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Naunhofer Nachrichten : 16.02.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190602167
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19060216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19060216
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-02
- Tag 1906-02-16
-
Monat
1906-02
-
Jahr
1906
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 16.02.1906
- Autor
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— Der Bund der Landwirte hielt am Sonntag im Zirkus Busch in Berlin seine diesjährige General-Versammlung und damit die übliche große Heerschau über seine Mit glieder ab, die er nun schon seit zwölf Jahren im Monat Februar anzuberaumen pflegt. Nach dem Geschäftsbericht zählt der Bund 270 000 Mitglieder. Der Zirkus bot den bei diesen Veranstaltungen gewohnten Anblick. Da» weite Haus war von der Arena bis zu den Galerien von einer Kopf an Kopf sich drängenden Menge erfüllt, so daß die Zahl der Teilnehmer wohl auf 5000 geschätzt wer den darf. Unter diesen waren in erheblicher Zahl als sonst das weibliche Element ver treten. Einstimmig angenommen wurde eine Resolution, in der dem Reichskanzler und dem preußischen Landwirtschaftrminister für ihre Haltung in der Frage der Fleischnot gedankt und um „weitere Förderung der Landwirt schaft" gebeten wird. Zum Schluß wendet sich die Resolution gegen die Einführung einer Reichserbschaftssteuer. — Berlin. Auf der Börse verlautete heute mittag, daß Hofprediger a. D. Wolf Stöcker die „Staatsbürgerzeitung' gekauft habe. Er soll 10 000 Mark mehr geboten haben als die „Post." — Köln. In der gestrigen ersten Gläubigerversammlung der in Konkurs ge ratenen Rheinischen Krankenversicherungskasse wurde über die Ursache des Zusammenbruches mitgeteiit, daß die Beiträge zu gering, die Verwaliungskosten zu hoch gewesen sind. Von 150 000 Mark Einnahmen hat die Verwaltung 90 000 Mark verschlungen. Die Polizeibe hörde hat schon häufig die Absicht gehabt, die Kasse zu schließen, hatte aber keine Handhabe gefunden. Die Kaffe besaß 14 000 Mit glieder, die über ganz Deutschland sich er streckten. In Berlin sind allein 2000 der Kaffe angehörige Personen. Die Höhe der Forderungen konnte noch nicht festgestellt werden, da fortgesetzt Ansprüche geltend gemacht werden. Die Beschlußfassung über die Einstellung des Konkursverfahrens wegen Mangel an Konkurs masse wird am achten März herbeigeführt werden. — Breslau. Im Neschwitzer Jagd terrain verfolgten zwei Schützen einen Hirsch, während ein dritter eine Schonung umging. Dieser bemerkte hierbei den Hirsch und gab sofort zwei Schüsse auf ihn ab, ohne die beiden erstgenannten Schützen zu sehen. Er traf beide so unglücklich, daß sie schwerverletzt in- Krankenhaus gebracht werden mußten. — Bremen. Dar bremische Budget für 1906 schließt mit einem Defizit von rund 1 Million Mk. ab. - Magdeburg. Ein Leutnant vom 66. Infanterie-Regiment verübte Dienstag Abend Selbstmord, indem er sich vor dem Spiegel eine Kugel in den Kopf schoß. Er hatte erst vor vier Monaten die Tochter eines Oberstabsarztes geheiratet. Seine Verhältnisse waren vorzügliche. Die Tat soll in einem Anfall von geistiger Umnachtung begangen worden sein. — Essen. Der Bergmann Otto Kraus haar aus Steele wurde wegen wissentlich falscher Anschuldigung von der Strafkammer zu 8 Monaten Gefängnis und 3 Jahren Ehrver lust verurteilt und seine sofortige Verhaftung im Gerichtssaale angeordnet. Er halte vor einiger Zeit einen Polsterer wegen einer Majestätsbeleidigung angezeigt, der sich dieser gelegentlich eines Spazierganges mit ihm schuldig gemacht haben sollte. Die Unter suchung ergab jedoch völlige Haltlosigkeit der Anzeige, worauf der Denunziant selber unter Anklage gestellt wurde. — Harburg. In Eisenburg beschlossen die Sozialdemokraten, aus der evangelischen Landeskirche aurzutreten, weil mehrere sozial demokratische Gemeindemitglieder, die in den Schulvorstand gewählt wurden, wiederholt nicht bestätigt wurden. Bisher sind 43 Arbeiter ausgetreten. — Rostock. Der Stadtsekrekär Sterns alt hat sich erschossen. Bei der Kassenrevision fanden sich Unregelmäßigkeiten, Unterschlagungen von Geldern im Betrage von 80 000 Mk. vor, unter denen namentlich kleinere Leute zu leiden haben. — Helgoland. Der angeblich von den Helgoländer Fischern abgelehnte Antrag der Hamburg-Amerika-Linie, die Landungsbrücke zu verlängern, um durch direktes Anlegen der Dampfer die bisherigen schwierigen Landungs verhältnisse zu beseitigen, ist heute einstimmig von der Gemeinde angenommen worden. — Russische Beamtcuwirtschaft. Als der neue russische Wegebauminister Nemeschajew jetzt einen Ergänzungskredit zur Fortsetzung eines Chausseebauer verlangte, hieß es, daß der Bau erst kürzlich begonnen, und bisher nur 50 000 Rubel dafür verbraucht worden seien. Nachdem der Vorsitzende dann aber die Akten eingeseheu, ergab sich, daß dafür schon zwölflmudcrttauseud Rubel ver braucht worden waren. Einen guten Teil der Schuld trifft nicht den neuen, wohl aber den früheren Verkehrsminister, den Fürsten Chilkow, während dessen Amtszeit die un glaubliche Wirtschaft fortgedauert Hai, ohne daß er die Verfehlungen seiner ungetreuen Beamten entdeckte. Ans Stadt und Land. Naunhof, den 15. Februar 1906. Naunhof. Vor kurzem wurden in diesem Blatte 10 Mark Belohnung demjenigen zuge sichert, welcher nachweisen konnte, werin einem in der Göthestraße gelegenem Grundstück die elektrische Klingelanlage gewaltsam herauS- geriffen hatte. Der Täter konnte bisher nicht ermittelt werden. Dieser Tage ist dasselbe Manöver in der Grimmaerstraße vorgekommen, auch wurden ein paar verdächtige Burschen, die sich in ähnlicher Weise zu schaffen machten, von einem hiesigen Bewohner verfolgt, ohne ihrer habhaft zu werden. Da es nicht aus geschlossen ist, daß sich solche Rüpeleien wieder holen, wäre es sehr angebracht, ein wachsames Auge zu führen. Es kann sich in diesen Fällen doch höchstens um Schurkenstreiche handeln. Am 12. Februar hielt der Obst- und Gartenbau-Verein zu Naunhof seine General versammlung ab. Zunächst wurde des Ab lebens dreier Mitglieder, der Herren Dr. Zürn, Pastor am. Baltzer und Privatier Friedrich, gedacht. Der Kassenbericht ergab eine Ein nahme von 215,47 Mk., eine Ausgabe von 172,27 Mk. und einen Barbestand von 43,20 Mk. Bei der darauffolgenden Vor standswahl wurde der Gesamtvorstand wieder gewählt mit Ausnahme des Schriftführers, für den Herr Hintze eintrat. Dann wurde der Beschluß gefaßt, bei dem Bezirksverein Grimma vorstellig zu werden, daß dieser Jahr hier ein Obstoerwertungskursus statt finden soll. Die Beschlußfassung über einen Ausflug wurde vertagt. Beschlossen wurde weiter die Anlage von Versuchsfeldern und der Ankauf von Neuheiten in Blumen- und Gemüsesämereien, die zu Versuchen an Vereins- Mitglieder verteilt werden sollen. Herr Hintze erklärte sich bereit, Bohnensamen gratis zur Verfügung zu stellen und den praktischen Rat geber in den VereinSversammlungen auSzu- legen. Schließlich brachte Herr Schuldirektor Schäfer in Anregung, auffindbare Obstbaum - schädlinge zu sammeln und ihm zu über mitteln, damit in den Vereinssitzungen Be lehrungen und Aussprachen darüber stattfinden können, die durch große Anschauungstafeln illustriert werden sollen. Naunhof. Wer zur Faschingszeit die Großstadt besucht hat, dem wird es nicht ent gangen sein, daß man in den Abendstunden auf den Straßen hin wieder echten Ealon- tirolern mit schmucken Dirndeln begegnet. Sie gehören geselligen Vereinen an und lenken ihre Schritte nach irgend einem Ballsaal, wo Kostüm-, Tiroler- oder Alpenfeste stattsinden. Solche gesellige Vereine — und in der Groß stadt gibt es deren sehr viele — veranstalten zu jetziger Zeit mit Vorliebe Vergnügungen der vorerwähnten Art, um sich einmal recht ungezwungen in anderen als den gewöhnlichen Ballkleidern bewegen zu können. Auch der hiesige Ges.-Ver. „Concordia" hat es sich immer schon, wenn auch in kleinem Maßstabe zur Aufgabe gemacht, durch ihre aktiven Mitglieder Aufführungen nach Tiroler Art zu veranstalten. Der nächste Montag wird die Mitglieder der Concordia wiederum im festlich geschmückten Rathaussaale zu einer Kirchweih in Birchbirchl vereinigen. Er ist schon jetzt vorauszusehen, daß das Fest ein großartiges zu werden verspricht und die gehegten Er wartungen in jeder Hinsicht erfüllen wird. P Wir lesen in der „Zittauer Morgen- zeitung": Ueber die Invalidenversicher ung-Pflicht der Wasch- und Aufwartefrauen, Gelegenheitsarbeiter usw. hat jetzt die Landes versicherungsanstalt Königreich Sachsen eine interessante Entscheidung gefällt. Der Maschinen fabrikant Kl. in Wurzen beschäftigte während der Sommermonate zu fünf halben Tagen in der Woche eine Gartenfrau. Dieselbe Frau war aber außerdem noch ständig bei einem anderen Arbeitgeber während zwei Stunden des Tages als „Aufwartung" tätig. Keiner von den beiden Arbeitgebern wollte die Frau zur Invalidenversicherung anmelden, da sie „bei ihm" nicht versicherungspflichtig sei. Die Ortskrankenkasse erstattete Anzeige an den Stadtrat als Aufsichtsbehörde, der seinerseits eine Entscheidung der Landesversicherungs- aastalt herbeiführte. Diese lautete dahin, daß die Beschäftigung der Frau bei dem Maschinen fabrikanten Kl. so umfangreich sei, daß sie als versicherungspflichtig bezeichnet werden müsse. Die Beschäftigung der Frau als Auf wartung sei jedoch nicht so umfangreich, um als versicherungspflichtig angesehen zu werden. Da jedoch nach 140 des Jnvalidenver- sicherungsgesetzes bei Personen, die von mehreren Arbeitgebern beschäftigt werden, die zusammen als Gesamtschuldner für die Beiträge zu haften haben, so habe der Maschinenfabrikant zwei Drittel und der andere Arbeitgeber ein Drittel der Beiträge zu bezahlen. Beschäftigt ersterer die Frau allein, so habe er allein die vollen Beiträge zu entrichten, sei aber die Frau in der angegebenen Weise nur als Aufwartung beschäftigt, so seien Beiträge nicht zu bezahlen. — Diese Entscheidung mag sich zwar mit den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen decken, verständlich und für den praktischen Gebrauch leicht anwendbar ist sie aber nicht. ch Der sächsische Forstverein dem fast sämtliche sächsischen oberen Forstbeamten, so wie zahlreiche Waldbesitzer und Forstinteressenten als Mitglieder angehören, hält seine 50. Jahresversammlung in der Zeit vom 24. bis 27. Juni d. I in Nossen ab. Als Ver handlungsgegenstände sind aufgestellt worden die Frage: „Wie haben sich unsere Maßnahmen gegen die Sturmgefahr bewährt ?" Betrachtungen über die jagdscheingesetzlichen Bestimmungen und die Erhaltung der Jagd im heutigen Wirtschaftswald, die Befugnis der Forstbcamten bei Ausübung der Polizei, ein Vortrag über die Dresdner Werkstätten für Handwerkerkunst und Mitteilung verschiedener Art. ch Aus Handwerkerkreisen geht den „Dresdn. Nachr." folgender beachtungswerter Artikel zu: Zur bevorstehenden Osterzeit, wo an so viele Eltern die schwere Frage der Berufswahl ihrer Kinder herantritt, verdient eine Zuschrift Beachtung, die uns vom Obermeister der hiesigen Kürschner-Innung zugehl. Es heißt darin: „Mehr und mehr wird in den Tages zeitungen vor dem und jenem Beruf als „über füllt gewarnt. Das öffentliche Leben zeigt täglich, wie der Kampf ums Dasein immer schwerer wird. Besonders sind er die Ange hörigen der sogenannten höheren Berufsarten vom Kaufmannrstande bis zu den akademisch Gebildeten, welche oft bis ins Mannesalter hinein die Unterstützung ihrer Familie in An spruch nehmen müssen und selbst in ihren besten Jahren nur ein unzulänglicher Ein kommen haben. Da ist es wohl eine dankens werte Aufgabe, besonders solche Eltern, die ein kleines Kapital aufzuwenden haben, auf einen geachteten Beruf hinzuwcisen, bei welchem die Verhältnisse eher umgekehrt liegen; wir meinen das Kürschner-Handwerk. Wohl hat ein kalter Winter bemerkbaren Einfluß auf den Geschäftsgang, aber seit Pelz mehr LuxuS- und Modeartikel geworden ist, ist der Ver brauch von Pelzwerk in der ganzen Welt ge stiegen. So sind tüchtige Gehilfen, die etwas Gründliches gelernt haben, sehr rar in der Branche geworden und werden überall gesucht, haben das ganze Jahr über, gleichmäßige ruhige Arbeit bei einem Einkommen, welches dem eines kleinen Beamten entspricht. Ein junger Kürschner steht mit dem 18. Jahre auf eigenen Füßen, ihm steht die ganze Welt offen. Kommt womöglich eine pekuniär« Unterstützung der Vaters hinzu, welche nicht sehr groß zu sein braucht, so sind die Be dingungen vorhanden, um ihm mit 30 Jahren eine eigene Selbständigkeit als Meister und geachteter Bürger zu sichern. ch Außerordentlich stark ist in diesem Jahr der Andrang nach dem Lehrerseminaren ge wesen, wie nachstehende Zusammenstellung zeigt. Frankenberg: 63 Knaben unterzogen sich der Aufnahmeprüfung, 61 bestanden, 4 wurden davon ärztlich beanstandet, von den restlichen 57 konnten aber nur 28 ausgenommen werden. Dresden: Von 49 Aspiranten bestanden 48 die Prüfung, 28 von diesen wurden in die neu zu bildende Sexta ausgenommen. Grimma: Von 60 Angemeldeten erschienen 58. Davon bestanden 49 die Prüfung. Einer konnte aus gesundheitlichen Rücksichten Er glaubt es zu sein, er musiziert, malt und macht Ge kehrte er aus Italien zurück, und die beiden waren sofort wie in der Apotheke dieses Versehen begangen hätte." „Halten Sie das sür möglich?" fragte der Richter. „Für möglich wohl, aber für sehr unwahrscheinlich." „Sie waren Hausarzt der Verstorbenen?" „Seit vielen Jahren!" „Dann muß ich Sie bitten, mir über die Verhältnisse hier Papier gehüllt. Der Doktor nahm sie vor den Augen des Rich- ters heraus, eins erschien ihm etwas dicker als die übrigen, er öffnete es und führte mit der nassen Fingerspitze etwas von dem weißen Pulver zum Munde, spie es aber sofort wieder aus. lobter kann in der Zerstreuung sich vergriffen haben, ich finde das sogar sehr wahrscheinlich!" „DaS wäre schrecklich!" seufzte Johanna. „Wenn Roland dafür verantwortlich gemacht würde." Sie mußte abbrecheu. Jakob meldete die Ankunft des Polizeikommissars, der in der Gesindestube das Eintreffen des Untersuchungsrichters ab- warten wolle. „Der Doktor hat das Wasserglas vermißt," wandte Walter sich zu Johanna, nachdem der Diener sich wieder entfernt hatte, es stand auf dem Nachttischchen, wissen Sie, wo es geblieben ist?" Johanna schien ihreGedanken sammeln zu wollen. „Ich glaube, daß ich eS in mein Zimmer mitgenommen habe," sagte sie, „ich war so erschrocken über den bösen Blick, der mich aus den Augen des gnädigen Fräuleins traf, daß ich nicht wußte, was ich tat." „DaS Gift soll meine Tante augenblicklich getötet haben!" „Entsetzlich! Deshalb blieb eS nebenan so still! Ich hörte keinen Atemzug mehr, aber ich dachte mir nichts Schlim mes dabei. Und ich kann eS auch jetzt nicht glauben! Wer könnte die ruchlose Tat begangen haben?" „DaS frage ich mich auch!" erwiderte Walter. „Ich wüßte unter diesem Dache niemand, den ich dazu für fähig hielt, und deshalb beharre ich bei der Vermutung, daß ein Versehen vorliegt. Ob nun der Arzt oder der Apotheker das Verse hen begangen hat, muß die Untersuchung fesistellen." Johanna warf einen ungeduldigen Blick auf die Uhr, drau „Hier haben wir noch eine Dosis desselben Giftes," sagte er zornig. „Die Schachtel muß versiegelt, jedes Pulver unter sucht werden, es wäre ein bodenloser Leichtsinn, wenn man Auskunft zu geben, soweit Sie es vermögen. Aber vor allen Dingen ein anderes Zimmer! Die Luft hier beengt mir den Atem." * Ter Doktor führte die Herren in das kleine, sehr einfach ansgestattete Privatzimmer Johannas, daS dem Schlafgemach gegenüber lag, der Aktuar setzte sich an den Tisch und legte sein Schreibgerät zurecht. „Also, wenn ich bitten darf!" sagte der Untersuchungsrich ter. „Ich wünsche Auskunft über jede Person in diesem Hause. Beginnen wir mit Fräulein Feldern selbst; wie alt war sie?" „Etwa sechzig Jahre," antwortete der Doktor, indem er seine Brille abnahm, um die Gläser abzureiben. „Sie war sehr reich und wie alle bejahrten Jungfern, sehr anspruchsvoll und mit Lannen geplagt Was sie wollte, das mußte geschehen, ihr Eigensinn ließ sich nicht beugen. Sie stand allein. ZLervnßte Schuld. Roman von Kurt von Bergheim. » „Die Gerichtsherren!" flüsterte Walter, dessen Blick er- verstorbenen Schwester. Sie nahm den Knaben zu sich un'd er- „DaS ist alles, was ich auszusagen wüßte, wenn mein Zeug- wartungsvoll auf der Tür ruhte, „sie gehen vorbei." i zog ihn, sie betrachtete ihn als ihr eigenes Kind, und ich ni» verlangt würde, und ich sehe nicht ein, daß ich deshalb hier Der Doktor, der Untersuchungsrichter mit seinem Aktuar und darf wohl sagen, daß er mit voller Liebe dafür gelohnt hat. zurückgehalten werden soll." der Polizeikommissar stiegen die Treppe zum Schlafzimmer Er reiste viel, war lange in Italien, und eS schien mir da- „Beruhigen Sie sich," bat Walter, „ich glaube auch jetzO hinauf: oben angelangt, öffnete der Arzt die Türe, die Herren mals, daß zwischen den beiden eine kleine Entfremdung ein- noch, daß de Doktor sich geirrt hat, unfehlbar sind diese Her- traten ein. getreten sei. Fränlein Feldern klagte darüber, daß sie nun ren ja aucy nicht. Vielleicht hat in der Apotheke ein Verse- Der Arzt erklärte an der Leiche die Erscheinungen, auf ganz allein stehe, und ihr Neffe nur an seine Kunststudien denke." - - - „Er ist Künstler?" wari der Richter ein. ßen wurden Stimmen laut, die gleich darauf wieder verhall-1 Soviel ich weiß, hatte sie uur einen einzigen Verwandten, . ! ten. ! Herrn Walter von der Leyen, das einzige Kind ihrer früh- der ein Herz und eine Seele." „Herr von der Leyen ist Universalerbe?" „Ohne alle Zweifel; vielleicht geht ein kleine- Legat für Fräulein Brigitte Burrenkamp ab, die Tochter des Tier arztes, die Fräulein Feldern seit einiger Zeit in ihr Herz geschloffen hatte. Ich glaube, Herr von der Leyen wird diese junge Dame heiraten, seine Tante wünschte eS und ihr Wunsch war ihm stets Befehl. Vor der Rückkehr ihres Neffen hatte Fräulein Feldern ein junges Mädchen als Gesellschafterin en gagiert, Fräulein Johanna von Renuing, die Tochter eines pensionierten Obersten, der in Marburg wohnt. Sie suchte eine Gesellschafterin durch die Zeitung, Fräulein von Reuning mel dete sich, stellte sich persönlich vor, gefiel und wurde ange nommen. In de» ersten Monaten besaß sie die volle Gunst ihrer Gebieterin, dann aber begannen die Klagen, und eS soll gestern zu einem Zerwürfnis zwischen den beiden gekommen sein, der eigentliche Grund ist mir unbekannt." „Kennen Sie den Charakter der Gesellschafterin?" „Soweit ich ihn kennen gelernt habe, kann ich ihn nur lo ben," erwiderte er. „Fränlein von Reuning ist rin sehr lie benswürdiges Mädchen, sanft und geduldig, aber wenn eS sein muß, auch energisch und witteuSfest, sie hat sich nicht jeder Laune ihrer Gebieterin gefügt, dadurch entstanden auch die Zwistig keiten " „Und die Dieristboten?" fragte der Richter. 133,20 „Sind beide treu wie Gold und schon lange hier im Hause, ihnen konnte der Tod der alten Dame nicht wttnschen-wert sein " hen stattgefunden " die er sei "Gutachten stützte, er machte darauf aufmerksam^ »Ich selbst habe diese Pulver gestern nachmittag aus der daß das Wasserglas fehlte und suchte dann die Schachtel, die j ,,«r gmum es zu ;eln, er muyzierr, mall nno macyr ^e- Apotheke geholt!" das Morphiumpulver enthielt. Sie stand auf dem Toilet- ' dichte, aber wenn er wirklich Talent besitzt, so zersplittert er „Das schließt die Möglichkeit eines Versehens nicht aus!" ^eutisch uud enthielt noch zehn Pulver, jedes war in weißes ! es, er ist in allem nur Dilettant. Bor einem halben Jahre erwiderte Walter mit einem leichten Achselzucken. „Ihr Ver- Papier gehüllt. Der Doktor nahm sie vor den Augen des Rich- k ' ' - - - - ...... ...
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