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Gartenbauwirtschaft
- Untertitel
- deutscher Erwerbsgarten ; Berliner Gärtner-Börse ; amtl. Zeitung für d. Gartenbau im Reichsnährstand u. Mitteilungsblatt d. Hauptvereinigung d. deutschen Gartenbauwirtschaft
- Verleger
- [Verlag nicht ermittelbar]
- Erscheinungsort
- Berlin
- Bandzählung
- 45.1930
- Erscheinungsdatum
- 1930
- Umfang
- Online-Ressource
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 2Zf4 (G)
- Vorlage
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek der Technischen Universität Berlin, Deutsche Gartenbaubibliothek
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id490717721-193000008
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id490717721-19300000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-490717721-19300000
- Sammlungen
- LDP: Deutsche Gartenbaubibliothek
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Gartenbauwirtschaft
-
Band
Band 45.1930
-
- Ausgabe Nr. 1, 2. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 2, 9. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 3, 16. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 4, 23. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 5, 30. Januar 1930 -
- Ausgabe Nr. 6, 6. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 7, 13. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 8, 20. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 9, 27. Februar 1930 -
- Ausgabe Nr. 10, 6. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 11, 13. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 12, 20. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 13, 27. März 1930 -
- Ausgabe Nr. 14, 3. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 15, 10. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 16, 17. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 17, 24. April 1930 -
- Ausgabe Nr. 18, 1. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 19, 8. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 20, 15. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 21, 22. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 22, 29. Mai 1930 -
- Ausgabe Nr. 23, 5. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 24, 12. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 25, 19. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 26, 26. Juni 1930 -
- Ausgabe Nr. 27, 3. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 28, 10. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 29, 17. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 30, 24. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 31, 31. Juli 1930 -
- Ausgabe Nr. 32, 7. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 33, 14. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 34, 21. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 35, 28. August 1930 -
- Ausgabe Nr. 36, 4. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 37, 11. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 38, 18. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 39, 25. September 1930 -
- Ausgabe Nr. 40, 2. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 41, 9. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 42, 16. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 43, 23. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 44, 30. Oktober 1930 -
- Ausgabe Nr. 45, 6. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 46, 13. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 47, 20. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 48, 27. November 1930 -
- Ausgabe Nr. 49, 4. Dezember 1930 -
- Ausgabe Nr. 50, 11. Dezember -
- Ausgabe Nr. 51, 18. Dezember 1930 -
- Ausgabe Nr. 52, 25. Dezember 1930 -
-
Band
Band 45.1930
-
- Titel
- Gartenbauwirtschaft
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Lin Kreuz auf fremder Erde Zum Gefallenen-Gedenktag — eine Erinnerung, Von Georg Wagener Ern Kriegstagebuch sollte es werden. Lose Blätter sind es geblieben. Notizen ohne Zu sammenhang, flüchtig hingeworfen im Quartier und in der Stellung. Der augenblicklichen Stimmung entsprungen, erzählen sie von Freud und Leid. Doch die Freude überwiegt, denn das andere war ja Alltag des Krieges. Es schien des Aufzeichnens nicht mehr wert. Ein Wort spricht vom Schicksal mancher, die nicht wiederlamen. Heute, da wir im ganzen Lande an unsere Toten aus dem Kriege denken, blättere ich in diesen losen, ein wenig zerfetzten Papieren. Ich finde eine Notiz: „Firmenich gefallen." Sie erzählt von einem Schicksal unter vielen. Doch die beiden Worte haben eine besondere Bedeutung für mich: Er war mein Freund, mein guter Kamerad. Ein Mensch, der helfen mußte, wo er Hilfsbedürstigkeit sah. Und des halb fiel er auch. Er war nicht das, was man in der Garni son einen girten Soldaten nannte. Beim Waf fenappell fanden sich sicher Flecke an seiner Armeepistols, doch der Feldwebel kniff stets das gesunde Auge zu, wenn er zu Firmenich kam, und hielt den Lauf vor das gläserne, um den Rost nicht zu sehen, der ihn zur Meldung gezwungen hätte. Auch der Leut nant schien nichts davon zu ahnen, daß der Schütze Firmenich Brot und Wurst für sich «und die anderen vom Gewehr 6 in den Pa tronenkästen trug, wenn hinter der Front Felddienstübungen angesetzt waren. Doch das eine wußten wir alle: Auf dem Marsch, im Feuer, in Stellung war er der beste Soldat in der Kompagnie. Damals im Winter kamen wir auf dem Vormarsch durch die Venetianischen Alpen die Piave hinunter. In der Nacht bezogen wir in einem Dorfe am Berghang Quartier. Der Ort war verlassen, doch auf dem offenen Herd des Hauses, in das unser Gewehr gelegt wurde, brannte noch die Glut. 'Eng um die Wärme gedrängt legten wir uns zum Schlafen, zu müde, um nach dem langen Marsch noch ans Essen zu denken. Im Morgengrauen weckte uns der Hunger. Wir hängten die Kochgeschirre ans Feuer, um Kaffee zu kochen. Unsere Brotbeutel waren fast leer. Ein Stück italienischen Weißbrotes, sonst nichts. Da stand Firmenich auf: „Es wird schon noch etwas zu essen im Hause sein." Wir ließen ihn allein suchen, denn wir wußten: War etwas vorhanden, so fand es Firmenich. Nach zwei Minuten schon kam er zurück. „Verdammt wenig!" sagte er und zeigte uns eine Blechbüchse. „Zucker! Wir haben wenig stens süßen Kaffee zum trockenen Brot." Er hockte vor dem Herde nieder und wollte den so seltenen und begehrten Zucker in sieben gleiche Häufchen teilen. Da stutzte er. Dis Tür ging auf. Sie öffnete sich nur spaltbreit. Ein Auge voller Angst blickte herein. „Entrate!" rief einer unter uns, den wir für -einen Gelehrten hielten, weil er in jedem Lande nach zwei Wochen schon ein paar Sprachbrocken kannte. Eine junge Fran schob sich langsam und zögernd herein. Auf dem Arm hielt sie ein Kind. Es mochte ein Jahr alt sein. Sie sah sich ratlos im Raume um. Ihr Blick irrte von einem der fremden Soldaten znm anderen. Sie sagte etwas, das wir nicht verstanden, und wir wuß ten doch, was sie Meinte: „Ich bin hier zu Hause." Plötzlich weiteten sich ihre Augen. Sie sah dis Zuckerbüchse in Firmenichs Hand. Sie stürzte darauf zu und stand zitternd vor un serem Kameraden. „Zucchero", bat sie, „zuc- chero per mio bambino!" Es war der Zucker für ihr Kind, den Firmenich gefunden hatte und verteilen wollte. Sie tat uns leid in ihrem Jammer, und doch dachte wohl ein jeder unter uns das gleiche. Firmenich sprach es aus: „Warum seid Ihr denn überhaupt fortgelaufen? Wärst Du hier geblieben Mit den anderen Leuten, dann hätten wir Deine dumme-Zückerbüchse gär nicht gefunden." Die junge Fran nickte «in paarmal ein ergebenes „Si, si", als hätte sie den Vorwurf des deut schen Soldaten verstanden. Doch daun bat sie wieder: „Per mio bambino!" Da drückte ihr Firmenich die Büchse in die Hand: „Da, nimm Deinen Zucker!" Er stand rasch auf, weil die Frau seine Hand küssen wollte: „Laß den SIE Vux Der Zirkusroman von Aans Possendorf Copyright by Knorr L Hirth, G.m.b.H., München (10. Fortsetzung) Beim Umzug hatten natürlich alle Artisten und Bereiter und alle dafür geeigneten Tiere mitzuwirkeu. Von Buxens Tieren war aller dings nur Brahma dazu geeignet. Anton und Gretchen waren zu schwerfällig für so lange Märsche. Ali und Mohrchen waren bei der Großartigkeit dieses zwei Kilometer langen Zuges nicht repräsentabel genug. Judith, Teddy und Moritz kamen als „gemeingefähr lich" natürlich nicht in Frage. In den Straßen staute sich bereits eine nach Tausenden zählende Menge, und der Zug stand schon längst in Marschorduung auf dein Zirkusgelände bereit, als Direktor Kreno mit seiner Gattin aus seiner luxuriösen fahrbaren Wohnung trat. Wie ein Adjutant zu seinem General sprengte Oberregisseur Nuperti auf einem der Schulpferde des Zirkus, einem feuri gen Lipizzaner, im Galopp heran. Er trug eleganten dunklen Reitdreß, auf dem Kopf den spiegelglatten Zylinder, im Auge das unver meidliche Einglas. „Alles fertig zum Abmarsch, Herr Direk tor!" meldete er. Direktor Kreno und seine Gattin bestiegen die mit vier prachtvollen Apselschimmeln be spannte Equipage, denn sie nahmen stets an dem Umzug teil. Auf dem Bock thronte, die Zügel in den Händen, Oberstallmeister Sie bert; neben ihm saß in Lakailivree ein dunkel- häutiger Abessinier. Noch ein paar Augenblicke blieb der Direk tor aufrecht im Wagen stehen und schaute zurück auf die unabsehbare Masse von Men schen und Tieren, — warf einen Rundblick über das große Terrain. Was mochte er wohl dbnken bei diesem Anblick? Mußte es nicht ein berauschendes Gefühl für ihn sein, daß alle diese Zelte, Wagen, Autos, diese Hunderte von Pserden, diese Herden von Elefanten und Kamelen, diese Käfige voll von Tigern, Löwen, Bären, Leoparden, dieser ganze ungeheure Tier park, diese Magazine voll von Kostümen und Requisiten, — daß dieses ganz phantastische Märchenreich ihm ganz allein und ganz persön lich gehörte! — noch mehr: daß er es im Laufs der Jahre aus den, allerkleinsten Ansän ¬ gen heraus, sozusagen aus nichts und mit nichts ausgebaut hatte! Aber' was Direktor Kurt Kreno dachte, das sah man seinem unbewegten Gesichte niemals an. Nur eines sah man ihm an: daß diesen scharf und schnell blickenden Augen nichts entging, — daß man ihm nichts, aber auch gar nichts vormachen konnte. Nun gab der Direktor das Zeichen zum Abmarsch. Das große Blasorchester, das auf einem mächtigen sechsspännigen Prunkivagen mit stufenförmig angeorvuetcn Sitzen unterge bracht war, stimmte einen flotten Marsch an. Die drei Spitzenreiter, in der Tracht mittel alterlicher Ritter, setzten ihre schweren Gäule in Bewegung; und gewichtig schob siS der kaum endenwollende bunte Zug zum Haupt- portal des Zirkus hinaus in die Straßen der Stadt. Da gab es Elefanten und Kamele, Büffel und Zebras, Lamas und zahme Leoparden, Pferde aller Rassen, Farben und Größen bis zu den kleinsten Zwergponys herab. Schulreiter und Schulreiterinnen in roten und schwarzen Fräcken, Jockeireiter und -reiterinnen in bunten Seidenblusen, Cowboys und Cowgirls mit Pistolen und Lassos, Wagen mit Indianern und Negern, Wagen mit Spanierinnen und In derinnen, Trupps von Chinesen und Arabern, Bereiter in der Tracht römischer Gladiatoren, je auf zwei Pferden zugleich stehend, Tscher- kessen aus dem Kaukasus, Clowns und dumme Auguste in den tollsten Kostümen, die Feuer wehr des Zirkus Kreno mit blitzenden Messing- Helmen, auf den Spritzen- und Schlauchmagen sitzend . . . Brahma schritt, von dem auf -seinem Kopf sitzenden Dhakjee sicher gesteuert, gravitätisch in der Mitte des Zuges. Auf seinem Rücken trug er, von einer Purpurschabrncke unterlegt, einen goldenen, mit bunten Steinen besetzten Thron, und auf diesem saß, in seidene Gewän der gehüllt und mit Edelsteinen geschmückt, eine blutjunge Märchenprinzessin, — reizend anzuschauen, wenn auch das Stupsnäschen Cilly Berndts nicht recht zu einer Inderin passen wollte. Gleich dahinter aber schritt, die höchste Spitze des Zuges bildend und alle, selbst Cilly auf Brahma überragend, der größte Clown der Welt, — der größte im wahrsten Sinne des Wortes: Bux in seinem üblichen Clown kostüm, aber auf ungeheuren, von weiten Hosen verdeckten Stelzen, einen mächtigen Spazierstock in der Hand« Quatsch!" Wir tauchten unser trockenes Brot in den bitteren Kaffee. In einer Ecke lagen ein paar Decken. Die Italienerin setzte ihr Kind darauf und füllte ihm den schmutzigen Zeuglappen, an dem es saugte, mit neuem Zucker. Dann sah sie uns alle an. In ihrem Blick lag Vertrauen. Sie sagte etwas von „latt-e" und „vacca". Unser Gelehrter erklärte uns, sie wolle anscheinend eine irgendwo versteckte Kuh melken und Milch holen. „Si, si", versuchten wir, ihr mit un seren sämtlichen Kenntnissen ihrer Mutter sprache verständlich zu machen, daß sie ihren „bambino" ruhig in unserer Obhut zurück- lassen könnte. Sie ging. Wir hatten geglaubt, hier im Dorf außer halb der Reichweite der wenigen italienischen leichten Geschütze zu sein, die der Feind nach dem Durchbruch über die Piave gerettet hatte. Doch plötzlich verriet uns dumpfes, gurgelndes Heulen über uns, ein Einschlag weit hinten am jenseitigen Berghang, daß die Gerüchte voir den eingebauten englischen Schiffsgeschützen drüben keine Sage waren. Gleich darauf schrillte die Alarmpfeife des Kompagnieführers durch die Straße. Wir warfen Koppel und Tornister über die Schulter, packten das Gerät und rannten aus dem Hause. An einer Straßenecke stand unser Leutnant und wies mit der Hand hinter sich. „Hinter der Bodenwelle sammeln!" brüllte er uns zu. Im Laufen sahen wir, daß die Einschläge mit großen Sprüngen dem Dorfe näher kamen. Da packte mich eine Faust an der Schulter. „Mensch!" schrie mir Firmenich ins Gesicht. „Wir haben das Kind vergessen." Das Kind, in der Ecke dort im Hause, dessen weißer An strich weit in die Ebene hinaus leuchten mußte als markantes Ziel für den Feind! Wir stan den still. Doch im nächsten Augenblick warf mir der Kamrad den Tornister auf meinen eigenen, das Koppel über die Schulter und rannte zurück. Ich lief hinter den anderen her. Dann lagen die Einschläge mitten im Doorf. Wir sahen hinter ^Unserer sicheren Bodenwelle, die von keinem Flachbahngeschoß erreicht wer den konnte, die Fontänen in. die, Luft sprühen,, zersprengte Häuser, deren Trümmer'prässelnd die Dächer der anderen durchschlugen. Und Firmenich fehlte! Wir fanden ihn eine Viertelstunde später, als die Engländer aus unserer Straße einen Trümmerhaufen gemacht hatten und das Feuer einstellten. Er kauerte an einer Hausmauer, an der er Deckung gesucht hatte. Mit seinem Körper schützte er das Kind in seinen Armen« Doch sein Rücken war 'zerfetzt, die Brust von innen aufgerissen, und der Splitter hatte noch das Kind getötet. Der Tod war für beide schmerzlos gewesen in seiner urplötzlichen Ge walt. Wir legten ihn mit dem Kinde in eine Zelt bahn, denn seine starren Arme hielten es fest. Am Hang, wo wir ihn vor Einschlägen sicher wußten, gruben wir ein Grab. Wir wunderten uns nicht, daß die Mutter plötzlich neben uns stand, tränenlos, die starren Augen auf das Bündel unter der grauen Leinwand gerichtet. Dann ließen wir beide in die Grube hinab und schaufelten die Erde über sie. Wir setzten das Kreuz, das aus der Füllung einer zer trümmerten Tür roh zusamm-engeschlag-en war. In ungelenken Buchstaben, mit dem Messer eingeschnitzt, stand der Name unseres Kamera den darauf: „Heinrich Firmenich." Die Mütter sah uns wortlos zü. Doch' als das Kreuz über dem Grabe ragte, bat sie um etwas, das wir nicht verständen. Aber) ünser Gelehrter wußte, was sie wollte. Er - gab ihr sein Messer, und sie schnitt zitternde, schiefe Buchstaben unter den Namen des Kameraden: „Pepino." Ich wüßte gern, ob das Kreuz dort auf der Höhe in fremder Erde noch ragt! Der Führer der indischen Freiheitsbewegung Gandhi war klug genug, seinem Freiheits feldzug — „Ungehorsamkeitsbewegung" wird sie von den Engländern genannt — eine Mahnung zu Verhandlungen an den Vizekönig von Indien vorangehen zu lassen. Wenn es dem Vizekönig nicht möglich sei, ein Mittel zu sindcu, das den Verzicht auf die unvermeidlich gewordene 'Aktion»ermögliche, so beabsichtige Gandhi, am .11. Marz den Kainpf aufzunehmen. DerVize- könig hat auf. das Schreiben Gandhis lediglich mit dem Hinweis geantwortet, daß die Aktion ganz unzweifelhaft auf eine Verletzung der Ge setze und eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe hiuauslanfen müsse, und inzwischen Gandhis rechte Hand, Vallabhai Patel, verhaftet- Eng land scheint also dis Absicht zu haben, dis Be wegung nicht durch Verhandlung, sondern durch Seine schon von weither sichtbare Erschei nung erregte überall erst Verblüffung und dann wahre Stürme von Heiterkeit. Ihm selbst aber war nicht so heiter zu mute: „Zweiundeinhalbe Stunde!" dachte er. „Meine armen BeinMuskeln!" Doch daun tröstete er sich damit, daß es ja eine weise Vorsehung im Interesse von stelzenlaufenden Zirkusclowns so gefügt hatte, daß nicht alle Städte auf der Welt so groß wie Wien, und die kleinen Orte, wo die Umzüge nur eins Stunde di'isrten, bei weitem in der Mehrzahl waren. - 2. Drei Wochen lang ist Zirkus Kreno in Oesterreichs Hauptstadt geblieben, und obwohl Wien durchaus nicht als „leichte Zirkusstadr" gilt, ist das Geschäft ausgezeichnet gegangen. Doch nun steht der Winter vor der Tür, dir Abende sind schon so kühl, daß man um alle Raubtierwagen Zelte bauen muß. Es wird Zeit, sich in das heimatliche Stand- und Win terquartier nach M. zu begeben. Aber zwei Plätze, die am Reisewege liegen, will man doch noch mitnehmen: Linz und Salzburg. Herr Schmöller, der Geschäftsführer, ist natürlich schon längst dorthin vorausgefahren, um die „Städte festzumachen", das heißt: um das geeignete Terrain zu finden, es zu mieten und in den stets unendlich aufreibenden Ver handlungen mit den Behörden Spielerlaub nis, Steuerfragen und viele andere Dinge zu regeln. — Linz und Salzburg kann man nur je vier Tage „halten", mehr geben diese Orte nicht her. Am 31. Oktober ist die letzte Vor stellung in Salzburg, und unter einem wolken- bruchartigen Dauerregen, der alle zur Ver zweiflung bringt, wird noch in derselben Nacht abgebaut. Friedenthal ist einer der wenigen, der die Laune nicht ganz verliert. Solchen Kummer ist er seit einem Vierteljahrhundert gewöhnt. Alle Augenblicke bleiben Autos und Traktoren in den ungeheuren tiefen Schlamm pfützen stecken, -und der Inspektor schimpft im Scherz auf einen so rückständigen Zirkus, der zum Abschleppen der Wagen noch nicht ein mal eine Motorboot-Flottille habe. — Als am anderen Morgen gegen acht Uhr Transportzug Nr. 2, mit dem auch Bux und ' Benson reisen, endlich die erste deutsche Station, Freilassing, erreicht, ist dem Mulatten vor Angst ganz übel: Der kritische Augenblick ist da, wo Bux möglicherweise verhaftet werden wird. Der amerikanische Generalkonsul in Neapel hatte ja gesagt, daß ein Antrag aus Verhaftung am zweckmäßigsten in Deutschland zu stellen sei- nm Buchsbaum bei seiner ersten Wiedereinreife in sein Vaterland zu sassen. Das ist nun schon über fünf Monate her, und in der Zeit kann längst alles vereinbart und vorbereitet sein. Zwar spielt bei Benson auch die Reue über seine Tat eine gewisse Rolle, aber weit größer ist die Furcht vor Bux. Er sieht schon rm Geiste, wie sich Bux, bevor er den Polizei- beamten folgt, noch 'einmal mit all seiner Kraft losreißt und ihn, Benson, ni-eder-schlägt, er würgt, erschießt! So hat es Benson vorgezogen, sich schon in Salzburg in einem Pserdewagen unter einen Haufen Stroh zu verkriechen, nachdem eine anonyme Warnung, die er in Salzburg irgend wo auf einer Schreibmaschine getippt und durchs Fenster in den Wagen des Clowns praktiziert hat, Bux wohl nicht erreichte. Doch Benson irrt: Bux hat den Zettel mit der Aufschrift: ^vo'nt «ross tke Oorinan krontior! Von will bs srr«ts!" („Ueberschrei- ten Sie nicht dis deutsche Grenze! Man wird Sie verhaften!") wohl gefunden. Aber er hat keinen Augenblick daran gedacht, der War nung Folge zu leisten. Er kann doch nicht sein ganzes Leben lang seinem Vaterland fern bleiben! Und wenn er diesem Mißgeschick in folge der Denunziation dieses schüftigsp Benson nicht entgehen kann, dann ist es besser, es so schnell wie möglich durchzumachen. Dennoch hat Bux noch in der Nacht lange Briefe an feine Eltern und an Cilly mit Er klärungen und Anordnungen geschrieben und bereitgelegt. Daß sein« Stimmung bei der Einfahrt in den Bahnhof Freilassing sehr rosig ist, kann man nicht erwarten. Er ist zufrieden, daß ihm Benson nicht zufällig unter die Augen kommt, denn er weiß nicht, ob er sich "be herrschen könnte, wenn das Mulattengesicht jetzt vor ihm auftauchte. Er zerbricht sich auch wieder den Kopf, von wem wohl die Warnung stammen könne, und ahnt natürlich nicht, daß sie von Benson selbst kam« * Doch Weber in Freilassing noch sonstwo ist Willibald Buchsbaum verhaftet worden. Mit allen anderen hat er das Standquartier M. erreicht. Alle Artisten und ein großer Tc!l deck übrigen Personals sind schon längst, pro korms zum 31. Oktober gekündigt worden. Nun erhebt sich die große Frage, -ob man ein anderes Engagement suchen soll, was im Winter wenig
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