Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummer». Pränumeration--Preis 22 j Sillergr. THIr.) oiertittährlich, r Thlr. sür da- ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preukischen Monarchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Bertin bei Veit u. Como., JägerstraSe Nr. 28), so wie von allen König!. Bost-Rennern, angenommen. Literatur des Ausl und es. 87. Berlin, Sonnabend den 20. Juli 1844. Java. Aus dem Tagebuchc eines Deutschen aus Java, l- Batavia. Die Hallen liegen nieder — die Garten sind zerstört. Uhl and. Batavia liegt einige tausend Schritt von dem schlammigen Seestrande entfernt in einer wiestgen Fläche, welche ringsum von Morästen und unter Wasser stehenden Reisfeldern umgeben ist. Ein sehr langer Kanal, der von einer doppelten Reihe starker Pfahl- und Mauerwerke gebildet wird und ziem lich weit in die See hinausläuft, gewährt die Einfahrt nach der Stadt: ihn muß jeder Reisende, welcher Batavia besucht, passiren. Das Bild der nächsten Umgebung dieses Kanals (^eelroeM genannt) be rechtigt zu äußerst geringen Erwartungen. Der Anblick ist traurig und öde. An dem Pfahlwerk, welches hier und dort von dem beständigen Anströmen der Brandung bedeutend gelitten hat, kleben Austern und grüne Scepilze, die großen Nägel, welche eS zusammenhalten, verrosten und fallen ins Wasser: kurzes, vertrocknetes Gras und krüppeliges Unterholz bedecken das Land zu beide» Seiten, — eine vereinzelte Strand-Batterie, mit deren Aufbau man beschäftigt ist, und hier und dort eine ärmliche Hütte von Bambus sind die einzigen Spuren menschlicher Nähe. In dem schmutzig grünen Wasser des Kanals liegen in langer Reihe die kleineren Küstenfahrzeuge und chinesischen Zischerböte vor Anker — hier und dort ein schlank gebautes Kreuzboot, welche die Negierung gegen Seeräuber auösendct. Erstere sind schmutzig und kahl und verfaulen — grüner Schlamm wuchert auf dem Holzwerk. Vom Deck starren drei oder vier malapische Matrosen mit javanischen Stroh-Zigarren im Munde in gleichgültiger Ruhe die vorbeirudernden Boote und Prauen an — geflochtene Strohsegel liegen zum Trocknen in den Strahlen der Sonne auSgcbreitet — ein Lampongschcr Affe ergötzt sich mit Klettern und Zähne fletschen in dem ärmlichen Tauwcrk — dann und wann passirt eine Prau ober kleines Fahrzeug mit Waarcn, um sie an Bord der Schiffe zu bringen, welche auf der Rhede in Ladung liegen — ein schmales Canu, mit Früchten, Papa, geien und Affen beladen, womit der Besitzer nach der Nhcde hinausfährt, um damit Handel zu treiben — ein einzelnes Schiffsboot, welches unter dem monotonen Gesänge der malayischcn Bootsleute an langen Tauen nach Art der holländischen Ziehschutcn längs der Pfahlwerke gezogen wird; — solchergestalt ist der erste Eindruck, welchen Batavia auf den Fremdling hervorbringt. Die jetzige Stadt Batavia besteht aus einigen wenigen, aber ziemlich regelmäßig gebauten Straßen. Die Häuser sind meistens weiß »»gestrichen und beinahe ohne Ausnahme zwei Stockwerke hoch. Verschiedene, durch Mauerwerk cingehegtc Kanäle durchschneidcn die Stadt nach verschiedenen Richtungen, aber das Mauerwerk fällt stellenweis in Stücken und stürzt in den dunkelschlammigen Fluß hinab, der lautlos vorübcrzieht. — Einzelne hochgewölbte Brücken verbinden die verschiedenen Straßen und gestatten den unten passirenden Fahrzeugen und Böten aller Art den Durchzug. Die ansehnlichste und bedeutendste Straße der Stadt ist die am sogenann ten „großen Fluß", wenngleich auch dieser große Fluß nichts mehr und nichts besser ist, als seine geringeren Gefährten, ein seichter, schmutziger Kanal, der nur während der Regenzeit zu einem rascheren Laufe anschwillt. Er bildet die Mitte dieser Straße, so daß dadurch eigentlich zwei Straßen entstehen, jede mit der Front nach dem Wasser zugekchrt. Sie find ziemlich breit, aber ungepflastcrt, so daß während der Regenzeit ein dicker, beinahe undurchdring licher lehmiger Schmutz dieselben bedeckt. Die Geschäfts-Lokale der Faktorei der niederländischen Handels-Gesellschaft und der angesehensten KaufmannS- häuser Batavia s drängen sich hier dicht an einander. Längs der Häuserreihe lausen breite Trottoirs und regelmäßig gepflanzte Baumrcihen, welche den Weg beschatten; — hart am Strande des Flusses ziehen sich in langer Linie die sogenannten Loodsen hin. Dies sind mit Ziegel gedeckte Schauer, ge tragen von hölzernen Pfeilern, welche dazu dienen, um die Waaren, welche hier täglich empfangen oder verladen werden, vor plötzlichen Regenschauern zu schützen. Die Fahrzeuge, womit die Waaren vom Bord der Schiffe geholt oder dahin gebracht werden, heißen Prauen; sic können auf dem bereits öfter erwähnten Kanal bis vor die Speicher der Kaufleute Vordringen und werden dort durch Culis oder Tagelöhner unter den Augen der Eigcnthümer entlöscht oder verladen. Die Häuser sind in dieser Gegend der Stadt groß und massiv gebaut. Wenn man Hineintritt, so findet man geräumige Säle und ausge streckte Räume, wo Waaren und Probuktc auS allen Theilen der Welt auf gestapelt liegen. Die Gemächer sind hoch und luftig; über den Thüren und Fenstern sicht man künstliches Schnitzwerk mit einer jahrelangen Staubkruste bedeckt, worunter noch hier und dort die Spuren früherer Vergoldung hervor schimmern. denselben Schmuck tragen die Treppengeländer. Der Fußboden ist belegt mit rolhen gebackenen Fliesen, und mächtig große Glasthüren führen auö einem Gemach ins andere. Alles spricht hier von vergangener Größe — die gute alte Zeit blickt dem Beschauer aus der Vergoldung und dem zierlichen Schnitzwerk entgegen, denn in diesen Räumen wohnten und weilten vor Jahren die Holländer der guten alten Zeit, die weißbepuderten Kaufherren der Ostin dischen Compagnie, deren Schiffe den Ocean nach allen Richtungen befuhren, die Holländer aus jenen Tagen, wo dcr unermeßliche Handelsverkehr dieses kleinen Ländchens es zum Stapclplatze der ganzen Well machte, wo Fürsten und Könige zitterten vor dcr Macht holländischer Bürger. Doch die große Zeit ist vorbei — Jahre sind in rascher Folge darüber hinweggccilt und haben mächtige Veränderungen mit sich gebracht. So auch in Indien. Da, wo früher jene großen Kaufleute lebten und dachten, im stolzen Bcwußtsepn ihrer Macht — lagern jetzt nur Waarcn-Stapel — Zucker, Kaffee, Reis zu Bergen aufgethürmt. Die hohen Gemächer sind zu Speichern und Waarcn-Nieder lagen umgestaltet; die vergoldeten Zicrrathen, worauf die Eigner oft mit Stolz geblickt haben mögen, find verstaubt und schämen sich dcr Gegenwart, dcr Holzwurm zerfrißt sie, und Spinnen umwcben sie ungestört; die großen Flügclthüren verrosten in ihren Angeln, und nur während weniger Stunden des Tages schallt menschlicher Schritt und menschliches Leben in diesen öden Räumen wieder. Batavia ist in neuerer Zeit, hauptsächlich in den letzten 28 Jahren, gänz. lich von Europäern verlassen. Die ganze Bevölkerung hat sich einige englische Meilen landeinwärts nach Weltevreden gezogen, und nur die Geschäfts-Lokale der Kaufleute und ein geringer Theil dcr BüreauS der Regierung rufen einen Theil der europäischen Bevölkerung in den Stunden von acht Uhr Morgens bis fünf Uhr Nachmittags dahin zurück. Man lernte allmälig einsehcn, daß die ungesunden Ausdünstungen der vielfältigen Kanäle und Flüßchen, welche Batavia durchschneidcn, und besonders des schlammigen Secstrandes und der umlicgcnden Rcisfelvcr nicht anders als schädlich aus die Gesundheit der Be wohner einwirkcn konnte, und cs wurde von Seiten der Regierung auf Mittel gesonnen, diesem Uebelstande so viel wie möglich abzuhelfcn. Die Kanäle und Gräben, welche man nicht zum Verkehr unumgänglich für nothwendig hielt und worin stehendes Schlammwasser ost in den brennenden Strahlen dcr indischen Sonne in Fäulniß überging und die Lust verpestete, wurden zuge worfen. Der größte Theil der BüreauS dcr Regierung, so wie sämmtliche Kasernen und Offiziers-Wohnungen, wurden nach Weltevreden verlegt, und nur die nöthigsten BüreauS, welche nicht entfernt werden konnten, blieben in Batavia. Zu diesen gehören das Zoll-Büreau, die auSgebrciteten EntrepütS und Speicher dcr Negierung und die Polizei-BüreauS. Allmälig folgte auch die Bevölkerung diesem Beispiel; man zog sich mehr und mehr von dem Sce- strande zurück, neue Gegenden entstanden in der Nähe von Weltevreden, Häuser wurden gebaut, und auf diese Art entstand Weltevreden, Rpswpk, Noordwpk, Tanabang, Cramat und andere Viertel der neuen Stadt, welche jetzt ein großes Ganze bilden, während Batavia allmälig gänzlich verlassen ward, so daß schon seit Jahren kein Europäer mehr während der Nacht sich innerhalb seiner Ringmauer aufhält. Einen besonderen Theil der jetzigen Stadt Batavia bildet das sogenannte chinesische Camp, d. h. das von der Regierung ausschließlich dieser Nation angewiesene Stadtviertel. Wenngleich sich auch zwischen den europäischen Häusern dcr Stadt einzelne von Chinesen bewohnte Häuschen und Läden ein- gedrängt haben, so ist die Zahl dieser doch im Vcrhältniß zu der großen Masse nur sehr gering. Das chinesische Camp liegt in unmittelbarer Nähe deö be reits erwähnten großen Flusses und erstreckt sich in unabsehbarer Ausdehnung in nicht großer Entfernung vom Secstrande hin, ES besteht aus Tausenden und aber Tausenden kleiner Häuser und Häuschen, die, eng auf einander ge preßt und gleichsam in einander verwachsen, ein Labyrinth von Gängen, Straßen und Häuscrgewirrc bilden, worin sich nur sehr wenig Europäer zu recht zu finden wissen und welches von vielen Tausenden dieser indischen Juden bewohnt wird. Hunderttausende von Chinesen find auf dcr ganzen Insel ver lheilt, von denen gewiß ein sehr großer Theil auf Batavia und die Umgegend zu rechnen ist. Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich die Zahl der in dieser Gegend ansässigen auf 40—80,000 anschlage. Auch das chinesische Camp wird von einer Menge Gräben und Kanäle durchschnitten. Die Hauser