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- Dieärztliche Studienreise 1SV5 wird am 13. September beginnen. Von München ausgehend und in Meran, dem Ort der dies jährigen Naturforscher - Versammlung endend, sollen folgende Bade- und Kurorte in die Reise einbezogen werden: Ischl, Reichenhall, Berchtesgaden, Gastein, Gofsensaß, Levico, Roncegno, Riva, Gardone, Solo, Arco und Meran. — Mitglieder aller Parteien haben im preußischen Abgeordnetenhause den Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuchen, durch Nachtrags-Etat oder Anleihegesetz schleunigst Mittel bereit zu stellen zur Gewährung von unverzinslichen oder gering verzinslichen Dar lehen an die durch den elementaren Wasser mangel des Sommers 1904 schwer geschädigten Aleinschiffer zum Zwecke ihrer Erhaltung im Haus- und Nahrungsstande. — Die nächste und letzte Feldpost in diesem Monat geht am Dienstag, den 28. Februar, von Hamburg nach Deutsch-Südwest- afrika. Sie benutzt den an diesem Tage ab gehenden Dampfer der Wörmann-Linie. Ter Dampfer wird auch zu einem kleinen Truppen transport benutzt. Er geht unmittelbar nach Swakopmund, wo er etwa am 25. oder 26. März fällig ist. Diese Feldpost befördert Briefe, Postkarten und Pakete. Die Schlußzeit ist in Hamburg am Tage des Abgangs des Dampfers morgens früh 6 Uhr, für Berlin der Abend vorher. Briefsendungeu, die für die Feldpost bestimmt sind, müssen aber schon früher aufgeliefert werden, damit sie dein Marinepostbureau in Berlin zugeführt uud von diesem gesammelt und weiterbefördert werden könuen. Der Feldpostbriefverkehr nach Südwest afrika dehnt sich außerordentlich aus. Bis jetzt sind bei dem Marinepostbureau ruud Millionen Briefe, Postkarten usw. bearbeitet worden. Die Zahl der Pakete beträgt etwa 22 500 Stück. — Von verschiedenen Seiten sind bisher für die Schutztruppe in Südweftafrika in dankenswerter Weise Hunde zur Verwen dung als Kriegshunde zur Verfügung gestellt worden. Leider haben nach einer Nachricht vom Kommando der obengenannten Schätz truppe die meisten dieser Tiere nicht den er hofften Nutzen gezeitigt, so daß nunmehr bis auf weiteres von der Heraussendung von Hunden Abstand genommen wird. - Wegen militärischen Aufruhrs, begangen an einer Militärpatrouille, verurteilte das Kriegsgericht der 30. Division in Saar burg den Gefreiten Knieczky sowie den Ulan Beier zu füuf Jahren Zuchthaus und Ent- sernuug aus dem Heer, und die Ulanen Riederich und Zech zu fünf Jahren Gefängnis und Ver setzung in die zweite Klaffe des Soldaten standes. Der Anklagevertreter hielt den Auf ruhrparagraphen für reformbedürftig. Fünf weitere Angeklagte wurden freigesprochen. — Im historischen Theater in Lauchstädt veranstaltet am 100. Todestage Friedrich Schillers die Direktion des Stadttheaters in Halle eine Musterausführung. Für die schnelle Renovierung des Theaters irr Lauchstädt stiftete ein Hallescher Bankier die Summe von 40000 Mark. — Ein Anschlag aus dem Köln-Ham burger Schnellzug bei Katernberg hat eine unerwartete Aufklärung gefunden.' Am 10. ds. Mts. waren die Gleise, die der Zug au der genannten Stelle passieren mußte, mit Bruchsteinen und eisernen Platten belegt. Ter Streckenwärter wurde durch mehrere gegen ihn gerichtete Revolverschüsse, die indessen nicht trafen, aufmerksam und gab das Halte signal. Bei der Untersuchung der Strecke wurden die Hindernisse entdeckt, die sonst ohne Zweifel den Zug zur Entgleisung gebracht hätten. Der Wärter erhielt für sein recht zeitiges Eingreifen eine Belobigung und eine Gratifikation von 100 Mark, während auf die Ermittlung und Festnahme de? Täters von der Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 3000 Mark ausgesetzt wurde. Mit der Nutersuchung dieser Angelegenheit wurde Kri minalkommissar Wanuowsky - Berlin betraut, welcher ermittelte, daß der Streckenwärter selbst die Hindernisse geschaffen hat, um die Prämie zu erhalten. Der Schuldige wurde mit einem Kollegen, welcher sich der Beihilfe schuldig gemacht hat, verhaftet und hat bereits ein Geständnis abgelegt. — In der Dienstags Sitzung der französischen Kammer pries Admiral Bienaimö die oentschc Marine als vorbildlich. — Der sranzösische Botschafter Con stans wird anläßlich seiner Ankunst in Paris zu seinem diplomatischen Siege über den Großwesir Ferid-Pascha von den RegierungS- organen enthusiastisch beglückwünscht. Ganz dramatisch wird dargestellt, wie Constans, der Tags zuvor der Pforte mit der Sperrung des französischen Marktes gedroht hatte, im Reiseanzug bei Ferid vorspricht. Der Schluß des Gesprächs ist fast wörtlich mitgeteilt. Constans: Also Adieu, Herr Großwesir, und was unsere langwierigen Unterhandlungen be trifft, so sind das alte Geschichten, die uns beide wohl nicht mehr interessieren. Ferid (lebhaft): Aber, Exzellenz, sehen Sic, die Tinte unter diesem Schriftstück iß noch nicht trocken, das Abkommen bezüglich der Kais ist unterzeichnet! Constans: Gut, was weiter? Ferid: Die Bahnlinie Hamah Alep ist be willigt. Constans: Ist dies alles? Ferid: Ein Drittel unserer Waffenbestellungen ist Frankreich gesichert! Sind Sie einverstanden, Exzellenz? Constans: Schön, ich hoffe, daß man in Paris mit Ihnen und mit mir zu frieden sein wird. — Große Ammelksamkeit wird in Paris den von einer oentscheu Gesellschaft unter nommenen Vorarbeiten für eine Kamerun mit dem Tschadsee verbindende Bahnlinie zuge- weudet. Die Vermessungen sollen so günstige Ergebnisse geliefert haben, daß der Beginn des Baues der ersten Teilstrecke nahe bevor- slände. Zweifellos wird nun auch das fran zösische Projekt einer zum Tschadsee führende» Bahnlinie erwogen werden. Von diesem Bahn. Projekt ivar mehrfach schon im Reichstag die Rede. — Gleich den Norwegern und Ungarn beginnen jetzt auch die Irländer von neuem das Verlangen nach eigenem Parlament und eigener Verwaltung mit Leidenschaft zu äußeru. In der UnterhauSdebattc, die die Verwaltung Irlands betraf, erklärte ein irischer Nationalist nach heftigen Angriffen gegen die englische Regierung, daß das irische Volk an bewaff neten Aufstand denke, wenn ihm nicht die Selbstverwaltung zugestanden würde. — Deutsch-Russisches. Tie Süd deutsche Reichs-Korrespondenz' schreibt offiziös aus Berlin: In ausländischen, aber auch iu deutschen Blättern häufen sich neuerdings An gaben über Ratschläge, die Kaiser Wilhelm in inneren und äußeren Angelegenheiten Ruß lands auf dem Wege vertraulicher Mitteilung an Kaiser Nikolaus erteilen soll. Es ist charakteristisch, daß die betreffenden Ausstreu ungen sich untereinander aufheben. Nach den einen soll Kaiser Wilhelm die Fortsetzung des Krieges betreiben, nach den anderen zum eiligen Friedensschluß drängen, bald wird er als Befürworter, bald als grundsätzlicher Gegner konstitutioneller Neuerungen in Ruß land hingestellt. Eine dieser einander wider sprechenden Versionen muß a priori falsch sein, in Wirklichkeit sind sie es beide. Weder zur inneren, noch zur äußeren Politik Rußlands hat Kaiser Wilhelm an Kaiser Nikolaus eine Ansicht gelangen lassen, die als Einmischung in die russische Reformbewegung oder in die Kriegs- oder Friedensfrage gedeutet werden kann. — Während der Unruhen in Russisch- Polen wurden bisher 1800 Personen ge tötet uud 6000 verwundet. — Die japanische Regierung ordnete den unverzüglichen Bau von 25 Torpedoboot zerstörern an. Hiervon sollen l5 in den Werften der Regierung und die übrigen in Privatwerfteu gebaut werden. Aus Stadt und Land. Naunhof, den 23. Februar 1905. Naunhof. Theodor Weigel ff. Ter verdienstvolle Begründer und bis Ende 1898 Leiter der Thüringer Gasgesellschaft in Leipzig, Kommerzienrat Theodor Weigel ist in der Nacht zum 20. Februar in Mentone, wo er Heilung suchte, gestorben, seinem Wunsche gemäß findet dort auch die Beisetzung statt. Die Thüringer Gasgesellschaft ist 1867 aus den Weigelschen Werken hervorgegangen und mit der Zeit zu ihrer jetzigen Größe und Be deutung emporgewachsen, was hauptsächlich der unermüdlicheu Tätigkeit und dem außerordent lichen Organisationstalente Weigels zu ver danken ist, der bis zu seinem Hinscheiden noch dem Aufsichtsrat als Mitglied angehört hat, ein hervorragender Träger fachmännischen Wissens, ein Vorbild seltener Schaffensfreudig keit und gerechter uud wohlwollender Vorge setzter, dem sowohl der Aufsichtsrat uud Vor- ftaud als auch die Beamten der Thüringer Gasqesellschaft warm empfundene "Nachrufe widmen. Naunhof verliert in Herrn Kommerzienrat Weigel einen wohlwollenden Freund seines Gemeinwesens. Bereits seit den neunziger Jahren hier ansässig, benutzte er und seine Familie Naunhof teils zum Sommeraufenthalt, teils zum ständigen Wohnsitz. Als nun im Jahre 1901 der Wunsch nach einer Zentral- Belenchtungsanlage in unserer Stadt immer dringender wurde, diente er Naunhof in un eigennützigster "Weise mit seinem reichen Wissen und den Ergebnissen seiner unvergleichlich großen Erfahrung auf dem Gebiete des Gas beleuchtungswesens. Aber nicht nur gute Rat schläge gab er, als man sich hier für die Errichtung einer Gasanstalt entschlossen hatte — nahm er doch an den »reisten Beratungen des damaligen Gaskomitees teil — auch der umfangreichen Prüfungsarbeit der Voranschläge unterzog er sich, so daß schließlich Naunhof eine Gasanstalt erhalte» hat, die sowohl be züglich der Zweckmäßigkeit wie des Kosten punktes der Anlage als mustergiltig dasteht. Auch in unserer Stadt wird seiner allzeit ehrend und dankbar gedacht werde»! Naunhof. Das Konzert am Dienstag Abend, welches die Kapelle des 7. Kgl. Sächs. Infanterie-Regiments König Georg Nr. 106 unter Leitung des Kgl. Musikdirektors Matthey im großen Sternsaale zur Ausführung brachte, befriedigte die ziemlich zahlreiche Zuhörerschaft nicht nur vollständig, sondern übertraf die ge hegten Erwartungen noch bei Weitem. Die einzelnen Stücke wurden tadellos wiedergegeben, dafür lohnte das Auditorium mit stürmischem Beifall. Naunhof. Zum Schutze der Sing Vögel. Die miederkehrenden Singvögel sind unsere Bundesgenossen im Kampfe gegen die Raupen und andere Schädlinge. Sie ver dienen somit eine tatkräftige Hegung. Da gilt es nun in erster Linie nicht nur diese Vögel zu schützen, sondern ihnen auch gehörige Brut gelegenheit zu bieten. Man sorge daher zeitig, am besten schon jetzt im Februar, für das Aushängen von Nistkästen. Die moderne Kultur läßt keinen Baum im Walde, ja sogar keinen Obstbaum im Garten mehr stehen, in dein ein Astloch den Hochbrütern gute Zuflucht ge währte, und die schönen Feldhecken mit alten, knorrigen, ausgefaulten Strauchstämmen gibt es längst nicht mehr. ff König Friedrich August ein rechter Vater jedes seiner Landeskinder. In der -Vorlesung, die Geh. Medizinalrat Dr. Cursch- mann anr Donnerstag in Leipzig vor dem König hielt, wurden zwei von sogenannter Basedowscher Krankheit (Glotzaugenkrankheit) befallene Frauen gezeigt. Bei Besprechung der Behandlung der Krankheit bemerkte der Vortragende, daß ein Gebirgsaufenthalt oft geeignet wäre, die Heilung wesentlich zu fördern. Schon am folgenden Tage wurden die Kranken durch die Nachricht überrascht, daß König Friedrich August, um auch ihnen eine solche Kur zu ermöglichen, einen sehr reichlichen Betrag zur Verfügung gestellt habe. ck Der Verband sächsischer Industrieller hat neben seinem bisherigen I. Syndikus, welcher der liberalen Partei angehört, nunmehr einen zweiten Beamten von konservativer Ge sinnung angestellt. Damit kommt am besten der Wunsch des Vorstandes zum Ausdruck, daß nicht, wie bisher von extremer Seite wiederholt versucht wurde, der Verband zum Tummelplatz politischer Bestrebuugeu gemacht werden soll. Der Verband der Industriellen stellt sich damit auf dieselbe Basis, die der Buud der Landwirte inne hat, der an sich die Angehörigen verschiedener politischer Partei richtungen aufnimmt lediglich zu dein ausge sprochenen Zwecke, die Berussinteressen der Angehörigen ohne Rücksicht auf die politische Parteizugehörigkeit zu vertrete». ff Schenkung für das Infanterie regiment Dem 5. Jnfanterie.Regmt. „Kronprinz" Nr. 104 ist von dem Hauptmann a. D. Bleul, welcher diesem Regiment bis jetzt angehört hat, in dankbarer Erinnerung an seine aktive Dienstzeit der Betrag von 3000 Mark als Schenkung überwiesen morden. Die Zinsen dieses Betrags sollen nach Maßgabe getroffener näherer Bestimmung alljährlich zu Weihnachten einem bedürftigen verheirateten Unteroffizier des genannten Regiments zuge wendet werden. ff Falsche Einhundertmarkscheine sind in der letzten Zeit in verschiedenen Städten verausgabt wordeu. Die Falsifikate tragen das Datum des 1. Juli 1898, Nummer 0 789 >80 sind I Millimeter schmäler und Falsches Zeugnis. Roman von Ewald August König. 41 „Ich verstehe!" erwiderte Tante Paula, „überlaß nun alles weitere mir, ich billige Deine Absicht uud will Dir iu ihrer Aus führung beistehen. Aber Dein Vater darf nichts davon ersah- ren, es könnte ihn möglicherweise in seinem Haß gegen Wein hold bestärken." „Wie die Geschichte enden soll, weiß ich überhauptnicht," sagte Paula, „daß Weinhold schuldig ist, kann nach den Aussagen Dei- nes Vaters nicht bezweifelt werden, und die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß diese Schuld ihn ins Gefängnis bringt!" „So weit wollen wir jetzt nicht denken," sagte Paul, der am Fenster stehen geblieben war und mit finsteren, Blick hilmus- schaute, „halten wir unS an daS, was uns zunächst liegt. Wenn Klara ihrer Hände Arbeit gut belohnt sieht, wird ihr Mut zu rückkehren." „Und wenn sie später auch den verarmten Vater von diesem mühsam erworbenen Lohne ernähren soll, dann werden Deine Mittel nicht mehr auSreichen." „Wir wollen's abwarten!" erwiderte er mit einer abweh- renden Handbewegung, dann ging er, sichtbar verstimmt, ins Kabinett, um die unterbrochene Tagesarbeit wieder aufzuneh men. Die Hindeutung seiner Tante auf die Möglichkeit, daß Kla ras Vater seine Schuld im Gefängnis sühnen könne, hatte ihn erschreckt. Wenn Emanuel Lammschuh, wütend darüber, daß seine Habsucht nicht befriedigt wurde, von der Waffe, die in seinen Händen war, Gebrauch machte, so konnte vielleicht nichts den Schuldigen vor der Schande bewahren. Welcher Art war diese Waffe? Lammschuh hatte sie dem Ba- ter Pauls nicht gezeigt, vielniehr nur von Schnldbeweiseu ge sprochen, die nicht mehr widerlegt werden könnten und für diese Beweise die Stimme von zehntausend Taler gefordert. Weinhold behauptete, fein früherer Buchhalter habe iymdiese Beweismittel gestohlen, war dies in der Tat der Fall, so mußte Greiner sie kennen. Wie aber waren sie dann in die Hände de- Rechtskonsulenten gekommen? Hatte Greiner sich mit Lamm schuh verbündet oder die Beweise ihm verkauft? Diese noch dunkle Frage wollte Paul vor allen Dingen lösen, er mußte klar sehen, bevor er den Feldzug gegen Emanuel Lammjchuh be gann. Er kannte Greiner, er war ihm schon oft begegnet, zumeist im Wirtshause Er kannte auch die Schwächen dieses charakter losen Mannes und darauf baute er seinen Plan. Es gab ein Cafe in der Stadt, in welchem alle Müßiggän ger sich gegen Abend zu versammeln pflegten, dort wollte Paul den Buchhalter heute noch aufsuchen. Er erinnerte sich auch, daß Greiner noch vor einigen Tagen ihn gebeten hatte, ihm eine Stelle zu verschaffen, damit war ein willkommener Anknüpfungspunkt geboten Greiner war ein Schwätzer, er trank gerne, hatte er zu tief inL GlaS gesehen, so renommierte er, es mußte ziemlich leicht sein, ihm in diesem Zustande Geheimnisse zu entlocken. * * H- Sobald der Abend dämmerte, trat Paul seinen Weg an. Er sah sich in seiner Hoffnung nicht getäuscht, Greiner saß in einer Ecke des geräumigen Cafes und studierte die Anzeigen in den Zeitungen. Er blickte überrascht auf, als Paul nach kurzem Gruß sich zu ihm setzte, mit einem leisen Seufzer legte er die Zeitung hin. „Es ist schwer, etwas Passendes zu finden, wenn man da nach suchen muß," sagte er. „Vielleicht kann ich Ihnen helfen," erwiderte Paul, einen gleichgültigen Ton anschlagend. „Ist in Ihrem Hause eine Stelle frei?" fragte Greiner in freudiger Erregung. „Nein, aber ich weiß jemand, der einen Buchhalter sucht." „Darf ich um Ihre Fürsprache bitten? Ich werde Ihrer Empfehlung Ehre machen, darauf dürfen Sie sich verlassen." „Wir können darüber an diesem Orte wohl nicht ungestört reden," sagte Paul, indem er den Blick über die anwesenden Gäste schweifen ließ, „wollen Sie eine Flasche Wein mit mir trinken? Ich kenne eine kleine Schenke, in der wir um diese Stunde die einzigen Gäste sein werden." „Einverstanden," unterbrach Greiner ihn hastig, und als er sich jetzt erhob, erkannte Paul an seiner unsicheren Haltung, daß er nicht ganz nüchtern mehr war. Greiner schien das auch zu fühlen und seinem Begleiter ver bergen zu wollen, aber je mehr er sich zwang, nüchtern zu schei- nen, desto unsicherer wurden seine Schritte und seine Worte Sie hatten die Schenke bald erreicht. Paul forderte eine Flasche schweren Wein, dem bald daraus die zweite folgte. Greiner beklagte sich bitter über seinen früheren Prinzipal, er drohte auch jetzt noch, einen Prozeß gegen ihn anhängig ma- chen zu wollen, offenbar glaubte er, daß die boshaften Aeuße- rungen den Beifall seines Zechgenossen finden, ihm gewissermaßen zur Genugtuung gereichen würden. Paul verhielt sich schweigend, er bot dem Buchhalter eine Zigarre an, füllte das Glasj so oft es geleert war, wahrend er selbst nur an seinem Glase nippte, warf dann und mann ein kurzes Wort ein, um Greiner noch mehr zu reizen und wartete ab, bis der Rausch so weit gediehen war, wie er eS für seine Zwecke wünschenswert hielt. Endlich war dieser Zeitpunkt gekommen, der Kellner hatte kurz vorher die dritte Flasche gebracht und nach kurzem Ausent- halt das Gastzimmer wieder verlassen „Sie drohen Ihrem früheren Prinzipal mit einem Prozeß/' sagte Paul, den Redefluß Greiners unterbrechend, „ich glaube aber nicht, daß Sie den Mut haben werden, ihn zu beginnen." „Was könnte mich davon zurückschreckeu?" prahlte Greiner, dichte Rauchwolken vor sich hinblasend. „Ich habe freilich keinen schriftlichen Vertrag . . „Der Sp eß könnte umgedreht werden!" „Wie meinen Sie das?" „Wissen Sie, welche Anklage Herr Weinhold gegen Sie er hebt? Er behauptet, von Ihnen bestohlen worden zu sein." „Das ist eine Lüge!" brauste Greiner aus, dessen Blick plötz lich starr geworden war „Das soll er mir beweisen, diese Ver leumdung lasse ich nicht auf mir sitzen!" „Nur kalte» Blut!" sagte Paul ruhig. „Können Sie leugen, daß Sie mit dem Rechtkonsulenten Lammschuh ein Bündnis ge schlossen, ihm wichtige Dokumente überliefert haben, die Ihrem Prinzipal abhanden gekommen sind?" Der glasige Blick des Buchhalters ruhte voll Befremden auf dem Antlitz Pauls, seine zitternde Hand griff nach dem Glase. „Wie war das? Was sagten Siefragte er „Ich habe mit diesem Rechtsverdreher gar keine Gemeimchaft, er riet mir von dem Prozeß ab, seitdem habe ich seine Schwelle nicht mehr über- schritten." MchO