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WöchmUich erschtint» drei Nanmiirn. PränunitnUionS-Prei« 22h Siibcrgr. (j THIr.) vierieffähriich, Z Ulr. sür das gonze ^ahr, ohne Erdöbung, in ailen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung 0" Berlin bei Veit u. Comp., Iägerstrafie Nr. 25), so wie von allen Königs. Dost - Aemtern, angenommen. Literatur des Auslandes. .4/ 129 Berlin, Sonnabend den 26. Oktober 1844. Nord-Amerika. Zur See und zu Lande, von I. Fenimore Cooper. Wir haben hier eine neue Erzählung des unerschöpflichen amerikanischen Romanschreibers vor uns, in der er sich wieder auf seinem Lieblings-Elemente, dem Ocean, bewegt. Sie ist in der beliebten autobiographischen Form abgc- faßt und zum Theil auf den vor einiger Zeit herausgegebenen „Abenteuern des Ned Mpers" gegründet, die Herr Cooper mit Hülfe seiner eigenen Er fahrung zu einem höchst anziehenden Gemälde verarbeitet hat. Der Held des Romans, Miles Wallingford, ist der Sohn eines wohlhabenden Freisassen im Staate New-Ijork, der, von unwiderstehlicher Reiselust getrieben, sich am Bord eines Ostindienfahrers einschifft und auf seinen Kreuz- und Querzügen durch alle Welttheile eine Unzahl von Abenteuern besteht, bei denen man eS zwar mit der Wahrscheinlichkeit nicht zu genau nehmen darf, die aber wenig. stenS das Verdienst haben, den Leser in immerwährender Spannung zu er halten. Eine höchst ergötzliche Figur ist der Steuermann Marble, dessen echt seemännische Sprache und Denkweise »nd rauher, aber tüchtiger Charakter mit besonderer Sorgfalt gezeichnet werden, und an dem wir nur auszusctzen haben, daß er etwas zu sehr an unseren alten Freund, den Capitain Truck, erinnert. Zu den interessantesten Stellen gehört die Fahrt durch die Magellan- Straße und der Ucberfall des Schiffes „CrisiS" durch die Indianer an der Nordwest.Küste von Amerika; da sie jedoch für diese Blätter zu vielen Raum einnehmen würden, so beschränken wir uns darauf, folgende Episode mitzu- theilen, die eine Seeschlacht zwischen einem amerikanischen und einem fran- zösischen Schiffe darstellt, wobei Cooper die Gelegenheit benutzt, sei» Urthcil über die französische Marine abzugcbcn. „Wir hatten eine lange Ueberfahrt, indem der Wind drei Wochen lang im Osten blieb. Endlich bekamen wir mäßige südliche Brisen und fingen an, unseren wahren Kurs zu verfolgen. Vicrundzwanzig Stunden nachdem der Wind sich geändert, hatte ich die Morgenwache und erblickte bei TagcS- Anbruch ein Segel gerade vor uns, in der Entfernung von etwa drei See. Meilen. Ich bestieg sogleich den Mast, um eS durch ein Fernrohr zu besich tigen, und fand, daß eS ein Schiff von gleicher Größe mit uns war, welches alle Segel aufgespannt hatte, die nur ziehen konnten. Ich machte hierüber keinen Rapport, bis eS Heller Tag wurde, was noch eine halbe Stunde dauerte, und während dieser Zeit setzte der Fremde seinen Kurs sort, ohne die Richtung merklich zu verändern. „Als die Sonne aufging, erschien der Capitain mit dem Ober-Steuer mann auf dem Verdeck. Sie hielten den Fremden zuerst für einen auf der Heimkehr begriffenen englischen Wcstindienfahrer; denn zu jener Zeit (1799) traf man auf der hohen See nur wenige Kauffahrteischiffe, die nicht entweder Engländer oder Amerikaner waren. Die ersteren segelten jedoch meistens unter Convoi; das- cs dieser nicht that, konnte aus dem Umstande herrührcn, daß er als Schmusegler seinen Gefährten zuvorgekommen war. Er mochte auch vielleicht, gleich uns selbst, ein Kaper") sepn, da Fahrzeuge dieser Klaffe nicht mit Convoi segeln. Nach einer kurzen Berathung befahl mir der Capi tain, Vic Raacn vorzubraffen, so weit cs unsere Leesegel erlaubten, um uns dem Fremden mehr zu nähern. Als natürliche Folge dieses Manövers, rückten wir immer mehr gegen ihn vor, da er seine Richtung bcibehielt, und waren nach drei Stunden etwa eine Seemeile von ihm entfernt, aber ganz auf seiner Leeseite. Marble erklärte ihn jetzt ohne Bedenken für einen Franzosen, da seine Segel nicht mehr zu verkennen wären; daß ein Engländer mit solchen dreieckigen Ropals in See gehen werde, sep eine reine Unmöglichkeit. Unter diesen Umständen entschloß sich Capitain Williams, an die Windseite unseres Nachbars zu gehen, um ihn näher zu untersuchen. Daß er bewaffnet sep, konnten wir schon wahrnchmen, und so viel wir bemerkten, hatte er zwölf Kanonen, oder zwei mehr als wir selbst. Alles diese» war ermuthigend genug, um uns zur Anknüpfung einer näheren Bekanntschaft mit ihm zu veranlassen. „So schnell die „CrisiS" auch segelte, währte eö doch zwei Stunden, bis wir sie auf die Windseite ihres Nachbars, in der Entfernung von etwa einer Seemeile, gebracht hatten. Hier konnten wir weit genauere Beobachtungen anstellen, und selbst Capitain William erklärte ihn jetzt für einen Franzosen. ') ^Nost »uä Labore, «r tk« ^äreoture» ak »lUc« VMinxkorS. v; S. Lnop-r. » Bde. London und New-Dort, 18«. ") Im Original L Irtter ok m-rgue, war eigentlich ein Handelsschiff bcdcuict, das in KriegSjntcn von der Regierung Erlaubnis! erhält, Geschütz zu führe», uni sich nötbigen- fall« gegen de» Feind vcrthcidigen i» könne». In Hinsicht der Prisen, Prisengelder te. haben diese Fahrzeuge dieselben Rechte, die. den Kapern sprivatv-r») zustehcn. Er hatte kaum diese Meinung ausgesprochen, als wir den Fremden seine Lee segel einnehmen, die Ropals und Bramsegel zusammcnrollcn und die gewöhn lichen Vorbereitungen zu einem Kampfe treffen sahen. Unsere Flagge war schon früher aufgezogen worden, aber bis jetzt hatte der Andere kein ent- sprechendes Signal der Nationalität gegeben; sobald er jedoch seine Segel eingenommen hatte, feuerte er eine Kanone auf der Windseite ab und hißte die französische Trikolore — die schönste Flagge unter den Emblemen der Christen heit, aber eine, die sich auf der See eben so sehr durch ihre Unglücksfälle, als zu Lande durch ihre Erfolge ausgezeichnet hat. Nicht, daß cs den Franzosen an trcfflichcn Matrosen, an tapferen Seeleuten gefehlt hätte, aber die Thatcn ihrer Marine haben stets ein ansfallendcs Mißverhältniß zu den angewandten Mitteln gezeigt, indem die wenigen gelegentlichen Ausnahmen nur beweisen, daß dieselben Ursachen in allen Zeitaltern dieselben Resultate herbeigcführt haben. Man hat das Unglück der Franzosen zur See der geringen Neigung zugeschricben, die das französische Volk für die Schifffahrt besitzt. Andere be- haupten dagegen, daß das engherzige Spstcm, welches man vor der Revolu tion sowohl in der Armee als in der Marine befolgte und durch welches die Geburt dem Verdienste vorgezogen wurde, der letzteren verderblich werden mußte, da es der Mann von Stande verschmähte, sich den Beschwerden und Mühseligkeiten zu unterwerfen, die zur Bildung des wahren Seemanns un entbehrlich sind. Indessen scheint uns dieser Grund kaum hinzureichcn, da in England ost die besten See-Offiziere aus dem Adel hervorgingen und die französische Marine seit dem Jahr 1798 eben so viele Gelegenheit hatte, sich frci von jenen Einflüssen auszubilden, als die amerikanische. Obgleich ich Jahre lang über dieses Thema nachgedacht habe, kann ich zu keinem anderen Schlüsse gelangen, als daß der National-Charakter auf irgend eine Weise bei trägt (oder vielmehr beigctragen hat), die Franzosen zu verhindern, eine große Seemacht zu werden — was nämlich die Geschicklichkeit betrifft, denn was die bloße materielle Stärke anlangt, so muß einc so große Nation immer furchtbar sepn. Jetzt aber, wo sie ihre Prinzen zur See schickt, können wir vielleicht andere Resultate erwarten. „Der Thatsachc ungeachtet, daß ein Engländer oder Amerikaner um das Jahr 1798 nie mit einem französischen Schiffe zu thun hatte, ohne auf einen gewissen Sieg zu rechnen, sahen wir uns doch zuweilen in unserer Hoffnung getäuscht. Es fehlte, wie gesagt, den Feinden nicht an Muth, und es traf sich mitunter, daß eS ihnen auch nicht an Geschicklichkeit fehlte. Nicht oft gehen zwei Kaper mit so Vieler Kaltblütigkeit und Seemannskunst zu Werke, wie die „CrisiS" und , la Dame de Nantes" — so hieß unser Gegner — an den Tag legten. Weder der eine noch der andere Theil gab sich mit Manövriren ab; wir legten nnS der „Dame" zur Seite, und beide Schiffe feuerten zugleich eine volle Lage. Ich war im Back stationirt, mit dem Auftrage, nach den Seilen und dem Takelwcrk zu achten und, wenn nicht anderweitig beschäftigt, eine Muskete zu gebrauchen. Gleich anfangs wurden mir dic Jib-Schoten-Blöcke weggeschoffen, so daß ich bald alle Hände voll zu thun hatte. Dies war nur ein Vorschmack der Arbeit, die mir zu Thcil wurde; denn während der drittehalb Stunden, daß wir die Franzosen und sic uns beschossen, hatte ich so viel mit dem AuSbessern der Taue zu schaffen, daß mir kaum eine Minute Zeit blieb, um mich nach dem Schicksal des Tages zu erkundigen. Die Vlickc, dic ich von Zeit zu Zeit hinwarf, waren kcincSwegcS aufmuntcrnd; mehrere unserer Leute waren getödtet oder verwundet, eine unserer Kanonen war durch einen Schuß außer Stand gesetzt und unser Takelwerk befand sich in einem kläglichen Zu stande. Schon zu Anfang des Gefechts konnten wir bemerken, daß der Fran zose unS an Mannschaft fast doppelt überlegen war; eiu Versuch, ihn zu entern, wäre deshalb nicht rathsam gewesen, und von einer Kanonade hatten wir eben nicht viel zu erwarten. Endlich hörte ich ein prasselndes Geräusch über dem Kopfe, und als ich anfblickte, sah ich den Groß-Toppmast mit den Raaen »nd Segeln auf die Vordcrbraffcn niederstiirzen und im Begriff, aufs Verdeck zu fallen. Capitain Williams rief sogleich die Mannschaft von den Kanonen ab, um dic Trümmer wcgzuräumcn, und in demselben Augenblick stellte auch unser Gegner, mit einer Gefälligkeit, wegen der ich ihn hätte umarmen können, sein Feuer ein, worauf sich beide Theile an die sehr noth wendige Arbeit begaben, den erlittenen Schaden zu repariren. Unterdessen thaten die Leute, die am Steuer waren, mit instinktmäßiger Vorsicht das Ihrige; die „Crisis" luffte so viel als möglich, während die „Dame de Nantes" in der anderen Richtung lavirte, so daß, ehe wir cs nnS versahen, eine Meile blauen Wassers zwischen beiden Schiffen lag. „Es war Nacht, ehe dic „Crisis" von dcn Trümmern ihres Mastes bc- freit war, und dann hatten wir unsere vorräthigcn Stengen herauszuholcu.