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Naunhofer Nachrichten : 29.09.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-09-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190509298
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19050929
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19050929
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-09
- Tag 1905-09-29
-
Monat
1905-09
-
Jahr
1905
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 29.09.1905
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Landtag vor, kam jedoch nicht zur Verabschie dung. In dem neuen Entwurf ist den seiner zeit verlautbarten Bedenken und Wünschen Beachtung geschenkt worden, und er steht zu erwarten, daß er eine Mehrheit in den Kammern findet. Ueber die Beratungen, die von der Regierung in eingehender Weise über verschiedene Anregungen zur Reorganisation der sächsischen Forstwirtschaft gepflogen worden sind, wird den Ständen entsprechende Mit teilung gemacht werden. Die feierliche Er öffnung des Landtages wird nach Beendigung der notwendigsten Präliminarsitzungen im Residenzschloffe durch den König erfolgen. Am Tage dieses feierlichen Aktes findet dann altem Herkommen gemäß, wenn keine Hoftrauer herrscht, eine Galatafel statt. Dispositionen in dieser Richtung sind allerdings bis jetzt noch nicht getroffen worden. -s Das Kriegsministerium beabsichtigt in diesem Herbst volljährige Pferde als Kaval- lerie-Remonten ankaufen zu lassen und zwar ausnahmsweise auch vom Händler. Re- montemärkte finden statt: Montag, den 2. Oktober, 11 Uhr vormittags in Bautzen, Dienstag, den 3. Oktober, 9 Uhr vormittags in Dresden, Mittwoch, den 4. Oktober,, 10 Uhr vormittags in Chemnitz, Donnerstag, den 5. Oktober, 9 Uhr vormittags in Leipzig. f Zur bevorstehenden Rekrutenein stellung sei darauf hingewiesen, daß alle Rekruten verpflichtet sind, vor ihrer Einstellung ein etwa gegen sie schwebendes Gerichtsver fahren der zuständigen Militärbehörde anzu zeigen. Solche Rekruten werden gegebenen falls nicht eher eingestellt, als bis die Straf sache einschließlich der Strafvollstreckung er ledigt ist. Unterlasten sie die rechtzeitige An zeige, so werden sie bei einer gegen sie erfol genden Verurteilung zur Verbüßung der Strafe wieder "ntlassen, gleichviel, wie lange sie be reits gedient haben. Im nächsten Jahre werden sie alsdann erneut ausgehoben, ohne daß ihnen die voraufgegangene Dienstzeit unge rechnet wird. 1- Rechtsanwälte wurden zu Anfang dieses Jahres im Königreich Sachsen 775 ge zählt, gegen 762 am I. Juni 1901. Die Zahl der Richter betrug 628, so daß durch schnittlich auf einen Richter 6681 Einwohner entfielen. Amtsgerichte bestanden in Sachsen 107, ferner 7 Landgerichte und 1 Oberlandes gericht. ! Grimma. Die hiesigen Baumeister veröffentlichen in den „N. f. Gr." folgende Erklärung: Auf die Behauptung in der letzten Stadtverordnetensitzung erklären die Unter zeichneten, daß die Eingabe, den Maurern sei vom 1. Mai 1905 an 40 Pfg. Stundenlohn zugesagt worden, auf Unwahrheit beruht. Es ist lediglich für den Fall besserer Banlätigkeit eine Lohnverhandlung in Aussicht gestellt worden Wie jedermann weiß, konnte aber in diesem Jahre von besserer Bautätigkeit in Grimma :n keiner Weise die Rede sein. Den Streik haben die Arbeiter nicht hervorgerufen, um ihre Lage zu verbessern, denn die Lohnerhöhung von 38 auf 40 Pfg. würde ihnen wöchentlich nur einen Mehrverdienst von 1,20 Mk. bringen, omit, da man in diesem Jahre nur noch mit höchstens 6 Wochen Bautätigkeit erfahrungs gemäß rechnen darf, nur insgesamt eine Mehreinnahme von 7,20 Mk. Dieses Streit objekt steht jedenfalls in keinem Verhältnisse zu dem Verluste, welcher pro Person zirka 135 Mk. beträgt, abgesehen von den Bauten, gerechnet, der Gemeindebehörde selbst anzu- -eigen und ihr auf Erfordern die zur Fest stellung seines Steuerbeitrags erforderlichen Angaben zu machen hat. Wer die vorge schriebene Anzeige seines Eintrittes in ein die Beitragspflicht begründendes Verhältnis unter läßt, kann mit Geldstrafe bis zu 50 Mk be legt werden. Natmhof. Vom nächsten Sonntag ab beginnen die Hauptgottesdienste, wie üblich im Winterhalbjahr, erst ^/,11 Uhr. vormittags, dementsprechend ist auch in Klinga der Be ginn eine Stunde später und zwar um 8 Uhr statt 7 Uhr früh. In der Parochie AlbrechtS- hain,-Erdmannshain gelten dieselben Anfangs zeiten, nur daß dort ein regelmäßiger Wechsel zwischen früh und vormittag stattfindet. Naunhof. Die Postschalter werden vom 1. Oktober ab erst von früh 8 Uhr an ge öffnet sein. Ebenso wird der telephonische Verkehr vom 1. Oktober ab von früh 8 Uhr seinen Anfang nehmen. Naunhof. Ein fürchterliches Unwetter ging am gestrigen Spätnachmittag jüber unsre Stadt nieder. Gegen 5 Uhr verfinsterte sich der Himmel so stark, daß in den Geschäfts lokalen und Wohnungen Licht angezündet werden mußte. In der sechsten Stunde brach dann das Wetter so arg herein, wie es seit vielen Jahren hier nicht beobachtet worden ist und wie es jetzt Ende September wohl kaum noch zu vermuten war. Die elektrischen Ent ladungen waren von wolkenbruchartigen Regen güssen begleitet, auch hat es hier und in der nächsten Umgebung mehrfach eingeschlagen, ohne jedoch größeren Schaden zu verursachen. Naunhof. Bereits um 1 Uhr soll nächsten Sonntag das große PrämienauSschießen des hiesigen Schützenbundes beginnen, da bis 5 Uhr die Festfchelbe geschaffen sein muß, denn für 6 Uhr ist diePreiSverteilung ange setzt. Aller Voraussicht nach wird sich das Prämienschießen großer Teilnahme zu erfreuen haben, die Stimmung dafür ist ausgezeichnet. -f- Wie verlautet, wird die Königliche Staatsregierung dem bevorstehenden Landtage die Errichtung eines Amtsgerichts in Rötha in Vorschlag bringen. Dem neuzubildenden Gerichtsbezirke sollen außer der Stadt Rötha selbst eine größere Anzahl Dörfer au? den Gerichtsbezirken Borna und Leipzig und vom Amtsgerichtsbezirke Laufigk die Ortschaften Oelzfchau und Mmmlitz zugewiesen werden. Die Vertretungen der beiden letztge nannten Ortschaften haben dagegen Wider spruch erhoben und mit Recht geltend gemacht, daß sie mit Lausigk gute Eisenbahnverbindung, mit Rötha aber keinen Verkehr hätten. -f- Die Vorbereitungen zum nächsten ordent lichen sächsischen Landtage sind nunmehr soweit gediehen, daß die Eröffnung der Land tagskanzlei für den 16. Oktober in Aussicht genommen worden ist, Der Rechenschaftsbe- ttcht über die Finanzperiode 1902/03 ist be reits im Druck vollendet, und auch der Staats haushaltsetat für die Finanzperiode 1906/07 ist vor kurzer Zeit endgültig fertig gestellt und in Druck gegeben worden. Dasselbe gilt von verschiedenen Berichten über besondere Verwaltungszweige der Staatshaushaltes. Außer den großen wassergesetzlichen Vorlagen und einem Gesetzentwurf zur Erweiterung des Um fanges und der Befugnisse des Landeskultur rates wird den Ständen auch der Entwurf eines Körgesetzes zugehen. Ein solches Gesetz lag bereits einmal vor Jahren dem welche nunmehr nicht unter Dach kommen und infolgedessen keine Winterarbeit bieten. Für nächstes Frühjahr harten sich ja die Meister bereit erklärt, in Lohnverhandlungen einzutreten. Der Streik erfolgte lediglich infolge Aufreizung und soll offenbar nur eine Machtprobe sein, durch welche aber das bisherige gute Verhält nis zwischen Meister und Maurer jedenfalls auf lange hinaus gestört worden ist. Auf dem Gebiete der Vereinigten Ton werke in Brandis ist seit einigen Tagen, wie die Nachr f. Grimma melden, auf einem etwa 200 Quadratmeter großen Gelände, das mit Braunkohlenadern durchzogen ist, diezum- teil bis zur Erdoberfläche emporsteigen, ein unterirdischer Brand entstanden. Glühende Kohlenteilchen sind bis 25 Zentimeter unter der Oberfläche vorhanden. Dieser Brand herd führte nicht nur stinkenden Rauch ab, sondern dürfe auch eine Gefahr für Brandis bilden können, da das gesamte Gebiet bis nach Brandis herein mit Kohlenflötzen durch zogen ist. Dein Fräulein Elise Fadum in Warzen wurde die Lebensrettungsmedaille in Bronze verliehen. Die Genannte hatte ein Fräulein im Mühlgraben vom Tode des Ertrinkens gerettet. Wurzen. Herr Gcwerbeinspektor Kohls dorf wurde am Montag Nachmittag gelegent lich der Ausführung einer Dienstreise in Zühda bei Trebsen von einem Schlaganfalle, betroffen, dessen Folgen er noch am Montag Abend i/zH Uhr erlegen ist, Auf dem Talgute Oschatz des Ritterguts besitzers Gadegast wurden früh zwei polnische Erntearbeiterinnen erstickt aufgefunden. Die beiden Mädchen, 18 und 20 Jahre alt, schliefen in einer Kammer, die durch einen Grudeofen geheizt wurde. Eins der Mädchen hatte der Tod auf dem Lager ereilt, das andere batte sich, durch die Atemnot erweckt, zur Tür zu schleppen versucht, war aber nicht mehr dahin gelangt und lag entseelt auf dem Boden der Kammer. Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Der Bezirksarzt vermochte nur noch Vergiftung durch Kohlenoxydgas fest zustellen. Das Unglück dürfte auf eine Un vorsichtigkeit der Mädchen zurückzuführen sein, die ihre vom Regen durchnäßten Kleider über den Ofen gehängt und vermutlich, damit diese schnell trocknen sollten, die Klappe geöffnet hatten. In dem Konkurs des Lederpappensabri- kanten Steiner in Mulda bei Freiberg, dessen Schulden über 200 000 Mark betragen, find an verfügbarer Masse nur etwa 5600 Mark da. Das würden ungefähr 1,8 Prozent sein, wenn nicht noch die Kosten des Gerichts und die Honorare für den Gläubigerausschuß abzuziehen wären. Mittweida. Zum Bau der Industrie- Bahn von Mittweida nach dem Zschopautale ist dem Konsortium, das sich hierfür gemeldet hat, die oberbehördliche Genehmigung erteilt worden mit der Bedingung, daß die Bahn talaufwärts mindestens bis Dreiwerden und talabwärts bis Ningethal geführt werden solle. Die Ingenieure der den Bau ausführenden Firma haben ihre Tätigkeit bereits ausge nommen und man hofft, schon im Spät sommer des nächsten Jahres die Teilstrecke Bahnhof Mittweida-Neudörfchen - Dreiwerden in Betrieb nehmen zu können. Dresden. Am 26. Sept, sprach das Landgericht eine Anzahl Buchmacher von der Anklage des gewerbsmäßigen Glücksspiels frei, nur der Hauptangeklagte Bruno Raspe, In haber eines Spottbureaus, ward wegen Steuer hinterziehung mit 3000 Mark Geldstrafe belegt. 5 In AngnstttSburg hielten vom 23. bis 25. die Vereine Deutscher Studenten zu Leipzig und Dresden wieder ihre seit 1898 übliche Ferientagung mit Fackelzug nach dem Kriegerdenkmal ab und wurden bei dem Kommers von dem Bürgermeister der Stadt, Rosenfeld, herzlich begrüßt. Aus Grünhain wird gemeldet, daß die unter dem Verdacht des Mordversuches verhafteten Klempner Süß und Stoll aus Mangel an Schuldbeweisen wieder in Freiheit gesetzt worden sind. Tödlich verunglückt ist am Freitag die 84 jährige Witwe Friederike Dürnberg in Oberpfannenstil bei Zwönitz. Um sich ihr Mittagessen anzuwärmen, hatte sie sich im Stubenofen Feuer angezündet. Höchstwahr scheinlich sind dabei glühende Kohlen auf ihren Rock gefallen, die ihre Kleider in Brand setzten. Am Familientische erschossen hat sich um Sonnabend Abend in Planen i. B. der Fabrikweber Plank, als er eben mit seinen Angehörigen ein harmloses Spiel mit Karten gemacht hatte. Außer seiner Frau saßen noch mit am Tische die Tochter des Mannes und sein zukünftiger Schwiegersohn. Ohne jeden besonderen Grund schien Plank plötzlich in Schwermut zu verfallen. Er äußerte, daß er sein Leben satt habe, holte aus der Kammer einen Revolver und schoß sich, nachdem er wieder auf seinem Stuhle Platz, genommen hatte, ehe es jemand verhindern konnte, eine Kugel in die Schläfe. In Plauen hielt am 24. Sept, der Vogtländische Gauverband der Alldeutschen Ortsgruppe seinen Gautag ab, auf dem be sonders mitgeteilt ward, daß durch den Vor stand des Vogtlandischen Verbandes bisher insgesamt 8500 Mk. Liebesgaben für Deutsch- Südwestafrika gesammelt worden sind und der bisherige Vorstand mit Rechtsanwalt Dr. Pezoldt als erster Vorsitzender wiedergewühlt ward. Das Ministerium des Innern hat dem Kantor Krause in Auerbach i. B. den Titel „Kirchenmusikdirektor" verliehen. Die Verleihung geschah in Würdigung seiner Ver dienste um die Pflege des Kirchengesanges. Rafchau. Zwei in einer hiesigen Ziegelei beschäftigte Ziegelstreicher, welche am Sonntag Nachmittag mit einem Handwerksburschen zu sammen dem Alkohol fleißig zugesprochen und sich dann gemeinsam auf ein Strohlager zum Schlafen hingelegt hatten, weckten den Hand werksburschen dadurch, daß sie dessen Lager anzündeten. Der Ärmste erlitt aber dabei so schwere Brandwunden, daß er am Montag früh verstorben ist. Die Täter, mit Namen Lang und Flechsig, sind verhaftet worden. In Elster läßt in den nächsten Tagen die König!. Badedirektion Bohrungen auf Moor- erde vornehmen. Der Auszügler Schube in Großscitschen feierte am 22. September seinen 97. Geburts tag. Sch. ist bereits seit etwa zwei Jahr zehnten erblindet, im übrigen aber wohlauf. Kürzlich ist er an dem Tage, an welchem er vor 75 Jahren zum Militär eingetreten war, von seinem Regiment (jetzt Nr. 102 in Zittau) beglückwünscht worden. Derfchleiertes Hliick. Roman von Ewald August König. 75 Er sah sich in seiner Stube überall um, in der alles ganz or- deutlich war. Der ZimmermannShut mit der breiten Krampe lag auf dem Bett; er nahm ihn fort und hing ihn in einen Schrank. Recht unbehaglich war e» ihm zu Mute; er knöpfte den Rock zu und stand da, nicht wie einer, der Besuch erwartet, sondern wie zum AuSgehen bereit. Die letzte Viertelstunde wurde ihm nun doch noch lang. Er stellte sich auf den Gang ans Fenster, von wo er die ziemlich lange Straße nach rechts und nach links übersehen konnte; so mußte er deö Erwarteten ansichtig werden. Endlich tauchte der breitrandige Hut de» Maler- auf, aber was war das? Er kam nicht allein, oder gehörte der in der Ferne als neben ihm gehend erscheinende Mann nicht zu ihm ? Und doch, sie hielten gleichen Schritt und der Begleiter des Maler-war jener Herrschaftskutscher, der da» „Wilde Schwein" mehr besuchte, al» eS Christian lieb war, auf den er sogar et was eifersüchtig war wegen der Wirtstochter und dem er über- Haupt nicht traute. Wie kam er in die Gesellschaft des Maler- ? Angst beschlich ihn, diese beiden zusammen in der Wirtsstube, die Spieler, sollte da- ein Aufgebot gegen ihn sein ? Noch waren Kaluoki und der Kutscher eine ziemliche Strecke vom Hause entfernt, als Chri stian kurz entschlossen leise die Treppe hinunterging, nach hin ten hinau-schlüpfte und die andere Straße gewann, bevor sein so ungeduldig erwarteter Besuch da- „Wilde Schwein" erreichte. Er hatte den Mut verloren, ihm gegenüber zu treten, das Geschäft, mit dem er am Morgen noch prahlte, abzuschließen, weil der Kutscher mit dem Maler kam. Angst und Aufregung beschleunigten seine Schritte zur Stadt hinaus, querfeldein, über Gehöfte und Dörfer in die Nacht hin aus. Sein Plan war schnell gefaßt. An der nächsten Eisenbahn station hielt um neun Uhr ein Zug; der konnte ihn dem Be reich seines Verbrechens entführen. In der WirtLstube „Zum wilden Schwein" hatten sich mehr Gäste eingefunden, al» erst der Kutscher eintrat, sich Bier geben ließ und, wie gewohnt, nach einer Zeitung griff. Dann kam der Maler und frug nach Herrn Spitzer. Peter Lindlar lächelte und sagte: Der Herr Spitzer werde oben jein, ob er ihn rufen lassen solle, oder ob sich der Herr hinaufbemühen wolle, eS sei nicht zu verfehlen, da, wo das Dach anfange. „Haben Sie unten eine Stube, wo man sich ungestört be sprechen kann?" forschte Kalnoki. Der Wirt öffnete eine Tür zu einem Nebenzimmer. „Würde das passen?" zeigte er hinein. „Dar ist aut," antwortete der Maler, „bringen Sie eine Flasche guten Rheinwein, mit zwei Gläsern und lassen Sie Herrn Spitzer sagen, er werde erwartet." Das Bestellte kam bald, nicht aber Herr Spitzer, der nicht zu finden war. Die Kartenspieler sahen einander an, der Kutscher hinter der Zeitung her. „ES ist sieben Uhr vorbei, die Zeit, wo wir uns hier treffen wollten, er muß ja gleich kommen," meinte der Maler. „Dann begreife ich nicht, daß er nicht da ist, vor noch nicht einer halben Stunde war er noch in der Wirtsstube, aus der er nach demHofe,undvondahinaufgegangen ist," erzählte der Wirt. Kalnokiblieb eine Viertelstunde allein hinter der Flasche; dann wurde eS ihm langweilig, er kam nach vorn, als ob er Unter- Haltung suche. Er fragte den Wirt etwa», der mit der Hand nach dem Hofe deutete. Kalnoki ging hinaus, gleich hinter ihm drein der Kutscher. Draußen trafen sich die beiden. „Verdächtig," sagte der Kutscher; „am Ende ist der Bogel auSgeflogen. Ich werde fortgehen, recht- die Straße herauf, fol- gen Sie mir bald; hinterlassen Sie, Sie kämen in einer Hal- den Stunde wieder." Unauffällig kam einer nach dem andern zurück Der Kutscher stellte sich in die Nähe der Karteuspieler, sah wie zufällig auf die Uhr und sprach zu sich selbst: „Was, gleich neun Uhr?" „Da irrenSie,"sagte einer derSpieler,„Siemeinenwohlacht?" „Richtig, wie man sich versehen kann. Ich kriegte schon einen Schreck, um neun müssen die Pferde gefüttert sein." Damit nahm er seinen Livreehut und verließ die Stube. Der Mann, welcher ihn mit „acht" berichtet hatte, ging, ohne Kopfbedeckung, ebenfalls hinaus und erhielt die Weisung, bis neun Uhr zu warten. Er setzte sich wieder zu seinem Spiel partner und beide ließen sich zu essen geben. Anna, die wieder von der Küche au» da» Fortgehen de» Kut schers bemerkte, kam ihm draußen entgegen, als der andere Gast wieder in der Stube war. Fragend blickte sie den Kutscher an. „Haben Sie etwas zu berichten?" fragte er. „Nur, daß mir das Verschwinden des Menschen unerklärlich ist. Er äußerte, daß er jemand erwarte, auch oben vom Fenster schaute er danach aus, kurz bevor Sie mit dem Herrn kamen." „Dann hat ihn sein Gewissen gewarnt." Sollte er Verdacht geschöpft haben, als er uns beide zusammen gesehen ? überlegte der Kutscher, eine Blamage für mich! „Anna, der Herr, die bei den am Fenster, wir gehören zusammen, Vorsicht, wenn derZim- mermann wiederkommen sollte, er darf nicht entwischen!" „Ist er eS?" stieß Anna hervor. „Und Hermann?" „Still, so weit sind wir noch nicht, hoffentlich bald!" Eiligst ging er von dannen, Kalnoki holte ihn bald ein. „Zum Bahnhof," gab der Kutscher die Weisung, „wenn er von da aus sich drückt; eher aber wird er ein Versteck in der Stadt haben." „Mir ist die Geschichte rätselhaft," sagte der Maler; „die Verhandlung mit mir konnte ihm doch nur gefahrlos erschei nen, was in aller Welt konnte ihn davon abhalten?" „Ich fürchte," bemerkte der Kutscher, „er hat uns zusam men kommen gesehen und daraus Argwohn geschöpft." „Endlich glaubte ich mein Geheimnis greifen zu können," stöhnte Kalnoki, „und nun ist'S wieder nichts." „Die Beweise hat er nicht, die hat die Schwester, die sind einstweilen für Sie gut aufgehoben. Schlimmer wäre eS, wenn der Mordgeselle wirklich entschlüpfte. Das ärgerte mich furcht- bar. Halten Sie sich irgendwo auf, so daß Sie in einer halben Stunde wieder im „Wilden Schwein" sind, wohin ich folge, wenn hier nichts zu holen ist; ich wechsle schnell den Anzug." Die beiden trennten sich und kamen resultatloS wieder zusam men, die Geheimpolizisten waren ihres Dienstes ledig. Der Kutscher, natürlich kein anderer als Hurtig, hatte sei nen Plan inzwischen gemacht. Kalnoki erhielt nur die Rolle des Abwartens, Anna wurde unterrichtet für die Fälle der Nach frage nach dem Zimmermann, insbesondere wie die Schwester zu bescheiden sei und falls wider Erwarten Christian doch noch zurückkomme. Seine Stube wurde untersucht, nichts deutete da- rin auf eine Flucht. Die Verbündeten trennten sich msi dem em pfindlichen Gefühl, überlistet worden zu sotn. , * 118,20
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