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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag k Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schlich der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens. Bezugspreis: Frei inS HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei inS HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. A«kL»»i-««-<«: Kür Inserenten der LmtShauptmann« schäft Grimma 10 Pfg. die fünsge« spalten« Zeile, an erst« Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt Verlag und Druck: Gü«z L Eule, Na««h»f. Redaktion: A«g. Franz Hanschild, Ra««h»f. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Eicha, Erdmannshain, Fuchshain, Großsteinberg, Kleinsteinberg, Klinga, Köhra, Lindhardt, Pomßen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Mit einem Illustrierte« SonutagSblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letzter« alle 14 Tag«. Nr. 23. Mittwoch, den 22. Februar 1905. 16. Jahrgang. Kameradschaft. Zu den erfreulichsten Erscheinungen des letzten großen Krieges gegen Frankreich gehörte die wirklich wunderbare Einigkeit, ja herzliche Kameradschaftlichkeit, welche alle Truppen ohne Ausnahme, Preußen, Sachsen, Bayern, Würt temberger und Badenser gegen einander be wiesen haben. Wer früher bayerische und preußische Truppen in einer Garnison sah, z. B. in Frankfurt a. M-, dem konnte es nicht entgehen, daß stets eine gewisse Span nung zwischen ihnen herrschte, und im Jahre 1866 haben unter allen sich gegenüberstehenden Feinden vielleicht die Bayern und Preußen sich am erbittersten geschlagen. Die blutigen Tage von Dernbach, Kissingen, Laufach, Aschaffenburg und Tauberbischofsheim legen hiervon Zeugnis ab. So durfte man denn auch bei Beginn des letzten Krieges gegen Frankreich befürchten, daß eine gewiße Un freundlichkeit gerade zwischen diesen eintreten würde, aber das Gegenteil davon ist zu unserer aller Freude geschehen. Als am 4. August die preußischen Sol daten vom V. Armeekorps unter ihrem Ge neral von Kirchbach auf dem Schlachtfelde von Weißenburg anlangten und hörten, daß die Bayern in arger Bedrängnis seien, lief es von Mund zu Munde: „Drauf, ihr Preußen, den Bayern müssen wir helfen; sie sollen wißen, daß auf uns Verlaß ist!" Nach dieser blutigen Schlacht schloßen die Truppen der dritten Armee, rechts die Bayern, in der Mitte die Preußen, zur Linken die Württemberger und Badenser einen weiten Halbkreis um dar Schlachtfeld und wurden Zeugen der ersten französischen Niederlage. Tausendstimmiges Hurrah erscholl aus den Kehlen der braven Krieger, die von der Weichsel und der Oder, aus Thüringen und Heßen, vom Schwarzwald, vom Main und von der Donau herbeigeströmt waren, um den gemeinsamen grimmen Feind von der Muttererde zurückzuschlagen. Zum ersten Male sahen sie hier die Früchte deutscher Einheit; noch nie mar in unserem Vaterlande das Gefühl, daß mir alle echte Brüder sind, so sehr zur eindringlichen Wahr heit geworden, wie damals auf den blutdurch tränkten Gefilden von Weißenburg. In der eroberten Stadt konnte man die Krieger Arni in Arm ihre Verbrüderung feiern sehen; baye rische Jäger und preußische Grenadiere, Chevauxlegers nnd schwarze Husaren, ja selbst alte Gegner von Kissingen her sah man hier in brüderlicher Umarmung. Man konnte sehen, wie preußische Musketiere mühsam Wasser herbeischleppten, um bayerischen Chevauxlegers beim Tränken ihrer Pferde behilflich zu sein, und wieder teilten die bayerischen Soldaten ihren letzten Trunk aus der Feldflasche und ihren spärlichen Tabak im Beutel mit den braven Preußen. Bayern, Württemberger, Preußen, Badenser, kurz alle Soldaten der Südarmee waren ein Herz und eine Seele, und auch nicht die mindeste Unordnung oder der geringste Zwist sind zwischen ihnen vorge kommen. Da gab es keinen Religionshaß, kein engeres Vaterland; nur ein einziges, großes, stolzes und mächtiges Deutschland. Der Tag von Weißenburg mar ein erhabenes Ver söhnungsfest. Wenn die Franzosen der Meinung gewesen waren, die Bayern würden im ersten Treffen mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen zu ihnen übergehen, so hatten diese durch ihre außerordentliche Tapferkeit gezeigt, wie bitter sie mit solchen! Verdacht gekränkt morden waren. Man konnte es ihnen ansehen, wie sie sich mühten, würdige Kameraden der Sieger von Nachod und Skalitz zu sein, die neben ihnen fochten. Nicht nlinder herzlich war die Kamerad schaft zwischen den Preußen und den Täcksen. Bei Königgrätz hatten sie sich noch mit der größten Hartnäckigkeit bekämpft, nach der Schlacht bei St. Privat, in der sie Schulter an Schulter mit dem alten Erbfeind gerungen, lagen sie sich in den Armen. Bei St. Privat endigte der Jahunderte lange, dem deutschen Vater lande oft verhängnisvolle Zwiespalt Branden burgs und Sachsens. Aller Zwist, alle Kränk ungen wurden an den Gräbern von St. Privat vergeßen, und die durch Tapferkeit und Mannes zucht von jeher ausgezeichneten Sachsen konn ten zum ersten Male seit langer Zeit ihre Tätigkeit für die Ehre und Einheit der deut schen Nation einsetzen. — Dieses gute Einvernehmen zwischen den Soldaten der deutschen Armee besteht heute noch. So findet alljährlich zwischen der nörd lichsten und der südlichsten Garnison des Deutschen Reiches, zwischen Memel und Lindau, zwischen dem 3. Bataillon des Infanterie regiments „von Boyen" und dem 20. baye rischen Infanterieregiment, der übliche Kaiser- Geburtstaggruß statt. Möge diese brüderliche Kameradschaft fortbestehen zum Heil und Segen unseres Vaterlandes — das walte Gott! Zur Ermordung des Großfürsten Sergius. Der Mörder des Großfürsten Sergius hat bisher seinen Namen nicht genannt, verspricht aber, später alles aufzuklären. Bei seiner Festnahme schrie er laut: „Es lebe die Frei heit, allen werde Freiheit!" Der bei ihm ge fundene Paß, ausgestellt auf den Namen eine« Kleinbürgers aus Witebsk erwies sich als Fälschung. An dem Ort der Tat wurde nachträglich der Brillantring und auch die Zigarettentasche des Großfürsten gefunden; der Griff vom Wagenschlage wurde zweihundert Schritte weit geschleudert. Die Explosion war so stark, daß zwei Kutscher auf der Nikolski straße vom Bock geschleudert wurden. Eine Volksmenge stürzte sich dort, gleich nach der Katastrophe auf zwei promenierende Studenten und mißhandelte sie furchtbar, da anfangs der Mörder für einen Studierenden gehalten wurde. Infolge der Mißhandlungen haben die Studenten den Stadthauptmann GeneralWolkow um Schutz gegen derartige Ausschreitungen der Bevölkerung gebeten. Der Großfürstin Elisabeth waren in der letzten Zeit wiederholt Warnungsschreiben zu gegangen. Ueber einen Brief, den sie am Tage des Unglücks selbst erhielt, und der er kennen läßt, daß das Attentat auf einen be stimmten Augenblick genau berechnet war, wird berichtet: Der anonyme Warnungsbrief, welchem die Großfürstin Elisabeth am Tage des Atten tats erhielt, war mit einer schwarzen Sphinx gesiegelt; das Schreiben besagte, die Großfürstin solle nur zu Fuß ausgehen, Sergius möge allein dem Tode entgegenfahren. Zur Beisetzung des Großfürsten Sergius wird sich außer dem Großherzog auch die Großherzogin von Heßen begeben. Russisch-Japanischer Krieg. Nach einem Tokioter Telegramm meldet der Marschall Oyama, daß die Rußen auf der ganzen Linie die Errichtung von Verteidigungs merken fortsetzen und andauernd Teile der japanischen Armee beschießen. Am 17. unter nahmen die Rußen einen unbedeutenden Jn- fanterieangriff, wurden aber zurückgescklagen. — Aus Petersburg wird berichtet, daß sich neuerdings Kavallerie-Abteilungen, aus Mon golen und Tschuntschusen bestehend und von Japanern geführt, auf die Eisenbahn im Norden von Mukden zu bewegen. Die Friedensgerüchte nehmen nun bestimmtere Gestalt an. Nach Meldungen aus Petersburg stände der Friedens schluß näher bevor, als allgemein angenom men wird, da sich die Unmöglichkeit immer mehr herausstellt, bei der starken Ueberlastung der sibirischen Bahn mit Truppentransporten und Munitionsbeförderung das Heer in der Mandschurei rechtzeitig und genügend mit Proviant zu versehen. Wie die ,Schlesische Ztg/ erfährt, find die Vorräte in Sibirien und in der Mandschurei völlig aufgezehrt, so daß in einigen Teilen Sibiriens, besonders in Irkutsk bereits Hungersnot eingetreten ist. Aus China treffen seit einiger Zeit überhaupt keine Zufuhren mehr ein und die Beschaffung von Lebensmitteln über Wladiwostok ist über haupt unmöglich. Ueber die Stimmung in den leitenden Kreisen Rußlands werden folgende Einzelheiten bekannt: Wie aus Petersburg nach Paris berichtet wird, haben sich die unter Vorsitz des Zaren versammelten Minister jeder einzeln für Frie densschluß ausgesprochen, doch herrschten starke Differenzen über die zu befolgende diploma tische Taktik. Einer der Minister sagte, er fürchte, es könnte zu spät werden, wenn wir nicht rasch einem ehrenvollen Frieden zu streben. Aus GripenbergS Berichten machte auf den Zaren der Nachweis besonderen Ein druck, daß Kuropatkin absolut falsche General stabskarten besitzt. Ein Hügel, dessen Besitz nahme Gripenberg mehrere tausend Mann gekostet hatte, war gar nicht eingezeichnet. Die gegenwärtig zwischen Mukden und Tieling sich vorbereitenden Ereignisse erfüllen auch aus diesem Grunde die leitenden Kreise mit Besorgnis. Französische Kolonial - Grausamkeiten. Das,Petit Parisien' übernimmt die Gewähr für folgenden Bericht eines Funktionärs, der aus Französisch - Westafrika kürzlich in Paris ankam: Fälle von Erblindung infolge Aufent haltes in naßen GefüngniSgruben, wohin kein Lichtstrahl dringt, sind leider häufig; die solcherart arbeitsunfähig Gewordenen werden, um niemand zur Last zu fallen, geköpft! Das barbarische Polizeiverfahren, einem des Diebstahls verdächtigen Individuum ein glüh endes Eisen vors Gesicht zu halten und in diesen entsetzlichen Augenblicken seine Mienen zu studieren, führte wiederholt zu Blendungen infolge hastiger Bewegungen der Jnkulpaten. Den zum Tode Verurteilten wird eine weiße Jacke angelegt, deren Kragen rot angestrichen ist und auf den Hals abfärbt. Der Delinquent kann im Spiegel die kritische Linie sehen. Eine Hauptursache der Aufstände ist die Ver pachtung der Steuererhebung an berüchtigt grausame Personen, welche keine Quittungen geben, so daß die Steuer drei- und viermal eingetrieben wird. Auch aus dem belgischen Kongogebiet werden ähnliche Grausamkeiten gemeldet. Wie man aus Brüßel mitteilt, wurde ein belgischer Agent namens Samyns wegen grausamer Behandlung von Eingeborenen zum Tode ver urteilt. Vier Agenten der Abirgesellschaft wurden aus demselben Anlaße schwer bestraft. Ebenso wurden zwei Offiziere namens Maßart und Renger auf Veranlaßung der Untersuchungs kommission unter Anklage gestellt. Rundschau -- Der Kaiser hat seine Bereitwilligkeit erklärt, den Titel eines Ehrendoktors der Rechte der Universität von Pennsylvanien an zunehmen. — Prinz Heinrich begibt sich im Auf trage des Kaisers nach Rußland, um an den Beisetzungsfeierlichkeiten des Großfürsten Ser gius teilzunehmen. — Die sieben Handel-Verträge sind von der Reichstagskommission angenommen worden. Man gab der Regierung zwar noch allerlei gute Wünsche und Ratschläge mit auf den Weg, aber schließlich entschied sich die Kommission unter dem Zwange „Annehmen oder Ablehnen" mit großer Mehrheit für die Annahme. Wenige Tage vorher war auch der Deutsche Handelstag zu demselben Re sultat gelangt. — Die innerhalb der Reichsregierung ge pflogenen Erörterungen über die Schaffung eines selbständigen Kolonialamts sind voll ständig zum Stillstand gekommen. Es habe den Anschein, als ob man diesen Gedanken wieder fallen laßen wolle, aus der Erwägung heraus, daß der zweifellosen Belastung des Steuerzahlers kein rechter Vorteil gegenüber stehe. Ueber den Bahnbau Windhuk-Rehoboth im Süden von Südwestafrika soll dem Reichs tage angeblich noch in dieser Tagung eine Vorlage zugehen. — Wichtige Eifenbahnverträge sind zwischen Bayern und Oesterreich abge schloßen worden. Durch sie wird der Grenz verkehr wesentlich gehoben werden. Im Prin zip hat man sich auch über eine Eisenbahn verbindung zwischen Innsbruck und Garmisch- Partenkirchen in Oberbayern geeinigt. Bisher vermitteln Post- und Stellwagen von Zirl aus diesen Verkehr. - - — Die Villa August Bebels bei Zürich ist für 125 000 Fr. an einen Privatier verkauft worden. — Denkmalschändungen in Wei mar und Köln. Ein unerhörtes Bubenstück wird aus Weimar gemeldet. Das im vorigen Jahr in Weimar enthüllte Shakespeare-Denk mal ist nächtlicherweile durch eine schwarze, ätzende Säure total ruiniert worden. Auf Ergreifung des Täters wurde eine Belohnung von 200 Mark ausgesetzt. — Eine zweite der artige Freveltat wird aus Köln gemeldet. Am Südportale des Kölner Doms wurden von den Sockeln der Statuen mehrere Orna mente von frevelhafter Hand abgeschlagen. — Berlin. Aus Meiningen teilt man der ,Neuen Gesellschaftlichen Korrespondenz' mit, daß die Baronin v. Heldburg, die morga natische Gemahlin des Herzogs Georg II., seit längerer Zeit ernstlich leidend ist. — Der südwestdeutsche Dachdeckermeister- VerbandStag in Kassel beschloß im Einver ständnis mit dem norddeutschen Dachdcckerver- band und dem bergischen Dachdeckerverband die Gründung eines Zentral-Verbandes der Dachdeckermeister für ganz Deutschland. — Kiel. Der frühere Vorsteher des ge heimen Bureaus der „Germania-Werft" Bark- meyer wurde von der hiesigen Strafkammer wegen unlauteren Wettbewerbs und Diebstahls von Plänen zu 1 Jahr Gefängnis und zwei Jahren Ehrverlust verurteilt und wegen Fluchtverdachts in Haft genommen. — Beuthen. (Oberschl.) Die Genick starre breitet sich noch immer weiter aus. Sie herrscht jetzt in 23 Orten Oberschlesiens. — Zur Linderung der Not unter den Bergmanusfamilien im Ruhrgebiet haben wieder mehrere Stadtvertretungen die Bereit stellung von Geldmitteln beschloßen, andere dagegen das abgeleht. Unter den letzteren auch der Münchner Magistrat. Ueber das Verhalten des Bonner Universitäts-Kurators v. Rottenburg bei dem Streik — Aufforder ungen zu Sammlungen — hat der preußische Kultusminister eine Untersuchung eingeleitet. Die Siebenerkommission der Bergleute beschloß die Unterstützung von Gemaßregelten aus Verbandsmitteln mit 10 und 12 Mark wöchentlich. — Essen. Die großen Werke der rheinisch- westfälischen Eisenindustrie sind zur Zeit sehr stark beschäftigt. Die Aktiengesellschaft Fried rich Krupp hat in den letzten Tagen, trotzdem fchon die bisher größte Arbeiterzahl erreicht wurde, noch zahlreiche Arbeiter einstellen müßen. Die Betrieb« für Waffenwesen und Eisenbahn- -