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Naunhofer Nachrichten : 17.10.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-10-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190610172
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19061017
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19061017
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-10
- Tag 1906-10-17
-
Monat
1906-10
-
Jahr
1906
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 17.10.1906
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durchbrach die Schranken, drang in den Wiegeplatz ein und forderte die Rückgabe des Geldes. Dem Aufsichtspersonal und der Polizei gelang es nur mit Mühe, die Ord nung wieder herzustellen. Die Leute warfen Stühle auf die Rennbahn, zerstörten die Baracke des Totalisators, steckten sie in Brand und mißhandelten die Angestellten. Auch andere Baracken, darunter die des Zentral bureaus, wurden in Brand gesteckt. Die her beigerufene Feuerwehr, die anfänglich in zu geringer Zahl erschienen war, hatte Mühe den Brand zu löschen. Auf dem Wege von LongchampS steckte die Menge auch noch eine im Bois de Boulogne gelegene Wettbude in Brand. 25 Verhaftungen wegen Brand stiftungen wurden vorgenommen. Zahlreiche Polizeibeamte erliten leichtere Verletzungen. Das Bois de Boulogne und das Hippodrom wurden die Nacht über von Truppen bewacht. Posen, 15. Oktober. Heute wurde in allen katholischen Kirchen der Diözese Gnesen- Posen ein Rundschreiben des Erzbischofs von Stablewski verlesen, worin er die Meinung der Geistlichen und Eltern teilt, daß der Reli gionsunterricht in der Muttersprache abzuhalten sei. Es bleibe unter den gegebenen Verhält nissen nur übrig, den Religionsunterlicht in der Schule durch einen solchen in Haus und Kirche zu ergänzen. Der Erzbischof bittet schließlich die Geistlichen, die bereits Beweise opferwilliger Arbeit gegeben hätten, erneut mit noch größeren Opfern sich der Katechisierung der Jugend zu widmen, und fordert die Eltern auf, die Kinder noch eifrig« und sorgfältiger zu erziehen. Ar»s Stadt und Land. Naunhof, den 16. Oktober 1906. Das Fest des Königlich Sächsischen Militärvereins „Kameradschaft", welches am Sonnabend mit einem Kommers eingeleitet wurde, ist glänzend verlaufen. Der große Stern-Saal war vollbesetzt. Mochte nun der auserwählt günstige Tag, der Sonn abend, oder die gerade jetzt herrschende stimmungs volle Zeit dazu beigetragen haben, kurzum viele Gäste waren gekommen, um an dem Feste teilzunehmen. Sichtlich erfreut über den Besuch konnte der Vorsteher, Herr Robert Köhler, nachdem die Musik einige Programm nummern gespielt, seine Begrüßungsrede ab wickeln. In kurzen aber recht herzlichen Worten entledigte er sich dieser Aufgabe. Allen Er schienenen, allen Vereinen, vor allem den er schienenen Bezirksvorsteher Herrn Amtsrichter Hildsberg und den dem Verein besonders zu getanen Wohltätern dankte derselbe, gleichzeitig einen Rückblick aus der Gründungszeit zu geben. Das für den Abend vorgesehene Programm entsprach in allen Teilen den Erwartungen. Alle Mitwirkenden wetteiferten im Können, und so konnte er auch kaum Wunder nehmen, daß Frau Kassierer Müller, welche diesen Abend über ein prächtiges Stimmenmaterial verfügte, reichen Applaus erntete, aber auch unser Männergesangverein, der einige recht passende Lieder vortrug, wurde zu weiteren Zugaben veranlaßt, und endlich nicht zum wenigsten die Mitwirkenden des patriotischen Festspieles „Der du der Herzen König bist" und „Augen links". Man fühlte recht deut lich heraus, daß. den Aufführungen viel Fleiß vorangegangen war, selbst der Gesangverein „Harmonie", der verhältnismäßig schwach vertreten war, brachte das für den Abend paffende Chorlied „Im Feld des morgens früh" recht gut zum Vortrag. Zündend wirkte die Rede des Bezirksvorstehers des Militärbundes, Herrn Amtsrichter Hildsberg, welcher im Namen des Königs einen prächtigen Fahnenschmuck mit Nagel überreichte. Lautlose Stille herrschte als sich der Redner vom Platz erhob, man hatte offenbar damit gerechnet, heute, an dem so wichtigen Tage, einige kernige Worte vom Oberhaupt des Bundes zu hören. Und wahrlich man hatte sich nicht getäuscht. Doch lassen wir seine Rede wörtlich folgen: Hochgeehrte Gäste, liebe Kameraden! Der heutige, Abend, der Abend des 13. Oktober, war vor 100 Jahren der Vorabend der Schlachten von Jena und Auerstädt. In dem wir jener Zeit gedenken, werden wir hineinversetzt in die Zeit Deutschlands größter Schmach. Jahrhunderte lang hatten sich die deutschen Stämme gegenseitig zerfleischt, der 30jährige Krieg hatte die Fluren unseres schönen Vaterlandes verwüstet, was wieder aufgebaut wurde, wurde in den Kriegen der Folgezeit wieder niedergeriffen. Ein deutsches Reich gabs nur dem Namen nach, nach außen mar es kraftlos, auf deutschem Boden fochten fremde Völker ihre Kriege aus. Was Wunder, daß dadurch das deutsche National gefühl immer tiefer und tiefer sank. Wohl leuchtete noch einmal preußischer Heldengeist hell, als der große Preußen König Friedrich mit seinem kleinen Lande halb Eu ropa die Spitze bot, um schließlich als Sieger aus dein Kampfe hcrvorzugehen, aber dieses Aufleuchten war wie das letzte Aufflackern eines erlöschenden Feuers, dann kam die Nacht. Der Deutsche schlief. Und furchtbar war das Erwachen! Der alte Erbfeind unter Führung des genialen Korsen überfiel den Schlafenden, das war der Tag von Jena und Auerstädt; wohl wehrte sich nunmehr der Ueberfallene, die preußischen und sächsischen Truppen fochten mit dem Mute der Verzweiflung, aber der Sieg blieb dem Korsen. Die Verlust« in der Schlacht waren furchtbar, aber noch furchtbarer waren die Folgen der Niederlage. Kleinmut, Feigheit herrschten. Da übergab ein preußischer General die Festung Stettin mit 5000 Mann Be satzung an 800 Husaren, da überlieferte ein preußischer Oberst Kustrin einem Feinde, dem er erst die Kähne schicken mußte, um über die Oder zu kommen, da kapitulierte Magde burg, die Hauptfeste Preußens, sein unbe- zwungeneS Bollwerk im 7jährigen Kriege, mit 20 Generälen, 24000 Mann Besatzung und 600 Geschützen vor dem Marschall Ney, der kaum halb so stark war und nur Feldgeschütze be saß. Die wenig Ausnahmen Männer wie Blücher, Jork, Gneisenau, Nettelbeck, sie konnten Preußens Geschick nicht mehr wenden, im Frieden zu Tilsit 1807 verlor es die Hälfte seines Be standes, französische Besatzung blieb im Reste der Lander, das Land hatte 120 Millionen Taler Kontribution -u zahlen, für die da maligen Verhältnisse eine ungeheure Summe. Das übrige Deutschland aber war vollständig in französischen Händen. So rächte sich, daß der Deutsche vergeßen hatte in erster Linie als Deutscher sich zu fühlen, so rächte sich die poli tische Zerrissenheit Deutschlands, das Fehlen eines einheitlichen nationalen Denkens. Der Tag von Jena und Auerstädt, was bedeutet er für unr? Er mahnt uns, daß wir aus jener schweren Zeit, daß wir aus der Geschichte lernen. Es bedurfte zunächst der äußersten Kraft anstrengung des preußischen Volkes und seiner Verbündeten, 1813 und 1814 den frechen Korsen niederzuwerfen, es bedurfte aber noch weiter der Arbeit von fast 60 Jahren, ehe Deutschland als solches wieder eine achtung gebietende Stellung in der Welt einnahm. Erst seit 1870—71 können mir wieder mit Stolz sagen: Ich bin ein Deutscher. Die Helden des letzten Krieges erst haben die alte Schmach von 1806 sühnen können. Indem sie aber mit Blut und Eisen uns das Reich schufen, schufen sie für Millionen von Deutschen der Folgezeit eine Existenz. Nie und nimmer würde ohne ein national ge eintes Deutschland ein derartiger Aufschwung des deutschen Handels, der deutschen Industrie möglich gewesen sein, wie mir ihn erlebt haben und noch täglich erleben. Unter dem Schutze des Deutschen Reiches hat sich unser Handel zum zweitgrößten der Welt emporge schwungen, ein Riesenschritt in den wenigen Jahrzehnten, der, wenn das alte politische Elend von früher geblieben wäre, nie gemacht worden märe. Erst hier hat der deutsche Ar beiter der Welt zeigen können, was er leisten kann, und wo nur in Deutschland Jndustrie- stätten vorhanden sind, sie alle sind, und damit auch die, die in ihnen arbeiten, an dem Be stehen des deutschen Welthandels aufs lebhaf teste interessiert. Vernichtung des deutschen Handels wäre für Tausende und Abertausende Vernichtung der Existenz. Das ist das Resul tat der nationalen Arbeit von 1813 bis 1871. „Enkel mögen kraftvoll walten, Schwer- errungenes zu erhalten." Seien wir dieser Mahnung, die auf dem Siegesdenkmal in Leipzig in Stein gemeißelt ist, eingedenk, lernen mir aus der Geschichte, lernen wir von dem Tage von Jena und Auerstädt! Es gewinnt zuweilen den Anschein, als wolle der natio nale Gedanke wieder verblassen. Wir begeg nen oft in nationalen Dingen einer großen Gleichgültigkeit, und besonders in den gebil deteren Ständen des Volkes. Hüten wir uns vor nationaler Verflachung. Auch heute sind die Feinde an der Arbeit, Feinde von außen, Feinde im Innern. Daß wir beneidet sind, gehaßt sind infolge unserer Kraft und Macht, die niemand mehr leichtsinnig herauszufordern sich wagt, das haben wir in Algericas gesehen. Man fürchtet im Auslande das scharfe deutsche Schwert, wie gern würde man sonst auf uns losstürzen. Aber mindestens io gefährlich wie die Feinde von außen, ist der Feind im Innern pes Lander, die Sozialdemokratie. Ihr, d. h. der deutschen Sozialdemokratie, ist nationales Denken fremd. Durch nichts könnte dies klarer, deutlicher zum Ausdrucke kommen, als durch die Ausführung Bebels auf dem Mann heimer Parteitage, wo vor wenig Tagen der sozialdemokratische Führer sich dahin äußerte, daß bei einem europäischen Kriege es Pflicht der Sozialdemokratie sei, sich mit den Partei freunden im Auslande zu verständigen. Ver ehrte Anwesenden, das wäre Landesverrat. Freilich, in einem irrt Herr Bebel: Niemals würde der französische, der englische Sozial demokrat sein Vaterland verraten, denen gilt noch das Wort: „Erst'S Vaterland, dann die Partei", nur der deutschen Sozialdemo kratie gilt vieS nicht. Und gleichsam als Pen dant zu dieser Aeußerung Bebels tritt der vor nicht allzulanger Zeit ausgesprochene Wunsch „Deutschland möchte eine Niederlage erleiden wie Frankreich 1870—71." Ja dann, wenn das Land verarmte, wenn Elend und Hunger an die Tür klopften, dann wäre der Wunsch der Sozialdemokraten erfüllt, dann würde ihr Weizen blühen. Und so haben denn die Sozialdemokraten, so oft es sich um die Größe, die Macht, das Ansehen des deutschen Reiches handelte, stets sich ablehnend verhalten. Dieser vaterlandslosen Gesinnung derSozialdemokratieentgegen zu treten ist Pflicht aller national denkenden Männer. Daß an sich der Arbeiter seine Lage verbessern will wie jeder andere, ist zu verstehen. Dieses Streben wird stets vorhan den und damit stets ein Gegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegeben sein. Der vaterlandslosen Sozialdemokratie ent gegenzutreten, dazu muß aber auch jede Gelegenheit benutzt werden. Auch das heutige Stiftungsfest des Königl. Sächs. Militärvereins „Kameradschaft" in Naunhof soll und wird ein Arbeitstag in dieser Richtung sein. Er mahnt insbesondere seine Mitglieder an ihre Pflicht. Daß sie dieser Pflicht gegen das Vaterland eingedenk sein werden, davon bin ich überzeugt und ich habe gern dieser Ueberzeugung Ausdruck ver liehen, als ich die Bitte des Vereins um Ver leihung eines Königlichen Fahnengeschenkes be fürwortete. Seine Majestät der König haben dann auch geruht, den, Verein Fahnenschleife und Fahnennagel Allergnädigst zu verleihen. Ich bin beauftragt, die Geschenke zu über reichen und tue es hiermit. (Der Redner übergibt die Geschenke dem Vorstände.) Hoch verehrte Anwesende! Seine Majestät der König hat damit wieder bewiesen, wie sein Herz für uns schlägt, er hat uns damit wieder sein Vertrauen bekundet, zeigen wir uns dieses Vertrauens wert, danken wir Seiner Majestät, nicht nur mit Worten, sondern in Zukunft mit der Tat. Lasten Sie uns stets treu zu König und Vaterland stehen und bekräftigen Sie Vies, sich von den Plätzen erhebend, mit dem Rufe: „Seine Majestät, unser geliebter König Hurra! Hurra! Hurra!" Der weitere Verlauf des Festes gestaltete sich zu einem echten Kommersabend. Der Vorstand des Königl. Sächs. Militärvereins Naunhof, Herr Bankkassierer Hofmann, be glückwünschte den Bruderverein zu seinem Ehrentage, Herr Oberförster Sinz ebenfalls, gleichzeitig den Dank der Gäste für die Ein ladung aussprechend, während andererseits weitere Lieder und Musikstücke zur Unterhal tung den Abend ausfüllten, bis gegen 12 Uhr die Feier ihren Abschluß fand. Der darauf folgende Sonntag vereinigte die Mitglieder zu einem Ball. — Naunhof. In der Bewirtschaftung des hiesigen Ratskellers dürfte demnächst eine Aenderung stattfinden. Wie wir hören hat ein Leipziger Weinreisender Namens Weiß bereits eine Anzahlung geleistet. Wir be merken aber ausdrücklich, daß ein formeller Kauf noch nicht abgeschlossen ist, auch bedarf die Uebernahme erst noch der Genehmigung des Stadtgemeinderates. — Naunhof. Eine Besichtigung der städtischen Kläranlagen in Leipzig, beab sichtigt der hiesige Stadlgemeinderat nächsten Donnerstag gemeinsam vorzunehmcn. Die Abfahrt erfolgt Vormittag 11 Uhr. x Naunhof. Am vergangenen Sonn tag nachmittags fanv im Gasthaus Staot AsryängnisvoCe HrV schäft. Roman von Ewald August König. -8 „Hm, keine üble Idee! Die Millionen blieben bann hübsch beisammen, mit Deinem Reichtum könntest Du möglicherweise noch Justizminister werden!" „Ich würde e» nicht ablehnen, wenn eS nur angebotrn würde/ sagte Max, dessen Blick gedankenvoll in weite Ferne gerichtet war; „aber so weit sind wir noch lange nicht, und aufrichtig gestan den, kann ich an die Erbschaft noch immer nicht glauben Es kommt vielleicht gar nichtSoder nur wenig heraus, und mit eini gen tausend Talern ist uns nicht geholfen. Der Alte bezahlt seine Schulden, dann ist das Geld wieder alle, und wir können Gott danken, wenn so viel übrig bleibt, daß wir das Examen hinter uns bringen WaS dann weiter? Du kannst als Arzt in die Armee eintreten und verdienst sofort.. „Ich danke für dieses glänzende Elend!" „Ich sage ja nur, Du kannst das, wenn alle Stricke reißen, ich aber laufe als Referendar noch Jahre herum und verdiene keinen Groschen. Auch dann noch nicht, wenn ich das zweite Exa men gemacht habe und Assessor geworden bin; ans den Amts richter muß ich noch lange warten. Na, ich kann'-, wenn ich der Schwiegersohn deS Kommerzienrats Hardeleben bin!" „Sehr wahr," nickte Moritz, „aber, aber .. ." „Du glaubst, der Kommerzienrat werde mir seine Einwilli gung nicht geben?" „Hin, darüber will ich noch nicht urteilen, so weit ich ihn kenne, ist er ein verständiger Mann und gegen Deine Person könnte er am Ende nichts einwenden; in gesellschaftlicher Be ziehung stehen wir beide ihm gleich, wenn nicht über ihm! Ich wenigstens dünke mich etwas mehr, als solch ein Schornsteinoa- ron! Nach dieser Seite hin sehe ich keine Schwierigkeit, die nicht mit Mut und Ausdauer zu überwinden wäre, aber eS fragt sich, ob Konstanze mit Dir einverstanden sein wird " „Weshalb sollte fie es nicht sein?" entgegnete Max, dem Bruder einen spöttischen Blick zuwerfcnd „Weshalb nicht? Weil sie sich für Viktor von Steinfeld in teressiert!" „Woher weißt Du das?" „Ich las e- in ihren Augen, als ich meine Bemerkungen über den abgedankten Leutnant machte. Wäre e- ihr gleichgül tig, so würde sie darüber gelacht haben, sie sah mich aber sehr zornig an und verriet mir damit ihr HerzenSgeheimniS." „Das wäre faul," sagte Max nach einer Pause, „aber ich glaub' nicht daran! Konstanze muß doch wißen, daß ihr Vater nie diese Verbindung billigen wird! WaS ist der Mann? Be sitzer einer Agentur, die nichts einbringt." „Und Miterbe an den Millionen!" „Darauf gibt Hardeleben nicht»! Ich werde den Bruder Kon- stanze» besuchen und bei ihm auf den Busch klopfen, wir sind immer gute Freunde gewesen!" „Könnte er un» nicht da» Darlehen geben?" „Nein, so viel bekommt er von seinem Vater nicht, er hat mir früher schon darüber geklagt. Außerdem möchte ich mir auch von ihm nicht in die Karten blicken laßen! Wie kann ich einen Mann um ein Darlehen bitten, wenn ich zugleich ihm sagen will, daß ich sein Schwager werden möchte? Er soll niir reinen Wein einschenken und mir den Weg zeigen, auf dem ich am raschesten und sichersten mein Ziel erreichen kann. Wenn dieser verabschiedete Leutnant mir wirklich im Wege steht, dann wird's wohl ein Mittel geben, ihn zu beseitigen. „Fordern!" sagte Moritz lakonisch. „Aber Du darfst das nicht, Konstanze würde eö Dir nicht vergessen und vergeben; wenn e» sein muß, trete ich für Dich ein." „Dadurch gewinnen wir auch nichts," fuhr sein Bruder nach denklich fort, „wir müssen ihn gesellschaftlich unmöglich machen, dergestalt, daß er seinem Onkel nicht mehr in- Hau» kommen darf, das wäre das Richtige!" „Und wie wäre das zu ermöglichen?" „Darüber wollen wir nachdenken, wenn ich mit Robert Harde leben gesprochen habe und in die Verhältnisse eingeweiht bin," erwiderte Max. „Wenn ich einmal einen Entschluß gefaßt habe, so schrecke ich vor keiner Schwierigkeit zurück " Sie hatten den Belgischen Hof erreicht; als sie in das Schank zimmer traten, fiel ihr erster Blick auf Viktor von Steinfeld, der allein an einem Tischchen saß und in das Studium einer Zei tung vertieft zu sein schien. Er sah überrascht auf, als sie ihn begrüßten und ihm gegen über Platz nahmen, indessen erwiderte er ihre Grüße freundlich, und als der Kellner ihnen da» bestellte Bier gebracht hatte, stieß er an mit ihnen. „Sie führt wohl die Verhaftung Ihres Onkel» hierher?" fragte er mit einem erwartungsvollen Blick. „ES ist in der Tat eine sehr unangenehme Geschichte." „Sehr unangenehm!" unterbrach Moritz ihn. „Aber e» gibt viel Unangenehme» in der Welt, was man nicht ändern kann!" „Und deshalb redet man besser nicht davon!" fügte sein Bru der hinzu, während er dem Kellner seinen Krug reichte, um ihn wieder füllen zu lassen „Ihnen ist natürlich durch die Beseiti gung de» Haupterben ein Gefallen geschehen!" „Nicht wahr, wie Ihnen auch!" entgegnete Viktor. „Bah, wir haben bereits verzichtet!" sagte Moritz mit einem geringschätzeuden Achselzucken. „Ich kann mich ohne Bedauern über den Verlust hinweg setzen, wenn ich verzichten muß," antwortete Viktor, an seinem Schnurrbart drehend. „Konstanze Hardeleben behauptet das Gegenteil!" warf Max ein, und e» klang ein scharfer Spott aus seiner Stimme. In den dunklen Augen Viktors blitzte es zornig auf. „Ich habe mit meiner Cousine darüber nicht geredet," sagte er scharf, „welche» Interesse Sie daran nehmen können, ver stehe ich nicht; wollen wir dieses Thema nicht abbrechen? Ich glaube, e» wird ratsam sein." „Ganz wie Sie wünschen!" erwiderte Moritz, der mit sei nem Bruder verstohlen einen verständnisvollen Blick gewechselt hatte. „Wir haben dieses Thema nicht begonnen, e» interessiert uns auch nicht." „Apropos, kennen Sie einen Jeremias Palke?" fragte Max scheinbar gleichgültig. Viktor hatte bereits die Handschuhe au» der Tasche geholt, die Gesellschaft der beiden Studenten behagte ihm offenbar nicht, bei der letzten Frage wurden seine Wangen plötzlich bleicher, sein Blick ruhte stechend auf dem Fragenden, der den Kneifer von der Nase nahm, uni die Gläser zu reinigen. „Stehen Sie mit ihm in Verbindung?" erwiderte er. „Nein, aber wie ich höre, soll er der Bankier vieler Offi ziere sein, daraus schließe ich, daß Sie ihn auch kennen." „Wa»ich von ihm weiß, berechtigt mich nur, Sie vor ihm zu warnen," sagte Viktor achselzuckend, indem er sich erhob, „er ist ein Halsabschneider erster Klasse Guten Morgen, meine Herren!" 1SS.20
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