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es möglichst schnell bedient wird. Erhält das Schaf ein Glas Whisky, so schlürft es das Getränk gierig aus und frist dann mit sichtlichem Behagen etliche Maismehl-Cakes. Wenn einer der Gäste dem Schafe ein Zigarettenetui hin reicht, so ist das Tier hoch erfreut, doch glaube nur niemand, daß „Nigger" etwa raucht, nein, er frißt die Zigaretten, mitunter gleich ein halbes Dutzend auf einen Sitz. Mr. Bumstead, der Schankwirt, protestiert auf das energischste dagegen, daß „Niggers" Charakter bei ihm verdorben wurde, und behauptet, daß das Schaf, als er es vor einem Jahre einem Fleischhauer abkaufte, schon mit all den schlechten Eigen schaften behaftet gewesen sei. Das lasterhafte Schaf ist seinem jetzigen Besitzer sehr zugetan und folgt ihm auf Schritt und Tritt im ganzen Hause wie ein treuer Hund. Aus aller Welt. * Die letzten Buren. Bor kurzem reiste von Ceylon mit Erlaubnis der eng lischen Regierung Robert Rogers, einer der wenigen Buren, die bis heute die Gefangen schaft dem Treueide vorgezogen hatten, der von ihnen verlangt wurde, nach Holland ab. Rogers war mit General Prinsloe gefangen morden und mit Kommandant Roux zu sammen in Ceylon eingetroffen. Seine Ge fangenschaft hat 4'/, Jahre gedauert. Auch jetzt noch bleibt ihm sein Vaterland verschlossen, denn er hat den Eid der Treue zu König Edward immer noch nicht geschworen. Damit er nicht von Holland aus die Heimat erreicht, sind die Behörden in Südafrika von seiner Abreise nach Holland und über seine Person genau informiert morden. In Ceylon bleibt nun nur noch ein Bur als Gefangener zu rück, der wahrscheinlich keine Zufluchtsstätte finden kann und es doch nicht über sich ge winnt, dem Könige Edward Treue zu schwören. Der Mann heißt Engelbrecht und ist ein Freistaatler. Augenblicklich ist er auf der Insel Ceylon in Hambantota interniert. Als er vor kurzem gefragt wurde, warum er nicht endlich den Treueid leiste, erwiderte er: „Ich kenne mich und weiß, daß ich dem König niemals treu sein könnte. Weshalb sollte ich aus mir einen falschen Menschen machen?" * Der Kastengeist in Deutsch Ost afrika hat bei der Anwesenheit des Prinzen Adalbert in Dar es Salam sich wieder in höchster Blüte gezeigt. Große Erregung unter den Ansiedlern hat das Verfahren hervorge rufen, daß bei der Feierlichkeit zum ersten Spatenstich der Mrogorobahn beliebt wurde. Die „D.-OftafrikanischeZtg." schreibt darüber: „Die bahnbauende Firma PH. Holzmann u. Cie. sprach in richtiger Erkenntnis der Sachlage den Wunsch aus, zu diesem so recht spezifisch- kolonialen Ereignisse sämtlicher Europäer Dar es Salams, von denen wohl jeder sein Scherflein zum Gelingen dieser Bahn beige tragen hatte, als ihre Gäste betrachten zu dürfen. Von maßgebender Seite — das ausführende Organ bleibe ungenannt — wurde der Plan umgestoßen. Und bei dieser allgemeinen Feier waren außer den Ober beamten und den Chefs der hiesigen Firmen nur die Offiziere der Kriegsschiffe anwesend, welch letztere wohl da sein mußten, aber doch keineswegs das erheblichste Verdienst und Interesse an dem Zustandekommen des Bahn baues haben konnten. Ohne fzu übertreiben, sind Hunderte von Beamten und Privatleuten, alte Kolonisten und Beamte bis zu vierzehn jährigem und längerein Aufenthalt in der Kolonie, Herren, die den Offiziersrock zu tragen berechtigt sind, und vor allem alle Koloniebewohner, die sich viele Jahre um das ersehnte große Ziel, die Bewilligung der Bahn gesorgt haben, bei dieser Feier über gangen, von derselben ferngehalten worden." *Von einer wunderbaren Errettung im Tunnel unter dem East River zwischen New Bork und Brooklyn wird der Arbeiter Creengan bis an sein Lebensende erzählen können. Mit 22 anderen Arbeitern war er in ^iner mit komprimierter Luft gefüllten Kammer beim Bau des Tunnels beschäftigt, als sich an der Decke des letzteren ein Riß zeigte, und im Nu das Wasser in Strömen sich in die Kammer ergoß. Während die übrigen Arbeiter nur auf ihre Rettung bedacht waren, ergriff Creengan einen mit Sagemehl gefüllten Sack und stieg eine Leiter hinauf, um den Riß zu verstopfen. Durch deu Luft druck aber wurde er gegen die Decke der Kammer gepreßt, so daß er nicht Hand noch Fuß rühren konnte. Der Riß erweiterte sich, und plötzlich flog Creegan wie ans der Kanone geschossen durch Erde, Schlamm und Wasser hindurch ins Freie. Er wurde mehr als zwanzig Fuß hoch in die Luft geschleudert und fiel in der Nähe eines vorüberfahreuden Schleppboots nieder, das ihn auffischte. Die Mannschaft des Bootes war nicht wenig erstaunt, als sich plötzlich vor dem Boote eine Wassersäule er hob und aus ihr heraus ein Mann in den Fluß flog. Creengan hat bei seinem merk würdigen Abenteuer keinen Schaden erlitten. Seinen Bemühungen haben seine Kameraden es zu danken, daß sie sich unversehrt in Sicher heit bringen konnten. * Der Siebensortenstegel. Arthur Schopenhauer, dessen Deutlichkeit im Verkehr bekanntlich sehr verblüffend werden konnte, hatte einmal selbst Gelegenheit, über ein neues und sonderbares Schimpfwort uachzugrübeln. Der amüsante Vorgang wird in der Biographie des Frankfurter Dialektdichters Friedrich Stoltze erzählt, die von Johannes Prölß herausge geben ist. Ein Gärtner hatte den Pudel Schopenhauers, der an der Gartentür seine Visitenkarte abgegeben hatte, etwas unsanft mit einer Bohnenstange gezüchtigt. Ter Herr Professor, berichtet Stoltze, war sehr indigniert ob dieser Behandlung seines treuen Pudels. „Sic Bauernbengel!" rief er dem Gärtner zu. Dieser aber, der auch wegen seiner Höflichkeit noch nicht bestraft worden war, überschüttete nun den Weisen von Frankfurt mit dem ganzen Komplimentierbuch von Frankfurt und Sachsenhausen und warf dann zum Schluß dem Herrn Professor auch noch einen „Sieben sortenflegel" an den Kopf. — Siebenwrten- flegel? — Dieses vielversprechende Wort im ponierte Schopenhauer, aber nicht in unfreund licher Weise. Er hatte es noch nie gehört und lächelte. Mich hatte das Geschrei des Gärtners herbeigelockt, und der Herr Professor fragte mich: „Sagen Sie, was versteht man unter Siebensortenflegel? Es mnß, dem Worte nach, also sieben Sorten von Flegeln geben?" — „Allerdings, Herr Professor. So gut es sieben Weise von Griechenland, sieben Meister, sieben Wunder der Welt und sieben Tod sünden giebt", giebt es auch sieben Flegel!; — „Und die sind ?"— „Erstens: der Urflegel" zweitens: der geborene Flegel; drittens: der Hauptflegel; viertens: der Erzflegel mit der Unterabteilung: Grob wie Saubohnenstrauch; sechstens: der Mordsflegel und siebentens: der göttliche Flegel. Derjenige nun, der alle diese sieben Sorten von Flegeln in seiner Person vereinigt, ist ein Siebensortenflegel." — Schopenhauer lachte laut auf und sagte: „Nun, so weit hab ich's doch nicht gebracht." * Ein Mücken krieg wird, wie die ,Umschau' berichtet, die Stadt Breslau führen. Der Magistrat hat beschlossen, die alljährlich herrschende Ntückenplage planmäßig zu be kämpfen; dazu ist der Plan von Geheimrat Professor Flügge ausgearbeitet. Nach diesem Plane ist es in erster Linie erforderlich, die in den Kellern und Erdgeschossen der Häuser oft massenhaft überwinternden Mücken vor Eintritt der wärmeren Witterung zu vernichten. Aus jeder überwinternden Mücke gehen bis zum Ende des Sommers schätzungsweise 75000 Millionen neue Mücken hervor. Die Aufsuchung der Mücken in ihren Schlupfwinkeln und ihre Abtötung durch eme für Menschen unschädliche Räucherung, an geeigneten Stellen durch die Flamme einer Lötlampe, erfolgt durch städtische Desinfektoren. Außer der Tötung der über winternden Mücken ist ferner in Aussicht ge nommen, anch die in Gewässern sich entwickelnden Larven zu vernichten. Es handelt sich , dabei hauptsächlich um steheude nicht tiefe Wasser ansammlungen. Diese sollen entweder durch Zuschüttung beseitigt werden oder das Wasser wird mit Malachitgrün und anderen larven tötenden Mitteln versetzt. Die Breslauer Be hörden gehen von der wissenschaftlich begrün deten Tatsache aus, daß die Mücken zu den gefährlichsten Ueberträgeru von Krankheiten gehören. * Mit einem großen Skandal droht die St. Louiser Weltausstellung, die mit solchem Lärm in Szene gesetzt wurde, auszu gehen. Schon seit einigen Wochen waren, wie der „Preußischen Correspondenz" aus Nemyork geschrieben wird, schwere Beschuldigungen gegen die Leitung der Weltausstellung erhoben worden, jetzt haben sie sich aber so verdichtet, das der eine oder andere sich vielleicht vor Gericht ver antworten muß. Ein Untersuchungsausschuß hat bereits festgestellt, daß die Preisvertemmg ein riesenhafter Schwindel war und daß be sonders in den letzten Wochen der Ausstellung ein richtiger Gebührentarif, der sich ganz nach der Bedeutung der Preise richtete, in Geltung war. Tie ganze Preisverteilung lief, wie der „New-Bork Herald" schreibt, für die Preis richter daraus hinaus, möglichst viel Geld zu verdienen. Tie Ausstellung schließt mit einem bedeutenden Defizit ab, wie bei dem schwachen Besuch, der weit hinter den Erwartungen zurückblieb, nicht anders zu erwarten war. In den letzten Tagen nun hat die Ausstellungs gesellschaft gegen diejenigen Unterzeichner des Garantiefonds, die mit ihren Zahlungen im Rückstand sind, Klage erhoben. Offenbar sucht sie möglichst alles Geld einzusammeln, ehe der Sturm losbricht. * Briefmarkensammler möchten wir auf die im 11. Jahrgange erscheinende „Post, Universalanzeiger für Briefmarkensammler" aufmerksam machen. Es ist dies eine Zeit schrift, welche sich nicht allein durch ihre Billig keit (Preis nur Mk. 1.25 pro Jahr) aus zeichnet, sondern auch vor allein gut redigiert ist. Diese Briefmarkenzestung ist derart ge halten, daß sie sowohl den Ansprüchen des fortgeschrittenen Sammlers genügt, als auch diejenigen, welche erst als Anfänge sich mit dem Sammeln befassen wollen, in gleicher Weise berücksichtigt. Die ,Post' bringt ein gehende Besprechungen aller neuen Marken in Wort und Bild, interessante Fachartikel rc. Auch der umfangreiche Inseratenteil bietet dem Sammler Gelegenheit, Tauschverbindungen in allen Ländern der Erde anzuknüpfen und somit seine Sammlung auf billigstem Wege zu be reichern. Außerdem bringt jede Nummer der Host' dem Abonnenten eine wertvolle Gratis marke, durch welche der Abonne mentspreis faktisch ausgewogen wird. Alle Buchhandlungen und Postanstalten und jeder Briefträger nehmen Bestellungen entgegen. Probe-Nummern versendet gegen Dop^elkarte franko der Verlag des Universal-Briefmarken- AlbumF. Reinboth, Leipzig. Fahrplan ab 1. Oktober 1SÖ4. Linie Leipzig-Döbeln-Dresden. Ab Bahnhof Naunhof: Nach Leipzig: Vorm. 5,55, 6,56, 8,55 11,03 Nachmittags 1,44, 3,35, 0,05, 8,36, 10,28P Nach Grimma-Döbeln-Dresden: Vm- mittags 7,06, 8,33, 10,35P. 11,58 (bis Grimma). Nachmittags 1,02, 3,25, 5,48, 7,59 (bi« (Großbothen), 9,44. (Werktags b. Nossen) (Sonntags und Festtags bis Dresden), 12,00 bis Großbothen). Tie mit P bezeichneten Züge führen 1.—3. Wagenklaffe, alle übrige 1.—4. Wagenklaffe. Bericht iiI>.!>LchlaWthnMt. Leipzig, am 30. März 1905 Tier- Bezeichnung Lebend- ! Gewicht SS Ochsen: Kalben u. Kühe: Bu Nen. Kälber: Schafe: Schweine 1. vollst., auSgemäst höchsten SchlachtwerteS b. zu 6 Jahr. 2. junge fleischige,nicht auSgem — ältere auSgemästete 3. mäßig genährte junge, gc. nährte alt. 4. gering genährte jcd. Alter? 1 vollflcischige, auSgemästete Kalben höchsten Schlachtw. 2. vollfleischigc, auSgemästete Kühe höchsten Schlachtwcr- tcS bis zu 7 Jahren 3. ältere auSgemästete Kühe u. wenig gut entwickelte jüng. Kühe und Kalben 4. mäßig genährte Kühe n. Kalben 5. gering gen. Kühe u. Kalben 1. vollfleisch. höchst. Schlacbt- wcrtes 2. mäßig genährte jüngere und gut genährte ältere 3. gering genährte. . . . l. feinste Mast- (Vollmilch. Mastfund beste Saugkälber 2. mittlere Mast- und gute Saugkälber 3. geringere Saugkälber 4. ältere gering genährte (Fresser) 1. Mastlämmer und jüngere Masthammcl 2. ältere Masthammel 3. mäßig genährte Hammel u. Schafe (Märzschafe) 4. vollfleischige der feineren Rassen u deren Kreuzungen im Alter b. zu 1'/. Jahren 2. fleischige 3. gering entwickelte 4. Sauen und Eber 5. ausländische 6. kleine 48 43 34 36 34 30 69 65 58 66 60 52 44 68 «3 56 64 61 57 58 Iraueutist. Roman von Vera v. BaratowSki. 2 Eine Art Wanddekoration aus uraltem Silber, dieselben Zeichen darstellend, wie auf der Brosche der Dame, war der einzige Schmuck, welcher den schwarzbehaugenen Thronsessel schmückte. Tiefe Stille herrschte in der Versammlung. Nun sah Fedor auch, daß sich sowohl Herren wie Damen in derselben befanden. „Für jetzt muß ich Sie verlassen, mein Herr! Bleiben Sie hier still, bald kommt das Glück!" Mit diesen Worten verschwand die Dame, Fedor in tiefes! Nachdenken versunken, zurücklassend. Nun beschaute er sich die Anwesenden genauer. Es war, wie es schien, eine bunt zusammengewürfelte Gesellschaft. Lastenträ' ger in ihrer abgeschabten Kleidung saßen und standen in lei sem, doch angelegentlichem Gespräch mit Studenten und jungen, eleganten Herren. Dann wieder bildeten sich Gruppen von alten, ernsten Männern, welche mit fanatisch glänzenden Augen, deren stechenden Glanz die herabgesenkten Lider verdeckten, eindring lich sprachen. „Wo bin ich? Wohin hat mich die Dame geleitet?" so fragte sich Fedor. Endlich klang der Ton einer kleinen, silberhellen Glocke durch die Stille, und wie mit Zauberschlag stockte jedes Gespräch. Ein alter Herr bestieg den erhöhten Platz und sprach. Anfangs verstand Fedor den Sinn seiner Worte nicht, doch bald leuchtete es wie ein Blitzstrahl durch seine Seele. „Geliebte Brüder!" schlug es jetzt mit sonorer Stimme an sein lauschendes Ohr. „Wir wollen und dürfen uns nicht län ger der Willkür beugen. Wir sind alle gleich, Brüder und Schwe stern " „Wer hat ein Oberhaupt über uns gesetzt? Nur durch Men schenmacht und Menschenherrschsucht ist es so weit gekommen; doch wir wollen uns nicht mehr knechten lassen, wir sind alle frei!" Ein anhaltender Jubel begrüßte diese Worte. Der Herr verneigte sich, daun fuhr er fort: „Es ist großes im Werke, meineBrüder und Schwestern, bald wird das H^us Romanow vom Erdboden vertilgt sein, dann ist unser Tagewerk zu Ende, dann kommt der große, herrliche Freiheitstag. „Hurra, hoch, es lebe die Freiheit! Es lebe die Gleichheit!" klang es nun in stürmischem Durcheinander. Fedor horchte hoch auf, nun kam ihm das Verständnis auf einmal, doch weshalb lockte ihn das schöne Weib hierher! „Ich bin kein Nihilist! Weshalb auch; ich habe, was ich mir wünsche, mein Lebcuspfad liegt weitab der großen Heerstraße, ich bin zufrieden. Mich bekommen sie nicht zwischen ihre Reihen." Diese Worte flüsterte Fedor bestimmt vor sich hin. Da ergriff der alte Herr wieder das Wort: „Unsere Anführe rin läßt Euch durch mich mitteilen, daß der Tag schon bestimmt s ist. Alle Eingeweihten sind zur Stelle, ihre Anhänglichkeit an ! der guten Sache soll nicht unbelohnt bleiben!" Da erhob sich eine Stimme ans den Zuhörern: „Und wird sich unser Genius heute nicht zeigen?" „Ja, ja, die Göttin soll erscheinen! Wir lechzen nach ihrem Anblick," so schallte es durch die Massen. Fedor stand ganz Auge in der Loge, nun mußte sie ja er scheinen. Gewiß war Vieser Genius und sein schönes Gegenüber ein und dieselbe Person. Da teilte sich die dunkle Wanddekoration, eine feine, weiße Hand ward auf dem schwarzen Tuche sichtbar, Fedor stockte das Herzblut, ja, dies war ihre Hand, und nun? Ein rauschender Bei fall erklang, nun trat eine Gestalt hervor, eine Gestalt, die Fe dor bis zur Verzweiflung liebte Langsam, gleichsam schwebend, nahte das majestätische Weib. Sie trug ein ausgeschnittenes, schwarzes Samtkleid, welches die Alabasterweiße ihres Nackens noch mehr hervorhob. Um den Hals schlang sich ein schwarzes Samtband, an welchem das seit- same Zeichen hing, welches überall angebracht war. Das volle, goldblonde Haar hing aufgelöst über dem vollendet schönen Nacken herab, sie gleichsam wie in goldene Schleier hüllend; doch eins befremdete Fedor, eine schwarze Samtmaske verdeckte ihre Augen. Nur der fein ausgeschnittene, zum Kusse einladende Mund ward sichtbar, sowie ein Teil der edelgeschwungenen Nase. Mit der Hand winkte sie dann ein Willkommen, und dabei funkelten ihre Augen nach der Loge hin, wo Fedor, hingerissen von diesem Anblick, lehuie Der junge Mann war seiner Sinne kaum mehr mächtig, er ! hielt sich krampfhaft an die Ballustrade der Loge an, sonst wäre er zu Boden gestürzt. Seine Seele, sein ganzes Sein lag in seinen Augen, welche unverwandt auf der blendend schönen Er- scheinung ruhten „Sie ist e»!" jubelte er auf. „O, sie hat mich, mich allein von allen Anwesenden begrüßt!" Da öffnete sie die Lippen: „Ich grüße Euch, meine Freunde," klang es nun silberhell durch den weiten Raunt, und mit un nachahmlicher Grazie hob das schöne Weib den Arm empor: „Wir stehen bald am Ziel, nur noch Tage trennen unS von der Erfüllung unserer Wünsche. Mit einem Schlage fallen die Ty rannen. Er und sein ganzes Haus soll zermalmt werden. Doch deshalb gebietet es die Vorsicht, zu schweigen und so zu handeln. Geht, meine Freunde, geht heim und erwartet das Signal zum Umsturz. Rache, heiße, glühende Rache an unseren Peinigern !" setzte sie hinzu. Ihre Stimme schwoll mächtig, man sah und hörte es dem schönen Weibe an, eS war ihr furchtbarer Ernst mit ihren Worten. Fedor durchzuckte es wie ein Donnerwort, er fühlte ihren Zorn, ihren Haß gegen diebestehende Ordnung, und doch konnte er sich die Ursache derselben nicht erklären. „So schön, so geschaf fen, um glücklich zu machen, und solche Worte!" Der junge Mann konnte eS nicht fassen, da blickte er zum Thronsessel hin Das wunderbar schöne Weib warf einen Blick nach ihm und machte ihm ein Zeichen, zu bleiben. „Geht und erwartet meine Botschaft!" Mit diesen Worten entließ sie, hoheitsvoll wie eine Königin, die Versammlung Nach einem Hoch auf den Genius des Bundes verschwand die herrliche Gestalt zwischen den schweren Falten der Vorhänge Fedor war es, als sei nun alles Licht verschwunden, er lehnte sich taumelnd an die Brüstung der Loge, da knarrte die Tür, sie öffnete sich, ein schwarzes Kleid, ein goldlockiges Haupt ward sichtbar. Fedor stürzte, seiner nicht mehr mächtig, auf die Erscheinung zu, er kniete nieder und umschlang ihre Knie. „Mein Ideal! Mein Genius!" rief er wonnetrunken und verbarg sein Gesicht an der erhabenen Gestalt des schönen WeibeS. „Ich komme zu Dir, ich bringe Dir das Glück!" flüsterte sie hingehend, dann ward alle- still * . * 122,20 Fedor strich sich über die erhitzte Stirn, er wagte seinen Sin nen nicht zu trauen; waS war mit ihm geschehen? Er lehnte neben einem Nuhesessel, auf der die schöne Nachbarin ruhte