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erklärnng gegen England unter dem Kaiser Alexander, wo sämmtliche eng lische Ofsiziere ihre Entlassung einreichten, wird man diese Vorsicht sehr natür lich finden. Die Flotte des Schwarze» Meeres ist in einem viel besseren Zustand als die der Ostsee; die Matrosen haben mehr Erfahrung, und die Mannschaften werden großenthcils unter der maritimen Bevölkerung der Küsten, unter den Bewohnern Klein-Rußlands und den Kosaken rekrutirt. Uebrigenü bestehen hinsichtlich der Offiziöse dieselben Gebräuche; sie treten sogar hier bei der größeren Entfernung der Central-Regierung noch mehr hervor. Die tschcrno- morischen Kosaken liefern ein Kontingent für den Dienst der Arsenale, und ihre persönliche Unerschrockenheit macht sie furchtbar in dem Dienst der Kanonen. Schaluppen und Galeeren, zu welchem sie hauptsächlich gebraucht werden. Eie haben übrigens mehr als Eine Aehnlichkeit mit den malafischen Piraten. In der Ostsee bestehen die Marine-Anstalten aus den Werkstätten von Ochta an dem rechten Ufer der Newa, oder vielmehr eines ihrer Arme, etwas oberhalb Petersburg und aus de» Bassins und Arsenalen, die da von abhängcn. Der schöne Hafen von Kronstadt, die erste Schiffsstation des Reichs, de» die Kunst so stark befestigt hat, als sic cS ohne Hülfe der Natur vermag, nimmt eine niedrige und sumpfige Insel ein am Eingänge des Golfs, in de» die Newa mündet; fünfhundert Kanonen beherrschen und be schützen die Zugänge zu demselben. Die nächste große Station ist Reval, wo sich die zweite Abtheilung der baltischen Flotte befindet; Reval ist eben so befestigt nnd enthält Bassins, Arsenale und Werften. Der wichtigste Hafen nach Reval auf der südlichen Küste des finnischen Meerbusens ist Baltisport, weil dieser sich-zuerst der Schifffarth öffnet; zuweilen ist sie daselbst nur einige Wochen durch das Eis gehemmt. Alle Häfen der finnische» Küste sind mehr oder weniger befestigt; aber die Werke, die den Hasen und die Arsenale von HelsingforS verthcivige», sind eben so merkwürdig durch ihre Ausdehnung als durch ihre Stärke. Im Schwarzen Meer, ist die Hauptschiffsstation Scbasto- pol, ein Platz, der eben so stark durch die Natur als durch die Kunst ist. Die Admiralität ist noch in Nikolajeff, dessen Lage viel weniger vorthcilhast ist , doch soll sie nächstens nach Sebastopol verlegt werden. Im Jahre I83l» zählte die vereinigte russische Flotte 80 Linienschiffe, näm lich 7 Schisse von 100 Kanonen und drüber, wovon 2 im Bau begriffen waren, 23 von 80 — 100 Kanonen, wovon 8 im Ban begriffen waren, nnd 20 von 70 — 80 Kanone»; Fregatten zählte sie 28, nämlich 4 von 60 Kanonen und 21 von 36 — 80 Kanonen, wovon eine noch im Ba» begriffe» war. Ein uttcutbehrlichcs Element ieder Seemacht sind jetzt die Dampfschiffe, deren haben die Russen in den Stationen der Ostsee ungefähr fünfzehn, wo von 2, der „Bogatir", der in Colpenas in Rußland, und der „Kamtschatka", der in Amerika erbaut ist, Dampsfregatten sind: aber da die Negierung im- Fall eines Krieges alle Hülfsquellen, die sie unter ihren Händen hat, benutzen würde, so muß man hierzu noch die Dampfböte rechnen, die der Privat-In dustrie gehören, und wir haben dann mehr als fünfzig zusammen. Die meisten dcriclbcn find in den Werkstätten von Beird oder Anchta erbaut worden, nnd die Maschinen kommen aus de» Werkstätten von ColpenaS. Die Maschinen des „Bogatir" sind nicht schlecht- Von einigen der übrigen kann man dasselbe sagen. Auf dem Schwarzen Meer hat die Regierung 17 Dampfschiffe, worun ter mehrere eine Kraft von 240 und 260 Pferden haben; sie sind alle eng lischen Ursprungs. Bier große Dampfschiffe sind auch voriges Jahr wieder aus England angekommen. Diese englischen Dampfschiffe sind in; Ganzen bester als die in der Ostsee; dagegen finden sich im Schwarzen Meer wenig Dampf schiffe, die Privatleuten oder Gesellschaften gehören, so daß die Regierung hier über nicht mehr als 28 Dampffahrzeuge verfüge» könnte. Es ist zn bemerken, daß man in der Ostsee wie im Schwarzen Meer nur Steinkohlen aus New- Castle braucht, da das Holz, selbst in den Stationen der Ostsee, viel theurer ist und sein Volumen einem Fahrzeug nicht gestattet, sich hinreichend mit Feuerungsmaterial zu versehen, um sich von der Küste entfernen zu können. Folgendes sind die Sold-Verhältnisse der russischen Marine: Es erhält Jährlich. Ein General-Admiral 3380 Thlr. Ein Admiral I4lo - Ein Vice-Admiral 1128 - Ein Contrc-Admiral 880 - Bei den Garden der Marine. Ein Capitain erster Klasse 628 Thlr. Ein Capitain 800 - Ein Lieutenant 4l>0 . In der übrigen Marine. Ein Capitain erster Klasse 500 Thlr. Ein Capitain 428 - Ein Lientenavt 318 - Ein Aspirant 240 - Hieraus geh, hervor, daß das Gehalt eines General-Admirals wenig mehr beträgt, als i» Colpenas ein englischer Jngenienr erhält, daß der Sold eines Admirals genau dem eines jungen Commis im englischen Magazin zu Petersburg entspricht und der eines Lieutenants den; gewöhnlichen Gehalt eines Bedienten in dieser Hauptstadt. Die Marine ist, wie die Armee von Georgien und die vom Kaukasus, eine Art Zuflucht für die Leute, die keine andere HülfSquellc haben, und sic zählt daher wenig Offiziere, die ein per sönliches Vermögen besitzen; doch sieht man alle Tage Marine-Offiziere, die nicht einen Heller über ihren Sold haben, ihren Champagner zu 4 Thalern die Flasche trinken. Merkwürdig ist cs, daß von dem Augenblick an, wo ein russisches Schiff in aktiven Dienst gesetzt wird, die Fäulniß es ergreift; daher sind wenigstens zwei Drittel der Fahrzeuge, aus denen die Flotte der Ostsee besteht, in einem mehr oder weniger vorgerückten Zustand der Verdcrbniß. Die Marine und die Schiffsbaucr schreibe» dieses Faktum einer besonderen Eigenthümlichkcit des OstseewaffcrS und der schlechten Qualität des Holzes zu. Was das Ostsee- wasscr betrifft, so muß.die Eigenthümlichkcit, die man ihin zuschrcibt, von sehr besonderer Natur sepn, da sie nur auf die Schiffe der Regierung wirkt. Beim Holz dagegen mag die Angabe gegründet sepn; es ist entschieden, daß das russische Eichenholz von einer sehr untergeordneten Qualität ist, wie auch das von Kanada und der kalten Länder überhaupt, wo das WachSthnm dieses Baumes, auf einige Monate des Jahres beschränkt und durch die Hitze und Feuchtigkeit beschleunigt, zu rasch vor sich geht. Doch der Hauptgrund des Uebels liegt wahrscheinlich in dem frischen Holz, das die Schiffbauer der Negierung brauchen und das sie wie trockenes Holz sich bezahlen lassen oder von den Lieferanten als solches empsangen. Alles Ncbenwerk der russischen Kriegsschiffe ist von trefflicher Qualität. Ihre Segel, ihre Taue sind die besten, die cS gicbt. Die Verdecke, das Tau- wcrk werden in der bestmögliche» Ordnung gehalten; doch das geübte Auge eines wahren Seemannes erkennt gleich an der bloßen Anordnung der Seile und Taue, daß die Hand eines wahren Matrosen hier nicht gearbeitet hat; sein strenger Geschmack wird sich von einer eitel» Verschwendung von Kupfer verletzt fühlen, einem den meisten nichtcnglischeu Marinen gemeinsamen Fehler, und wenn er hinabstcigt, wird er finden, daß aller Schmutz, von dem man sorgfältig das Verdeck befreit hat, unter eben diesem Verdeck eine Zuflucht ge sunde» zu haben scheint. Die ungeheure Masse von Unreinigkeiten jeder Art, womit man den Matrosen erlaubt, das Fahrzeug anzusüllcn, hat nichts, was ihr verglichen werden kann, außer dem Ameublement der Offizierstuben. Da man in Rußland im Allgemeinen nicht weiß, was ei» möblirtcs Zimmer ist, so hat jeder Offizier sein Mobiliar, das ihm gehört. Wenn also ein Marine- Offizier den Sommer am Bord zubringen will, so nimmt er das ganze Ameu blement seiner Wintcrwohuung mit. Wir sahen einen Aspiranten eine Menge von Kisten, zwei Kanapees und ein Fortcpiano an Bord nchmcn, außer seiner Küchenbatterie, die eine kuriose Mannigfaltigkeit von Kasserolen, Bratpfannen u. s. w. enthielt, seinem Theegeschirr und dem Bildniß seines Schutzpatrons. Non allen Provinzen Rußlands ist Finnland die einzige, die ihm gute Seeleute liefern kann; aber sie sind, trotz der Ausdehnung seiner Küsten, nichts weniger als zahlreich, »uv überdies haben sic auch einen großen Wider willen gegen den Seedicnst. Alles in Allem betrachtet, glauben wir nicht, daß im Fall eines Krieges mit England die russische Flotte einer gleich großen englischen einen wirksameren Widerstand zu leisten vermag, als die chinesischen Dschonken, und wir könnten uns auf bedeutende Autoritäten berufen, wenn wir behaupten, daß, obwohl die Befestigungen Kronstadts eine solche Unterneh mung schwer und gefährlich machen, es nichtsdestoweniger möglich ist, eine Flotte selbst im Umkreis dieses Hafens zu zerstören und den Eingang zn dem selben zu erzwingen vermittelst eine« Opfers an Menschen, dessen Marimum in; voraus bestimmt werden kann, und zwar mit mathematischer Gewißheit, wie die Geuik-Osfiziere die Einnahme eines der künstlichen Forts an der fran zösisch-belgische» Gränzc in einer gegebenen Zeit berechnen können. Ein erfahrener Seemann von jener zahlreichen Race der Smiths und Johnsons, von denen Bpron in seinem Don Juan spricht und die seit Peter I. im Dienste Rußlands ihr Glück suchte, hat uns versichert (und er hat am Bord der türkischen und portugiesischen Flotte gedient), daß es ihm schwer sepn würde, eine Marine anzngeben, deren Kriegsschiffe bei gleichen Kräften nicht die der Russen schlagen würden. Die russischen Diplomaten haben also von ihrer Marine viel mehr Vor- theil gezogen, als die russischen Admirale gekonnt hätten, und diese aus der Ferne so furchtbaren, in der Nähe so unschädlichen Flotten erinnern uns a» die hölzernen Kanonen, womit Eduard III. bei der Belagerung von Calais der braven Garnison dieser Stadt imponirte. Doch vergessen wir nicht, daß Calais diesen Kanonen seine Thore öffnete, obwohl sic nur von Holz waren. Ostindien. Indische Skizzen. lll. Eine Winterreise an der Westküste. Der Winter besteht in Indien in cincr Reihe heiterer Tage, deren Hitze durch frischere Luftströmungen gemildert wird, als sie in der übrigen Zeit des Jahres jene» Gegenden zu Theil werden. Nur die zartesten Bänme verlieren dann ihr Laub und von den ewig grünen erleiden kaum einige eine vorüber gehende Stockung ihrer LebcnSthätigkcit. Unter den Tropen erweckt diese Zeit nicht einmal jene Schwcrmuth, die die ersten Boten des Herbstes in unserem Gemüthe erregen. Man fühlt, daß die Natur in einen Halbschlummer ver senkt ist, aus dem jeder warme Sonnenblick sic erwecken kann; diese Hoffnung liegt zu nahe, als daß eine trübe Stimmung in der Seele Wurzel fassen könnte, nnd anstatt sie zu fürchten, erwartet man mit Ungeduld jene Monate, in denen sich die Sonne um einige Grade senkt und in Stadt nnd Land das Leben aus der Apathie zur Frische erwacht. Fruchtbringende Wolke» umziehen den Himmel, tränken die Erde und segnen die Aerndten. Nun aber müssen die verschiedenen Landstriche ihre Produkte gegenseitig austauschc», weite Reisen und Transporte müssen gemacht werden, und auch diese begünstigt die kühlere