnen persönlich angetane Schmach an, und sobald es ruchbar wurde, daß sich der Redakteur, der den bewußten Artikel geschrieben hatte, in der Stadt aufhielt, drang die Menge unter Führung des Hotelwirtes, des Kellners und des Hausdieners in das Zimmer des Redakteurs ein. Was dort vor sich ging, war eine wüste Prügelei, bei der der Mann der Presse windelweich geschlagen wurde. Als er später von seiner Betäubung erwachte, mußte er außer einer beträchtlichen Anzahl Beulen noch feststellen, daß man ihn vollständig ausgeplündert hatte. Das war die Rache der Abonnenten von Ligowo. Schneestürme und Kälte in Nord amerika. Ein furchtbarer Schneesturm ist über den ganzen Staat New Jork niedergegangen. Eisige Kälte herrscht in den Ver. Staaten. Die Freiheitsstatue in New Jork ist von einer dicken Eisschicht umgeben. In der Stadt New Aork konnte die Straßenbahn längere Zeit auf ver schiedenen Linien nicht Verkehren. Das Eis des Hudson ist über zwei Fuß dick. Die Bahn züge sind vielfach eingeschneit, die Passagiere befinden sich in Gefahr, zu erfrieren. Der Michigansee ist zum ersten Male in einem Vierteljahrhundert zugefroren. Am Sonntag fiel das Thermometer bis auf etwa 35 Grad t ihren Geburtsorten übergeführt. werden sollen. führern ist es üblich, wenn sie von einem Fahrgast nicht das volle Fahrgeld erhalten, den Hut des Fahrgastes mit Beschlag zu belegen. Auch der Auto führer F. hielt sich einem Fahrgast gegenüber für berechtigt, diesem den Hut fortzunehmen, als dieser nicht das Fahrgeld zahlen wollte, das F. für eine unvollendete Fahrt nach Nixdorf verlangte. F. hatte die ganze Fahrt nicht ausgeführt, weil er annahm, daß sein Automobil defekt geworden sei. Der Fahr gast hatte behauptet, er habe F. vergebens aufge fordert, einen Schutzmann herbeizurufen, um den Streit zu schlichten oder die Namen festzustellen. Sowohl das Schöffengericht als auch die Straf — Im Kaiserlichen Luftfahr-Klub fand dieser Tage eine Besprechung über die grund legenden Bedingungen des sür den Sommer geplanten Nordwestdsutschen Rundfluges statt. Gericbtsballe. 88 Berlin. Das Kawmergericht hat eine Ent scheidung gefällt, die den Führern von Droschken zur Lehre dienen dürfte. Bei manchen Droschken weil er sich nicht nur gegen einen Fahrgast unhöflich betragen habe, sondern auch der Aufforderung eines Schutzmanns, sich ruhig zu Verhalten, nicht sofort nachgekommen war. Diese Entscheidung, griff F. durch Revision beim Kammergericht an, das indessen die Revision als unbegründet zurückwies und u. a. ausführte, die Vorentscheidung sei ohne ersichtlichen Rechtsirrtum ergangen. F. benahm sich recht un höflich gegen den Fahrgast, indem er diesem den Hut als Pfand fortnahm ; dazu hatte er kein Recht, er hätte den Namen des Fahrgastes durch einen Schutzmann feststellen lassen können, wenn er be fürchtete, -er werde >ein Fahrgeld nicht in vollem Umfange erhalten. Potsdam. Vor dem Schwurgericht fand der Revolverkampf in der Pringsheimschen Villa in Wannsee bei Berlin sein Nachspiel. Ange klagt ist der Hausdiener Doubeck; er wird be schuldigt des versuchten Totschlags an dem Gendarmeriewachtmeister Werrbach, auf den er während des Feuergefechts in der Villa Prings heim schoß, und weiter des versuchten schweren Diebstahls. Sein Diebsgenosse hatte sich während des Kampfes erschossen. Der Ange klagte wurde wegen versuchten schweren Dieb stahls im Rückfalle und wegen versuchten Tot schlags zu insgesamt sechs Jahren Zuchthaus und sechs Jahren Ehrverlust verurteilt; auch die Zulässigkeit der Stellung unter Polizei aufsicht wurde ausgesprochen. Moskau. Das Bezirksgericht hat den Kommandeur des 34. Kosakenregiments Sulin wegen Verschleuderung von Krongeldern zu drei Jahren Arrestantenkompanie und den Verlust aller Rechte verurteilt. Der Offizier hatte schon seit Jahren für sein Regiment bestimmte Gelder dazu verwendet, einen überaus luxuriösen Lebenswandel führen zu können. bin äeMlcdes ^larme- unä Passagierluftlediff. M Durch Vermittlung des „Vereins für Motorluftschiffahrt in der Nordmark" hat der Vorsprung, den die deutsche Lustschiffahrt in der Welt aufzuweisen hat, eine bedeutende Ver größerung erfahren. Ein neues Lustschiffsystem, der Stahl-Luftriese, das sich von allen bis herigen Luftschiffen bedeutend unterscheidet, wird jetzt gebaut. Zuerst ist zu erwähnen, daß es sich nicht um ein Luftschiff mit Plattform und Gondeln handelt, sondern es ist eine glatte längliche „Luftröhre", da die Eigenart des Gerüstbaues die Gondeln entbehrlich machen. Die angewandte Querschnittform des Schiffes ergibt so günstige Verhältnisse, daß die Betriebs mittel und Motoren sowie das gesamte Personal und die Passagiere innerhalb der Luftschiffröhre untergebracht werden können. Das Luftschiff, das von dem Hannoverschen Ingenieur Unger gebaut wird, ist kein Versuchskarnickel, denn die genauen Berechnungen sind z. B. von Professor Leist von der Technischen Hochschule zu Berlin derart günstig begutachtet, daß ein Zweifel an'der Vorzüglichkeit der neuen Bauart nicht mehr besteht. Es wird darum von Inter esse sein, einige Einzelheiten über diese her vorragende Neuheit zu erfahren: Alle Vorteile, die an ein gebrauchstüchtiges Kriegslustschiff, armiert mit Schnellfeuergeschützen, um sich feind licher Fahrzeuge erwehren zu können, zu stellen wären, alle Annehmlichkeiten, die ein modernes Verkehrsmittel zu bieten vermag, sind in dieser Bauart eines Deutschen beisammen. Eine leistungsfähige Luftflotte kann neben der Marine vermehrung in einem Jahre erstehen mit wenigen Millionen Mark, sie kann sofort in Angriff genommen werden an geeigneten Stellen, und da ist es dankbar zu begrüßen, daß der Der Flug soll die Städte Osnabrück, Münster, Oldenburg, Bremen, Hannover, Braunschweig, Lübeck und Hamburg berühren. Die Aus schreibungen wurden in ihren Grundlagen fest gelegt, so daß nur noch eine genaue redaktio nelle Bearbeitung notwendig ist. An Geld preisen stehen 80 000 Mk. zur Verfügung. Voraussichtlich wird das preußische Kriegsmini- sterium je ein Flugzeug der beiden siegreichen Typs zum Mindestsatz von 25000 Mk. an kaufen. Die Preise sollen den Leistungen ent sprechend möglichst gleichmäßig an alle Teil nehmer verteilt werden. Von der Ausschreibung einiger ganz großer Preise ist aus diesem Grunde Abstand genommen. — Das neue Zeppelin-Luftschiff „L. Z. II", das auf den Namen „Viktoria Luise" getauft ist, wird in den nächsten Tagen seine Probe fahrten unternehmen. sinnig. Im Hafen von Santander ankerte der Dampfer „Guadaluze", der zahlreiche Aus wanderer an Bord führte, die bei den Arbeiten des Panamakanals beschäftigt waren. Alle be finden sich im größten Elend, elf von ihnen sind infolge der harten Arbeit, die sie auszu- sühren hatten und der entsetzlichen Entbehrungen wahnsinnig geworden. Sie wurden imKranken- Celsius. Unter der armen BDlkerung ist große Not entstanden. Zahlreiche Menschen sind erfroren. Elf Arbeiter des Panamakanals Wahn Lord Lister, der berühmte englische Arzt, der im Alter von 85 Jahren verschieden ist, war einer der größten Wohltäter der leidenden Menschheit. Joseph Lister kam am 5. April 1827 in Upton, Essex, zur Welt. Er war Professor der klinischen Chirurgie an der Edinburger Universität, als er im Jahre 1867 in der Zeitschrift ,Lancet' eine auf sehenerregende Arbeit veröffentlichte, in der zum ersten Male die Bahnen der antiseptischen Wund behandlung gewiesen wurden. Von diesem Tage an beginnt eine neue Epoche der Chirurgie. Die Listersche Methode, die Wunde zu desinfizieren und durch Abschluß vor neuen Verunreinigungen zu schützen, bildet wenigstens in ihren großen Umrissen auch heute noch die Grundlage der Wundheilkunst, wenn Listers Mittel im einzelnen auch durch neue Forschungen überholl sind. — Er war auch lange Zeit hindurch Leibarzt der königlichen Familie. '.. ", ,, ..... „st Himmer verurteilten F. wegen Zuwiderhandlung ^"^rgebracht, von wo sie spater nach gxgen die Droschkenordnung zu einer Geldstrafe, Verein für Motorluftschiffahrt in der Nordmark in Kiel Herrn Unger die Hand zum Bau des ersten seiner Luftschiffe bietet, denn gerade Kiel ist der erste Platz, von wo aus ein leistungs fähiges Luftschiff der Marine von großem Nutzen sein kann. Die Länge des Luftschiffes beträgt 150 Meter, die größte Höhe 22, die größte Breite 16 Meter, die Hebekraft beträgt 26 400 Kilogramm, das Eigengewicht 19764 Kilogramm, der Gasinhalt 24 000 Kubikmeter, die Nutzlast etwa 6636 Kilogramm Raum für 50 Passagiere. Ausgerüstet ist das Schiff mit fünf Motoren von je hundert Pferdestärken, ein Spitzen- und 4 Flankenpropeller sorgen für größte Schnelligkeit des Luftschiffes. Als Kriegsluft schiff wird es etwa 600 bis 700 Pferdestärken Antriebskraft haben und mit zwei Schnellfeuer geschützen ausgerüstet sein. Die Vorteile gegen andre Arten sind: Günstigste Form für den geringsten Luftwiderstand vermöge eines voll kommen glatten Schiffskörpers. Fehlen aller äußeren Armaturen. Große Beweglichkeit des Schiffsgerüstes. Größte Festigkeit der Längs richtung durch Einbau der Längsträger im Innern des Schiffes. Günstigster Nutzwert der Propeller. Günstigste Bedingung für die Unter bringung der Passagiere in eleganten Räumen, entfernt vom Geräusch der Motore. Größte Ausnutzung des Raumes für das Traggas. Leichteste Steuerbarkeit unter Mitwirkung der Propeller, da die hohe Festigkeit des Lust schiffgerüstes nachweisbar jede beliebige Wen dung des Schiffes auf der Stelle ermöglicht. Stete Zugänglichkeit der Lager- und Steue rungsapparate, sowie des gesamten Schiffs gerüstes. Überleitung überschüssiger Gase in weniger prall gefüllte Gashüllen während der Fahrt. Feuersichere Motoren und Passagier räume. Man sieht aus diesen Mitteilungen, daß bei uns in Deutschland in aller Stille an der Vervollkommnung der Luftfahrzeuge ge arbeitet wird. Das ist um so notwendiger, als besonders unsre Vogesennachbarn sehr „hoch fliegende" Luftfahrzeugspläne haben. Vie Verdaulichkeit -er Milch. INachdruck verboten.)- Die Milch dürfte wohl dasjenige Nah rungsmittel sein, dem die höchste Bedeutung zu kommt. Denn in dieser Flüssigkeit sind wohl so ziemlich alle Bestandteile enthalten, die der Körper zu seinem Aufbau und zu seiner Er nährung benötigt. Kann doch einzig und allein die Milch den Körper des Neugeborenen viele Monate hindurch zur normalen Entwicklung bringen, indem sie dem jungen Menschlein eine gut zusammengesetzte Auswahl der erlesensten, nötigsten Nährstoffe bietet. Und es sind Fälle vorgekommen, — z. B. in Hungersnöten — wo sich erwachsene Menschen Wochen und Monate hindurch lediglich von Milch und Brot ernährt haben! Die Milch ist also tatsächlich „das halbe Blut". Und doch gibt es viele von den Heranwachsenden Kindern und Erwachsenen, die keine Milch trinken können — oder wollen. Die einen fühlen sich durch den Geruch und Geschmack der Mich abgestoßen, die andern wieder meiden sie, weil sie ihrem Körper nicht zuzusagen scheint; Ausstößen, Übelkeit und Ver dauungsbeschwerden stellen sich nach dem Genuß von Milch bei ihnen ein. Und doch ist die Milch wohlriechend, wohlschmeckend und keines falls so schwer verdaulich, wie manche Menschen glauben. Verdaut sie. doch auch der Säugling, dessen Bedürfnisse allerdings mit denen eines erwachsenen Menschen nicht ganz überein stimmen. Viel macht die Einbildung! Und manches Kind wird gewiß so sehr mit Milch überfüttert, daß bei ihm eine Abneigung gegen den besten der Nährstoffe kommen muß. Da gegen ist es auch begreiflich, daß sich der Körper vor dem Genüsse von Milch sträubt, wenn er sich ihr entwöhnt hat und längere Zeit auf andre Flüssigkeiten angewiesen war. Alko holiker z. B. wollen selten etwas von Milch wissen. Wer an schwacher Verdauung leidet, wird gut tun, nie kalte, sondern heiße Milch zu trinken, und zwar nie allein, sondern schluck weise beim Genüsse von Brot. Will ihm selbst diese nicht bekommen, so nehme er nur heiße Magermilch zu sich. """ „Nun also rund heraus, willst du mir helfen?" fragte Kurt wieder. „Was denn? Hast du dir vielleicht einen Moment eingebildet, ich würde dir die zwölf lausend Mark geben? Hast du das wirklich auch nur einen einzigen Augenblick ernsthaft glauben können!?" „Ja, Bruno, und ich glaube es auch noch!" Laut, schallend, im bitteren Hohn, lachte Bruno auf. „Wirklich I Du bist, weiß Gott, «och ein großes Kind!" Bebend vor Angst, wie ein gehetzter Mensch, -er die letzte erhoffte Rettung wanken sieht, stand Kurt da. Noch einmal flehte er: „Sei doch gut, Bruno, laß dich doch erweichen, hilf mir doch dies eine, einzige Mal! Wir sind doch Brüder!" „So? Fällt dir das jetzt plötzlich ein! ?" „Bruno, ich bitte dich, hab' Erbarmen!" „Wer hat damals mit mir Erbarmen ge- habt? Damals, als ich in die weite Welt I Hinaus mußte. Wer? Niemand von euch! ? Ruhig habt ihr mich ziehen lassen, froh, den finsteren Burschen los zu sein! Und nun kommst Lu und verlangst von mir Erbarmen!? Mit welchem Recht denn?" „Ich verlange ja nichts, Bruno! Ich bitte ja doch nur! An dein gutes Herz appelliere ich!" „Wer sagt dir denn, daß ich ein gutes Herz habe! Nun? Habt ihr alle nicht reichlich dafür gesorgt, daß jeder Funke menschlichen Ge fühls in mir erstickt ward!? Ich glaube, daß ich damit nicht zu viel sage!" „Vergiß das alles doch, Bruno! Das kann p alles anders werden!" „Ach! Meinst du das? — Nein, mein Lieber, da bist du gewaltig im Irrtum! Nie mals kann das mehr anders, oder besser werden, denn so was vergesse ich nicht, — jawohl! Ich nicht!" Bebend stand Kurt noch immer da, er hielt sich an der Stuhllehne fest, er mußte etwas in der Hand haben, was er drücken konnte, was er fest umklammern konnte, denn er fühlte, daß seine Beherrschung schon im Schwinden war. Noch einmal versuchte er das letzte. „Ich gebe dir mein Wort, daß ich dir das Geld mit Zinsen zurückzahle," versicherte er. Bruno aber fuhr auf: „So? Und ich glaube das ganz einfach nicht!" Bleich und zitternd stand Kurt da mrd starrte ihn an. „Nein," wiederholte der Were, „ich habe kein Vertrauen mehr zu dir. So, nun weißt du, wie ich über dich denke!" Wie gebrochen sank Kurt auf den Stuhl hin. Kein Wort konnte er sprechen. Aber mit funkeln den Augen starrte er den Bmder an. „Also du willst nicht!" stieß er endlich heraus. „Neis, ich will nicht! Ich verdiene mein Geld denn doch zu schwer, um es zum Fenster hinauszuwerfen. Erkläre dich nur ruhig deinem Vater, der wird seinem verzogenen Liebling schon aus der Patsche helfen." „Der Haß, der kalte Haß spricht aus dir!" Mit finsterem Blick stand Bruno da. „Soll ich euch vielleicht noch lieben? Dazu habt ihr doch wahrhaftig zu grausam an mir gefreveft." „Ich glaube sogar, du würdest dich noch freuen, wenn ich daran zugrunde ginge!" rief Kurt, dessen Erregung mehr und mehr zunahm. „Würdest du vielleicht weinen, wenn ich aus dem Leben müßte? Sicher nicht! — Und übrigens bin ich filr Sentimentalitäten schon gar nicht zu haben. Dazu hat das Leben draußen mich zu sehr abgehärtet. — Man geht nicht so leichtzugrunde, wie du mir weismachen möchtest. Und Leute deiner Art schon gar nicht! Sie finden immer noch eine letzte Rettung! So, nun weißt du meine Meinung." Kurt hatte sich erhoben. „Mit andern Worten: Du wirfst mich jetzt hinaus!" Bruno lächelte dazu. „Aber bitte! Durchaus nicht! Wenn du noch eine Taffe Kaffee mit mir trinken willst, — bitte sehr! Nur reden wir nicht mehr von der Geldangelegenheit." Kurt stand unbeweglich da. Er war ratlos. Was nun? Was nun? Er sah, wie die letzte Hoffnung dahinsank, er sah, wie das Entsetzen, die Angst, der jähe Abgrund ihn anstierte. Was nun? Was nun? Noch einmal, noch ein letztes Mal wollte er es versuchen. Er drängte alle aufkommende Erregung, allen Stolz zurück und machte sich klein, ganz klein. Zitternd ergriff er des Bruders Hand, preßte sie an sich und flehte: „Hilf mir doch, lieber Bruno! Dies eme Mal nur! Ich will es dir nie im Lebeu vergessen! Bitte, bitte, hüf mir doch!" — Und bebend sank er nieder auf die Knie. Ruhig sah Bruno es an. Wie aus Stein gemeißelt, so kalt blieb sein Gesicht. Da lag er nun vor ihm im Staube — der Liebling der Gesellschaft, der Stolz der Familie, — nun ruschte er vor ihm auf der Diele herum — dieser elegante, verzärtelte Kultur mensch, vor ihm, dem stillen, dem störrischen, eigensinnigen Bauern; — und weshalb? Um die paar tausend Mark! — ach, es war fast zum Lachen! — Einen Augenblick war es ihm wie eine Genugtuung, wie ein leiser Triumph. — aber plötzlich wurde ihm diese Szene zum Ekel. „Was soll das?" rief er hart. „Steh' auf, und sei kein Waschweib." Sofort erhob sich Kurt. Auge in Auge standen sie sich gegenüber. Die so lange mit Gewalt zurückgehaltene Erregung kam nun hoch in Kurt. Sein Stol- war tief verletzt. Er kam sich verächtlich, wie geschlagen, vor. Mit vor Wut heiserer Stimme sagte er: „Es tut mir leid, daß ich dich bemüht habe, Zwar hätte ich diesen Schluß eigentlich ja voraussehen können." „Nun also — weshalb kamst du überhaupt?" Wieder sahen sie sich mit funkelnden, wilden Augen einen Moment lang stumm an. Dann drehte Kurt sich um und ging mit flüchtigem Gruß davon. Erst als er auf dem Wagen saß und heim wärts fuhr, kam ihm das Beschämende der eben stattgefundenen Szene klar zum Bewußt sein. Er hätte jetzt heulen können vor Wut. Doch auch diese Stimmung schwand bald dahin vor der Angst, vor der quälenden Angst. StM b (Forgetzuag wigu-
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