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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Vr-innm-rmionS-Prei« 22H Tildergr. (' !h>r.) vierteljährlich, Z THIr. für da« ganze Jahr, ohne Erhöhung, in ollen Theilen der Preußischen Monorchie. Magazin für die Pränumerationen werden von jeder Buchhandlung (in Bertin bei Beil n. Camp., Jägerffraße Nr. 25), so wie von ollen König!. PosI Aemiern, angenommen. Literatur des Auslandes. 73. Berlin, Sonnabend den 22. Juni 1844. Nord-Amerika. Politische und soziale Zustände in den Vereinigten Staaten. Nach „Godley'S Briefen aus Amerika". Die Negersklaven. — Bevorstehende Äusiösnng der Union. — Amerikanischer Unternehmung«- geist. — Der jüngste Tag und das lonsendjährize Reich. — Da« Erziehungswesen und seine Mängel. — Nolurschilkcrungen. — Der Niagara. Man hat die britischen Reisenden in den Vereinigten Staaten nicht ganz mit Unrecht angeklagt, daß sie die dortigen Zustände — den Ent-wickelungs- gang einer Nation, die sich noch in der ersten, übermüthigen Kraft der Jugend befindet — von einem zu ungünstigen und eben deshalb einseitigen Standpunkt aus betrachten und die sich ihnen ausdrängenden Mängel und Verirrungen mit übertriebener Schärfe beurtheilen. Was die Empfindlichkeit der Amen- kaner am meisten verletzt, ist der satirische Ton, dessen sich ihre Gegner, von Mrs. Trollope und Basil Hall bis auf Dickens herab, zu bedienen pflegen, und da bekanntlich Familienzwiste stets mit der größten Erbitterung geführt werden, so hallt die Presse und die Literatur der beiden stammverwandten und in vielen Rücksichten so überaus ähnlichen Völker von gegenseitigen Vor- würfen und Rccriminationen wieder. In einem ruhigeren, unparteiischeren Geiste sind die „Briefe aus Amerika" deS Herrn Godley abgefaßt') — eines irländischen Reisenden von Bildung und Charakter, der sich in seinen religiösen Grundsätzen dem gemäßigten PuseyiSmuS, in seinen politischen aber der konservativen Partei deS „jungen Englands" anschließt und die Mißbräuche deS britischen FaktoreisystemS der verschrieenen Negersklaverei Amerika'S gegenllberstellt. Die Ansichten des Herrn Godley über die Sklaverei werden in Europa wohl den wenigsten Beifall finden-, er hält sie für eine unter gewissen Um. ständen nothwendige und der menschlichen Natur analoge Institution und ver- theidigt die Pflanzer und Sklaven-Eigenthllmer deS Südens aus Kosten der Abolitionisten, die ihm als unberufene Zeloten erscheinen. „Je mehr", schreibt er, „die Abolitionisten sich bemühen, ihre Grundsätze auszubreitcn, desto schroffer treten ihnen die somln-on« (Südländer) entgegen. Herr Cal houn, den man den Anführer und das Organ der Sklavcnbcfitzer nennen kann und den sie bei der nächsten Präsidentenwahl mit ihrer ganzen Macht unterstützen werden, ist vor kurzem so weit gegangen, die Sklaverei als eine glorreiche Institution zu bezeichnen, die der Eckstein einer freien demokra tischen NegierungSform sey und, wie er hoffe, sich in alle Ewigkeit erhalten werde (!!). Bor zwanzig Jahren hätte man nicht gewagt, eine solche Mei nung auszusprechcn, und man war sogar nicht ungeneigt, die Strenge der auf die Sklaverei bezüglichen Gesetze zu mildern; jetzt werden sie aber aufs schärfste vollzogen, namentlich was den Unterricht betrifft, so daß eS nach wenigen Jahren kaum einen Sklaven geben wird, der zu lesen und schreiben verstände. Die Ursache hierzu liegt in der beharrlichen Verbreitung der Abolitions-Schriften, die zum Theil höchst gefährliche Lehrsätze enthalten, weshalb ich mich auch nicht über die ergriffenen Vorsichtsmaßregeln wundern kann. Der Senator Preston sagte neulich im Kongreß: „Wenn wir in Süd- Carolina einen Abolitionisten fangen, so werden wir ihn aufknüpfen" — und es erhob sich keine Stimme des Tadels oder des Widerspruchs.") Ich wieder hole es, daß, wenn man die von den Abolitionisten ausgestellten Grundsätze und die Mittel, deren sie sich bedienen, in Erwägung zieht, man die Eifer sucht und Reizbarkeit des Südens in dieser Hinsicht nicht tadeln kann; es handelt sich hier um Tod und Leben. Den Lehren und Nathschlägen der Abolitionisten zufolge, müßten die Sklaven in Masse aufstehen, ihre Herren -j I.ettee- krön, s-ineric-, I>) x. kni,. Ousley. — London 181 j. Zwei Bände. ") In der Stadt Alton, die »och Lazu in einem nördlicher» Freistaate (JUinoiSj gelegen, wurde im November IM7 ein Methodisten-Prediger, Namens Lovejoh, der ein gegen die Sklaverei gerichtetes Journal herausgab, von einem Pöbelhansen in seiner Wohnung über- sallen und umgebracht. Res. befand stch damals in der Nähe und erinnert sich recht gut, daß selbst eisrige Abolitionisten cS nicht wagten, ein Wort des Tadels gegen die Mörder auSznsprechen, und alle Schuld auf die Unvorsichsigseit tzxz Ermordeten schoben, da man Ihm schon zweimal seine Buchdruckerpresse zerbrochen und gedroht hatte, das dritte Mal eS ihn selbst entgelten zu lassen. — Zu Nashville (im Sklavenstaate Tennessees wurde ein reisender Krämer au« Neu-England ergriffen, bei dem man mehrere Exemplare einer Aboüttvnssckrift entdeckte, die er, wie man glaubte, unter die Neger austheilcn wollte. Zur Strase wurde er ausgepeitscht, mit Theer überstrichen, m Federn gerollt und in diesem Aufzuge über die Äränze geschafft. — Uebcrhaupt ist e« in den Sklavenstaateii verboten, abolitionistische Schriften und Journale mit der Post zu versenden oder sie in den Bücherladen s-ilzubielen. So streng wird die Censur in dem republikanischen Amerika gehandhabt! berauben und sie nötigenfalls ermorden, wenn eS ihnen nur dadurch möglich ist, die Freiheit zu gewinnen, die ihnen von Rechts wegen zusteht. Wo solche Lehren gepredigt werden, find die Sklaven-Eigenthümer verpflichtet, den Wirkungen derselben zuvorzukommen und die Möglichkeit eines glücklichen Aufruhrs zu verhüten. Unterdessen entfliehen die Sklaven in Schaaren, in dem ihre Freunde, die Abolitionisten, längs der ganzen Linie von Virginien bis Kanada regelmäßige Stationen errichtet haben, um sie aufzunehmen und weiter zu befördern. „In den nördlichen Staaten ist die öffentliche Meinung über diese Frage getheilt; die unteren Klassen, vorzüglich die Irländer, sind meistens Anti- Abolitionisten, da sie einen natürlichen Widerwillen gegen die Schwarzen hegen und nach Aufhebung der Sklaverei eine große Einwanderung derselben aus dem Süden befürchten, was den Arbeitslohn herabdrücken würde. Selbst in Boston, wo die Abolitions-Partei am stärksten ist, erhob sich neulich bei einem meeunx, als ein Neger das Volk anrcden wollte, ein so furchtbarer Tumult, daß die ganze Versammlung aus einander gesprengt wurde. Dennoch wird die Partei immer zahlreicher, und schon jetzt ist eS den Südländern fast unmöglich, ihre flüchtigen Sklaven in den Staaten Neu-EnglandS zu ver haften, obgleich die Constitution ihre Auslieferung vorschreibt. Noch vor kurzem ereignete sich hier ein Beispiel, daß ein Herr seinen Sklaven mit Hand schellen gefesselt wegführen wollte, was einen so allgemeinen Unwillen er regte, daß es fast zu einem ernsthaften Aufstande gekommen wäre; dieses wurde nur dadurch verhindert, daß einige menschenfreundliche Individuen eine Summe Geldes zusammenbrachten und den Sklaven seinem Eigenthümer ab- kauften, der sich wahrscheinlich mit einem niedrigen Preise begnügte. Durch solche Auftritte wird viel böseS Blut erzeugt, und zwar nicht nur unter den Fanatikern, welche den Zorn Gottes auf die Sklavendesitzer herabrufen, son- dern auch bei der ganzen von Herrn AdamS geleiteten Fraktion der Whig- Partei, di« das Interesse der nordöstlichen Staaten vertritt. Sic bemerkt, daß letztere nicht den ihnen gebührenden Einfluß auf die Verwaltung der Re publik ausüben, und schreibt eS der engen Verbrüderung zu, welche das ge meinschaftliche Band der Sklaverei unter den südlichen Staaten hervorbringt. Diese haben eine Uebcreinkunft mit der ultrademokratischen Partei im Norden geschlossen, die, um sich den Beistand des Südens in ihren radikalen Ideen zu versichern, die Sklaverei und andere Einrichtungen desselben in Schutz nimmt. Im Süden ist dagegen eine der Sklaverei abholde Minorität unbe kannt; durch das Band der stärksten persönlichen Interessen an einander geknüpft, bilden seine Staaten eine feste Phalanx, die bei vorkommenden Zwistigkeiten fast immer den Steg davonträgt. Alles, was der Norden bei solchen Gelegenheiten thun kann, beschränkt sich darauf, die Gegner mit einer Auflösung der Union zu bedrohen, wenn die Sklavenstaaten ihren Einfluß zu fühlbar machen. Ein solches Ereignis (das jedoch nur Wenige ernstlich hcrbeiwünschen mögen) würde für beide Parteien schädlich seyn, obwohl der Süden ungleich mehr darunter leiden würde, da eS die Neger leicht ermuthigen dürfte, das auf ihnen lastende Joch abzuschütteln." Der Verfasser glaubt, daß eine Katastrophe dieser Art fürs erste nicht zu befürchten sey. Neber eine solche Frage kann nur die Zeit entscheiden; indessen ist man in Amerika selbst der Meinung, daß eine Trennung des jetzigen Staalenverbandcs in nicht ferner Zukunft bevorstehe. Die Abweichung des Volks-Charakters, der Bildung, die sich kreuzenden und mitunter schroff gegenüberstehenden materiellen und politischen Interessen geben stets zu neuen Reibungen Anlaß, welche die verschiedenen Sektionen deS Landes in ihrer gegenseitigen Antipathie bestärken. Vermuthlich würde die Union in drei Republiken zerfallen, wovon die eine aus den östlichen und nordwestlichen Staaten bis an den Mississippi und Ohio, die zweite aus den mittleren und südöstlichen und die dritte aus den südwestlichen Staaten (Louisiana, Alabama, Mississippi, Arkansas, vielleicht auch Tennessee, Kentucky und Missouri) be stehen würde. An letztere dürfte sich wahrscheinlich auch Texas anschließen; nimmt man aber diese Provinz sch«i jetzt in die Union auf (wozu cs nur noch der Beistimmung des Senats bedarf), so würde ein solcher Schritt ohne allen Zweifel zu neuen Zerwürfnissen führen und den Scheidungsprozeß noch mehr beschleunigen. In seinen Ansichten über den amerikanischen Charakter stimmt Godley mit dem trefflichen Beobachter de Tocqueville überein und läßt den vielfach ver leumdeten IankeeS Gerechtigkeit widerfahren. Er bemerkt mit Recht, daß sie den Engländern fast in allen Stücken gleichen und nur die guten und bösen Eigenschaftenderselbenübertreiben. „Energie, Unternehmungsgeist, Beharr- lichkeit, Thätigkeit, gesunden Verstand und Mannigfaltigkeit der Hülfsquellen