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WSSxnMch erschein-» drei Nummern. Pränumeration«-Preis 22j SUbergr. (z THIr.) vierteljährlich, 3 Mr. fü, das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin bei Veit u. Eomv., Iägerstraße Nr. 25), so wie von allen König!. Post-Printern, angenommen. Literatur des Auslandes. 119. Berlin, Donnerstag den 3. Oktober 1844. Holland. Holländische Marinebildcr. Von Heinrich Smidt. Vlll Der Ritterschlag ") (August I6KN.) Vor Kierteminde war der erste entscheidende Schlag in dem blutigen Ost- seekampfe geschehen-, er dauerte den ganzen Winter hindurch, mit wenigen Unterbrechungen, bis in die Mitte des folgenden Jahres. Die Holländer, im Verein mit den Dänen, verrichteten Heldenthaten und entrangen den Schweden rin Stück nach dem anderen von den in Besitz genommenen dänischen Ländern. Während dieses Kampfes wurden zugleich die Unterhandlungen unermüdlich fortgesetzt; der Friede kam zu Stande, und kaum war er unterzeichnet, als auch die Artikel des Vertrages so schnell zur Ausführung gebracht wurden, daß zu Ende Juli kein dänisches Eigcnthum mehr in schwedischer Hand war und kein schwedischer Kriegsmann mehr auf den Inseln weilte. Bei dieser Lage der Dinge empfing die holländische Flotte den Befehl, die nordischen Gewässer zu verlassen und sich nach dem Terel zu begeben. Die Schiffe wurden segelfertig gemacht; de Ruiter setzte den König von der ihm zugegangenen Ordre in Kenntniß und bat um die Erlaubnis, sich von Sr. Majestät beurlauben zu dürfen. Friedrich lll. sandte dem wackeren Seemann seinen Kanzler mit der herzlichen Einladung, ihn am folgenden Morgen in Frederiksborg zu besuchen. Die Thurmuhr des Schlosses verkündigte die zehnte Stunde, als der dienstthucnde Kämmerer dem Könige meldete, daß der holländische Admiral mit seinen Begleitern vor dem Schlosse erschienen und von dem Fcldmarlchall Schack und anderen vornehmen Personen empfangen sey. Der König, rasch und feurig, voll Eifer, dem Manne zu danken, der ihm so treulich beigc- standen, wäre ihm gern gleich selbst bis an die Treppe entgegen gegangen, doch mußte er sich entschließen, dem Zwange der Etikette huldigend, ihn an der Schwelle des Audienzsaales, von seinen Edlen umgeben, zu erwarten. Die Kammerjunker, welche den Dienst in der unmittelbaren Nähe des Königs hatten, steckten unterdessen die Köpfe zusammen und flüsterten sich ihre Bemerkungen zu. Einer derselben, Graf Oskar Banner, der jüngere Sohn eines der ältesten dänischen Geschlechter, blicS über die flache Hand hin und rtef: „Pah!" — „Was wollt Ihr damit sagen?" — „Pah! So viel Wesens um einen holländischen Bauern! Der König wäre ja beinahe die Treppe hinab gestürzt, um ihn nur desto eher zu sehen!" — „Es ist aber doch ein merk würdiger Mann! Bedenkt nur, was er Alles gethan." — „Meint Ihr? Die Banner haben auch Seesiege erfochten. Hätten nur einem dänischen Seemann die Schiffe geben sollen, er hätte es auch gethan! Und solcher Empfang für einen Republikaner, der sich über Alles erhaben dünkt; cs muß dem ganzen Adel zum Aergerniß scpn." — „Was er nur für eine Figur spielen mag?" — „Erbärmlich genug, das könnt Ihr denken! Auf seinen Schiffen, zwischen den Theerwänden, mag cS noch angehen; aber hier, in diesen Sälen, auf diesem Marmorboden. Gebt Acht, es wird zu lachen geben." — „Freilich. Wo sollte er es auch herbekommen haben? Man hat mir gesagt, er habe zu seiner Zeit ein Handwerk getrieben." — „Nicht möglich!" — „Und was für eines!" eiferte Oskar Banner. „Er war auf den Werften von Vliesfingen, wo er beim Zusammenschlagen der Reepe das Rad drehte. Für jedes Tau, das schlecht gedreht war, bekam er mit einem guten Tau die nöthigen Hiebe. Sein hoch- geborner Herr Vater schenkte während der Zeit für gutes Geld den Matrosen und Werftarbeitern schlechtes Bier und Branntwein aus." — „Wißt Ihr das ganz gewiß?" — „Verlaßt Euch darauf. Er war Seilerjunge zu Vliesfingen; daS ist noch weniger als ein Bootsjunge, wie sie hier auf Npholm herumlaufen. Ich möchte darum auch nicht, daß ich mit ihm persönlich in Berührung käme, denn ich weiche ihm nicht einen Schritt." — „Das würde sich finden; es sprechen Manche so, die nachher klein beigeben. Wenn eS dem Könige ein fiele, den Admiral an seiner Tafel zn bewirthen, und Ihr hättet den Dienst, so würdet Ihr ihm geduldig den Teller reichen, ohne ein Wort zu sagen." — „Ich würde eS nicht!" sagte Banner entschiede». „Bei meiner Ehre nicht!" Die letzteren Worte hatte der junge Graf in seinem Eifer so laut ge sprochen, daß sie die Aufmerksamkeit des Königs erregten. Er wandte sich um und fragte; „Was giebt'S?" ') Schluß b-r in Rk. IU2, IA, I»e, IM, I», lir und 117 bcsindtichcn Artikel. Die Kammerjunker wären in nicht geringer Verlegenheit um eine Antwort gewesen, wenn nicht die Ankunft des Kanzlers sie davon befreit hätte, der den Admiral der niederländischen Flotte einführte. Als de Ruiter dem Könige gegenüberstand, machte er eine tiefe Verbeugung und erwartete dann, von Friedrich Hl. angeredet zu werden. Dieser aber stand im Anschauen des Helden verloren, der, im kräftigsten ManneSalter, die reichsten Kränze des Ruhmes auf sein Haupt gesetzt und doch so anspruchslos, so bescheiden vor ihm stand, als ob er Dank und Lohn zu spenden komme, statt ihn zu empfangen. Aber nicht lange vermochte der König das mächtig in ihm aufsteigende Gefühl zu unterdrücken; er eilte dem Seemann entgegen und ergriff seine Hand. Zu tief bewegt, um viel zu sprechen, sah er ihn lange an; seine Augen feuchteten sich, und lautlos schloß er den Seemann in seine Arme. Alle Umstehenden blickten tief gerührt auf diese Gruppe; nur Graf Banner zuckte unmerklich mit den Achseln. Als die erste Auswallung vorüber war und der König den Admiral bei der Hand nahm, um ihn in den Saal zu führen, malten sich Stolz, Freude und Verlegenheit in rührender Mischung aus dem Gesicht de Ruiter'S; er ging gesenkten Haupte- neben dem Könige her, als verdiene er eine solche Ehre gar nicht. Daher kam cs, daß, als er die Mitte des Saales erreicht hatte und der König plötzlich stehen blieb, de Ruiter seinen Hut fallen ließ, was seine Verlegenheit noch steigerte. Der König bemerkte eS nicht, wohl aber das Kichern, welches die Kammerjunker vernehmen ließen. Rasch wandte sich der König zu diesen und fragte: „Worüber lacht Ihr, wenn'S gefällt, Graf Banner?" „Ew. Majestät halten zu Gnaden", entgegnete der Kammerjunker er- röthend; „ich habe eS nicht gewagt, mit meinem Wissen in Allerhöchster Gegenwart zn lachen. Wenn eS doch geschehen, war eS unwillkürlich und zugleich verzeihlich, weil...." Er hielt jnne, aber sein Blick streifte den Admiral und den Hut, der unfern von diesem am Boden lag. Der König bemerkte die Pantomime, und mit mühsam verhaltenem Zorn ries er: „Graf Banner! Hebt den Hut dort ans, wenn'S gefällt." Der Kammerjunker trat einen Schritt zurück und sagte in sehr über- müthigem Tone: „Ew. Königlichen Majestät und Eurem Hohen Königlichen Hause bin ich zur schuldigen Dienstleistung und steter Ergebenheit verpflichtet. Aber der Zweig eines Baumes, der Jahrhunderte lang in dänischer Erde wurzelt, ist zu zähe geworden, um sich nach dem Hute eines Bürgers zu bücken." Ein Schrei des Unwillens erscholl aus den Reihen der holländischen Offi- ziere, die das Gefolge des Admirals bildeten. Dieser war bleich geworden und stützte sich auf die Schulter seines Schout bp Nacht, der zu ihm geeilt war. Die dänischen Edlen blickten mit unverhehltem Staunen auf den kecken Kammerjunker, und die Gefährten desselben beeilten sich, die Unschicklichkeit desselben so viel als möglich gut zu machen, aber der König wies sie ent schieden zurück. „Herr Admiral!" sprach Friedrich mit starker, volltönender Stimme. „DaS Benehmen dieses Vorlauten erinnert mich an meine Pflicht. Nicht von Vergeltung kann zwischen uns die Rede seyn, aber ich wünsche die Erinnerung dieses TageS an ein Ereigniß zu knüpfen, daS Dänemark Ehre bringt. Herr Kanzler! Habt Ihr meine Befehle vollzogen?" „Alles zur hohen Ordre, mein Königlicher Herr!" sagte der würdige Kanzler und stellte sich dem Könige zur Seite, von einem seiner Sccrctaire eine Pergamentrolle empfangend. „So leset denn dieser ehrenwerthen Versammlung unseren Königlichen Beschluß vor." Der Kanzler verneigte sich, entrollte da- Pergament und las unter der tiefen Stille der Versammlung Folgende-: Wir Friedrich der Dritte von Gottes Gnaden, König von Däne mark und Norwegen, der Wenden und Gothen, Herzog zu Schleswig und Holstein, Stormarn und Ditmarschen, Grafen zu Oldenburg und Delmen- Horst, bezeugen hiermit öffentlich so in Unserem Namen, als im Namen Un serer Nachkommen und Regierungs-Nachfolger in den dänischen Reichen, und machen Jedermänniglich bekannt, daß, obschon Wir aus Königlicher Gnade und angeborner Milde geneigt sehen, an Jedermann, so sich dessen würdig zeigt, Unsere Königliche Gnade zu bcthätigen, Wir solche- doch noch im höheren Grade Denjenigen erzeigen wollen, welche bei dem jüngsten, nun bei gelegten schwedischen Kriege, wo Wir, von Unseren Feinden belagert, durch den Beistand Unserer Nachbarn und Bundesgenossen, vornehmlich durch die Kriegsflotte der Vereinigten Niederlande sind geholfen worden, da sie Uns