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auch eine Papiermühle. Er starb 1525, doch erschienen auch nach seinem Tode bis 1528 mehrere Werke aus seiner Offizin unter seinem und seiner Witwe Namen. Die im Verlage von Haller in Krakau oder im Auslande gedruckten Werke sind gewöhnlich durch einen Holzschnitt, der die Wappen von Polen, Litthauen und der Stadt Krakau darstellt, versehen. Obgleich Haller seine Drucke sehr lobt, so gehören sie doch nur zu den mittelmäßigen und sind sehr inkorrekt. Haller hatte mehr seinen Vortheil als den der Literatur im Auge; die Lob sprüche, mit welchen ihn die damaligen Gelehrten überschütten, haben wohl größtenteils darin ihren Grund, daß der „humsui^imur, vir er tanwr" ihnen eine Kleinigkeit für ihre Manuskripte zahlte. Polnische und slawische Bücher aus seiner Offizin, deren Starowolski erwähnt, find bis jetzt nicht aus gefunden worden. So wurden in Polen in den ersten fünfzig Zähren nach Erfindung der Buchdruckcrkunst polnische Bücher gar nicht gedruckt. Da nur Werke religiösen Inhalts damals ans Licht traten, so fürchtete die Geistlichkeit, durch den Rcligionskrieg im nachbarlichen Böhme» gewarnt, daß durch die neu aufge kommene Kunst die hussitischen Lehren in Polen verbreitet und die theologischen Streitigkeiten, wenn Jedermann die heilige Schrift und deren Erläuterungen in der Muttersprache lesen könnte, und die kirchlichen Kontroversen aus dem Bereiche der Kirche und Akademie herauStrcten würden. Daher findet man anfangs nur einzelne polnische Bruchstücke cingestreut in lateinische Werke. DaS erste selbständige polnische Buch war eine nach dem Deutschen veranstal tete und von dem bekannten Drucker Hieronpmus Victor in Krakau 1521 her- ausgegebcnc llebcrsetzung der Gespräche des Königs Salomo mit Marcholt. Bandtke's Ansicht, als sey eine Lebensbeschreibung Christi das erste polnisch gedruckte Buch, ist jetzt hinlänglich widerlegt. Mannigfaltiges. — Eröffnung der ersten deutschen Gewerbe-Ausstellung. Am 15. August ist in Berlin die erste deutsche Gewcrbe-Auüstellung eröffnet worden. ES geschah zufällig am Geburtstage Napoleon's, der durch sein ge waltsames, unter dem Namen Kontinental-Spstcm bekanntes Verfahren gegen England einen indirekten Antheil an der größeren Ausbreitung der deutschen Industrie hatte, so daß der 15. August auch für letztere eine gewisse Bedeutung hat. Einst wurde dieser Tag fast in ganz Europa gefeiert; möge er diesmal für Deutschland von nachhaltigerer tiefer Bedeutung sepn! Erwägt man, daß zur ersten französischen Gewerbe-Ausstellung im Jahre 1708 nur NO Fabri kanten Arbeiten geliefert hatten, und daß erst im Jahre 1830 die Zahl der Ersteren auf mehr als 3000 gewachsen war, so wird man cs gewiß als ein vicl- verhcißcndcs Resultat anschcn, daß schon die erste deutsche Gewerbe-Ausstellung von nahe an dreitausend Industriellen beschickt worden. Preußen hat dazu freilich das Meiste geliefert, aber auch die übrigen und selbst die zum Zoll verein nicht gehörenden deutschen Staaten sind nicht zurückgeblieben. In Lem Katalog, so weit er bis jetzt gedruckt ist, sind 1013 Ausstellende (Lxpnsumx) aufgeführt, und mehr als Tausend haben nachträglich ihre Arbeiten eingcsandt, die zum Theil noch gar nicht ausgestellt und daher auch noch nicht katalogisirt sind. Es ist zu bewundern, wie die AuSstellungö-Kommission mit ihren acht Abtheilungcn in den wenigen Monaten, die ihr zur Vorbereitung und Ein richtung des Ganzen gegeben waren, dasselbe auch nur in seiner jetzigen noch nicht vollendeten Gestalt hat Herstellen können. Wer die letzte Gewerbe-Aus stellung in Paris gesehen, versichert, daß die hiesige, obwohl ihr natürlich an Großartigkeit nachstehend, doch ihr au gefälliger Forni und geschmackvoller Aufstellung nichts nachgicbt, wenn sie dieselbe au Einheit dcS Planes nicht noch übertrifft. Herr Hiltl ist in diese» Stücken ein echter, nicht leicht zu übertreffender Künstler, doch sind ihm dabei freilich die herrlichen architekto nischen Räume des Zeughauses, dieses Meisterwerkes des alten Schlüter, sehr zu Statte» gekommen. Lege» wir den Katalog, so weit er bis jetzt gedruckt, bei einer vorläufigen Betrachtung der auSgelegten Gegenstände zum Grunde, so finden wir, daß von den 1913 verzeichneten Ausstellern 1315 dem Königreich Preußen (wobei 516 aus Berlin) NU dem Königreich Bayern, 103 dem Königreich Württcm-' berg, 8 dem Großherzogthum Bade», 77 dem Königreich Sachsen, 2» deni thüringischen Staatcnvereine, N dem Fürstcnthum Schwarzburg. Rudolstadt, 14 dem Hcrzogthum Braunschweig, 10 den anhaltischen Hcrzogthümcrn, 48 dem Kurfürstenthum Hessen, 7 dem Großherzogthum Hessen, 8 dem Hcrzogthum Nassau, 7 der freien Stadt Frankfurt, 7 dem Fürstcnthum Lippe-Detmold und 2 dem oldenburgischen Fürstenthum Birkenfeld angehören, so daß hier aus dem Zollverein im Ganzen 1702 AuSstellcndc aufgefllhrt sind. Von den nicht zum Vereine gehörenden Staaten zählen in diesem ersten Theile des Katalogs Oesterreich 42 (worunter 19 in Wien), Hannover 25, Oldenburg 3, Lippe-Schaumburg I, Mecklenburg 21 und die Hanscstädte 57 (worunter Hamburg allein 46) Beitragende. Man kann wohl annehmcn, daß auch die noch nicht katalogi- sirtcn tausend Aussteller in gleichem Verhältnisse auf die verschiedenen deutschen Staaten vertheilt sepn, oder auch von einigen Seiten, wie z. B. in Baden, das bisher noch nicht richtig« Verhältniß zu den anderen deutschen Staaten Her stellen werden. " Biele Aussteller, namentlich die aus Berlin, haben eine sehr große Anzahl verschiedenartiger Gegenstände und manche an 100 bis 206 Nummern geliefert, so daß nach einem mäßigen Anschläge übcr 30,066 Arbeiten ausgestellt sepn mögen. Die vier Hauptzweige der Fabrication, nämlich die Gewebe von Leinen, Wolle, Baumwolle und Seide, finden sich auf die würdigste und voll ständigste Weise vertreten. Am augenfälligsten und glänzendsten zeichnen sich die Scidenwaarcn aus, aber auch das bescheidene Leinen hat wahrhafte Meister stücke aufzuweisen, z. B. Leinwand, deren Fäden so fein, daß sie kaum durch eine Lupe zu unterscheiden sind. Ju der Tuch-Manufaktur dürften wohl die Rheinlande und im Zeugdruck die Berliner den Sieg davontragcn. Unter den auSgelegten Stahlwaarcn haben wir zwei DamaSccner-Klingen bemerkt, vo» denen die eine 100 und die andere 200 Frdor. kostet. Der alte Blücher, dcssen eherne Gestalt mitten unter den tausend Neichthümern dcS deutschen GewerbfleißeS steht, wird sich über den Fortschritt unserer Waffen-Fabricatio» gewiß freuen, doch wir freuen uns noch mehr, daß der Frieden diese schönen Dinge fast nur für den Export anfertigt, während er unserem Kunstfleiße Ge legenheit giebt, unzählige Gegenstände des Luxus, die wir sonst aus Paris be zogen, selber und wohlfeiler als das Ausland zu liefern. Die Krieges- und Ruhmes-Hallo Friedrichs II. ist zur Friedens- und RuhmcS-Halle Friedrich Wilhelm'« IV. geworden: ihre ursprüngliche Bestimmung war schön, aber schöner und glänzender noch waren die vielen tausend freudige» Gesichter an- zuschaue», die gleich am ersten Tage der eröffneten Ausstellung an den Schöp fungen eines dreißigjährigen Friedens sich erfreuten. — Joseph Bonaparte und seine Familie. Der ältere Bruder Napoleon's, Joseph Bonaparte, der vo» des Kaisers Gnaden zuerst König von Neapel war und dann auf de» Thron von Spanien und der beiden Indien befördert wurde, ist zu Florenz im 77. Jahre seines Alters mit Tode abge gangen. Joseph Bonaparte, der in Pisa die Rechte studirt hatte und bis zuni Jahre 1793 Advokat in Korsika war, mußte zwar auf Befehl seines Bruders eben so wie das Scepter auch den Feldhcrrnstab in die Hand nehmen, aber mit den, einen wie mit dem anderen war er stets ein bloßcS Werkzeug Napoleon's, dessen Generale ihn beherrschten, und ein wahrer Schattenkönig. Im Jahre 1815 ging er nach Nord-Amerika, wo er die Niederlassung Aigleville (Adlerstadt) am Mobile gründete und unter dem Namen Graf v. Survillierö, welchen er auch bis an sein LebcnSende behielt, bei New-Jork lebte. Nach der Juli-Revolution kehrte er (1832) nach Europa zurück, und zwar hielt er sich einige Jahre in London auf, ging dann aber nach Florenz, wo seine Vrüdcr Ludwig, der ehemalige König von Holland, und Hieronpmus, der ehemalige König von Westfale», lebten und wohin auch sehr häufig Lucian vo» Rom »uv von Canino kam. Joseph hatte in den Ver einigten Staaten wieder d:e republikanischen Grundsätze angenommen, denen er in seiner Jugend gelulvigt; Lucian dagegen, obwohl in seiner Jugend ein viel heftigerer Demagog — er wirkte unter Anderem als Mitglied des Revo lutions-Ausschusses zu St. Maximin, wax kurz vor dem 18. Brumaire Präsi dent dcS RatheS der 500, vermählte sich gegen den Willen seines allmächtigen Bruders mit einer einfachen BürgcrSfrau und schlug standhaft jede» Thron aus — Lucian war in Nom von so viclen aristokratischen Leuten umgeben, daß er allmälig auch deren Ansichten adoptirt hatte. Es soll ein eigenthüm- liches Interesse gewährt habcn, die beiden alt geworden Brüder in Florenz über politische Angelegenheiten sprechen zu hören; meistens suchte eS jedoch Lucian zu vermeiden, das Gespräch mit Joseph auf die unterscheidenden Momente der Monarchie und der Republik zu bringen. Sehr oft hörte man , wenn Joseph erzählte, ihn sich des Ausdrucks bedienen: „Huanä Pc-rms roi cs klang dicS aber stets so anspruchslos und so naiv, wie wen» Jemand von irgend einem jugendlichen Ereignisse spricht, bei dem eben nichts weiter als seine Unerfahrenheit eine Nolle gespielt hat. Dcr Graf vo» SurvillierS hinterläßt ein Vermögen von mchrercn Millionen, das seiner einzigen Tochter, dcr Gemahlin des jetzigen Fürsten von Caniuo, Karl Lucian Bonaparte, zu fällt. Läiitia, Fürstin von Canino, ist eine ungemein gebildete Frau. Sie hat ihre» Gatten bei seinen naturhistorischcn Arbeiten unterstützt und ist zu gleich eine gründliche Kennerin dcr deutschen Sprache, wie sie denn auch meh rere Dichtungen Schiller's poetisch übersetzt hat. Eine zweite Tochter Joseph'«, die mit dem verstorbenen ältesten Sohne Ludwig Bonaparte'« vermählt war und die sich als ausübende Künstlerin, so wie al« Beschützerin dcr Kunst, auS- zcichnete, ist vor drei Jahren ans ihrcr ländliche» Besitzung im Toskanischen, wie cü heißt, von einem polnischen Flüchtling, ermordet worden. Unter den zahlreiche» Verwandte» Napolco»'s, die jetzt noch leben, scheint nur der i» Hamm eingespcrrte Prinz Napoleon Ludwig die Hcrrschlust, nicht aber auch den Geist seines Oheims geerbt zu habcn. Diesem Neffen noch am ähnlichsten ist eine Nichte dcS Kaisers, die Gräfin Camerata, eine Tochter dcr Fürstin Elisa Bacciocchi, die in Ancona lebt und einen überaus energischen männlichcn Charakter hat. Man hörte sie oft bedauern, daß sie kein Mann scp, da sic sich sonst des Napoleonischen Blutes würdig zeigen würde. Im I. 1830, unmittel bar nach der Juli-Revolution, die, wie sie glaubte, ihrcr Familie wieder auf den Thron helfen würde, war sie heimlich nach Wien gereist, um den Herzog von Reichsstadt zu entführen und ihn nach Paris zu bringen. Sie hatte die Wachsamkeit der österreichischen Polizei zu täuschen gewußt und war bis in die Nähe des jungen Fürsten gedrungen, der jedoch auf den Plan dcr Gräfin nicht einging. Wahrscheinlich ist es, daß Letztere auch die beiden nachmaligen tollen Unternehmungen ihres Vetters Napoleon Ludwig mit ihrem Vermögen unter- siützt hat. Herausgcgebcn und redigirt von I. Lehmann. Im Verlage von S» Comp. Gedruckt bci N. W. Hayn.