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Wöchentlich «rjchetnen drei Nummern. PränumerationS Preis 22 ( SUbergr. (j THIr.) vierteljährlich, Z Tdlr. tue da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden een jeder Luchhandlung (in Berlin bei Veit u. Como., IägerstraSe Nr. 28), s» wie von alle» König!. Post Aemicrn, angenommen. Literatur des Auslandes. Berlin, Sonnabend den 9. November 1844. Italien. Eine Stimme aus Neapel über einige gelehrte Gesellschaften in Berlin. In einem Neapolitanischen Blatte, welches den im Deutschen ominös lautenden Namen „Lucifer" (i> I.ueikero), allein in seiner schöneren Bedeu tung: „der Lichtbringer", „der Morgenstern", führt (von welchen Lichtfeinden mag derselbe nur dem Fürsten der Finsterniß zugeeignet worden sepn?), in diesem Lucifer, September 1844. S. 200 u. 07, befindet sich von dem Signor Cavaliere Don Stanislao Aloe, dessen vorjähriger Besuch in Berlin hier noch in bestem Andenken steht, ein Bericht über die hiesigen wissenschaftlichen und artistischen Privat-Gesellschaften (Di nlcuno goviets private üi Lvienre, lettere eü srti in ljvrlino), der wohl verdient, ungeachtet seiner Unvollständigkcit, als eine freundliche Stimme aus weiter Ferne, in diesem Blatte mitgetheilt zu werden. „Der jetzige Fortschritt der Wissenschaften, der schönen Literatur und der Künste in Preußens Hauptstadt", beginnt Herr Aloe, „ist bewundernswürdig und eilt viel zu schnell, um bei uns genauer bekannt zu sepn, wenn man auch die Schwierigkeit der Sprache und die große Entfernung, die uns von Berlin trennt, nicht in Anschlag bringen will. „Se. Majestät Friedrich Wilhelm IV., zu einer Zeit des tiefsten Friedens auf Preußens Thron gelangt, gab dem Fortschritt aller Zweige menschlichen Wissens einen neuen energischen Schwung und weckte in den Herzen seines Volkes einen lebendigeren Antrieb, sich im Wissen und Leisten Hervorzuthun, indem er die darauf gerichteten Bemühungen auf alle Weise befördert. „Schon seit längerer Zeit haben die Berliner, nicht zufrieden, die nütz lichen Ergebnisse ihrer ernsten Bestrebungen in den beiden dort blühenden Akademieen darzulegen, die Sitte eingeführt, sich in Privat-Gesellschaften zu vereinigen, um wetteifernd die neuen Ideen auszutauschen, welche sie in den verschiedenen Zweigen der Wissenschaften und der Literatur gewonnen haben, und sie gesellschaftlich zu berathen. „Dies ist der Zweck dieser wissenschaftlichen Berliner Vereine, welche nach deutschem Gebrauch mit abendlichen leckeren Mahlzeiten schließen, die jederzeit durch heitere und geistreiche Unterhaltung gewürzt sind. „Der älteste dieser regelmäßigen Privat-Vereine (sollte heißen: der älteste der dem Herrn Cavaliere bekannten), welche dem Wesen nach eben so viele Akademieen sind, zu deren Versammlungen bloß die durch freie Wahl aufge- nommenen Mitglieder Zutritt haben und den Stamm derselben ausmachen, bestand aus Gelehrten, Künstlern und Kunstfreunden jkurnn» xli ^oienrisli, xli nrri«ti e gli amskori äollo arti). „Dieser erste Verein benennt sich nach dem doppelten Ziel, das er an strebt: Wissenschaftlicher Kunst. Verein isocieri, üi scien/e es uni) und hat zu Präsidenten den Geheimen Rath Ritter Toelken und den Professor Ritter Tieck. ES mögen sechzehn Jahre sepn, daß dieser Verein sich bildete, der über 80 ordentliche Mitglieder zählt. „Darauf vereinigten sich die Freunde der italiänischen Sprache auf Be trieb des berühmten Professors Valentini aus Rom, Verfassers eines italiänisch- deutschen Wörterbuches und anderer schätzbaren Werke. Sie bildeten vor etwa neun Jahren die Jtaliänische Gesellschaft (Loeiern Iralinus), deren Zweck das Studium unserer Sprache ist. In dieser Gesellschaft spricht und liest man über Gegenstände aller Art immer nur italiänisch, und jedes der Mitglieder verpflichtet sich dem Wahlspruch: „Hier stirbt jedwede Sprache außer der Italiens" ^k'i-wom» ü«' jjgci Im per sivi^n il mollo: „Oxni »Irra cbe I'Ikalira t'nvella gui e mortn"). Präsident dieser Gesellschaft ist der schon erwähnte Herr Valentini und der Mitglieder sind 38. „Als ich im vorigen Jahre mich in Berlin befand, wurde mir die Ehre, als italiänischer Gast (omne o^pire irslianv) in diese Gesellschaft bei deren Versammlung am 20. Juni I84Z eingeführt zu werden, wo ich einen Bortrag hielt (le.-ixi e üiWi) über die Restaurationen, welche in unseren Tagen der Ruin der Kunstdenkmäler in Italien und Deutschland sind (und jetzt sage ich: die allenthalben deren Untergang sind, denn in ganz Europa habe ich dieselbe Zerstörungslust wicdergefundcn). Meine Abhandlung erschien Tages darauf, ins Deutsche übersetzt, in der privilegirtcn Berliner Zeitung (nel 6iornsle ?riviloxisto ü> Uerlino) und erwarb mir den Beifall jener Trefflichen, die, wie ich, die Künste und die Kunstwerke lieben, mir zugleich die Verwünschun gen ile msleilirioni) derjenigen zuziehcnd, welche, wenig sich kümmernd um die Meisterwerke, in deren Besitz sie sich zufällig befinden, sie geschminkt zu sehen wünschen, wie häßliche Schauspielerinnen ihre Gesichter, wenn sie die Bühne betreten! — Doch hinweg von diesen widrigen Erinnerungen. — „Rach der Bildung jener beiden ersten Gesellschaften gründete der gelehrte Professor Ritter Gerhard durch Vereinigung von etwa 48 gelehrten Archäolo gen und AlterthumSfreunden die Archäologische Gesellschaft Oocietn srcbeolo- zies), welche jedoch keine so regelmäßige Sitzungen hält, wie die anderen, sondern sich nach Umständen auf Einladung ihres Präsidenten, des schon ge nannten Ritters Gerhard, versammelt. „Die jüngste der in Berlin bestehenden Societäten ist die numismatische l-weiet» mtmismsüesl, die sich zum Zweck setzt, den historischen und künst lerischen Werth der Münzen und Medaillen aller Länder und Zeiten zu bcur- theilen und zu erläutern. Gestiftet wurde dieselbe durch den Eifer des Herrn Dr. Bernhard Köhne, Privat-Docenten an der königl. Universität zu Berlin, welcher seit vier Jahren eine Zeitschrift für Münzwiffenschaft, Siegel- und Wappenkunde herausgiebt. Diese Gesellschaft besteht aus 80 Mitgliedern unter dem Präsidium Sr. Durchlaucht des Fürsten Wilhelm Radziwill, und schon sind als Resultat ihrer Forschungen bedeutende Arbeiten in jener Zeit schrift dem Publikum vorgelegt worden. „Wenn in anderen europäischen Ländern", so schließt Herr Aloe seinen Bericht, „wenn besonders in den Hauptstädten derselben mit demselben Eiser und treuen Fleiße gearbeitet würde, als die Gelehrten des nördlichen Deutsch lands in ihren Studien darlegen, so würden die humanen Wissenschaften in unseren Tagen gewiß bewundernswürdige Fortschritte machen." Hätte der Signor Cavaliere Stanislao Aloe länger in Berlin verweilt, so würden ohne Zweifel auch die zahlreichen anderen Gesellschaften, von wissen schaftlicher, artistischer, literarischer, technologischer und sonstiger ernsten und heiteren Tendenz, die in Berlin bestehen, zu seiner Kenntniß gelangt sepn. Künstler-Vereine und Kunstfördercr-Vereine, philologische, philomathische, philotechnische Gesellschaften, geographische, historische, literarische, Gärtner-, Architekten-, Gewerbe-, HumanitätS-, griechische, ärztliche, kritische und musikalische Vereine würden ihm Stoff zu Betrachtungen dargeboten haben, die den Jtaliäncrn unsere Oupicale sei h§or«i üi Oermsni«, welche man in Neapel sich nicht grau und griesgrämig genug denken kann, voll Leben, Lust und Strebsamkeit gezeigt hätten. Vielleicht hat inzwischen Signor Aloe das noch Fehlende bereits in einem späteren Blatte deö „Lucifer" nachgeholt. Marokko. Religiöses und geistiges Leben in Marokko.") Feste und Prozessionen. — Volksbildung. — Literarische Schatze. Das religiöse Leben der Marokkaner unterscheidet sich durch gewisse Ge wohnheiten und abergläubische Extravaganzen von dem der übrigen musel männischen Völker. In jeder Provinz des Reichs giebt es zwei allmächtige Familien von SchcriffS oder Heiligen, welche in gerader Linie, die eine von Muhammed, die andere von Ismael, abzustammen behaupten; beide ge nießen das höchste Ansehen in der Provinz, und ihr HauS ist für alle Ver brecher ein Zufluchtsort, den die Beamten des Kaisers zu verletzen sich wohl hüten. In den gebirgigen und abgelegenen Gegenden haben diese privilegirtew Familien das Monopol der Bezauberungen. Wodurch sie sich aber besonders auszeichnen, das sind die Erzeffe, die sie sich zu gewissen Zeiten ungestraft er lauben können, so namentlich der Stamm der Eisakas. Dieser zeigt sich nur einmal jährlich in den Städten, an dem Beiramfest des dritten Mondes; nachdem sie sich mit einem Trank von wilden Kräutern berauscht, der jedes menschliche Gefühl in ihnen crtödtet, verbreiten sie sich durch die Straßen und Plätze und werfen nieder und erwürgen Alles, was ihnen unterwegeS begegnet, Männer, Frauen, Kinder, Thiere, wobei sic in dem Augenblick, wo das Blut fließt, der Eine das Brüllen des Löwen oder Tigers, der Andere das klägliche Geschrei des Nachtraben, oder das des Adlers oder Schakals nach ahmen. Auch nimmt an diesem Tage Jeder den Namen eines solchen Raub- thiers an. Zuweilen steigert sich ihre Wuth in einen solchen Zustand, daß sie sich zuletzt gegenseitig zerreißen und tödtcn. .) Nach Auszügen aus den neuesten spanischen Reiseberichten, namcnllich zweien, den Oo-tumdr«» üe u-raceo», dessen Versager sich nicht genannt hat, und einem Werke von Don Serafin Calderon, Professor deS Athenäums in Madrid, das betitelt ist: Cuaüro xeoxrakeo- kivtonco, pvlitiev 5 w!I!t«r »mpeno ile Aarrneco».