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WöchcnUich eri^ciuen drei Nunimer». Pr.inumeriNwtt» - Preis 22) Silbergr. sz ^klr.) vicr«eljäl>rli». 3 Tdlr. süi da« ga»i.e Jahr. ohne Erhöhung, in ailcn ^keiic» der Preußischen Monarchie. Magazin für die Pränumeralionen neiden non jeder Buchhandlung (in Berlin bei Brit u. Comp., Iägerslraßc Nr. 25), so wie noch allen Königt. Pos« - Armier», angenommen. Literatur des Auslandes. ^4/ 111. Berlin, Sonnabend den 14. September 1844. England. Zur Geschichte der wichtigsten abergläubischen Meinungen und Spekulationen. I. Astrologie, Alchymie, das Rosenkreuzerthum. Während gegenwärtig kein Zweig menschlicher Thätigkeit so sehr zur Be förderung der Aufklärung, des Fortschritts und der Civilisation beiträgt, als die Naturwissenschaften, gab es einst eine Zeit, wo gerade die Beschäftigung mit diesen Wissenschaften die meiste Finsterniß über die Welt verbreitete, wo die Jünger derselben am eifrigsten bemüht waren, die Unwissenheit und den Aberglauben, zu dem die Welt ohnehin schon sehr geneigt war, auf alle Weise zu nähren und zu fördern. Jeder denkt sofort hier an die Zeit, wo die Astronomie noch der Astrologie die Schleppe tragen mußte und die Chemie noch in der Verpuppung der Alchymie lag. Die Erscheinungen des Wahn- und Aberglaubens jener Zeit lassen sich in zwei Hauptklasse» theilcn. Aberglauben überhaupt kann man jede falsche An sicht von dem Verhältniß des Menschen zur Natur nennen, jeden Glauben, vermöge dessen der Mensch sich und der Natur einen Einfluß auf einander zu- schrcibt, der nur ein Produkt seiner Phantasie ist, also in die Natur Gesetze hincinlegt, statt sie aus ihr hcrauszulcsen. Diese Täuschungen nun können IhcilS mehr theoretischer oder wissenschaftlicher, «Heils mehr praktischer Art seyn. Von der ersteren Art sind solche, die auf einer falschen wissenschaftlichen Ansicht beruhen und sich auch demgemäß zu einem ganzen wissenschaftlichen System auSbildcn. Praktisch dagegen nennen wir diejenigen Illusionen, die mehr aus dem Volksglauben entspringen und, wenn auch mit den ersteren mehr oder weniger zusammcnhängen, doch auch unabhängig von jenen sich ausbilden- können, und die zugleich auf das gesellschaftliche Lebe» im Großen einen unmittelbaren praktischen Einfluß üben. Alle abergläubische Meinungen unv Vorstellungen, die einst gang und gäbe gewesen sind, zusammenzustellcn, wäre eine endlose unv vielleicht er müdende Anfgabe. Von Interesse aber ist cS, diejenigen Hierhergehörigen Erscheinungen zu betrachten, welche am allgemeinsten vcrbreitrt waren, am meisten Einfluß auf ganze Zeiten und Völker übten und daher die Gestalt großer historischer Fakta angenommen haben. Die Zahl dieser Erscheinungen ist sehr beschränkt: auf dem theoretischen Gebiet sind cs Astrologie, Alchymie und das Rosenkreuzerthum, auf dem praktischen Gottesurtheile und Heren- Prozesse. Wir geben eine kurze Geschichte derselben nach einem neuen eng lischen Buche von Charles Mackay: Vlemnirn ok oxtrsorüinsi-v populär fle- Iu8inn8, in drei Bänden. Der Ursprung der Astrologie verliert sich in das graueste Alterthum. Die Astrologen schrieben die Entdeckung ihrer Geheimnisse den alten Chaldäern zu. Jedenfalls scheint die Astrologie aus dem Orient nach Europa gekommen zu seyn. Noch jetzt bewahrt sie in den Ländern Central-Asiens ihre ganze ursprüngliche Wichtigkeit. Der königliche Astrologe ist einer der bedeutendsten Beamten am Hofe des Schachs, und kein persischer Minister würde es wagen, ohne die Sanction der Sterne eine politische Verhandlung abzuschlicßen oder auch nur eine Staats-Ceremonie anzuordnen. Eben so ziehen die kriegerischen Chans und LegS von Chorasan und Kurdistan nie ans einen ciwppow aus, bis sie sich genau von der Stunde unterrichtet, in welcher die planetarischen Einflüsse dem Rauben und Morden am günstigsten sind. In Europa erreichte das Ansehen der Astrologie erst dann seine Höhe, als das der Alchymie zu finken anfing. Im I5lcn und Ikten Jahrhundert, wo die letztcre Wissenschaft mit Verachtung, wo nicht mit Abscheu betrachtet wurde, ward ihre Rivalin nicht bloß von Männern jedes Ranges geehrt, sondern von den mächtigsten Fürsten Europa'S offen in Schutz genommen. Daher sanden es auch die berühmtesten Astrologen jener Zeit weder noth- wendig noch rathsam, irgend eine Bekanntschaft mit den nekromantischcn Ge heimnissen des Paracelsus und Cornelius Agrippa geltend zu machen. Die Folge hiervon war, daß ihre Kunst nie irgend eine Verfolgung erfuhr, und daß sie selbst von den strengsten NeligionScisercrn tolerirt wurde. In Frank reich wurde die Wissenschaft, viele Generationen hindurch, mit orientalischer Ehrfurcht behandelt: fast jeder König, Staatsmann und Höfling nahm seine Zuflucht zu ihr-, aber ihre beiden vornehmsten Patrone waren Ludwig XI. und Katharina von Medici. Bei Ludwig ist diese Inkonsequenz weniger un erklärlich-, denn die ganze Geschichte dieses außerordentlichen ManncS zeigt, daß sein Geist, gleich vielen der mächtigsten, die in der Geschichte austretcn, äußerst scharf und hell in allen weltlichen Angelegenheiten war, dagegen in allen religiösen und übernatürlichen Dingen kindisch schwach und leichtgläubig. Aber die Leichtgläubigkeit Katharina's war von einer beschränkteren Art und daher auch ercentrischer. ES ist bekannt, daß sie eben so frei von religiösen als von moralischen Skrupeln war-, aber die Atheistin, welche über das Evangelium spottete, horchte mit der frömmsten Gelehrigkeit auf den Jargon des Nostra damus. ES giebt vielleicht keinen Souverain, von dessen beharrlicher Be schäftigung mit den geheime«« Künsten so viele sonderbare Geschichten erzählt werden. Maria von Medici und Ludwig XIll. zeichneten sich Beide durch dieselbe Leichtgläubigkeit aus. Der letzte wichtige Fall, bei welchem die Dienste der Astrologie von einem französischen Souverain benutzt worden zu seyn scheinen, war die Geburt Ludwig'S XlV. Ein berühmter Seher wurde aus Deutschland geholt, um die Nativität des Kindes zu stellen, und das Resultat seiner Berechnungen wurde feierlich dem Hofe mitgetheilt. ES lautete kur): Diu, «Iure, feliciter, Worte, die man nachher durch die Länge, den Glanz und die Unfälle der Regierung dieses Fürsten bestätigt glaubte. . » In England war die Astrologie fast eben so populär als auf dein Festland, obgleich sic auf Fürsten und Staatsmänner weniger Einfluß übte. Unter Elisabeth war eS eine gcwinnreiche, wo nicht ehrenvolle Profession. Sic über lebte die Bürgerkriege und scheint dem Vorwurf der Papisterei glücklich ent gangen zu seyn, einem Vorwurf, über den sie doch durchaus nicht erhaben zu seyn scheint und der sich so vielen anderen weniger tadclnswerthen Dingen verderblich erwiese«« hatte. Wir finden jedoch, daß die frommen Veteranen des Fairfar und Cromwell sich nicht scheuten, Verheißungen des Sieges in den Sternen zu suchen, und daß bei einer Gelegenheit zwei ausgezeichnete Jünger der Astrologie «riit großen Ehren im Hauptquartier der ParlamcntS-Arinee be- wirthet wurden. Nach der Restauration blicb die Wissenschaft so populär, daß eS bei den Höflingen Karl's II. ein LicblingSzeitvertreib wurde, in die Geheim nisse ihrer Stadtnachbarn einen Blick zu thun, indem sie die Maske voi« Wahr sagern annahmen. Während der Pest von 1665 solle«« die Betrüger, welche auf die Gabe, die Zukunft zu prophezeien, Anspruch machten, eine enorme Acrudte gesammelt haben. Fast alle Schriftsteller jener Zeit sprechen von dem fatalistischen Geist, der während dieser Kalamität herrschte und der, indem er bei den Einen hoffnungslosen Kleinmuth, bei den Anderen übermüthige Ver wegenheit erzeugte, die Zahi ihrer Opfer nicht wenig vermehrt haben soll. Diese Bethörung wurde befördert und zu ihrem Vortheil benutzt von den Wahrsagern, welche die Gewinnsucht schaarenweise nach London zog, trotz der Gefährlichkeit des Verkehrs mit den Bewohnern. Viele von ihnen stürzte ihre verwegene Habsucht ins Grab; aber ihr Kredit scheint sich gleichwohl erhalten zu haben, bis das Ende des Schreckens den Menschen Zeit zu ruhigem Nach- denken ließ. Einige Zeit darauf fand der große Brand von London statt, und ein prophetisches Pamphlet, das im Jahre 1651 von dein famosen Astrologen Lilly herausgegeben wurde, schien dadurch eine so glänzende Bestätigung zu bekommen, daß der Verfasser vor die Schranken des Unterhauses gerufei« und öffentlich ersucht wurde, der Nation seine Meinung über ihre künftigen Schick sale mitzutheilen! Der glückliche Seher war jedoch zu vorsichtig, um den un erwarteten Ruf, den sein glücklicher Treffer ihm erworben, aufs Spiel zu setzen, und man war nicht iin Stande, ihm eine deutliche Prophezeiung zu entlocken. Nach der Revolution von 1688 fiel die Kunst allmälig in Mißkredit, und in Addison's Zeit wurde sic, obwohl noch öffentlich geübt, doch von unter richteten Leuten mit sehr wenig Ehrfurcht behandelt. Während des I8ten Jahr« 'Hunderts verschwand sie fast ganz, obgleich noch jetzt Almanache erscheinen, dir astrologische Speculationcn enthalten. Die vermeinte Wissenschaft der Alchymie beruhte ursprünglich auf einer falschen physikalischen Ansicht. Es war ein sehr gewöhnlicher Glaube während jener finsteren Jahrhunderte, daß alle Metalle durch einen gewissen chemischen Prozeß in reines Gold verwandelt werden könnten, und auf die Entdeckung dieses Prozesses waren die Forschungen der älteren Alchymisten beharrlich ge richtet. Die späteren Pfuscher behaupteten, ihre Kunst scp ein Rest antcdilu- vianischer Weisheit, der von den Weisen des alten Aegypten aufbewahrt sep; auch wollte«« fie im Pentateuch gcheimnißvolle Anspielungen auf die Ausübung derselben durch die hebräischen Patriarchen finden. Aber die ersten deutlichen Spuren der Alchymie sind in den Schriften gewisser griechischer Geistlichen des vierten Jahrhunderts zu finden. Ihre Speculationcn wurden jedoch wenig beachtet, bis sic von den arabischen Kabbalisten wieder ausgenommen wurden, und zwar zuerst von dem berühmten Geber aus Syrien, der im achte«« Jahr- hundert blühte. Don den 50V Schriften über Alchymie, die man ihm zuschrieb,