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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«-Preis 22H Silbergr. (1 Thlr.) vierteliilhrlich, 3 THIr. für do« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in alte» Theilen der Preußischen Monarchie^ Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Berlin hei Veit tt. Comp., Iägerstraßi Nr. 28), so wie von allen König!. Post-Remtern, angenommen. Literatur des Auslandes. .HF" 118. Berlin, Dienstag den l. Oktober 1844. Frankreich. Der gegenwärtige Stand der französischen Industrie. Die Berliner Gewerbe-Ausstellung hat das Interesse des Publikums für Industrie reger, als je, gemacht und ist gewiß überall in unserem Vaterlande als eiu Zeugniß für den glänzenden Aufschwung derselben in Deutschland be grüßt worden. Frankreich ist uns seit vielen Jahren mit einem solchen Institute vorangegangen und wird uns darum auch über die Wirksamkeit desselben beleh ren können. Herr L. Rodet, von dem das Original des nachfolgenden Aussatzes in der kovue üez üoux Iblonües herrührt, gehört unter die Wenigen, welche die Gewerbe-Ausstellungen in ihrer jetzigen Gestalt verwerfen, und möchte uns, obgleich seine Betrachtungen sich speziell auf Frankreich beziehen, so wohl über diesen Gegenstand als über dasjenige, was unsere Industrie von der des Auslandes noch zu lernen hat, manchen nützlichen Wink an die Hand geben. I. Die Gewerbe-Ausstellung; ihre Vortheile und N a ch t h e i l e. In einem so großen, mächtigen und ergiebigen Lande, als Frankreich, sind der Industrie die Mittel geboten, unter den mannigfaltigsten Formen auf zutreten. Von dem Ackerbau, der allen anderen Arten der Arbeit zur Grundlage und Stütze dient, bis hinauf zu den schwierigsten Leistungen der Kunst, finden daselbst säst alle menschliche Thätigkeiten physische und geistige Kräfte, die sich ihrer annehmen. Der tägliche Austausch dieser Productionen unter den Glie dern der großen Staatsfamilie unterhält einen lebhaften und unermeßlichen Handel, während, was im Innern des Landes nicht konsumirt werden kann, die Quelle eines anderen, zwar weniger bedeutenden, aber durchaus nicht unwichtigen Handels wird. Durch diesen auswärtigen Handel ist Frankreich mit der übrigen civilifirten Welt verbunden, durch ihn trägt es die Kultur zu den barbarischen Völkern der Ferne, durch ihn endlich, da er ein blühendes Seewesen erfordert und Reichthümer im Gefolge hat, wird die imponirende Stellung befestigt, die Frankreich unter den Staaten einnimmt. Ein Volk wird mit dem Auslande Handels-Verbindungen anknüpfen, wenn es an gewissen Productionen Ueberfluß hat, an anderen Mangel leidet, oder wenn eS eine cigenthümliche Fertigkeit für diese ober jene Arbeit besitzt, die im Auslande geschätzt wird, während man auf der anderen Seite wieder ge wisse Artikel absichtlich in einem Zustande relativer Unvollkommenheit läßt, um ein zahlreicheres Publikum für die Consumtion zu gewinnen. Haupt sache aber bleibt eS, wie bei jedem Handel, auch hier, daß für die kleinste Summe der aufgewendeten Kapitalien und Mühen der höchstmögliche Preis erzielt werde. Die edlen Metalle dienen zur bestimmten Messung des WertheS. Ein Land muß ihrer in hinlänglicher Menge besitzen, damit sie leicht herbeigeschafft werden können, sobald Nothwendigkeit oder Zufall ihre reelle Gegenwart er heischen. Ist man vom Vorhandensepn der genügenden Menge baaren Geldes überzeugt, so tritt der Kredit an die Stelle desselben, wodurch der Verkehr bedeutend an Leichtigkeit und Bequemlichkeit gewinnt. Wenn indeß das Geld zu häufig wird, so müssen die käuflichen Gegenstände an Werth verlieren, und eS sind in solchem Falle schon oft traurige Verwirrungen entstanden, durch die man genöthigt wurde, die edlen Metalle, wie Waare, auSzuführen. Fehlt es dagegen au baarem Gelbe, so wird eS der Vortheil des Landes erheischen, durch alle Mittel dasselbe ins Land zuriickzurufen. Gegen Ende des vorigen Jahrhunderts waren die europäischen Regierun gen, und besonders die französische, sehr besorgt um das Gleichgewicht des Handels, wie sie es nannten. Man versuchte nämlich — und in manchen Staaten geschieht dies noch heute — die ein- und ausgeführtcn Waaren dis auf die Groschen und Pfennige abzuschätzen, und verglich sie dann mit ein ander. Diese Berechnung war aber so mangelhaft und so viele Ncbcnumstände waren dabei unberücksichtigt geblieben, daß keine wahre Uebersicht gewonnen werden konnte. Das Gleichgewicht des Handels läßt sich eher fühlen, als genau berechnen. Man denke nur an die ungleichmäßigen Transport- und Assekuranz-Kosten, an die verschiedenen Zölle und Wechsel-Sporteln, die alle den Werth der Waaren modifizircn. Die Landes-Regierung übt einen großen Einfluß auf die Resultate der Arbeit und den Handel, der mit denselben getrieben wird, nach Außen durch Zölle, Einfuhr-Verbote, See-Gesetze und Handels-Traktate, nach Innen durch Steuern, Wege und Privilegien. Ihr Bemühen soll es seyn, die Arbeit zu entwickeln und aufzumuntern. Die folgenden Bemerkungen mögen zeigen, inwieweit dies der französischen Regierung gelungen ist. Frankreich hatte in diesem Jahre wiederum das schöne Schauspiel, die vorzüglichsten Erzeugnisse der National-Industrie auf einem Punkte beisam men zu sehen. AuS allen Ländern kamen Fremde, um Theil an dieser Feier zu nehmen, und stimmten mit den Franzosen in die Bewunderung der aus gestellten Gegenstände ein. Die schöne Jahreszeit, die festliche Ausschmückung der Arbeiten, der Glanz und die Auswahl der Meisterwerke begeisterten selbst die ernstesten Beurtheiler. Jetzt aber, da das lärmende Treiben der Stille gewichen ist und die vereinigten Reichthümer wieder zerstreut sind, kann die Begeisterung der ruhigen Reflexion Platz machen. Wir werden nicht grämlich erscheinen, wenn wir untersuchen, ob die großen Vortheile der Ausstellungen reell oder eingebildet sind, und ob ihre Wiederholungen für bas Land und die Exponenten wünschenSwerth wären. Unter den Begriff der Industrie gehören alle diejenigen Bearbeitungen roher oder schon bearbeiteter Stoffe, die aus SpeculationSgeist unternommen und mit Kunstfertigkeit auSgeführt werden. Die Industrie reicht an der einen Seite hinab bis zum Ackerbau, der selbst ihre erste Aeußerung ist, und schließt auf der anderen mit den schönen Künsten, die von ihr mit Werkzeugen unter stützt werden und ihr dafür von ihren Regeln und ihrem Geschmacke mit- theilen. Die Gewerbe-Ausstellung in Paris durfte also Alles zulassen, was zwischen diese Gränzen fällt und iranSportirt und placirt werden konnte. Man beschränkte sich indeß aus die Gegenstände der Fabrication oder Manu faktur, das heißt auf diejenigen, zu deren Bereitung die gemeinschaftliche Arbeit vieler Menschen erforderlich ist. So war die Ausstellung freilich ein unvollständiges Bild der Landes-Industrie, aber sie war reich und glänzend und riß selbst diejenigen zur Bewunderung hin, die sich wenig Nutzen für das allgemeine Beste von ihr versprechen. Nichts, in der That, ist problematischer, als die reellen Vortheile einer solchen Ausstellung. Für diejenigen freilich, welche die Gewerbe schützen und beleben svllen^ist sie sehr erwünscht. ES muß den Stolz dieser Männer er höhen, die Blüthe der Thätigkeiten vor Augen zu haben, die ihrer Sorge anvertraut sind; und welche schöne Gelegenheit wird ihnen dabei geboten, sich Freunde zu verschaffen! Wie erfreulich ferner für den König, seine Familie und seinen Hof, in kurzer Zeit und ohne Mühe in alle Mysterien und Proze duren der mannigfaltigsten Fabrikationen eingcweiht zu werden, da man sich eifrig bemüht, ihnen Alles zu erklären, und wie viel Gelegenheit zu verbind lichen und anmuthigcn Worten ist ihnen gegeben, die ihre Wirkung nie ver fehlen und bis in die entferntesten Gegenden Frankreichs als Trophäen ge tragen werden! Dann komme» die Bewohner der Stadt und drängen sich um Dinge, an denen sie in ihren Läden und Magazinen gleichgültig vorübergehcn, und endlich die Sachverständigen, welche die schönen Gegenstände beschreiben und prüfen. ES ist nicht zu leugnen, als europäischer Markt, als Basar, kann die Aus stellung einigen Industrie?« von Nutzen seyn, indem dieselben die Aufmerksam keit des Publikums, das sie vielleicht früher vernachlässigte, auf sich lenken und leichter Konsumenten gewinnen. Besonders profitiren dabei neue Häuser, die bis dahin noch nicht bekannt waren, während auch die alten da nicht Zurück bleiben können, wo ihre Rivalen erscheinen. Aber was ersetzt den Ausstellern die verlorene Zeit, die Vernachlässigung ihrer Geschäfte und die gemachten Unkosten? Es ist wahr, die Jury belohnt sie durch Medaillen und ehrenvolle Erwähnung, und empfiehlt auf diese Weise dem Publikum die Fabrikate; aber, da fast Alle zu einer Auszeichnung kommen und die sorglose Menge sich wenig um die verschiedenen Klassen kümmert, so wird eigentlich Niemand ausge zeichnet. Und, wenn wirklich eine besondere Belohnung zucrkannt wird, so sind die betreffenden Fabrikanten gewöhnlich schon dem Publikum als bedeutende Personen bekannt. Auch, scheint uns, dürste das Schicksal einer dem Lande nützlichen Fabrik nicht von deni Erfolge bei einer Ausstellung abhängen, da nur zu oft gerade eine solche bei der Vexthcilung der Prämien vernachlässigt wird. Nicht weniger nimmt folgende Betrachtung gegen die Gewerbe-AuS- stellungen ein. Entweder bezeichnet der eingesendete Artikel, so vorzüglich er auch seyn mag, keinen merklichen Fortschritt und erhöht dann den Ruf des Produzenten wenig, oder er bat neue Eigenschaften und enthüllt ein noch un bekanntes Prinzip. Aber was geschieht in diesem Falle? Das Publikum wird vielleicht besser in den Stand gesetzt, die gemachte Erfindung zu würdigen, aber die Rivale, geschickter und intcresfirter als das Publikum, werden sich auf alle Weise das Geheimniß der neuen Production zu verschaffen suchen und,