Suche löschen...
Gartenbauwirtschaft
- Untertitel
- deutscher Erwerbsgarten ; Berliner Gärtner-Börse ; amtl. Zeitung für d. Gartenbau im Reichsnährstand u. Mitteilungsblatt d. Hauptvereinigung d. deutschen Gartenbauwirtschaft
- Verleger
- [Verlag nicht ermittelbar]
- Erscheinungsort
- Berlin
- Bandzählung
- 45.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930
- Umfang
- Online-Ressource
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf4 (G)
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490717721-193000008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490717721-19300000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490717721-19300000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Gartenbauwirtschaft
-
Band
Band 45.1930
-
- Ausgabe Nr. 1, 2. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 2, 9. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 3, 16. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 4, 23. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 5, 30. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 6, 6. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 7, 13. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 8, 20. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 9, 27. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 10, 6. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 11, 13. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 12, 20. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 13, 27. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 14, 3. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 15, 10. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 16, 17. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 17, 24. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 18, 1. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 19, 8. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 20, 15. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 21, 22. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 22, 29. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 23, 5. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 24, 12. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 25, 19. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 26, 26. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 27, 3. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 28, 10. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 29, 17. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 30, 24. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 31, 31. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 32, 7. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 33, 14. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 34, 21. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 35, 28. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 36, 4. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 37, 11. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 38, 18. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 39, 25. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 40, 2. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 41, 9. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 42, 16. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 43, 23. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 44, 30. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 45, 6. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 46, 13. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 47, 20. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 48, 27. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 49, 4. Dezember 1930 -
- Ausgabe Nr. 50, 11. Dezember -
- Ausgabe Nr. 51, 18. Dezember 1930 -
- Ausgabe Nr. 52, 25. Dezember 1930 -
-
Band
Band 45.1930
-
- Titel
- Gartenbauwirtschaft
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Die Nartenvauwlrtschaft Nr. 02. 2V. 12. 1930 persönliche Mitteilungen tief bedauern. Brecht, Obmann. und als sie aufsahen, war wieder tiefe Nacht über das Feld gekommen. Aber oben, sehr hoch oben, standen viele Lichter und der Himmel össnete sich zu einer klaren, schönen Winter sternennacht. Die beiden Wanderer aber waren verschwunden. Der Bauer und sein Volk gingen in sein Haus und bedachten das alles noch lange und besprachen es hin und her mit Freuden und Staunen. Und st« dankten Gott und lobten ihn mit vielen schönen Gesängen. Bon diesem aber, was ich eben erzählt habe, kommt es her, daß noch heute in den nördlichen Ländern am heiligen Abend in alten Häusern ein Tanenbaum steht, mit Lichtern bestÄt und rundum behängt mit bunten Früchten, Nüssen und Aepfeln, mit gebackenen Tieren und un vergänglichen Blumen. Wirtschaftskammer teilzunehmen. Allen war er ein lieber Freund und Kollege. Die starke Anteilnahme aus Kollegenkreisen bei seinem Begräbnis bekundete die Wertschätzung unsres lieben Stolze. Am 22. November starb durch einen tragi schen Unglücksfall unser langjähriges treues Mitglied, Gärtnereibesitzer Emil Hoberg, Stumsdorf, im besten Mannesalter von 54 Jahren. Hoberg nahm großes Interesse an unseren Verbandsbestrebungen und hat in den Bezirksgruppenversammlungen manche gute An regung gegeben. Allen war auch er ein lieber Freund und Kollege, dessen frühes Ende wir Erschütternd traf uns alle die traurig« Kunde, daß unser Friedrich Brehm, Karlsruhe, am 5. Dezember von uns gegangen ist in die Ge filde des Schweigens, wo ihn nur unsere Gedan ken suchen können mit dem Bekenntnis: „Wir hätten Dich gerne noch manches Jahr unter uns gesehen, um uns zu erfreuen und aufzurichtsn an Demer Pflichttreue, Deinem Verantwort lichkeitsgefühl. Deiner Familie, Deinem Beruf und Deinen Kollegen gegenüber. Du wirst uns fehlen mit Deiner Geradheit, Deiner edlen Ge sinnung und Deiner Hilfsbereitschaft, die Du in schlichter und vornehmer Art jedem Ratsuchenden zukommen ließest. Du warst uns ein Führer, der nicht in vielen Worten den zu begehenden Weg zeigte, sondern ein Vorbild der Tat des zielbewußten Menschen und Fachmannes bot". In jungen Jahren nach einer Lehrzeit beim Vater und nach kurzen Wanderjahren ist unser lieber Freund Brehm zur Unterstützung seines Vaters bei Neueinrichtung der heute noch be stehenden Gärtnerei in der Sofienstraße zurück gekehrt. Von Juli 1900 ab übernahm er mit „Laß es dir genügen", sagte der Herr, „und behalte mich in deinem Innern. Ich muß noch weit wandern in dieser Nacht. Es sind noch viele erkaltete und verhärtete Herzen, die der Wärme und des Lichtes bedürfen." Und da mit nahm er Abschied. St. Peter aber zog den Bauern ein wenig auf di« Seite. „Und wenn wieder jemand an deine Haustür in sol cher Nacht pocht," sagte er, „so handle mensch lich an ihm und sei nicht aus Furcht wie solch ein Teufel." — „Wer konnte es denn wissen, Herr?" sagte der Bauer. „Das ist es eben," sagte St. Peter. „Du kannst es nie wissen, wer da an deine Tür pocht und wen du davon jagst. Nicht immer läßt es sich wiederfinden wie wir heute." Damit brachen sie auf. Und der Baum erlosch langsam, Flamme für Flamme. Alle blickten in das vergehende Licht, Es find verstorben: Krau Olga Lappe«, Kaldenkirchen, Bez.-Gr. Niederrhein. Wilhelm Possin, Paretz, Bez.-Gr. Oranienburg u. Umg. Fran Spiegel, Gattin unseres Kollegen Ernst Spiegel, Saalfeld, Bez.-Gr. Oberer Saal kreis. Frau Katharina Meyn, Uetersen, Bez.-Gr. Pin neberg. Frau Caroline Steen, Lübeck, Bez.-Gr. Lübeck. Unser« Bez.-Gr. Mittlerer Saal- kreis hat binnen kurzem drei ihrer Mit glieder durch den Tod verloren. Am 10. September starb Gärtnereibesitzer Bernhard Heinzel, Halle, im Alter von 70 Jahren. Er gehörte erst kurze Zeit unserer Bezirksgruppe an und erfreute sich allgemei ner Achtung und Wertschätzung in unserem Kreise. Am 17. NoveMber verschied unser lang jähriges treues Mitglied und Vertrauensmann, Gärtnereibesttzer Adolf Stolze, Eisleben, im Alter von 73 Jahren. Der Verstorben« war eines unsrer rührigsten Mitglieder, jederzeit gern bereit, die Belang« unseres Verbandes und Beruses fördern zu helfen. Längere Zeit war er ordentliches Mitglied der Landwirtschafts- kammer, und somit auch Mitglied des Gärt nerei-Ausschusses; geraume Zeit auch, bis kurz vor seinem Tode, Fachlehrer an der Be rufsschule Eisleben. Die jungen Gärtner haben ihm viel zu verdanken. Wo es galt, seine Kräfte in den Dienst unseres Berufes zu stellen, war Kollege Stolze immer voran. Trotz seiner Krankheit in den letzten Jahren ließ er es sich nicht nehmen, an allen Ver sammlungen der Bezirksgruppe und der Land feinem Bruder Wilhelm die väterliche Gärtneret, die die Brüder in gemeinsamer Arbeit, allen Schicksalsschlägen in Familie und Geschäft ent gegen, zu erhalten und auszudauen verstanden haben. In seiner Gattin hatte unser Brehm eine Gefährtin, die ihm in allen Lebenslagen in treuester verständnisinniger Hingabe zur Seite stand. Unter der Eltern sorgender Obhut er wuchs unserm lieben Freund ein Sohn und Geschäftsnachfolger, der die vom Vater hinter laßenen Pflichten dem väterlichen Vorbild getreu erfüllen wird. Nur seinem Berufe lebend, liebte der Ver storbene seine Pflanzen, für die er sich ver antwortlich fühlte; mit besonderer Vorliebe widmete er sich der Vervollkommnung der Cycla men, Amaryllis und Primula malacoides und voller „Vaterfreude" zeigte er di« Ergebnisse seines zielbewußten Strebens. Seinem ganzen Wesen entsprechend, konnte es nicht ausbleiben, daß Fr. Brehm sich auch in den Dienst der Allgemeinheit stellte, um so auch über seine persönlichen Interessen hinaus seinem Berufe und dessen Angehörigen zu helfen. An der Gründung unseres Verbandes im Jahre 1900 beteiligte sich Brehm in hervorra gendem Maße, das seine langjährige Berufung in den Vorstand zur Folge hatte als dessen Rechnungsführer. Bis zum Ausbruch des Welt krieges, den er als Marineangehöriger mit machte, leitete Brehm die Bezirksgruppe Karls ruhe als deren Obmann. Seine dem Allgemein wohl gewidmete Tätigkeit fand anläßlich des 25- jährigen Bestehens unseres Verbandes Aner kennung durch seine Ernennung zu dessen Ehren ¬ mitglied. Trotz seines Zurücktretens aus jeg licher führenden Stellung wirkt« unser Freund bis zu seinem überraschend plötzlichen Heim gang noch weiter ratend und tatend mit in allem, was unsern Beruf angeht. Ein reiches Menschenleben ist erloschen, reich an Arbeit und Sorgen, aber auch reich ge segnet. —hm— Am 2. Dezember schloß unser Ehrenobmann August Pletzncr für immer d-i« Augen, di« in einem arbeitsreichen Leben immer nach dem Wohl des Berufes ausschauten. Ml«, die wir am Platz« waren, und auch die auswärtigen Kollegen in größerer Zahl, gaben ihm das letzt« Geleit. Die Worts, die der Landesverbands- Vorsitzende Romer am Grabe von dem Alt meister des Gartenbaues sprach, waren uns aus der Seele gesprochen. Vor zwei Jahren noch brachten wir unserem Ehrenobmann die Wünsche zu seinem 80. Geburtstag, und sein« körperliche Rüstigkeit und geistige Frische lie ßen nicht ahnen, daß wir schon so bald seinem Sarg« folgen würden. Was er in seinem Leben für den Berus geschafft hat, wird uns als Allgemeingut erhalten bleiben. Seiner Rührigkeit im Berbandsleben verdanken wir vieles und njcht zuletzt die Gründung unserer Bezirksgruppe, deren Obmann er in den letzten Jahren war. Sein Geist möge uns weiter erfüllen mit der großen und freudigen Liebe zum Beruf. Sein Andenken auf dies« Weise zu ehren, ist wohl das beste, was wir tun können. Bezirksgrupppe Freiberg und Umgegend Friedrich Meyer, Schriftführer. Veteranen der Arbeit Den Alten zur Ehr, den Jungen zur Lehri Es ist gewiß eine schöne Sitte, unserer Toten ehrend zu gedenken durch Nachruf und Denkmäler und durch liebevolles Schmücken ihrer Gräber. Wir sollten aber gegenüber diesem guten alten Brauch die eigentlich selbst verständlich« Pflicht nicht vergessen, unsere Alten noch zu ihren Lebzeiten zu ehren. Wollen wir diesem Zwecke nicht künftig immer eine Spalte in unserer „Gartenbauwirt schaft" widmen? Es soll dabei auch derer ge dacht werden, die bisher nicht an die Oeffent- lichkeit traten, die wie die notwendigen Einzel glieder einer Kette doch ihre Bedeutung haben, die still und bescheiden, treu ihre Arbeit tun. Ehren wir uns nicht selbst damit, wenn wir so von Arbeit und Erfolgen der Eltern und Großeltern Zeugnis ablegen? Fördern wir nicht unseren Nachwuchs, wenn wir ihn durch diese Beispiele zur Nacheiferung anregen? Wir wollen die Alten ehren und ihr« Verdienst« um Stand und Familie anerkennen und wür digen, solang« sie noch am Leben sind und sich unserer Dankbarkeit freuen können. Wir wollen und dürfen nicht vergessen, daß Fortschritt« im Beruf, Errungenschaften und Einrichtungen der Jetztzeit in Technik und Lebenshaltung erst ermöglicht wurden durch die stille zähe Bor das alles heute als etwas Selbstverständliches arbeit der älteren Generation, auch wenn uns erscheint. Drei unserer ältesten Kollegen, die noch heute regelmäßig im Beruf tätig sind, ohne Aufhebens davon zu machen, sollen die Reihe eröffnen: Ein 92jähriger und zwei 80jährige, alle drei wollen bis heute bei ihrer Arbeit noch nichts vom Achtstundentag wissen und finden noch täglich Befriedigung und Freude in unserem schweren, aber doch schönen Beruf. Der Alte blickt« auf. „Die geologisch Kam- Missoni is da!" sagte er leis, als könnte jedes laute Wort den wichtigen Vorgang stören. „So, so?" Im Vollgefühl seiner Persönlich keit ging Purtscheller auf die Herren zu und lüftete den Hut. „Grüß Gott, ihr Herrn mit anander! Fleißig bei der Arbeit, ja?" Der Pfarrer dankte für den Gruß, der Bür- germeister und die beiden Gemeinderäte zogen den Hut; von den fremden Herrn schien es kei ner zu beachten, daß sich die Gesellschaft um eine o bedeutungsvolle Persönlichkeit vermehrt hatte; ie waren mit einer Erdprobe beschäftigt, die >er Bohrer aus dem Grunde gehoben hatte. Pursichellers Gesicht färbte sich dunkelrot; diese Mißachtung seiner Person hatte ihn be leidigt. Einer der Gemeinderäte merkte das und wollte dem Pursicheller-Toni zu der ihm gebührenden Anerkennung verhelfen. Aber die gelehrten Herren waren über den breinassen Lehm, den der Bohrer gefördert hatte, in e ne so lebhafte Debatte geraten, daß sie für nichts anderes Ohr und Augen hatten. Eine Weile kaute Purtscheller am Schnurr bart; dann wandte er der Gesellschaft den Rücken; lachend, doch mit Aerger in der Stimme, rief er über die Schulter zurück: „Gelt, Bürger meister? Wann's ans Zahlen geht, kannst mich auch auf der Seit stehn lassen! Mich geht ja di« ganze Gschicht nix an. Mein Haus und Hof is net in Gfahr." Der Bürgermeister machte große Augen. „Aber geh, Toni, was hast denn?" „Ja, ja! Is schon gut!" Purtscheller winkte d«m alten Simmerauer. „Komm, Michel, uns zwei kann man da net brauchen!" Man sah es dem Alten an, daß er gern ge blieben wäre; aber zu der ehrenvollen Erlaub nis, den Herrn Purtscheller ein Stück Weges begleiten zu dürfen, konnte er den Kopf nicht schütteln. So hielt er sich an der Seite des mißmutigen Jägers, blickte aber immer wieder über di« Schulter zurück und lauschte, ob er von den verhallenden Stimmen nicht ein trösten des Wort erhaschen könnte. Leuchtende Fäden flogen den beiden ent gegen und legten sich über ihre Gesichter. Be sonders auf den alten Simmerauer hatten sie es abgesehen. Immer wieder mußte er solch ein schimmerndes Ding von seinen Augen lösen. Diese Mühe machte ihn nicht unwillig. „So hat der Altweibersommer noch nie net gfpon- uen, seit ich leb! Sechzg Jahr lang! So was hab ich noch nie net gsehen." „Wann die Spinnfäden so fliegen, sagt man, dös bedeutet an harten Winter!" Der Alts seufzte. „So a Glück! Ja! So r Glück wann käm!" „Freilich! Wann's an richtigen Frost machen :ät, da möcht der Berg 's Laufen bald aufhören." „Was sagen S', Herr Purtscheller, was er ruf amal für Gschichten macht! So a närri scher Berg! Viel tausend Jahr hat er an Fried geben! Und über Nacht fangt er söllene Sachen an! Wie an alter Mensch, der allweil nüchtern war, und jetzt hat er den ersten Rausch!" Michel wandte das Gesicht zu den grauen Felswänden hinauf. „Merl! Alterl! Dös hat dir auch net der li^'e Herrgott cingeben! Da hast auf'n Teufel ghört!" Seine kummervollen Augen irrten über das verwüstete Gehänge. „Die besten Wiesen frißt er, den schönsten Wald streicht er wie Butter aufs Brot und ein Häusl um's ander schluckt er. Vor acht Tag is dem Pischler 's seinige gfallen, gestern is 's Häusl vom Mitter huber eingsunken bis ans Dach, daß die armen Leut durch'n Rauchfang haben aussischliefen müssen! Und 's meinige —" Die Stimme brach ihm. Er faßte Purtschellers Arm und deutete ins Tal hinunter. „Sehen S' den Kirchturm knopf? Wie er glanzt in der Sonn?" „Ja, Michel! Warum?" Der Alte stieß mühsam Wort um Wort vor sich hin: „Den Kirchturmknopf hab ich gestern am Abend von meiner Haustür aus noch glan zen sehen. Heut in der Früh is er verschwun den gwesen!" „Michel!" „Der Wald da drunt iS doch net gwachsen über Nacht? Und die Kirch hat sich auch net vom Fleck grührt? Also?" „Jesus Maria! Michel! Um so viel is dein Häusl gsunken in der Nacht?" „'s Häusl net. Aber der Boden, wo 's drauf steht, mit'm Garten, mit die Aepfelbäum, mit allem." Purtscheller betrachtet« den Alten in ehr licher Sorge, „Michel! Wann's krumm geht, so schenier dich net und komm zu mir! Für an braven Menschen, wie du, hab ich allweil offene Händ!" Michel schüttelte den weißen Kopf. „Ver geltsgott! Betteln tu ich net. Ich glaub net dran, daß mein Häusl abi muß. Ich hilf mir schon noch. Und einer, dös weiß ich, einer hilft mit!" Sein Blick suchte den blauen Himmel. Sie mußten eine breite Erdspalte überklettern, die den Wiesenhang quer durchrissen hatte. Als der Blick ins Tal wieder offen lag, sagte Michel: „Wie die weißen Mauern vom Purtschellerhof schön auffileuchten! Sie haben's halt gut! Der Purtschellerhof braucht sich vor keiner Nacht net fürchten." „Ja! Mein Haus steht fest. Da wackelt nix. Dös hat gsunden Felsboden und dicke Mauern. Da kann der Berg laufen, wie er mag." Purt scheller blickte mit stolzem Behagen auf seinen stattlichen Hof hinunter. Aus diesem zufriede nen Gefühl heraus erwachte in ihm der Ge danke, daß es grausam wäre, sich seines reichen, ungefährdeten Besitzes zu freuen, während dem Michel der Jammer aus den Augen redete. Da wäre ein tröstender Zuspruch eher am Platz. „Schau, mußt mich net beneiden um mein Glück! Weißt, jeder Mensch hat Sorgen, der Reiche grad so wie der Aermste. Ich bin der Purt scheller. Aber mir steigen vor Sorgen oft d' Haar am Kopf auf wie Besenstiel. Was mir an einzig? Jahr Verdruß bringt, so viel is dir dein Leben lang net übern Hals kommen. So a weitschichtigs Anwesen tragt, aber es frißt auch. Manches Jahr heißt's: draufzahlen, daß man schwarz werden kunnt. Unsereiner hat Ver pflichtungen auf alle Seiten. Da heißt's allweil: zahlen, zahlen und zahlen. D' Jagd is frei. Wer muß s' denn pachten? Der Herr Purt scheller! Schreiben s' in der Stadt a Trab rennen aus? Wer muß laufen lassen? Der Herr Purtscheller! Halten s' a Scheibenschießen ab? Wer muß den Ehrenpreis stiften? Der Herr Pursicheller. Ich sag dir's, Michel, ich brauch meine gschlagenen zwölf bis fufzehn tausend Markln im Jahr. So viel hat kein Minister in der Stadt. Dös is a Brocken Geld. Der muß hergschafft werden. Geh's, wie's will!" „Mär' und Josef!" Im Schreck über die Sorgen, die der arm« Purtscheller zu tragen hatte, vergaß der Simmerauer für einige Sekun den seines eigenen Jammers. „Und söllene Sachen packen ein' und lassen ein' nimmer aus! Schau: so notwendig hätt ich heut in der Früh auf die Felder nachschauen sollen. Aber na! Da komm« der Jagdgehilf und meldt: der starke Hirsch wechselt über die Grenz aus, wann er net gschossen wird. Was will ich machen? Muß ich halt auffi!" „So? So? Aus den starken Hirschen haben S' gjagt? Ja, der hat arg gschrien in die letzten Nächt!" „Hast ihn ghört?" „Freilich! Ich hab seit Wochen lein' Schlaf nimmer. Jede Nacht fahr ich zwanzgmal auf und greif an d' Wand hin, ob s' noch da is. Haben S' ihn kriegt, den Hirschen?" „Na! Rein umsonst bin ich droben gwesen! Aber was ich sagen will: im Hölzl hab ich deine Enkerln troffen. Solltest die Kinder in so einer Zeit net umanandlaufen lassen. Wie leicht kann ihnen was passieren!" Michel schüttelte den Kopf. „Kinder haben an guten Schutzengel. Wir daheim müssen am Haus arbeiten den ganzen Tag, und ich hab's net gern, wann die armen Hascherln allweil unsern Jammer mit anschaun müssen. So was macht ihnen 's Gmüt krank. Kinder sollen lustig sein, die harte Zeit kommt eh noch früh gnug. Da laß ich ff lieber umanandlaufen. Und's Hölzl drüben rs noch am sichersten, da halten ine Wurzeln fest. Mei' gute Alte in ihrer Sorg, freilich, dre sagt allweil —" Er verstummte, blieb stehen und blickte zu einem nahen Bauern haus hinüber, dessen verschobenes Dach auf schie fen und halb geborstenen Mauern saß. Un deutlich hörte man die erregten Stimmen der Leute, von denen die einen das Türgebälk und die Fensterstöcke aus der Mauer bra chen, während andere das armselig« Haus gerät auf einen Leiterwagen luden, vor dem ein klapperdürres Rößl mit einer schwer fälligen weißen Kuh zusammengekoppelt war. „Der erbarmt mich! Der arme Gaßner!" nickte Michel vor sich hin. „Jetzt muß er Aus zug halten. Traut sich nimmer schlafen nnter'm Dach." „Der is gschekd, Michel! Der bringt beizei ten in Sicherheit, was zum Forttragen is, und baut sich drunten im Ort a neus Häusl auf festen Boden. Es wär am besten, du tätst es ihm nachmachen! Sag ja, Michel, und ich hilf dir dazu." Wortlos schüttelte der Alte den Kopf. „Schau, Michel, nimm Vernunft an!" Purt scheller legte dem Simmerauer den Arm um die Schulter. „So a Berg wann er amal 's Lau fen anfangt, gibt kein' Fried nimmer, eh net alles drunten is. Sei gscheid, Michel, fang 's Ausräumen an, und drunten baust dir wieder. Von mir kriegst den Baugrund. Für a Ver geltsgott und an Schoppen Tiroler. Dem Purt- i'cheller kommt's auf a lnmpigs Tagwerk net an Zum Bau gib ich dir tausend Mark auf ewige Hypothek. Geh her, Alter, schlag ein!" „Dank schön, Herr Purtscheller! Sö meinen 's gut. Aber der Michel muß bleiben. Der kann net furt." „Was der Gaßner fertig bringt, wird auch bei dir noch möglich sein." Der Simmerauer fuhr sich mit langsamer Hand über das weiße Haar. „Der Gaßner! Der kann leicht ausräumen. Der kann sich leicht an anders Heimatl suchen. Aus der Fremd is er Herzogen und hat sein Häusl kauft vor vier zehn Jahr. Der hat sich noch gar net einglsbt drein! Aber ich? Ich bin angwachsen. Mein Vater, mein Ahnl und Nrahnl is schon giessen an dem Tisch, wo ich heut noch sitz. Da bin ich Kind gwesen, da hab ich mein Kalherl heim« gführt, da hab ich Glück und Sorgen übertaucht, bis aus'm lustigen Micherl langsam der alte Michel worden is mit weiße Haar. Und ich soll furtkönnen? Na, lieber Herr! Jeder Stein am Häusl is a Stückl von mir, jeder Span an der Tür, an Tisch und Bank is lebendig? Holz und hat Wurzeln in meiner Seel. Mein Häusl bin ich! Und mein Häusl is alles, was ich hab. Sonst hab ich nix. Und wann sich der Mensch auf'n Schrägen legt und macht d' Augen zu? A bißl was muß er überlassen für seine Kinder. Sonst is sein Leben für gar nix gwesen. Na, Herr Purtscheller! Ich kann net furt. Und wann's schon so sein müßt, daß der Berg mein Häusl schluckt? In Gottsnamen! Muß ich halt mit abi. Mein Häusl und ich, wir zwei halten z'samm." Ein Knirschen quoll aus der Erde. Neben den beiden öffnete sich eine braune Spalte, wäh rend der Rasen unter ihren Füßen sich senkte und in langsames Gleiten geriet. „Da! Er laust schon wieder!" sagte der Sim merauer ruhig, ohne sich von der Stelle zu rühren. Pursicheller war bleich geworden Und hatte im ersten Schreck einen Svrung gemacht, wie ein« Katze, der man kaltes Wasser über den Pelz gegossen; während er nach einem sicheren Fleck suchte, kam die laufende Erde schon wieder in Stillstand. „Ich dank schön", stammelte er, „da is an ungnts Bleiben!" „Sind S' erschrocken, gelt? Im Anfang is mir's auch so gangen. Jetzt bin ich gwöhnt dran." Michel lauschte. Von einem nahen Ge- häng, das hinter verwüsteten Haielmißstauden verborgen lag, klang der Hall schwerer Schläge. „Hören S' ihn, wie er drauf los schafft? Dös is mein Bub!" „Is denn der MatheS daheim?" „Ja! Den hat mir der liebe Herrgott gschickt. Gestern haben ff ihn auslassen von die Manöver, am Abend is er dagwesen. Sein Klaus Röckl, ja, aber d' Nniformhosen hat er nimmer abi bracht. Gleich hat er's Arbeiten angfangt. Die ganze Nacht hat er gschafft. Und 's Madl Kat ihm gholfen." Ein Schimmer müder Freude huschte über das verhärmte Gesicht des Alten. „Mein Vronerl! An der is a richtig? Manns bild verloren gangen. Die ander, freilich, die ander — Gott gib ihr die ewige Ruh, die hat mir viel Sorgen gmacht." Er wischte mit dem Arm über die Stirn, wie einer, der sich den Schweiß abtrocknet. Drüben über dem Tal hatte dis steigende Sonne den Weg in die schattigen Felswände ge funden, und einzelne Schrofen tauchten gleich
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)